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Vollzugsgebühr für die Erzeugung von XML-Strukturdatendateien für Handelsregister

LG Osnabrück – Az.: 9 OH 26/19 – Beschluss vom 27.05.2020

1. Die Notarkostenrechnungen des Antragstellers zu den Urkundennummern 47/18 vom 6. Februar 2018, 34/18 vom 26. Juni 2018 und 449/17 vom 21. Dezember 2017 werden bestätigt.

2. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 beantragte der Antragsteller eine gerichtliche Entscheidung über die von dem Präsidenten des Landgerichts beanstandeten Rechnungen zu den Urkundennummern …, … und … . Der Antragsteller führt aus, dass er am 9. Januar 2019 die Anweisung des Präsidenten des Landgerichts vom 19. Dezember 2019 erhalten habe, die Notarkostenrechnungen zu korrigieren. Es sei beanstandet worden, dass er eine Vollzugsgebühr gemäß Nr. 22114 KV GNotKG für die Erstellung von Extensible Markup Language (XML)- Strukturdatendateien oder einem nach dem Stand der Technik vergleichen Format für die automatisierte Weiterverarbeitung erhoben habe.

Die beanstandeten Notarkostenrechnungen enthalten unter anderem jeweils die Kostenposition nach Nr. 22114 KV GNotKG für den elektronischen Vollzug und die Erstellung der XML-Strukturdatendateien. Der Geschäftswert entspricht jeweils demjenigen des zu beurkundenden Geschäfts. Im Rahmen der einzelnen Beurkundungen erstellte der Antragsteller unter anderem eine Gesellschafterliste und erzeugte mit hiermit XML-Strukturdatendateien, welche er dem zuständigen Amtsgericht Osnabrück übersandte.

Der Antragsteller vertritt die Ansicht, dass die Erhebung einer Vollzugsgebühr für die Erstellung der XML-Strukturdatendateien gerechtfertigt sei. Sofern die Einreichung der Gesellschafterliste elektronisch erfolge, sei eine XML-Strukturdatendatei beizufügen. Anderenfalls sei eine Übermittelung technisch unmöglich.

Die Kammer hat den Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück um Stellungnahme gebeten. Die XML-Strukturdatendateien würden letztlich nur der Steuerung und Unterstützung der EDV bei dem Registergericht dienen. Auf die Ausführungen vom 27. September und 9. Dezember 2019 sowie 4. März 2020 wird Bezug genommen.

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück hat ferner die Abteilungsleiterin des Registergerichts bei dem Amtsgericht Osnabrück um Stellungnahme gebeten. Die Abteilungsleiterin Register bei dem Amtsgericht Osnabrück hat ausgeführt, dass eine Einreichung in das EGVP das Format XML-Strukturdatendatei bedinge. Ob auch andere Dateiformen möglich seien, könne sie nicht beantworten. Auf die Ausführungen vom 2. März 2020 wird zur Vermeidung von Wiederholungen hingewiesen.

II.

Der Antrag ist gemäß § 127 GNotKG zulässig.

Die Notarkostenrechnungen sind zu bestätigen. Eine unrichtige Sachbehandlung durch den Antragsteller besteht nicht.

Die Kammer hält an ihrer bisherigen Rechtsprechung nicht länger fest, wonach bei einer Änderung des Gesellschafterbestandes zum Handelsregister die Erzeugung einer Strukturdatendatei eine unrichtige Sachbehandlung darstelle, vgl. Beschluss vom 28. September 2017, Geschäftszeichen 9 OH 28/17.

