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Volljährigenadoption: Wie viel Altersunterschied ist erlaubt?

Seit fast 50 Jahren verband einen 74-jährigen Mann und eine 62-jährige Frau eine außergewöhnlich tiefe Freundschaft, geprägt von bedingungsloser Hilfe im Alltag. Diesen gelebten Bund wollten sie nun rechtlich durch eine Volljährigenadoption als Vater-Tochter-Beziehung anerkennen lassen. Doch das Familiengericht wies den Antrag rigoros zurück. Trotz der fast fünf Jahrzehnte andauernden, aufopferungsvollen Verbundenheit sah es keine Grundlage für eine Annahme als Kind.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 003 F 461/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Landau
  • Datum: 26.03.2024
  • Aktenzeichen: 003 F 461/23
  • Verfahren: Verfahren zur Volljährigenadoption
  • Rechtsbereiche: Familienrecht, Adoptionsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein 74-jähriger kinderloser Mann. Er beantragte, eine 62-jährige Frau als sein erwachsenes Kind anzunehmen.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Ein 74-jähriger kinderloser Mann wollte eine 62-jährige, verheiratete Frau als sein erwachsenes Kind adoptieren. Beide gaben an, seit 1975 sehr eng befreundet zu sein und sich gegenseitig zu unterstützen.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Darf ein Mann eine Frau adoptieren, wenn sie nur zwölf Jahre Altersunterschied haben und lediglich eine enge Freundschaft und gegenseitige Unterstützung besteht?

Entscheidung des Gerichts:

  • Urteil im Ergebnis: Der Antrag auf Volljährigenadoption wurde zurückgewiesen.
  • Zentrale Begründung: Das Gericht lehnte den Antrag ab, da der Altersunterschied von 12 Jahren nicht dem einer Generationsfolge (ca. 30 Jahre) entspricht und die Art der Verbundenheit eher einer Freundschaft als einer Eltern-Kind-Beziehung gleicht.
  • Konsequenzen für die Parteien: Die Parteien müssen ihre eigenen Verfahrenskosten tragen.

Der Fall vor Gericht


Kann eine fast 50-jährige Freundschaft in eine Eltern-Kind-Beziehung münden?

Vor dem Familiengericht Landau lag ein Antrag, der auf den ersten Blick wie ein Akt tiefster menschlicher Verbundenheit wirkte: Ein 74-jähriger, kinderloser Witwer wollte eine 62-jährige Frau als seine Tochter annehmen. Die beiden kannten sich seit ihrer Jugend, seit etwa 1975, und hatten über die Jahrzehnte eine außergewöhnlich enge Beziehung aufgebaut. Die Frau unterstützte den älteren Herrn aufopferungsvoll in seinem Alltag.

Zwei ältere Menschen tauschen sich über Akten aus – während der Abstand ihrer Geburtstage die Grenzen einer ungewöhnlichen Familienbande auslotet.
In einem stillen Moment besiegeln zwei enge Freunde ihre neu begründete Vater-Tochter-Beziehung durch eine Volljährigenadoption. Wie prägt ein familiärer Neuanfang im hohen Alter das Verständnis von Verwandtschaft? | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Nun sollte diese faktische Bindung auch rechtlich besiegelt werden. Doch das Gericht wies den Antrag zurück und entfaltete in seiner Begründung eine klare juristische Logik, die zeigt, warum Zuneigung und Hilfe allein nicht ausreichen, um die rechtlichen Bande einer Familie zu knüpfen.

Wer waren die Beteiligten und was verband sie?

Der Antragsteller war ein 74-jähriger Mann, der in seinem Leben zweimal verwitwet war und keine eigenen Kinder hatte. Sein Wunsch war es, eine 62-jährige Frau als sein Kind anzunehmen. Diese Frau war ihrerseits verheiratet und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Die Beziehung der beiden war keine flüchtige Bekanntschaft. Sie kannten sich seit fast einem halben Jahrhundert. In der Anhörung vor Gericht schilderten beide eindrücklich ihre tiefe, gewachsene Verbundenheit. Vor allem die Frau, die Anzunehmende, leistete dem älteren Mann umfangreiche Hilfe, die sein fortgeschrittenes Alter und sein Gesundheitszustand erforderten. Sie standen, so ihre übereinstimmende Aussage, bedingungslos füreinander ein. Aus dieser tiefen emotionalen und praktischen Verbindung heraus entstand der Wunsch, sie durch die Adoption rechtlich zu verankern.

