Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Notarielle Vollmacht: Schlüssel zur Rechtsgültigkeit und Praxiskonsequenzen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist der typische Umfang einer Bauträgervollmacht beim Immobilienkauf?
- Welche Kontrollmöglichkeiten haben Käufer bei der Ausübung einer Bauträgervollmacht?
- Wann ist ein Widerruf der Bauträgervollmacht rechtlich möglich?
- Welche Rolle spielt der Notar bei Änderungen der Teilungserklärung durch den Bauträger?
- Wie können Käufer ihre Rechte bei missbräuchlicher Vollmachtsausübung durchsetzen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Memmingen
- Datum: 28.06.2018
- Aktenzeichen: 44 T 356/18
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Immobilienrecht, Notarrecht
Beteiligte Parteien:
- Sondereigentümer (Beschwerdeführer): Diese Käufer erwarben Wohnungen in einem Neubauprojekt und argumentierten, dass der Verkäufer seine Vollmachten missbraucht habe, um nachträglich Änderungen vorzunehmen, die ihren Interessen schadeten. Sie widerriefen die Vollmachten und beantragten, dass die Änderungen nicht durchgeführt werden.
- Verkäufer (Beschwerdegegner): Er verkaufte die Wohneinheiten und besaß Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung, die er im Rahmen von nachträglichen Anpassungen nutzte. Er wurde bezichtigt, von diesen Vollmachten in unzulässiger Weise Gebrauch gemacht zu haben.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Zwei Käufer erwarben Eigentumswohnungen und erteilten dem Verkäufer Vollmachten, um Teilungserklärungen nach Bedarf zu ändern. Nachträglich nahm der Verkäufer Änderungen an Gemeinschaftseigentum vor, die den Käufern missfielen. Diese Änderungen wurden von den Käufern als ungerecht angesehen, da sie nicht den vereinbarten Bedingungen entsprachen.
- Kern des Rechtsstreits: Können die erteilten Vollmachten noch widerrufen werden, nachdem Änderungen beurkundet, aber noch nicht ins Grundbuch eingetragen wurden?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Notar wurde angewiesen, die beanstandeten Nachträge zur Teilungserklärung nicht auszuführen.
- Begründung: Die Vollmachten wurden widerrufen, bevor die Änderungen im Grundbuch eingetragen wurden, was rechtlich zulässig ist. Zudem wurde festgestellt, dass der wichtige Grund für den Widerruf aufgrund des Gebrauchmachens von der Vollmacht gegen interne Absprachen bestand. Eine der Vollmachten wurde zudem als unwirksam angesehen, da sie den Käufern unzumutbare Nachteile bereitete.
- Folgen: Der Notar darf die Änderungen nicht vollziehen, was die Position der Käufer stärkt und zukünftige Verkäufe beeinflusst, dass Vollmachten nur in einem klar definierten und zumutbaren Rahmen verwendet werden dürfen. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, da die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung hat.
Notarielle Vollmacht: Schlüssel zur Rechtsgültigkeit und Praxiskonsequenzen
Die Notarielle Vollmacht spielt eine entscheidende Rolle im Rechtsverkehr, insbesondere wenn es um den Vollzug von Erklärungen geht. Sie ermöglicht es einer Person, rechtliche Handlungen im Namen einer anderen vorzunehmen. Dabei ist die Überprüfung der Vollmacht durch den Notar von großer Bedeutung, um die Rechtsgültigkeit der Vollmachtsdokumente sicherzustellen. Insbesondere bei komplexen Geschäften oder bedeutenden Entscheidungen ist die notarielle Bestätigung Grundvoraussetzung für rechtssichere Vollmachtserteilungen.
Die verschiedenen Arten von Vollmachten erfordern eine präzise Prüfung, um Missbrauch und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden. Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht, wie wichtig die notarielle Vollmachtsprüfung ist und welche konkreten rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben können. Im Folgenden wird ein entsprechender Fall zusammengefasst und analysiert.
