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Verzicht auf Wohnungs – oder Teileigentumsanteil ist unzulässig

OLG Zweibrücken – Az.: 3 W 52/22 – Beschluss vom 07.10.2022

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer begehrt seine Eintragung als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes. Hierbei handelt es sich um einen …/1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück eingetragen im Teileigentumsgrundbuch von … Blatt .., verbunden mit dem Sondereigentum an der mit Nr. … bezeichneten Garage.

Der ursprünglich eingetragene Eigentümer des Grundbesitzes hat den Verzicht auf das Eigentum erklärt. Dieser Verzicht ist am … 1979 in das Grundbuch eingetragen worden.

Mit notariell beurkundetem Kauf und Abtretung eines Aneignungsrechts des Notars … (UR-Nr. …) vom 25. November 2020 verkaufte das Land Rheinland-Pfalz sein Aneignungsrecht an dem Grundbesitz zum Preis von 1 € an den Antragsteller und trat ihm dieses Aneignungsrecht ab. Der Antragsteller nahm dieses Recht an und die Beteiligten waren sich darüber einig, dass das Aneignungsrecht auf den Käufer übergehen sollte. In dieser Urkunde erklärte der Antragsteller gegenüber dem Grundbuchamt, dass er das Aneignungsrecht ausübe und bewilligte und beantragte seine Eintragung als neuer Eigentümer im Grundbuch.

Auf den Eintragungsantrag des Notars wies die Rechtspflegerin des Grundbuchamts darauf hin, dass der Verzicht auf einen Sondereigentumsanteil nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2007 – V ZB 18/07) unwirksam sei. Zudem sei die Garage, für die das Sondereigentum bestehe, nicht errichtet worden. Mit dem angefochtenen Beschluss hat sie den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Da die Garage nicht errichtet worden sei, sei daran kein Sondereigentum entstanden, sondern es handele sich um isolierte Miteigentumsanteile, die der WEG-Gemeinschaft zustünden. Überdies mangele es an der Verwalterzustimmung.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung führt er aus, es gelte das Rückwirkungsverbot. Zum Zeitpunkt der Eintragung des Verzichts auf das Eigentum im Jahr 1979 sei dies noch wirksam gewesen, da die entgegenstehende BGH-Rechtsprechung erst danach ergangen sei. Ob die Garage tatsächlich gebaut worden sei, dürfe für das Grundbuchamt nicht relevant sein. Die Verwalterzustimmung sei für die Aneignung nicht erforderlich, da es hierfür anders als beim Kauf keine Rechtsgrundlage gebe.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Ansicht, dass der Verzicht unwirksam sei, sei jedenfalls vertretbar. Das Rückwirkungsverbot gelte nicht in jedem Fall. Der Fiskus sei nicht gemäß § 928 Abs. 2 BGB voreingetragen gewesen. Falls die Aneignung wirksam sein solle, fehle dennoch die Verwalterzustimmung.

II.

Die Beschwerde gegen den den Eintragungsantrag zurückweisenden Beschluss ist als unbeschränkte Beschwerde gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat entscheidet gemäß § 119 GVG, § 4 Abs. 3 Nr. 2a GerOrgG Rheinland-Pfalz über die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ….

In der Sache hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hat das Eigentum an dem WEG-Anteil nicht wirksam erworben, so dass er auch nicht als Eigentümer eingetragen werden konnte. Der Beschwerdeführer hat nämlich kein Aneignungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz erworben. Voraussetzung hierfür wäre nämlich, dass der in Rede stehende Grundbesitz herrenlos gewesen wäre, damit dem Land auch ein Aneignungsrecht nach § 928 Abs. 2 Satz 1 BGB zugestanden hätte. Herrenlos wird ein Grundbesitz nur durch einen wirksamen Verzicht des Eigentümers. Hierzu führt das Amtsgericht zutreffend aus, dass ein Verzicht auf Wohnungseigentum nicht zulässig ist.

Nach der Definition in § 1 Abs. 2 und 3 WEG besteht Wohnungs- und Teileigentum aus dem Sondereigentum an einer Wohnung bzw. an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentum an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Gemeinschaftliches Eigentum ist nach § 1 Abs. 5 WEG u.a. das Grundstück. Das Miteigentum daran (§ 1008 BGB) ist die Grundlage des Wohnungs- und Teileigentums; das ergibt sich aus den Regelungen über das Entstehen dieser Eigentumsformen in §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 WEG (BGH, Beschluss vom 17. Januar 1968 – V ZB 9/67 -, BGHZ 49, 250, 251). Ohne einen Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Grundstück gibt es kein Wohnungs- und Teileigentum (vgl. § 6 WEG). Ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück kann nicht entsprechend § 928 Abs. 1 BGB durch Verzicht des einzelnen Miteigentümers aufgegeben werden (BGH, Urteil vom 7. Juni 1991 – V ZR 175/90 -, BGHZ 115, 1, 7 Rn. 28).