Was verlangt das Gesetz für die Adoption eines Erwachsenen?

Das Gericht musste diesen Wunsch an den strengen Maßstäben des Gesetzes messen. Die Adoption eines volljährigen Menschen ist in Deutschland eine Ausnahme. Während bei der Adoption eines Minderjährigen das Wohl des Kindes im Vordergrund steht, gelten für Erwachsene andere Regeln. Der entscheidende juristische Dreh- und Angelpunkt ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden bereits ein Verhältnis bestehen muss, das einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung entspricht.

Das Gesetz will mit der Volljährigenadoption nicht eine neue Beziehung aus dem Nichts erschaffen. Es will vielmehr eine bereits existierende, gelebte Realität rechtlich anerkennen. Es geht darum, einer seelisch-geistigen Bindung, die sich über die Zeit entwickelt hat und tatsächlich den Charakter einer Eltern-Kind-Beziehung trägt, den offiziellen Stempel zu geben. Die bloße Freundschaft, und sei sie noch so tief, oder der Wunsch nach Versorgung reichen dafür nicht aus. Die Beziehung muss die typische Prägung einer familiären Generationenfolge aufweisen.

Warum war der Altersunterschied von 12 Jahren ein entscheidendes Hindernis?

Der erste und wohl offensichtlichste Punkt, an dem das Gericht ansetzte, war das Alter der Beteiligten. Der Mann war 74, die Frau 62 Jahre alt. Der Altersunterschied betrug lediglich 12 Jahre. Dies mag für eine Freundschaft oder Partnerschaft unerheblich sein, für eine Eltern-Kind-Beziehung ist es jedoch ein fundamentaler Widerspruch.

Die Justiz geht davon aus, dass eine Generation einen Zeitraum von etwa 30 Jahren umfasst. Ein typischer Altersabstand zwischen Eltern und Kindern spiegelt diesen Generationenunterschied wider. Ein Abstand von nur 12 Jahren tut dies nicht. Das Gericht stellte unmissverständlich fest, dass der 74-Jährige und die 62-Jährige nicht zwei verschiedenen Generationen angehören. Sie sind vielmehr Zeitgenossen. Allein dieser Umstand, so die Richter, schließe die Annahme eines Verhältnisses, das dem einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung entspricht, im Grunde schon aus. Es fehlt die grundlegende Struktur, auf der eine solche Beziehung aufbaut: das natürliche Gefälle zwischen den Generationen.

Genügt eine tiefe, aufopferungsvolle Freundschaft für eine Adoption?

Die Antragsteller hatten ihre Argumentation stark auf die Qualität ihrer Beziehung gestützt: die lange Dauer, die emotionale Tiefe und die gegenseitige, aufopferungsvolle Hilfe. Das Gericht widersprach diesen Fakten nicht. Es anerkannte die enge Verbundenheit und die umfassenden Hilfeleistungen der Frau als „unzweifelhaft“.

Doch dann zog es eine entscheidende juristische Trennlinie: Eine solche Beziehung, so die Begründung, sei zwar bewundernswert, aber sie sei eben auch typisch für eine Vielzahl anderer enger menschlicher Beziehungen – etwa für eine sehr gute Freundschaft oder sogar eine nicht-romantische Partnerschaft im Alter. Das Gesetz verlangt aber mehr als nur Nähe und Unterstützung. Es verlangt eine spezifische Art der Beziehung, die eben jener zwischen Eltern und Kindern gleicht. Dazu gehört typischerweise ein Element der Anleitung, der Fürsorge aus einer übergeordneten Position heraus und eine Prägung, die in der Jugend beginnt. Die Beziehung der beiden Beteiligten, so das Gericht, war eine auf Augenhöhe, eine Beziehung zwischen zwei erwachsenen Freunden, von denen der eine dem anderen hilft. Dies ist aber nicht das, was das Adoptionsrecht unter einem Eltern-Kind-Verhältnis versteht.