Dazu im Einzelnen:

Der Gebührentatbestand gemäß Nr. 22114 KV GNotKG setzt die Erzeugung von Strukturdatendateien in Form der Extensible Markup Language (XML) oder in einem nach dem Stand der Technik vergleichbaren Format für die automatisierte Weiterbearbeitung voraus. Hierfür entsteht eine 0,3 – Gebühr nach der Tabelle B zu § 34 GNotKG, höchstens 250,00 €. Der Antragsteller hat die Strukturdatendateien mittels des Programms „XNotar“ erzeugt. Eines ausdrücklichen Auftrages hierzu bedarf es entsprechend der Vorbemerkung 2.2 Abs. 1 2. HS KV GNotKG nicht, vgl. Streifzug durch das GNotKG, 12. Auflage, 2017, Rdnr. 717. Den Beteiligten bleibt es auch unbenommen, die Anmeldeunterlagen dem Gericht ohne formale Strukturierung zu übermitteln. Die Entscheidung, ob der Notar die erforderlichen Daten dem Gericht elektronisch übermittelt, trifft er nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen, vgl. Sommerfeldt, Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 2019, Nr. 22114 GNotKG, Rdnr. 14.

Die Tätigkeit des Antragstellers hat daher grundsätzlich die Vollzugsgebühr nach Nr. 22114 GNotKG ausgelöst.

Wann die Erzeugung von Strukturdaten eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne der Regelung zu § 21 GNotKG, welche einer Erhebung der Gebühr entgegensteht, darstellt, ist umstritten.

So wird zum einen vertreten, dass die Gebühr nur dann zu erheben ist, wenn die Erzeugung der Strukturdaten für das Gericht im Rahmen der Registereintragung die Weiterverarbeitung erleichtere und somit zu einer Entlastung der Justiz führe. Ob von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht werde, sei nicht relevant für die Entstehung der Gebühr. Die Gebühr sei daher nicht zu erheben, sofern dieser Zweck von vornherein ausgeschlossen sei, da eine Weiterverarbeitung ausscheide, vgl. Neie, in BeckOK Kostenrecht, Stand 1. September 2019, Nr. 22114 KV GNotKG, Rdnr. 2.

Dem wird entgegengetreten, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Weiterverarbeitung in Betracht komme. Vielmehr sei allein entscheidend, ob die Daten zur Weiterverarbeitung geeignet seien, vgl. Sommerfeldt, a.a.O., Nr. 22114 GNotKG, Rdnr. 8. Mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie Unternehmensregister seien seit dem 1. Januar 2007 alle Dokumente zum Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister ausschließlich elektronisch einzureichen. Gleiches gelte aufgrund des Gesetzes zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften, soweit nach § 135 Abs. 1 Nr. 4 lit. b GBO eine entsprechende landesrechtliche Vorschrift erlassen worden sei. Die Vollzugsgebühr entstehe, sofern der Notar die Anmeldeinhalte in technischen Strukturen für das Gericht umgewandelt habe. Die Entscheidung eines Notars für die Übermittlung der Anmeldeinhalte in elektronischer Form sei nicht zu beanstanden. Die Einreichung auf elektronischen Weg führe zu einer höheren Vollzugsgeschwindigkeit und zu einer Qualitätssteigerung, vgl. Sommerfeldt, a.a.O., Nr. 22114 GNotKG, Rdnr. 14. Auch wenn die Strukturdatendateien nicht durch das Registergericht zur Weiterverarbeitung genutzt würden, stehe dieses einer Erhebung der Gebühr nicht entgegen. Um eine allgemeine Handhabung zu gewährleisten, sei nämlich nicht auf die praktische Umsetzung einzelner Registergerichte abzustellen, a.a.O., Sommerfeldt, a.a.O. Nr. 22114 GNotKG, Rdnr. 8.

Für Handlungen des Notars, die eindeutig überflüssig sind, können gemäß § 21 GNotKG keine Gebühren erhoben werden können.

Die Erforderlichkeit der notariellen Tätigkeit allein daran festzumachen, dass eine Erleichterung der Justiz nur dann bestehe, wenn die Informationsinhalte zur Weiterverarbeitung bestimmt sind, führt nach Ansicht der Kammer zu einer zu weitgehenden Einschränkung des Anwendungsbereiches des Gebührentatbestandes zu Nr. 22114 GNotKG. Auch wenn die Daten lediglich gespeichert werden, wie zum Beispiel bei der Übernahme beziehungsweise Zeichnung von neuen Gesellschaftsanteilen, besteht dennoch eine zu honorierende Tätigkeit des Notars. Die Gesellschafterliste kann durch das Registergereicht gespeichert werden. Eine händische Übernahme ist nicht erforderlich.