Im Hinblick auf die Regelung in § 928 Abs. 2 BGB stößt die Annahme des Verzichts auf einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück schon begrifflich auf Schwierigkeiten und das Miteigentum erschöpft sich nicht in der sachenrechtlichen Beziehung, sondern hat zugleich die Beteiligung an einer wechselseitige Rechte und Pflichten begründenden Miteigentümergemeinschaft zum Inhalt, an die jeder Teilhaber bis zu deren gesetzeskonformer Aufhebung gebunden ist. Der Ausschluss des Verzichts auf den Miteigentumsanteil steht nicht in Widerspruch zu der Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 928 BGB steht und beschränkt die Befugnisse des Eigentümers nach § 903 Satz 1 BGB nicht in unzulässiger Weise (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2007 – V ZB 18/07 -, BGHZ 172, 338-345, Rn. 9, ebenso Senatsbeschluss vom 11. Juli 2002 – 3 W 48/02 -, Rn. 5, juris). Kann aber ein einzelner Miteigentümer sein Miteigentum an einem Grundstück nicht durch Verzicht aufgeben, führt das dazu, dass auch Wohnungs- und Teileigentum nicht durch Verzicht aufgegeben werden können (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2007 – V ZB 18/07 -, BGHZ 172, 338-345, Rn. 11). Dass diese Rechtsprechung erst nach dem in Rede stehenden Verzicht ergangen ist, vermag an der Beurteilung der Rechtslage nichts zu ändern.

Mangels wirksamen Verzichts war der Grundbesitz nicht herrenlos, so dass dem Land Rheinland-Pfalz kein Aneignungsrecht nach § 928 Abs. 2 BGB zustand. Dem entsprechend konnte das Aneignungsrecht auch nicht wirksam auf den Beschwerdeführer übertragen werden, so dass ihm kein Aneignungsrecht zustand, mittels dessen er hätte Eigentum erwerben können.

Der Beschwerdeführer hat das Eigentum auch nicht gutgläubig erwerben können. Soweit er meint, es gelte das Rückwirkungsverbot, muss er sich entgegenhalten lassen, dass es kein Rückwirkungsverbot für Grundbucheintragungen gibt, sondern nur für Gesetze. Grundbucheintragungen genießen allenfalls Gutglaubensschutz. Allerdings kann die Eintragung des Verzichts aus dem Jahr 1979 nicht Grundlage eines gutgläubigen Eigentumserwerbs werden. Gemäß § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt zwar der Inhalt des Grundbuchs für denjenigen als richtig, welcher gutgläubig darauf vertrauend ein Recht an einem Grundstück erwirbt. § 892 BGB schützt jedoch nicht jede Art des Erwerbs. Die Bestimmung setzt vielmehr ein Rechtsgeschäft voraus, welches auf die Übertragung des Grundstücksrechts gerichtet ist. Eine solche Art des Eigentumserwerbs findet bei der Aneignung eines herrenlos gewordenen Grundstücks nach § 928 Abs. 2 BGB nicht statt. Das Eigentum entsteht vielmehr neu in der Person des Fiskus bzw. dessen, der nach Abtretung des Aneignungsrechts bzw. nach dem Verzicht des Fiskus auf dieses Recht das Eigentum ergreift (sogenannter originärer Eigentumserwerb). Der gute Glauben daran, dass die Eigentumsaufgabe wirksam erfolgt sei, wird daher nicht nach § 892 BGB geschützt (Senatsbeschluss vom 30. Dezember 1980 – 3 W 161/80 -, Rn. 22, juris).

Die Aneignungserklärung des Beschwerdeführers bewirkte damit keinen Eigentumserwerb, so dass die Zurückweisung des Eintragungsantrages durch das Grundbuchamt nicht zu beanstanden war.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 84 FamFG. Der Beschwerdewert wurde mangels entgegenstehender Anhaltspunkte mit dem Auffangwert des § 36 Abs. 3 GNotKG bemessen. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 GBO besteht kein Anlass, da die Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

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