Gab es besondere Umstände, die eine Ausnahme gerechtfertigt hätten?

Das Gericht prüfte sorgfältig, ob es im vorliegenden Fall besondere Umstände gab, die eine Abweichung von der Regel des Generationenabstands rechtfertigen könnten. Die Rechtsprechung kennt solche seltenen Ausnahmen. So wurde beispielsweise die Adoption eines Kindes durch seine nur 13 Jahre ältere Schwester anerkannt, weil diese nach dem Ausfall der Eltern faktisch die Mutterrolle übernommen hatte. Auch besonders widrige Umstände, etwa in Kriegszeiten, könnten dazu führen, dass ein untypisches Über- und Unterordnungsverhältnis entsteht, das einer Eltern-Kind-Beziehung nahekommt.

Im Fall des 74-Jährigen und der 62-Jährigen konnte das Gericht jedoch keine solchen außergewöhnlichen Umstände finden. Ihre Beziehung hatte sich unter normalen Umständen über Jahrzehnte als Freundschaft entwickelt. Es gab kein einschneidendes Ereignis, das die eine Person in eine elterliche Verantwortung für die andere gedrängt hätte. Auch eine sogenannte Stiefkindadoption, bei der die Gerichte oft einen geringeren Altersunterschied akzeptieren, lag hier nicht vor.

Welche Rolle spielten Zweifel an der wahren Motivation?

Schließlich berücksichtigte das Gericht noch einen weiteren, subtileren Aspekt. In Verfahren zur Volljährigenadoption müssen die Gerichte auch wachsam sein, ob nicht andere, vor allem Vermögensrechtliche Interessen im Vordergrund stehen. Eine Adoption hat weitreichende erbrechtliche und steuerliche Folgen, die sie für manche Menschen attraktiv machen kann.

Das Gericht formulierte hier vorsichtig: Es seien Zweifel verblieben, dass die langjährige Freundschaft nicht auch zur Absicherung von Vermögensinteressen als Eltern-Kind-Verhältnis deklariert werden sollte. Es unterstellte den Beteiligten keine unlauteren Absichten. Aber im juristischen Verfahren gilt: Bestehende Zweifel gehen zulasten desjenigen, der den Antrag stellt. Die Antragsteller hatten es also nicht geschafft, das Gericht restlos davon zu überzeugen, dass ihr Wunsch allein aus der Natur ihrer Beziehung entsprang und nicht auch von finanziellen Überlegungen beeinflusst war.

Wie wog das Gericht die Argumente der Antragsteller am Ende ab?

Am Ende stand eine Abwägung. Auf der einen Seite der Waage lagen die starken Argumente der Antragsteller: eine unbestreitbar tiefe, fast 50-jährige Verbundenheit und eine bemerkenswerte gegenseitige Unterstützung. Auf der anderen Seite lagen die harten Fakten des Gesetzes. Das Gericht fasste seine Entscheidung in einer klaren logischen Kette zusammen:

  • Der fehlende Generationenabstand: Der Altersunterschied von nur 12 Jahren widerspricht fundamental der Struktur einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung.
  • Die Art der Beziehung: Die existierende Bindung wurde als tiefe Freundschaft gewürdigt, aber nicht als die spezifische Art von Beziehung, die das Gesetz für eine Adoption fordert.
  • Die verbleibenden Zweifel: Die Möglichkeit, dass auch vermögensrechtliche Motive eine Rolle spielen, konnte nicht ausgeräumt werden, was rechtlich gegen die Antragsteller sprach.

Aufgrund dieser erdrückenden Gegenargumente, die sich direkt aus den gesetzlichen Vorgaben ergaben, sah das Gericht keine andere Möglichkeit, als den Antrag auf Annahme als Kind zurückzuweisen. Die Geschichte der beiden Beteiligten endete damit nicht als rechtlich anerkannte Familiengeschichte, sondern blieb das, was sie nach Ansicht des Gerichts immer gewesen war: die Geschichte einer außergewöhnlich tiefen Freundschaft.