Der Fall vor Gericht
Bauträgervollmachten zur Änderung der Teilungserklärung widerrufen und unwirksam
Das Landgericht Memmingen hat in einem wegweisenden Beschluss die Grenzen von Bauträgervollmachten bei Änderungen der Teilungserklärung einer Wohnungseigentumsanlage deutlich gemacht. Im Kern ging es um zwei Sondereigentümer, die dem Bauträger Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung erteilt hatten. Diese Vollmachten widerriefen sie, nachdem der Bauträger sich selbst sechs Außenstellplätze als Sondereigentum zuweisen wollte.
Sachverhalt und Vorgeschichte der Vollmachtserteilung
Die beiden Sondereigentümer hatten 2013 bzw. 2015 Wohneinheiten in einem Neubauprojekt erworben. In den Kaufverträgen räumten sie dem Bauträger jeweils eine nur aus wichtigem Grund widerrufliche Vollmacht ein, die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung samt Nachträgen zu ändern. Beim ersten Käufer wurde vereinbart, dass die Vollmacht nur aus triftigen Gründen genutzt werden darf. Beim zweiten Käufer wurde festgelegt, dass sein Sondereigentum unberührt bleiben und das Gemeinschaftseigentum nur unwesentlich beeinträchtigt werden dürfe.
Umstrittene Änderungen durch den Bauträger
Im November 2017 nahm der Bauträger zwei wesentliche Änderungen vor: Mit dem zweiten Nachtrag zur Teilungserklärung wurde ein Technikraum geschaffen und ein nur durch diesen zugänglicher Lagerraum als Sondereigentum des Bauträgers festgelegt. Mit dem dritten Nachtrag wurde der Bereich vor der Tiefgarageneinfahrt aus dem Gemeinschaftseigentum herausgenommen und sechs neue Kfz-Außenstellplätze als Sondereigentum dem Lagerraum des Bauträgers zugeordnet.
Widerruf der Vollmachten und gerichtliche Entscheidung
Die Sondereigentümer widerriefen daraufhin die Vollmachten und forderten den Notar auf, die Nachträge nicht zu vollziehen. Das Landgericht Memmingen gab ihnen Recht: Der Vollmachtswiderruf sei wirksam, da die Erklärungen erst mit Zugang beim Grundbuchamt Wirkung entfalten. Bei der ersten Vollmacht liege ein wichtiger Grund für den Widerruf vor, weil der Bauträger gegen interne Absprachen verstoßen habe. Für die anlasslose Schaffung von sechs Außenstellplätzen als eigenes Sondereigentum des Bauträgers fehle jeder triftige Grund.
Die zweite Vollmacht erklärte das Gericht für unwirksam nach § 308 Nr. 4 BGB. Die Beschränkungen im Innenverhältnis stellten nicht hinreichend sicher, dass von der Vollmacht nur in für den Käufer zumutbarer Weise Gebrauch gemacht werde. Der Bauträger könne sich selbst ohne sachlichen Grund finanzielle Vorteile durch Zuweisung zusätzlicher Sondereigentumsflächen verschaffen.
