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Vertraglich vereinbarter Rückübertragungstatbestand bei Tod des Erblassers

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, dass der Wert eines Grundstücks nicht in den Nachlass einzubeziehen ist, wenn der Erblasser zu Lebzeiten eine vertragliche Rückübertragungsverpflichtung für den Fall seines Todes ohne Nachkommen eingegangen war. Der daraus resultierende Anspruch ist als Erblasserschuld zu qualifizieren und mindert den Geschäftswert für die Erteilung des Erbscheins.

🛈 Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-3 Wx 74/23

✔ Kurz und knapp

  1. Der Anspruch auf Rückübertragung eines Grundstücks nach dem Tod des Erblassers gemäß einer Vereinbarung unter Lebenden ist eine vom Erblasser herrührende Verbindlichkeit (Erblasserschuld).
  2. Erblasserschulden sind bei der Ermittlung des Nachlasswerts nach § 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG vom Nachlasswert abzuziehen.
  3. Der Rückübertragungsanspruch erlischt durch Konfusion, wenn er in einer Person (hier: Alleinerbin) mit der Schuld zusammenfällt.
  4. Der Wegfall der Erblasserschuld durch Konfusion ändert jedoch nichts an ihrer Abzugsfähigkeit vom Nachlasswert.
  5. Der Grundstückswert war daher zu Recht nicht in den Nachlasswert einzubeziehen.
  6. Die Wertfestsetzung für das Erbscheinsverfahren erfolgt auf Basis des geminderten Nachlasswerts (ohne Grundstück).
  7. Das Urteil unterscheidet zwischen Erblasserschulden und (nicht abzugsfähigen) Erbfallschulden präzise.
  8. Auch aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten des Erblassers sind Erblasserschulden.

Rückübertragungsverpflichtung des Erblassers mindert Nachlasswert

Bei einem Erblassungsvertrag, wie dem vorliegenden Fall, kann der Eigentümer während seiner Lebenszeit über sein Vermögen verfügen und gleichzeitig Vorkehrungen für die Zeit nach seinem Ableben treffen. Häufig wird dabei eine Rückübertragungsklausel vereinbart, die im Todesfall des Erwerbers greift. Solche Vereinbarungen stellen besondere erbrechtliche Konstellationen dar, die mitunter zu komplexen rechtlichen Fragen führen können. Von zentraler Bedeutung ist dabei, ob solche Rückübertragungsansprüche als Erblasserschulden zu werten sind und somit von den Nachlasswerten abzuziehen sind. Dieses und weitere wichtige Aspekte werden im folgenden Beitrag anhand eines konkreten Gerichtsfalls eingehend beleuchtet.

✔ Der Fall vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf


Rechtlicher Streit um Rückübertragung bei Tod des Erblassers

In diesem Fall geht es um die vertraglich vereinbarte Rückübertragung eines Grundstücks nach dem Tod des Erblassers. Der Erblasser verstarb unverheiratet und kinderlos. Seine Mutter, die Beteiligte, war durch einen Erbschein als Alleinerbin ausgewiesen. Zum Nachlass gehörte ein Grundstück, das sie dem Erblasser bereits 1999 übertragen hatte, wobei sie sich einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch vorbehalten hatte. Im Vertrag war eine Klausel enthalten, die eine Rückübertragung des Grundstücks an die Mutter vorsah, falls der Erblasser ohne Nachkommen verstirbt.

Nach dem Tod des Erblassers im September 2021 machte die Mutter von ihrem Rückübertragungsrecht Gebrauch und erlangte das Eigentum am Grundstück zurück. Das Nachlassgericht setzte den Geschäftswert für das Erbscheinverfahren auf 375.000 Euro fest, basierend auf dem Grundstückswert von 350.000 Euro und dem Wert eines zum Nachlass gehörenden Unternehmens von 25.000 Euro. Die Mutter legte Beschwerde ein und verlangte die Festsetzung des Geschäftswerts auf 25.000 Euro, da das Grundstück durch die Rückübertragung nicht Teil des Nachlasses sei.