XML-Strukturdatendateien dienen nämlich, wie der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück in seiner Stellungnahme ausführt, der automatisierten Zuordnung der übermittelten Inhalte zu den jeweiligen Registernummern. Dieser Zweck ist bereits erreicht, wenn die Daten gespeichert werden. Dieser Schritt der Weiterverarbeitung erfolgt automatisiert.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Anmeldungen zum Register elektronisch zu erfolgen haben. Die Kommunikation kann über das EGVP, De-Mail oder das beA erfolgen. Gemäß § 2 Abs. 3 Nds. ERVVO-Justiz müssen die elektronisch zu übermittelten Dokumente in bestimmten Formaten verfasst sein. Ein solches Format ist die XML-Strukturdatendatei. Zwar ist zutreffend, dass eine elektronische Übermittlung von Unterlagen nicht die Erstellung einer XML- Strukturdatendatei zwingend bedingt. Nach Ansicht der Kammer ist allerdings zu berücksichtigen, dass auf der Internetseite des Niedersächsischen Justizministeriums die Verwendung von strukturierten Datensätzen (XJustiz) empfohlen wird, vgl. https://www.mj.niedersachsen.de/startseite/themen/programm_ejuni_elektronische_justi z_niedersachsen/elektronischer_rechtsverkehr/elektronischer-rechtsverkehr- 160547.html.EinVerschuldendesAntragstellersimSinnederRegelungzu§21GNotKG vermagdieKammerdahernichtzuerkennen.DasVorgehendesNotars,welchesdieser Empfehlung entspricht, kann nicht den Vorwurf der unrichtigen Sachbehandlung rechtfertigen.

Auch in der neusten Auflage des beck’schen Onlinekommentars „Kostenrecht“ wird nunmehr die Ansicht vertreten, dass die Übermittlung von strukturierten Daten dem rechtspolitischen Wunsch entspreche und eine Erzeugung von XML-Strukturdaten daher auch keine unrichtige Sachbehandlung im Sinne der Regelung zu § 21 GNotKG darstelle, wenn als Alternative die Übermittlung ohne formale Strukturierung bestehe, vgl. Neie, a.a.O., NR. 22114 GNotKG, Rdnr. 5.

Schließlich ist es nicht gerechtfertigt, dem Notar, der die Strukturdatendatei erstellt, um eine schnelle und zuverlässigere Bearbeitung bei dem Registergericht zu ermöglichen, die Erhebung der Vollzugsgebühr gemäß § 21 GNotKG zu versagen. Eine entsprechende Einschränkung ist weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesmaterie herzuleiten. Der Gesetzgeber hat vielmehr durch die Übernahme eines Höchstbetrages von 250,00 € die Tätigkeit des Notars im Rahmen der Erzeugung von strukturierten Daten in Form der XML-Daten oder in einem nach dem Stand der Technik vergleichen Format honorieren sowie zeitgleich keinen Anreiz für die Beteiligten setzen wollen, Unterlagen ohne Aufbereitung dem Gericht zu übermitteln, vgl. Tiedtke in Korintenberg, 21. Auflage, 2020, Nr. 22114, Rdnr. 2. Ein weiteres Korrektiv, welches letztlich die Erhebung der Gebühren beschränkt, ist daher nicht erforderlich. Der Gesetzgeber hat durch die Beschränkung der Gebührenerhebung auf maximal 250,00 € bereits einer „finanziellen Ausuferung“ entgegenwirken wollen.

Die Notarkostenrechnungen sind daher zu bestätigen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 130 Abs. 2 S. 3 GNotKG. Die Entscheidung ist gerichtsgebührenfrei.

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