Notar muss Nachträge stoppen
Das Gericht wies den Notar an, beide Nachträge nicht zu vollziehen. Die Rechtsfragen zur notwendigen Beschränkung der Bauträgervollmacht und zur Beachtlichkeit des Widerrufs nach Beurkundung, aber vor Grundbucheintragung, wurden wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zur Rechtsbeschwerde zugelassen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Wohnungskäufern gegenüber Bauträgern bei nachträglichen Änderungen der Teilungserklärung. Auch wenn Bauträger sich umfangreiche Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung einräumen lassen, können diese unwirksam sein, wenn sie dem Käufer unzumutbare Änderungen ermöglichen. Zudem können Vollmachten bis zur Eintragung ins Grundbuch widerrufen werden, wenn der Bauträger sie missbraucht, etwa um sich selbst Vorteile zu verschaffen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungskäufer sollten Sie sehr genau prüfen, welche Vollmachten Sie dem Bauträger im Kaufvertrag erteilen. Achten Sie besonders darauf, dass Änderungen am Gemeinschaftseigentum nur aus triftigen Gründen möglich sind und der Bauträger sich nicht ohne sachlichen Grund Vorteile verschaffen kann. Wenn der Bauträger eine erteilte Vollmacht missbraucht und sich etwa nachträglich zusätzliche Flächen oder Nutzungsrechte zuweist, können Sie die Vollmacht noch bis zur Grundbucheintragung widerrufen. Um Ihre Rechte zu wahren, sollten Sie sich bei verdächtigen Änderungen der Teilungserklärung umgehend juristischen Rat einholen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der typische Umfang einer Bauträgervollmacht beim Immobilienkauf?
Eine Bauträgervollmacht muss grundsätzlich notariell beurkundet werden, wenn sie für den Erwerb oder die Veräußerung eines Grundstücks erteilt wird. Dies gilt auch für den zugrundeliegenden Vollmachtsauftrag.
Notwendige Formvorschriften
Die notarielle Beurkundung der Vollmacht ist in folgenden Situationen zwingend erforderlich:
- Wenn die Vollmacht Teil eines formbedürftigen Immobilienvertrags ist
- Sobald sie eine rechtliche oder tatsächliche Bindung zur Grundstücksveräußerung begründet
- Bei Vollmachten zur Vornahme der Auflassung
Inhaltliche Ausgestaltung
Der Bauträgervertrag enthält typischerweise Vollmachten für folgende Bereiche:
Die Vollmacht umfasst die Befugnis zur Abgabe aller Erklärungen, die für die Durchführung des Bauvorhabens erforderlich sind. Wenn Sie als Käufer eine Vollmacht erteilen, sollten Sie beachten, dass der Bauträger dadurch weitreichende Befugnisse erhält.
Sicherungsmechanismen
Der Notar muss die Vollmacht inhaltlich genau überprüfen. Für die Beurkundung einer Vollmacht gibt es zwei Möglichkeiten:
- Als Unterschriftsbeglaubigung
- Als vollständige notarielle Beurkundung
Bei der Vollmachtserteilung ist zu beachten, dass der Bauträger die Vollmacht nicht für sachfremde Zwecke nutzen darf. Die Vollmacht sollte daher klar begrenzt und auf die notwendigen Handlungen beschränkt sein.
Besondere Schutzvorschriften
Für Verbraucher gelten besondere Schutzvorschriften. Der Vertragstext muss in Gegenwart des Erwerbers oder einer Vertrauensperson beurkundet werden. Wenn der Bauträger nicht anwesend ist, muss der Verbraucher das Vertragsangebot selbst abgeben, wodurch ihm der gesamte Wortlaut verlesen wird.
Welche Kontrollmöglichkeiten haben Käufer bei der Ausübung einer Bauträgervollmacht?
Als Käufer einer Immobilie haben Sie bei der Erteilung einer Bauträgervollmacht verschiedene Kontrollmöglichkeiten, um Ihre Interessen zu schützen.
Beschränkungen im Innenverhältnis
Eine Bauträgervollmacht kann im Innenverhältnis wirksam beschränkt werden. Wenn Sie eine Vollmacht erteilen, können Sie festlegen, dass der Bauträger diese nur unter bestimmten Voraussetzungen nutzen darf. Typische Beschränkungen sind:
- Keine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zu Ihrem Nachteil
- Keine Beeinträchtigung Ihres Sondereigentums
- Keine wesentliche Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums
Widerrufsmöglichkeiten
Wichtig: Eine Vollmacht zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums muss zwingend widerruflich sein. Sie können also bei Missbrauch oder wichtigem Grund die Vollmacht widerrufen. Eine Klausel, die eine unwiderrufliche Vollmacht vorsieht, ist unwirksam.