Das Nachlassgericht wies die Beschwerde zurück und übergab den Fall an das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Das Nachlassgericht argumentierte, dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes Eigentümer des Grundstücks war und daher dessen Wert zum Nachlassvermögen zählt. Es spielte keine Rolle, ob die Mutter das Grundstück durch Erbfolge oder Rückübertragung erhalten hatte.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied zugunsten der Mutter und setzte den Geschäftswert auf 25.000 Euro fest. Es argumentierte, dass das Nachlassgericht zu Unrecht den Grundstückswert berücksichtigt hatte. Der Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks sei als Erblasserschuld zu qualifizieren und daher vom Geschäftswert abzuziehen.

Das Gericht stellte fest, dass der Rückübertragungsanspruch eine vom Erblasser herrührende Verbindlichkeit war, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers bestand. Auch wenn der Anspruch aufschiebend bedingt war, nämlich durch den Tod des Erblassers ohne Hinterlassung von Nachkommen und die Ausübung des Rückforderungsrechts durch die Mutter, änderte dies nichts an seiner Qualifikation als Erblasserschuld.

Abwägung wichtiger rechtlicher Aspekte

Für das Gericht war entscheidend, dass der Verpflichtungsgrund für den Rückübertragungsanspruch bereits durch den notariellen Vertrag von 1999 gegeben war. Der Anspruch war eine Nachlassverbindlichkeit, da der Erblasser zu Lebzeiten darüber verfügt hatte, dass das Grundstück im Falle seines Todes ohne Nachkommen an die Mutter zurückfällt. Die Mutter verlangte die Rückforderung nicht in ihrer Eigenschaft als Erbin, sondern gemäß ihrer vertraglichen Berechtigung als ursprüngliche Veräußererin des Grundstücks.

Das Gericht wies darauf hin, dass der Rückübertragungsanspruch nicht als Erbfallschuld, sondern als Erblasserschuld zu werten sei. Diese Unterscheidung ist wichtig, da Erblasserschulden bei der Bewertung des Nachlasses abgezogen werden müssen. Der Anspruch auf Rückübertragung war zwar aufschiebend bedingt, jedoch war die Verpflichtung bereits zu Lebzeiten des Erblassers eingegangen, sodass der Anspruch als bestehende Verbindlichkeit zu behandeln war.

Auswirkungen der Entscheidung auf die Kostenberechnung

Das OLG Düsseldorf stellte klar, dass der Rückübertragungsanspruch trotz der Konfusion, also der Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person der Mutter durch die Beerbung des Erblassers, bei der Kostenberechnung zu berücksichtigen sei. Vom Erblasser herrührende Schulden werden ohne Einschränkung bei der Bewertung des Nachlasses abgezogen.

Diese Entscheidung hat zur Folge, dass der Geschäftswert für die Erteilung des Erbscheins korrekt mit 25.000 Euro festgesetzt wurde, da das Grundstück nicht zum Nachlass gezählt werden durfte. Die Mutter hatte das Grundstück durch Rückübertragung und nicht durch Erbfolge erhalten, wodurch der Wert des Grundstücks bei der Festsetzung des Geschäftswerts unberücksichtigt blieb. Das Gericht entschied, dass das Nachlassgericht den Grundstückswert zu Unrecht in die Bewertung einbezogen hatte.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Ein vertraglich vereinbarter Rückübertragungsanspruch für ein Grundstück im Todesfall ist als Erblasserschuld zu qualifizieren. Entscheidend ist, dass die Verpflichtung bereits zu Lebzeiten des Erblassers begründet wurde, auch wenn der Anspruch erst mit dem Tod aufschiebend bedingt war. Bei der Festsetzung des Geschäftswerts für den Erbschein ist der Wert eines solchen Grundstücks nicht zu berücksichtigen, da es aufgrund der Rückübertragung nicht zum Nachlass gehört.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Rückübertragung eines Grundstücks durch Erblasser


Was ist ein Rückübertragungsanspruch bei einem Erbfall?