Wichtigste Erkenntnisse

Eine Erwachsenenadoption anerkennt nur bereits bestehende, tief verwurzelte Eltern-Kind-Verhältnisse, statt neue Beziehungen zu schaffen.

  • Familiäre Generationenfolge: Eine Adoption vollzieht sich nur, wenn die Beziehung bereits die Prägung einer natürlichen familiären Generationenfolge aufweist, die sich über die Zeit entwickelt hat.
  • Essentieller Altersabstand: Zwischen Annehmendem und Anzunehmendem muss ein natürlicher Altersabstand bestehen, der typischerweise eine Generation (etwa 30 Jahre) umfasst, um das erforderliche Gefälle zu spiegeln.
  • Freundschaft allein reicht nicht: Eine noch so tiefe Freundschaft oder gegenseitige Unterstützung bildet keine Eltern-Kind-Beziehung ab, denn diese erfordert spezifische Elemente der Anleitung und Fürsorge aus einer übergeordneten Position.

Das Gesetz legt bei der Erwachsenenadoption strenge Maßstäbe an, um die rechtliche Wirklichkeit einer gewachsenen Familie zu sichern.


Das Urteil in der Praxis

Wie viel Herz darf ein Gericht zeigen, wenn es um die Definition von Familie geht? Dieses Urteil gibt eine unmissverständliche Antwort. Es macht unmissverständlich klar, dass selbst jahrzehntelange, aufopferungsvolle Freundschaft nicht ausreicht, um die rechtlichen Bande einer Eltern-Kind-Beziehung zu knüpfen. Entscheidend sind der faktische Generationenabstand und die gelebte Rollenverteilung, nicht nur emotionale Nähe oder Versorgungsbedürfnisse. Wer hier eine einfache Route für Erbfolge oder familiäre Absicherung sah, wird von der strikten Auslegung des Familiengerichts auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Familie wird nicht gemacht, sie muss bereits gelebt sein, und zwar im Sinne des Gesetzes.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was versteht das Gesetz unter einer ‚Eltern-Kind-Beziehung‘ im Kontext der Volljährigenadoption?

Das Gesetz versteht unter einer Eltern-Kind-Beziehung im Kontext der Volljährigenadoption ein Verhältnis, das einer natürlichen familiären Generationenfolge entspricht. Dies geht über eine bloße tiefe Zuneigung oder Freundschaft hinaus.

Man kann es sich wie das Fundament eines Hauses vorstellen: Eine enge Beziehung ist zwar wichtig, aber nur wenn das Fundament – hier das natürliche Gefälle zwischen den Generationen – bereits stabil und vorhanden ist, kann das rechtliche Gerüst einer Eltern-Kind-Beziehung darauf gebaut werden.

Das Gesetz will nicht einfach eine neue Beziehung schaffen oder eine Freundschaft aufwerten. Vielmehr geht es darum, eine bereits gelebte Realität rechtlich anzuerkennen, die dem Wesen einer Eltern-Kind-Beziehung gleicht. Typischerweise beinhaltet dies ein elementares Gefälle zwischen den Generationen, das sich oft über einen längeren Zeitraum, beginnend in der Jugend, entwickelt hat. Dazu gehören auch Elemente der Anleitung, der Fürsorge aus einer übergeordneten Position sowie eine tiefe seelisch-geistige Bindung.

Diese Anforderung dient dazu, dass die Adoption die rechtliche Anerkennung einer schon bestehenden und gewachsenen familiären Realität darstellt und nicht zur Schaffung künstlicher Familienbande dient.


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Welche Bedeutung hat der Altersunterschied zwischen den Beteiligten bei der Adoption eines Erwachsenen?

Der Altersunterschied ist bei der Adoption eines Erwachsenen von entscheidender Bedeutung, da er die grundlegende Struktur einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung widerspiegeln muss. Das Gesetz verlangt hier einen Abstand, der einem Generationenwechsel entspricht.