Notarielle Kontrolle
Der Notar hat eine Prüfungspflicht bei der Ausübung der Vollmacht. Wenn für den Notar erkennbar ist, dass die Vollmacht nichtig ist oder missbraucht wird, muss er die Beurkundung oder den Vollzug von Erklärungen ablehnen.
Umfangskontrolle
Der Umfang einer Bauträgervollmacht ist stets eng auszulegen. Wenn Sie beispielsweise eine Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung erteilen, umfasst diese nicht automatisch die Befugnis, Grundstücksbelastungen wie Dienstbarkeiten zu bestellen. Die Vollmacht muss sich auf konkret beschriebene Maßnahmen beschränken.
Wann ist ein Widerruf der Bauträgervollmacht rechtlich möglich?
Eine Bauträgervollmacht kann grundsätzlich jederzeit widerrufen werden, solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist. Der Widerruf wirkt dabei für die Zukunft (ex nunc), bereits getätigte Geschäfte bleiben wirksam.
Voraussetzungen für den Widerruf
Die Wirksamkeit des Widerrufs setzt voraus, dass die Vollmachtserklärung dem Bevollmächtigten oder dem relevanten Dritten nachweisbar zugegangen ist. Bei einer notariellen Vollmacht sollte der Widerruf ebenfalls notariell beurkundet werden, um die Beweiskraft zu erhöhen.
Einschränkungen der Widerruflichkeit
Ein Widerruf ist nicht möglich, wenn die Vollmacht im Interesse des Bevollmächtigten erteilt wurde oder vertragliche Vereinbarungen dies ausschließen. Selbst wenn die Vollmacht als „unwiderruflich“ bezeichnet wurde, kann sie bei Vorliegen wichtiger Gründe dennoch widerrufen werden.
Praktische Durchführung
Wenn Sie eine Bauträgervollmacht widerrufen möchten, müssen Sie folgende Schritte beachten:
- Die schriftliche Widerrufserklärung muss eindeutig formuliert sein
- Alle ausgestellten Vollmachtsurkunden müssen vom Bevollmächtigten zurückgefordert werden
- Bei notariellen Vollmachten muss der beurkundende Notar über den Widerruf informiert werden
- Alle betroffenen Institutionen wie Banken und Behörden müssen benachrichtigt werden
Bei einer bereits beurkundeten Änderung der Teilungserklärung hat der Widerruf allerdings keine unmittelbaren Auswirkungen mehr auf deren Vollzug. Bereits getätigte Rechtsgeschäfte bleiben von dem Widerruf unberührt.
Welche Rolle spielt der Notar bei Änderungen der Teilungserklärung durch den Bauträger?
Der Notar nimmt bei Änderungen der Teilungserklärung eine zentrale Kontrollfunktion wahr. Seine Hauptaufgabe besteht in der notariellen Beurkundung der Änderungen, ohne die diese keine rechtliche Wirksamkeit erlangen.
Prüfungspflichten des Notars
Der Notar muss bei der Änderung der Teilungserklärung mehrere wesentliche Aspekte prüfen:
• Die Identität und Vertretungsberechtigung aller beteiligten Personen • Das Vorliegen aller erforderlichen Zustimmungen • Die Übereinstimmung der Abgeschlossenheitsbescheinigung mit den tatsächlichen baulichen Gegebenheiten • Die formale Korrektheit sämtlicher Unterlagen für das Grundbuchamt
Dokumentations- und Belehrungspflichten
Der Notar ist verpflichtet, die vollständige Dokumentation der neuen Zweckbestimmung vorzunehmen. Er muss die Beteiligten umfassend über rechtliche Risiken und Folgen der Änderungen aufklären. Diese Pflicht ergibt sich aus § 17 Beurkundungsgesetz.
Technische Durchführung
Bei der Beurkundung erstellt der Notar die grundbuchrechtliche Bewilligung für die Änderung und sorgt für deren formgerechte Ausführung. Die Änderungen werden erst durch die Eintragung im Grundbuch wirksam und gelten dann automatisch für alle künftigen Eigentümer.