Ein Rückübertragungsanspruch bei einem Erbfall ist eine vertragliche Vereinbarung, die vorsieht, dass ein zuvor übertragenes Vermögensobjekt, wie beispielsweise ein Grundstück, unter bestimmten Bedingungen an den ursprünglichen Eigentümer zurückfällt. Diese Bedingungen können im Schenkungsvertrag festgelegt werden und müssen im Grundbuch eingetragen sein, um rechtlich wirksam zu sein. Ein typischer Fall ist der Tod des Erblassers ohne Nachkommen, wodurch das Eigentum an den ursprünglichen Schenker oder dessen Erben zurückübertragen wird.

Ein Rückübertragungsanspruch schützt den Schenker vor unerwünschten Verfügungen des Beschenkten und sichert das Eigentum für den Fall, dass sich die Umstände ändern. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Beschenkte vor dem Schenker verstirbt, in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder sich grob undankbar verhält. Der Anspruch muss aktiv geltend gemacht werden und die im Vertrag festgelegten Bedingungen müssen erfüllt sein, damit die Rückübertragung erfolgt.

Die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch ist notwendig, um den Rückübertragungsanspruch abzusichern. Diese Vormerkung verhindert, dass das Grundstück während eines Streits über die Rückübertragung an gutgläubige Dritte verkauft wird. Ohne diese Eintragung wäre der Anspruch praktisch wertlos, da er nicht durchgesetzt werden könnte.


Wie wirkt sich ein Rückübertragungsanspruch auf den Nachlass und den Erbschein aus?

Ein Rückübertragungsanspruch bei einem Erbfall hat erhebliche Auswirkungen auf den Nachlass und das Erbscheinsverfahren. Ein solcher Anspruch entsteht, wenn im Schenkungsvertrag eine Klausel enthalten ist, die die Rückübertragung eines Vermögensobjekts, wie beispielsweise eines Grundstücks, an den ursprünglichen Eigentümer oder dessen Erben vorsieht, falls der Beschenkte ohne Nachkommen verstirbt.

Auswirkungen auf den Nachlass:
Das zurückzuübertragende Vermögensobjekt gehört nicht zum Nachlass des Erblassers. Dies bedeutet, dass es bei der Bewertung des Nachlasses nicht berücksichtigt wird. Der Rückübertragungsanspruch wird als Erblasserschuld qualifiziert, nicht als Erbfallschuld. Dies hat zur Folge, dass das Vermögensobjekt, welches zurückübertragen werden soll, nicht in die Berechnung des Nachlasswertes einfließt.

Erbscheinsverfahren:
Im Erbscheinsverfahren wird der Geschäftswert des Nachlasses festgesetzt. Da das zurückzuübertragende Vermögensobjekt nicht zum Nachlass gehört, wird dessen Wert bei der Festsetzung des Geschäftswerts für den Erbschein nicht berücksichtigt. Dies kann die Erbschaftskosten erheblich reduzieren, da der Geschäftswert des Nachlasses niedriger ausfällt. Beispielsweise wurde in einem Fall der Geschäftswert des Nachlasses aufgrund eines Rückübertragungsanspruchs von ursprünglich 375.000 Euro auf 25.000 Euro reduziert.

Praktische Konsequenzen:
Der Rückübertragungsanspruch muss aktiv geltend gemacht werden, und die im Vertrag festgelegten Bedingungen müssen erfüllt sein. Dies bedeutet, dass der ursprüngliche Eigentümer oder dessen Erben die Rückübertragung verlangen müssen. Ohne diese aktive Geltendmachung bleibt das Vermögensobjekt im Besitz des Beschenkten oder dessen Erben.