Stellen Sie sich vor, man möchte in einem Theaterstück die Rollen von Eltern und Kindern besetzen. Damit die Zuschauer die familiäre Beziehung sofort erkennen und als glaubwürdig empfinden, müssen die Darsteller altersmäßig zueinander passen. Ein Darsteller, der nur wenige Jahre älter ist als sein „Kind“, würde diese Rollenverteilung in Frage stellen.

Die Justiz geht davon aus, dass eine Generation etwa 30 Jahre umfasst. Folglich erwartet das Gericht bei einer Erwachsenenadoption einen Altersunterschied, der diesem natürlichen Generationsgefälle entspricht. Ein zu geringer Abstand, beispielsweise nur 10 bis 20 Jahre, wird als Hinweis darauf gewertet, dass die beteiligten Personen eher als „Zeitgenossen“ und nicht als Angehörige unterschiedlicher Generationen anzusehen sind. Eine solche Beziehung, die auf Augenhöhe stattfindet, erfüllt nicht die Voraussetzung einer gelebten Eltern-Kind-Beziehung, die typischerweise eine übergeordnete Fürsorge, Anleitung und Prägung beinhaltet, die oft in der Jugend beginnt.

Diese strenge Regelung stellt sicher, dass durch die Erwachsenenadoption nur solche Bindungen rechtlich anerkannt werden, die tatsächlich die Merkmale einer familiären Eltern-Kind-Beziehung tragen.


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Reicht eine langjährige, tiefe emotionale Verbundenheit für die Adoption eines Erwachsenen aus?

Eine langjährige, tiefe emotionale Verbundenheit allein reicht für die Adoption eines Erwachsenen nicht aus. Das Gesetz verlangt für eine solche Adoption eine spezifische Art von Beziehung, die über eine enge Freundschaft oder partnerschaftliche Unterstützung hinausgeht.

Man kann sich das wie bei zwei gleichberechtigten Teammitgliedern vorstellen: Sie unterstützen sich hervorragend und stehen bedingungslos füreinander ein. Dies ist ein wertvoller Bund, unterscheidet sich aber von einer Eltern-Kind-Beziehung, die eine andere Art der Prägung und Fürsorge beinhaltet. Eine Eltern-Kind-Beziehung weist typischerweise ein natürliches Gefälle und eine Fürsorge aus einer primär elterlichen Rolle heraus auf.

Für die Adoption eines Erwachsenen muss das Verhältnis zwischen den Beteiligten bereits dem einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung entsprechen. Das bedeutet, es muss die typische Prägung einer familiären Generationenfolge erkennbar sein. Eine bloße Freundschaft, auch wenn sie noch so tief und aufopferungsvoll ist, genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. Die existierende Bindung muss tatsächlich den Charakter einer Eltern-Kind-Beziehung tragen, um rechtlich anerkannt zu werden.

Diese Regelung dient dazu, eine bereits gelebte seelisch-geistige Bindung rechtlich anzuerkennen, anstatt eine neue Beziehung aus dem Nichts zu schaffen.


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Worin unterscheiden sich die Voraussetzungen für die Adoption eines Minderjährigen von denen eines Erwachsenen?

Die Voraussetzungen für die Adoption unterscheiden sich grundlegend, je nachdem, ob es sich um einen Minderjährigen oder einen Erwachsenen handelt. Bei der Adoption eines Kindes steht dessen Wohl im Mittelpunkt, und es geht darum, eine neue Familie für das Kind zu schaffen oder eine bestehende familiäre Bindung zu festigen.

Man kann sich das so vorstellen, als würde bei der Adoption eines Kindes ein Fundament für eine neue Familie gegossen, während bei der Adoption eines Erwachsenen lediglich ein bereits fertig gebautes Haus, das wie ein Elternhaus aussieht, offiziell anerkannt wird. Es muss eine bestehende Beziehung vorliegen, die einer echten Eltern-Kind-Beziehung gleicht.