Wenn Sie als Bauträger eine Änderung der Teilungserklärung vornehmen möchten, müssen alle Dokumente durch einen Notar beglaubigt oder beurkundet werden. Erst danach kann die Anlegung von Grundbüchern für die verschiedenen Wohnungen beim Grundbuchamt beantragt werden.
Wie können Käufer ihre Rechte bei missbräuchlicher Vollmachtsausübung durchsetzen?
Bei missbräuchlicher Vollmachtsausübung können Sie als Käufer verschiedene rechtliche Schritte einleiten. Das Grundbuchamt hat bei Grundstücksgeschäften die Wirksamkeit einer Vollmacht von Amts wegen zu überprüfen. Erlangt das Grundbuchamt sichere Kenntnis von einem Vollmachtsmissbrauch, darf es die beantragte Grundbuchänderung nicht vollziehen.
Prüfung der Vollmachtsausübung
Ein Vollmachtsmissbrauch liegt vor, wenn die Vollmacht erkennbar nicht zum Wohle des Vollmachtgebers eingesetzt wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Immobilie deutlich unter ihrem Verkehrswert veräußert wird. Auch wenn der Bevollmächtigte im eigenen Interesse oder zugunsten nahestehender Personen handelt, kann ein Missbrauch vorliegen.
Rechtliche Handlungsmöglichkeiten
Sie können einen Antrag auf Aussetzung der Grundbucheintragung stellen. Das Grundbuchamt wird dann die Vollmacht und deren Ausübung genauer prüfen. Bei offensichtlichem Missbrauch wird die Eintragung abgelehnt.
Durchsetzung der Ansprüche
Stellt sich ein Vollmachtsmissbrauch heraus, können Sie folgende Schritte einleiten:
- Eine Auskunft über alle getätigten Verfügungen vom Bevollmächtigten verlangen
- Schadensersatzansprüche gegen den Bevollmächtigten geltend machen
- Eine Feststellungsklage zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts einreichen
Der Vollmachtgeber oder seine Erben können die Vollmacht widerrufen und die Herausgabe der Vollmachtsurkunde verlangen. Ein nachträglicher Widerruf der Vollmacht steht der Grundbuchberichtigung allerdings nicht entgegen, wenn der notarielle Kaufvertrag zeitlich vor dem Vollmachtswiderruf abgeschlossen wurde.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Sondereigentum
Ein exklusives Eigentumsrecht an bestimmten Teilen eines Gebäudes oder Grundstücks im Rahmen einer Wohnungseigentumsanlage. Es umfasst typischerweise die Wohnung selbst sowie zugeordnete Flächen wie Kellerräume oder Stellplätze, die zur alleinigen Nutzung berechtigen. Geregelt im Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Im Unterschied zum Gemeinschaftseigentum kann der Eigentümer über diese Bereiche frei verfügen. Beispiel: Eine Eigentumswohnung mit zugehörigem Kellerraum und Tiefgaragenstellplatz.
Teilungserklärung
Die rechtliche Grundlage für die Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungseigentum. Sie legt fest, welche Gebäudeteile Sondereigentum und welche Gemeinschaftseigentum sind. Geregelt in § 8 WEG. Die Teilungserklärung wird notariell beurkundet und ins Grundbuch eingetragen. Sie enthält oft auch die Gemeinschaftsordnung mit Regelungen zum Zusammenleben. Beispiel: Festlegung, dass Balkone Sondereigentum sind, das Treppenhaus aber Gemeinschaftseigentum.
Gemeinschaftseigentum
Alle Teile einer Wohnungseigentumsanlage, die nicht im Sondereigentum stehen und von allen Eigentümern gemeinschaftlich genutzt werden. Dazu gehören tragende Wände, Dach, Fassade, Treppenhaus oder Außenanlagen. Geregelt in § 1 Abs. 5 WEG. Entscheidungen über das Gemeinschaftseigentum müssen gemeinsam getroffen werden. Beispiel: Die Sanierung der Hausfassade betrifft alle Eigentümer und muss gemeinschaftlich beschlossen werden.