Zusammengefasst, ein Rückübertragungsanspruch bei einem Erbfall führt dazu, dass das betroffene Vermögensobjekt nicht zum Nachlass gehört und somit nicht bei der Festsetzung des Geschäftswerts für den Erbschein berücksichtigt wird. Dies kann die Erbschaftskosten erheblich senken und erfordert eine aktive Geltendmachung des Anspruchs durch den ursprünglichen Eigentümer oder dessen Erben.


Wann entsteht ein Rückübertragungsanspruch und wann wird er wirksam?

Ein Rückübertragungsanspruch entsteht bereits zu Lebzeiten des Erblassers durch eine vertragliche Vereinbarung. Diese Vereinbarung legt fest, dass ein Vermögensobjekt, wie beispielsweise ein Grundstück, unter bestimmten Bedingungen, etwa dem Tod des Erblassers ohne Nachkommen, an den ursprünglichen Eigentümer oder dessen Erben zurückübertragen wird. Obwohl der Anspruch auf diese Weise begründet wird, wird er erst mit dem Eintritt der festgelegten Bedingungen wirksam. Dies bedeutet, dass der Rückübertragungsanspruch zwar existiert, aber erst aktiviert wird, wenn die im Vertrag spezifizierten Ereignisse eintreten.

Die rechtliche Einordnung als Erblasserschuld ist ein wesentlicher Aspekt des Rückübertragungsanspruchs. Da der Anspruch auf einer Vereinbarung beruht, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten getroffen hat, und nicht erst durch den Erbfall entsteht, wird er als Erblasserschuld qualifiziert. Diese Unterscheidung ist wichtig, da sie die Behandlung des Anspruchs im Rahmen der Erbfolge und bei der Bewertung des Nachlasses beeinflusst. Der Rückübertragungsanspruch wird somit als eine vom Erblasser herrührende Schuld angesehen, die bereits vor seinem Tod begründet wurde.

Die Wirksamkeit des Rückübertragungsanspruchs hängt von der Erfüllung der im Vertrag festgelegten Bedingungen ab. Es ist erforderlich, dass der ursprüngliche Eigentümer oder dessen Erben die Rückübertragung aktiv verlangen, um den Anspruch geltend zu machen.


Wie unterscheidet sich eine Erblasserschuld von einer Erbfallschuld?

Eine Erblasserschuld unterscheidet sich von einer Erbfallschuld in ihrem Entstehungszeitpunkt und ihrer rechtlichen Natur.

Erblasserschulden sind Verbindlichkeiten, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers entstanden sind. Diese Schulden resultieren aus Verpflichtungen, die der Erblasser selbst eingegangen ist, wie beispielsweise Steuerschulden, Schulden aus Kauf- oder Mietverträgen, Darlehen oder Schadensersatzansprüche. Diese Verbindlichkeiten bestehen unabhängig vom Erbfall und gehen mit dem Tod des Erblassers auf die Erben über. Erblasserschulden werden bei der Bewertung des Nachlasses berücksichtigt und können den Wert des Nachlasses mindern.

Erbfallschulden hingegen entstehen erst mit dem Erbfall. Sie sind Verbindlichkeiten, die den Erben als solche treffen und aus Anlass des Erbfalls entstehen. Typische Erbfallschulden sind Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse, testamentarische Auflagen, Beerdigungskosten und Erbschaftssteuer. Diese Schulden entstehen durch den Erbfall selbst und betreffen den Erben direkt. Erbfallschulden werden nicht bei der Bewertung des Nachlasses abgezogen, sondern müssen von den Erben aus dem Nachlass oder ihrem eigenen Vermögen beglichen werden.

Ein Rückübertragungsanspruch ist typischerweise eine Erblasserschuld, da er auf einer vertraglichen Vereinbarung beruht, die der Erblasser zu Lebzeiten getroffen hat. Diese Verpflichtung besteht unabhängig vom Erbfall und wird durch den Tod des Erblassers lediglich wirksam, wenn die im Vertrag festgelegten Bedingungen eintreten.