Das Gesetz legt für die Adoption eines Erwachsenen weitaus strengere Maßstäbe an. Es geht nicht darum, eine neue Beziehung zu begründen, sondern eine bereits über Jahre gewachsene, einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung entsprechende seelisch-geistige Bindung rechtlich anzuerkennen. Bloße tiefe Freundschaft oder der Wunsch nach gegenseitiger Hilfe genügen hierfür nicht. Entscheidend ist unter anderem ein passender Generationsabstand, der im Idealfall etwa 30 Jahre beträgt, und dass die Beziehung die typische Prägung einer familiären Generationenfolge aufweist, die bereits gelebt wird.

Diese strengen Regeln stellen sicher, dass die rechtliche Anerkennung einer Eltern-Kind-Beziehung bei Erwachsenen nur dann erfolgt, wenn diese tatsächlich die gelebte Realität widerspiegelt und nicht aus anderen Motiven, wie etwa vermögensrechtlichen Interessen, erfolgt.


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Inwiefern können die Beweggründe der Antragsteller die Entscheidung über eine Erwachsenenadoption beeinflussen?

Die Beweggründe der Antragsteller spielen bei der Entscheidung über eine Erwachsenenadoption eine entscheidende Rolle und werden von Gerichten genau geprüft. Gerichte legen großen Wert darauf, dass der Wunsch zur Adoption primär aus dem Wesen einer tatsächlichen Eltern-Kind-Beziehung entsteht.

Stellen Sie sich vor, ein Schiedsrichter pfeift ein Foul. Es geht nicht nur darum, dass der Spieler fällt, sondern auch darum, warum er fällt und ob eine echte Regelverletzung vorliegt. Ähnlich prüfen Gerichte bei der Adoption nicht nur den geäußerten Wunsch, sondern auch die dahinterstehenden wahren Absichten.

Gerichte achten insbesondere auf mögliche nicht-familiäre Motive. Dazu gehören beispielsweise vermögensrechtliche oder steuerliche Interessen, die eine Adoption attraktiv machen können, wie etwa Vorteile im Erbrecht. Obwohl solche Aspekte für Antragsteller bedeutsam sein mögen, müssen Gerichte sicherstellen, dass diese nicht der Hauptgrund für den Adoptionswunsch sind. Wenn Zweifel an der reinen, familiär geprägten Motivation verbleiben, kann dies zur Ablehnung des Adoptionsantrags führen, selbst wenn keine unlauteren Absichten unterstellt werden. Die Antragsteller müssen das Gericht überzeugen, dass die Adoption die rechtliche Anerkennung einer gelebten Eltern-Kind-Beziehung ist.

Diese strenge Prüfung schützt die Integrität des Adoptionsrechts, indem sie sicherstellt, dass die Annahme an Kindes statt ihren wahren familiären Zweck erfüllt.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Eltern-Kind-Beziehung

Im Kontext der Volljährigenadoption bezeichnet eine „Eltern-Kind-Beziehung“ ein Verhältnis, das in seiner Struktur und Ausprägung einer natürlichen familiären Generationenfolge entspricht. Das Gesetz verlangt, dass die seelisch-geistige Bindung zwischen den Beteiligten bereits den Charakter einer solchen Beziehung trägt, bevor sie rechtlich anerkannt wird. Es geht nicht um bloße Freundschaft oder Fürsorge, sondern um ein typisches Gefälle, oft beginnend in der Jugend, mit Elementen der Anleitung und Prägung.

Beispiel: Das Gericht lehnte die Adoption ab, weil die Beziehung der beiden Antragsteller, trotz ihrer Tiefe, nicht die spezifische Prägung einer Eltern-Kind-Beziehung, sondern eher die einer Freundschaft auf Augenhöhe aufwies.

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Generationenabstand

Der Generationenabstand ist der Altersunterschied zwischen den Beteiligten, der bei einer Volljährigenadoption ausreichend groß sein muss, um eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung widerzuspiegeln. Die Justiz geht davon aus, dass eine Generation etwa 30 Jahre umfasst. Ein deutlicher Altersunterschied ist notwendig, um das typische Gefälle und die Fürsorge aus einer übergeordneten Position, die für eine Eltern-Kind-Beziehung charakteristisch sind, glaubhaft zu machen.