Bauträgervollmacht
Eine spezielle Vollmacht, die Käufer dem Bauträger beim Erwerb einer noch zu errichtenden Immobilie erteilen. Sie ermöglicht dem Bauträger, bestimmte rechtliche Änderungen ohne erneute Zustimmung der Käufer vorzunehmen. Geregelt durch das Bauträgervertragsrecht (§§ 650u ff. BGB). Die Vollmacht muss klar begrenzt sein und darf nicht zu unangemessenen Benachteiligungen führen. Beispiel: Vollmacht zur Anpassung der Teilungserklärung bei notwendigen baulichen Änderungen.
Notarielle Vollmacht
Eine durch einen Notar beurkundete Bevollmächtigung, die einer Person erlaubt, im Namen einer anderen rechtlich bindende Handlungen vorzunehmen. Die notarielle Form ist bei Immobiliengeschäften zwingend erforderlich (§ 311b BGB). Der Notar prüft die Identität der Beteiligten und klärt über Rechtsfolgen auf. Beispiel: Vollmacht zur Unterzeichnung eines Kaufvertrags für eine Immobilie in Abwesenheit des Käufers.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 167 BGB – Erlöschen der Vollmacht: Dieser Paragraph regelt die Bedingungen, unter denen eine Vollmacht endet. Eine Vollmacht erlischt automatisch mit der Beendigung des erteilenden Verhältnisses, durch Widerruf oder durch Erreichen eines bestimmten Zeitpunkts. Im vorliegenden Fall endete die Vollmacht der Beschwerdeführer durch die Umschreibung des Eigentums oder spätestens nach fünf Jahren, wie vertraglich vereinbart.
- § 130 BGB – Zugang von Willenserklärungen: Diese Vorschrift bestimmt, dass eine Willenserklärung, wie der Widerruf einer Vollmacht, mit dem Zugang beim Empfänger wirksam wird. Hier war entscheidend, dass der Widerruf der Vollmacht erst mit dem Zugang beim Grundbuchamt wirksam wurde. Der Gerichtsbeschluss stellte fest, dass die Erlangung dieses Zugangs maßgeblich für die Nichtvollziehung der Nachträge war.
- § 308 Nr. 4 BGB – Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen: § 308 Nr. 4 BGB überprüft Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ihre Wirksamkeit. Die Vollmachten der Verkäufer zur Änderung der Teilungserklärung wurden nach dieser Vorschrift als unwirksam beurteilt, da sie übermäßige Befugnisse ohne ausreichende Beschränkungen enthielten und somit den Schutz der Käufer unzureichend gewährleisteten.
- § 12 BeurkG – Form und Inhalt der Beurkundung: Das Beurkundungsgesetz schreibt vor, dass bestimmte Rechtsgeschäfte, wie die Änderung der Teilungserklärung, der notariellen Beurkundung bedürfen. Im vorliegenden Fall musste der Notar sicherstellen, dass die erteilten Vollmachten den gesetzlichen Anforderungen entsprachen und ordnungsgemäß dokumentiert wurden, was durch den Widerruf der Beschwerdeführer beeinflusst wurde.
- § 10 Abs. 3 WEG – Wirkung der Beschlüsse und Vollmachten: Das Wohnungseigentumsgesetz regelt die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach § 10 Abs. 3 WEG werden Änderungen der Teilungserklärung erst mit Eintragung ins Grundbuch wirksam. Dies spielte im Fall eine zentrale Rolle, da die Nachträge erst nach dem Zugang beim Grundbuchamt wirksam wurden, was die Entscheidung des Gerichts unterstützte.
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LG Memmingen – Az.: 44 T 356/18 – Beschluss vom 28.06.2018
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