Was passiert mit einem Rückübertragungsanspruch, wenn Forderung und Schuld in einer Person zusammenfallen?

Wenn Forderung und Schuld in einer Person zusammenfallen, spricht man von Konfusion. Dies tritt beispielsweise ein, wenn die ursprüngliche Eigentümerin eines Grundstücks, die einen Rückübertragungsanspruch hat, gleichzeitig Erbin des Erblassers wird, der zur Rückübertragung verpflichtet ist. Trotz dieser Konfusion bleibt der Rückübertragungsanspruch bei der Nachlassbewertung relevant, da es sich um eine Erblasserschuld handelt.

Erblasserschuld bedeutet, dass die Verpflichtung zur Rückübertragung bereits zu Lebzeiten des Erblassers durch eine vertragliche Vereinbarung begründet wurde. Diese Schuld wird nicht durch den Erbfall selbst ausgelöst, sondern besteht unabhängig davon. Daher wird der Rückübertragungsanspruch auch bei der Bewertung des Nachlasses berücksichtigt, selbst wenn Forderung und Schuld in einer Person vereint sind. Die Konfusion ändert somit nichts an der rechtlichen Behandlung des Anspruchs.

Praktische Konsequenzen: Der Rückübertragungsanspruch muss aktiv geltend gemacht werden, und die im Vertrag festgelegten Bedingungen müssen erfüllt sein. Die Konfusion führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs, sondern er bleibt als Erblasserschuld bestehen und beeinflusst die Nachlassbewertung entsprechend. Dies kann die Erbschaftskosten und die Festsetzung des Geschäftswerts für den Erbschein erheblich beeinflussen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 40 Abs. 1 GNotKG: Dieser Paragraph regelt die Ermittlung des Geschäftswerts im Erbscheinserteilungsverfahren. Hier wird der Geschäftswert nach dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls festgesetzt. Wichtig für die Festsetzung, da die Rückübertragung nicht als Teil des Nachlasses gilt.
  • § 83 GNotKG: Dieser Paragraph behandelt die Zulässigkeit und Folgen der Beschwerde im Kostenrecht. Relevant, weil die Beschwerde der Beteiligten gegen die Wertfestsetzung hierauf basiert.
  • § 1967 Abs. 2 BGB: Definiert Erblasserschulden und Erbfallschulden. Wichtig, um den Rückübertragungsanspruch als Erblasserschuld zu qualifizieren, die vom Nachlasswert abzuziehen ist.
  • § 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG: Besagt, dass vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Geschäftswerts abzuziehen sind. Ausschlaggebend für die Reduzierung des Geschäftswerts um den Wert des Grundstücks.
  • § 2311 BGB: Regelt die Ermittlung des Nachlasswerts und die Abziehbarkeit von Verbindlichkeiten. Relevant für die Bewertung, da der Rückübertragungsanspruch als Schuld des Erblassers anerkannt wird.
  • § 812 Abs. 2 BGB: Bezieht sich auf die Rückforderung von Leistungen bei Zweckverfehlung. Im Kontext relevant, da der Rückübertragungsanspruch hierauf basiert.
  • BGHZ 134, 182: Bundesgerichtshof-Entscheidung, die ähnliche Rückübertragungsansprüche behandelt. Wichtig für die rechtliche Einordnung und Argumentation im vorliegenden Fall.
  • BR-Drs. 17/11471, S. 166: Gesetzesmaterialien, die Erblasserschulden definieren. Helfen bei der juristischen Argumentation, dass der Rückübertragungsanspruch eine Erblasserschuld ist.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 74/23 – Beschluss vom 11.07.2023

Auf die am 31. März 2022 eingegangene Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Mönchengladbach vom 16. März 2022 geändert:

Der Geschäftswert für das Erbscheinserteilungsverfahren wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Erblasser verstarb unverheiratet und kinderlos. Die Beteiligte ist seine Mutter. Am 20. September 2021 erteilte das Nachlassgericht auf Antrag der Beteiligten einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist.