Beispiel: Im Fall betrug der Altersunterschied nur 12 Jahre, was das Gericht als zu gering ansah, da Mann und Frau eher Zeitgenossen als Angehörige zweier unterschiedlicher Generationen waren.

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Vermögensrechtliche Interessen

Als „vermögensrechtliche Interessen“ bezeichnet man finanzielle oder erbrechtliche Vorteile, die sich aus einer Adoption ergeben könnten und die das Gericht bei der Prüfung eines Adoptionsantrags kritisch hinterfragt. Das Gesetz will verhindern, dass eine Adoption primär aus finanziellen Gründen und nicht aufgrund einer echten familiären Bindung vorgenommen wird. Gerichte prüfen daher, ob solche Motive im Vordergrund stehen, auch wenn keine unlauteren Absichten vorliegen müssen.

Beispiel: Das Gericht hegte Zweifel, ob die Volljährigenadoption nicht auch zur Absicherung von Vermögensinteressen der Beteiligten dienen sollte, was rechtlich gegen die Antragsteller sprach.

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Volljährigenadoption

Die Volljährigenadoption ist die rechtliche Möglichkeit, eine volljährige Person als eigenes Kind anzunehmen. Im Gegensatz zur Minderjährigenadoption geht es hier nicht primär um das Wohl des Kindes, sondern darum, eine bereits bestehende, familiäre Beziehung, die einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung gleicht, auch rechtlich anzuerkennen und zu verankern. Sie schafft also keine neue Beziehung, sondern bestätigt eine gelebte Realität.

Beispiel: Im vorliegenden Fall wollte der 74-jährige Witwer die 62-jährige Frau durch eine Volljährigenadoption als seine Tochter annehmen, um ihre tiefe, faktische Bindung auch rechtlich zu besiegeln.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Volljährigenadoption und das bestehende Eltern-Kind-Verhältnis (§ 1767 Abs. 1 BGB)

    Die Adoption eines Erwachsenen ist nur möglich, wenn zwischen den Beteiligten bereits eine Beziehung besteht, die einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung gleicht.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte, ob die tiefe Freundschaft zwischen dem 74-jährigen Mann und der 62-jährigen Frau tatsächlich die Merkmale einer solchen Eltern-Kind-Beziehung aufwies, um rechtlich anerkannt zu werden.

  • Erforderlicher Generationenabstand (Auslegung von § 1767 Abs. 1 BGB)

    Eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung setzt typischerweise einen deutlichen Altersunterschied zwischen den Generationen von etwa 30 Jahren voraus.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Der geringe Altersunterschied von nur 12 Jahren zwischen dem 74-Jährigen und der 62-Jährigen war das Hauptargument des Gerichts, da er der Struktur einer Eltern-Kind-Beziehung widersprach und die beiden als Zeitgenossen qualifizierte.

  • Abgrenzung zu Freundschaft und anderen engen Beziehungen (Auslegung von § 1767 Abs. 1 BGB)

    Eine sehr enge Freundschaft oder gegenseitige Unterstützung, so tief sie auch sein mag, ist rechtlich nicht dasselbe wie eine Beziehung zwischen Eltern und Kind.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass die Beziehung der Beteiligten, obwohl aufopferungsvoll und langjährig, eher einer tiefen Freundschaft auf Augenhöhe entsprach und nicht die spezifischen Merkmale einer familiären Generationenfolge aufwies.

  • Sittliche Rechtfertigung und Ausschluss sachfremder Motive (§ 1767 Abs. 1 BGB)

    Eine Erwachsenenadoption muss sittlich gerechtfertigt sein, was bedeutet, dass sie nicht hauptsächlich aus anderen Gründen wie finanziellen oder erbrechtlichen Interessen erfolgen darf.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht äußerte Zweifel, ob nicht auch vermögensrechtliche Interessen des Antragstellers eine Rolle spielten, was bei Adoptionsanträgen gegen die Annahme sprechen kann, wenn die wahren Beweggründe nicht zweifelsfrei rein familiär sind.


Das vorliegende Urteil


AG Landau – Az.: 003 F 461/23 – Beschluss vom 26.03.2024


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