Zum Nachlass gehörte das Grundstück V. Straße in M., das die Beteiligte mit notariellem Vertrag vom 25. Oktober 1999 auf den Erblasser übertragen hatte. Dabei hatte sie sich den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten. Unter „IV. Anspruch auf Rückübertragung“ des Vertrags heißt es:

„1. Der Veräußerer behält sich das Recht vor, die Rückübertragung des übertragenen Grundbesitzes zu verlangen, wenn

e) der Erwerber ohne Hinterlassung von Abkömmlingen verstirbt,

…“

Mit notariellem Vertrag vom 25. Oktober 2021 zwischen

a) der Beteiligten, handelnd in ihrer Eigenschaft als Rückforderungsberechtigte aus dem Übertragungsvertrag („Erwerber“) und

b) der Beteiligten als Alleinerbin nach dem Erblasser („Veräußerer“)

erklärte die Beteiligte, dass sie von dem Rückübertragungsrecht Gebrauch mache. „Veräußerer“ und „Erwerber“ einigten sich, dass das Eigentum an dem Grundbesitz auf den „Erwerber“ übergehe. Aufgrund der Bewilligung der Beteiligten wurde der Eigentumswechsel in das Grundbuch eingetragen.

Mit Beschluss vom 16. März 2022 setzte das Nachlassgericht den Geschäftswert auf 375.000,00 € fest. Grundlage der Wertfestsetzung waren Angaben der Beteiligten zum Wert des Nachlasses. Darin hatte sie den Wert des Grundstücks mit 350.000,00 € und den Wert eines zum Nachlass gehörenden Unternehmens mit 25.000,00 € angegeben.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Beteiligte Festsetzung des Geschäftswerts auf 25.000,00 €. Sie macht geltend, das Grundstück sei aufgrund der Rückübertragung nicht Teil des Nachlasses geworden. Sie habe das Grundstück nicht durch Erbfolge, sondern durch Rückübertragung erlangt.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 16. Mai 2023 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, der Erblasser sei im Zeitpunkt seines Todes Eigentümer des Grundbesitzes gewesen, so dass der Grundstückswert dem Nachlassvermögen zuzurechnen sei. Ob der Erbin der Grundbesitz aufgrund von Erbfolge oder Rückübertragung zugestanden habe, sei unerheblich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die gem. § 83 GNotKG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Nachlassgericht bei der Ermittlung des Geschäftswerts den Grundstückswert berücksichtigt.

1. Die Wertfestsetzung richtet sich gem. § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 und S. 2 GNotKG nach dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten werden abgezogen.

a) Bei dem Anspruch auf Rückübertragung, den die Beteiligte durch Abschluss des notariellen Vertrages vom 25. Oktober 2021 erfüllt hat, handelt es sich um eine vom Erblasser herrührende Verbindlichkeit i.S.d. § 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG, also um eine sog. Erblasserschuld, nicht eine Erbfallschuld.

aa) Ausweislich der Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 166) sind Erblasserschulden solche Verbindlichkeiten, die vom Erblasser herrühren und bereits ihm gegenüber bestanden haben. Erbfallschulden sind dagegen – wie aus § 1967 Abs. 2 BGB folgt – die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere solche aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Sie sollen bei der Geschäftswertermittlung unberücksichtigt bleiben, weil der Aufwand zur Ermittlung dieser oft unsicheren Abzugsposten in keinem Verhältnis zum kostenrechtlichen Zweck stehe (BR-Drs. a.a.O.; Senat ZEV 2016, 382).

Danach ist der Rückübertragungsanspruch als Erblasserschuld zu qualifizieren. Denn er stand der Beteiligten nicht aus Anlass des Erbfalls, sondern deshalb zu, weil sich durch den Tod des Erblassers ein vertraglich vereinbarter Rückübertragungstatbestand verwirklichte. Bei dem notariellen Übertragungsvertrag, der die Rückübertragungsklausel enthält, handelt es sich um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden. Er regelt eine vorweggenommene Erbfolge und enthält dabei auch Vereinbarungen, die für den Fall des Vorversterbens des Erblassers den Verbleib des Grundbesitzes innerhalb der Familie sichern sollten (vgl. BGHZ 134, 182; Senat a.a.O.). Gegen die Qualifizierung des Rückübertragungsanspruchs als Erbfallschuld spricht außerdem, dass in Bezug auf seine Ermittlung keine Unklarheiten bestanden. Es war vielmehr offensichtlich, auf welchen Grundbesitz sich der Rückübertragungsanspruch bezog (vgl. Senat a.a.O.).

bb) Dem steht nicht entgegen, dass der Rückübertragungsanspruch in zweifacher Hinsicht aufschiebend bedingt ist: Er entsteht nur im Falle des Todes des „Erwerbers“ ohne Hinterlassung von Abkömmlingen (1) und auch nur dann, wenn der „Veräußerer“ von dem für diesen Fall vorbehaltenen Recht Gebrauch macht, die Rückforderung des Grundstücks zu verlangen (2).

(1) Dass der Rückforderungsanspruch unter der aufschiebenden Bedingung des Todes des „Erwerbers“ ohne Hinterlassung von Abkömmlingen stand, steht seiner Qualifizierung als Erblasserschuld nicht entgegen. Vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten sind nicht nur die schon vor dem Erbfall fest begründeten Pflichten, sondern grundsätzlich alle vermögensrechtlichen Beziehungen, auch die „unfertigen“, noch werdenden und schwebenden Rechtsbeziehungen des Erblassers, also auch bedingte, befristete oder künftige Bindungen und Lasten (Küpper, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2022, § 1967 Rn. 9). Entscheidend ist, dass der Verpflichtungsgrund zu Lebzeiten des Erblassers gegeben war (Brüner, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 1. Februar 2023, § 1967 Rn. 97).

Allerdings hat der Bundesgerichtshof (NJW 1991, 2558) im Zusammenhang mit einem Rückforderungsanspruch des Schenkers gegen die Erben des Beschenkten festgestellt, Erblasserschulden seien auch die erst in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die als solche schon dem Erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor Eintritt der zu ihrer Entstehung nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre. Hieraus ist geschlussfolgert worden, es handele sich nicht um eine Erblasserschuld, sondern um eine Erbfallschuld, weil der Erblasser keine Leistung geschuldet hätte, wenn er nicht gestorben wäre (Küpper, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 1967 Rn. 13). Andererseits wird vertreten, Ansprüche auf Rückforderung einer Leistung, die gerade wegen des Todes des Erblassers ihren Zweck verfehle (§ 812 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BGB), seien ebenfalls Erblasserschulden (OLG Naumberg ZEV 2014, 205; Lohmann, in: BeckOK BGB, § 1967 Rn. 15).

Nach der Rechtsprechung des Senats (a.a.O.) handelt es sich in Bezug auf eine vom Erblasser eingegangene, auf seinen Tod aufschiebend bedingte Verpflichtung zur Rückübertragung eines Grundstücks um eine Erblasserschuld. Dies folgt aus dem Wesen des bedingten Rechtsgeschäfts, das tatbestandlich vollendet und voll gültig ist. Nur seine Rechtswirkungen sind bis zum Eintritt oder Ausfall der Bedingung in der Schwebe.

(2) Dass der Rückforderungsanspruch – anders als in der genannten Senatsentscheidung – unter der weiteren aufschiebenden Bedingung der Ausübung des Rückforderungsrechts durch den „Veräußerer“ stand, steht seiner Qualifizierung als Erblasserschuld ebenfalls nicht entgegen. Entscheidend ist, dass der Erblasser in dem notariellen Vertrag vom 25. Oktober 1999 in der Weise über das Grundstück verfügt hat, dass zur Entstehung des Rückübereignungsanspruchs eine weitere Willenserklärung von seiner Seite nicht mehr erforderlich war. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof (ZEV 1997, 77) in Bezug auf einen (u.a.) durch die Rücktrittserklärung eines Vertragspartners aufschiebend bedingten Rückübereignungsanspruch entschieden, dieser Anspruch richte sich, wenn er entstehe, entweder gegen den Erwerber oder gegen dessen Erben. Diese Rechtsfolge ergebe sich schon aus § 1967 Abs. 2 Alt. 1 BGB, weil der bedingte Anspruch eine Nachlassverbindlichkeit, nämlich eine vom Erblasser herrührende Verpflichtung sei.

Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Beteiligte, die den Rückübertragungsanspruch geltend gemacht hat, zugleich Alleinerbin des Erblassers ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Insbesondere ist deshalb nicht anzunehmen, dass es sich nicht um einen vom Erblasser herrührenden, sondern vielmehr erst von der Erbin begründeten Anspruch handele. Denn der Verpflichtungsgrund des Rückübertragungsanspruchs war bereits durch den notariellen Übertragungsvertrag vom 25. Oktober 1999 begründet. Dementsprechend hat die Beteiligte die Rückforderung nicht in ihrer Eigenschaft als Erbin verlangt, sondern in ihrer Rolle als „Veräußerer“ nach dem Übertragungsvertrag. Als Erbin hatte sie, nachdem der Erblasser im Übertragungsvertrag bereits die entsprechende Verpflichtungserklärung abgegeben hatte, nichts weiter zu tun, als in Erfüllung des Rückübertragungsanspruchs die Rückauflassung zu erklären.

2. Allerdings ist der Rückübertragungsanspruch durch Konfusion, nämlich infolge Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person der Beteiligten aufgrund der Beerbung des Erblassers durch sie allein, erloschen (vgl. Blum/Heuser, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 1. Mai 2023, § 2311 Rn. 7). Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Verbindlichkeit bei der Ermittlung der Kosten gem. § 40 Abs. 1 Nr. 2, S. 2 GNotKG nicht zu berücksichtigen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 1952 – V BLw 62/52, BeckRS 1952, 31199413; Sikora, in: Korintenberg, GNotKG, 22. Auflage 2022, § 40 Rn. 26; Felix, in: BeckOK Kostenrecht, Stand: 1. April 2023, § 40 GNotKG Rn. 54; Pfeiffer, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Auflage 2021, § 40 Rn. 3). Vielmehr bleibt es bei dem Grundsatz, dass vom Erblasser herrührende Schulden ohne jede Einschränkung bei der Bewertung abgezogen werden. Denn das Verfügungsrecht, das durch die Erteilung eines Erbscheins dem darin als Erben Ausgewiesenen erteilt wird, hat für ihn wirtschaftlich und wertmäßig nur insoweit Bedeutung, als er nicht ohnehin als Inhaber von Ansprüchen gegen den Erblasser verfügungsberechtigt war. Eine andere Behandlung der Nachlassverbindlichkeiten würde nicht nur für den Erben bei der Gebührenberechnung zu einem unbilligen Ergebnis führen. Sie hätte außerdem zur Folge, dass sich der Geschäftswert für die Erbscheinerteilung mit rückwirkender Kraft ändern würde, wenn infolge Anordnung einer Nachlassverwaltung oder eines Nachlassinsolvenzverfahrens oder bei Eintritt des Nacherbfalls die durch Konfusion erloschenen Ansprüche des Erben gegen den Erblasser nicht als erloschen zu gelten hätten (vgl. §§ 1976, 1991 Abs. 2, 2143, 2377 BGB). Derart schwankende Bewertungen erscheinen insbesondere für das Verfahrensrecht, in dem die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von der Höhe des Geschäftswerts abhängen kann, nicht tragbar (BGH a.a.O.).

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 83 Abs. 3 GNotKG.

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