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Verkäuferhaftung bei Abtretung eines Restanspruchs gegen den Bauunternehmer an den Käufer

OLG Koblenz – Az.: 5 U 840/11 – Beschluss vom 29.09.2011

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16.06.2011, Az. 10 O 493/09, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:

Gründe

1. Die Kläger kauften von den Beklagten mit Vertrag vom 08.01.2008 ein – rechtlich als Eigentumswohnung ausgestaltetes – Haus, das die Beklagten ihrerseits wenige Jahre zuvor erworben hatten. In der Vertragsurkunde hieß es dazu unter § 1 Nr. 5: „Der Verkäufer erklärt, dass er den Vertragsgegenstand durch von ihm beauftragte Handwerker bzw. Bauträger hat erstellen lassen. Die Abnahme erfolgte nach Aussage des Verkäufers am 19.07.2004. Der Käufer hat den Vertragsgegenstand eingehend besichtigt. Der derzeitige Bautenstand ist dem Käufer bekannt. Der Außenputz, die Fertigstellung der Außenanlagen sowie noch diverse Restarbeiten im Innenbereich wird der Käufer in eigener Regie und auf eigene Kosten durchführen bzw. durchführen lassen. Der Verkäufer hat den Käufer darauf hingewiesen, dass für die Anbringung des Außenputzes an den Bauträger Teilzahlungen erfolgt sind und gegen eine Restzahlung von ca. 3.000 € durch den Käufer an den Bauträger dieser das Gewerk fertig stellt.“

Darüber hinaus war in § 4 Nr. 2 geregelt: „Der Verkäufer tritt seine Gewährleistungsansprüche an den dies annehmenden Käufer ab. Abgetreten werden ferner alle sonstigen Ansprüche und Rechte gegen alle an der Baumaßnahme beteiligten Personen, wie Statiker, Ingenieure etc. Für die Durchsetzbarkeit der abgetretenen Rechte übernimmt der Verkäufer jedoch keine Haftung.“ Daran anknüpfend wurde dann „eine Haftung (der Beklagten) für Sachmängel an den Aufbauten ausgeschlossen“ (§ 4 Nr. 3).

Als die Kläger nach Vertragsschluss von dem Bauträger die Aufbringung des Außenputzes verlangten, weigerte sich dieser, indem er Verjährung einwandte. Danach holten die Kläger anderweit ein entsprechendes Angebot ein, das sich auf 13.156,71 € belief. Unter Hinweis darauf forderten die Beklagten anschließend mit anwaltlichem Schreiben vom 16.04.2008 zu einer Vorschusszahlung von 10.000 € auf. Das veranlasste diese zur Klageerhebung gegenüber dem Bauträger mit dem Vorbringen, sie seien den Klägern schadensersatzpflichtig und könnten deshalb Regress nehmen. Über das Vermögen des Bauträgers wurde mittlerweile ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Das Landgericht hat das Verlangen der Kläger, die Beklagten zur Zahlung des geltend gemachten Vorschussbetrags von 10.000 € und zur Tragung vorgerichtlicher Anwaltskosten von 994,14 € zu verurteilen, abgewiesen. Es hat gemeint, dass es weder aufgrund der – durch eine Ausschlussklausel abgedungenen – gesetzlichen Bestimmungen noch aus dem Kaufvertrag der Parteien heraus einen Anspruch für das Klagebegehren gebe. Es fehle auch an einem Schuldanerkenntnis.

Dagegen wenden sich die Kläger in Erneuerung ihrer Zahlungsanträge mit der Berufung; hilfsweise erbitten sie die Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz. Sie kritisieren die Verfahrensweise des Landgerichts, das sie – in Verwehrung ergänzenden Vorbringens und dabei insbesondere eines Zeugnisangebots dafür, dass die streitige Kostentragungspflicht der Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrags übereinstimmend gewollt gewesen sei – mit einer willkürlichen und überraschenden Entscheidung konfrontiert habe. Die Entscheidung gehe am Inhalt des gemeinsamen Vertrags und an der eigenen, im Prozess gegen den Bauträger geäußerten Rechtsauffassung der Beklagten vorbei.

2. Damit vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Das angefochtene Urteil hat Bestand. Es erweist sich als materiell richtig und ist auch nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.

a) Die Inanspruchnahme der Beklagten lässt sich nicht auf die allgemeinen Mängelgewährleistungsvorschriften stützen. Die Parteien haben einen Kaufvertrag über ein seinerzeit nahezu vier Jahre altes Haus geschlossen. Insofern richtet sich eine mögliche gesetzliche Haftung der Beklagten nach den Bestimmungen der §§ 434 ff. BGB. Für die – vom Landgericht angesprochene – Anwendung der §§ 633 ff. BGB könnte nur Raum sein, wenn die Beklagten das Haus nach ihrem Erwerb vom Bauträger umgehend als Neubau weiterveräußert oder wenn sie selbst kurz vor dem Verkauf in erheblichem Umfang Neubauarbeiten veranlasst hätten (BGH MDR 2005, 622; BGH MDR 2007, 771).

Die im Gesetz vorgesehenen kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche scheitern im Hinblick auf den fehlenden Außenputz daran, dass den Klägern dieses Manko bekannt war (§ 442 Abs. 1 BGB); es wurde sogar vertraglich ausdrücklich genannt. Von daher kommt es nicht mehr darauf an, dass die Parteien in § 4 Nr. 3 des Vertrages eine Sachmängelhaftung der Beklagten generell ausgeschlossen haben.

b) Auch aus den vertraglichen Regelungen lässt sich eine Forderungsberechtigung der Kläger nicht herleiten. In § 1 Nr. 5 ist dazu niedergelegt, dass der Außenputz von den Klägern „in eigener Regie und auf eigene Kosten“ aufgebracht wird. Klarer konnten sich die Beklagten kaum freizeichnen. Dass sie darüber hinaus darauf hinwiesen, der Bauträger werde “ das Gewerk gegen eine Restzahlung von ca. 3.000 € fertig“ stellen begründete weder eine persönliche Werkleistungsverpflichtung noch eine Garantieübernahme. Die Beklagten beschränkten sich insoweit nämlich darauf, ihre „Gewährleistungsansprüche“ und „alle sonstigen Ansprüche und Rechte“ gegen den Bauträger an die Kläger abzutreten, und teilten dabei gleichzeitig mit, für deren Durchsetzbarkeit werde keine Haftung übernommen (§ 4 Nr. 2).

Allerdings sicherten sie zu, dass ihnen nichts bekannt sei, was der Durchsetzbarkeit der abgetretenen Forderungen entgegenstehe. Auch daraus ergibt sich jedoch keine Haftung:

aa) Zum Einen ist nicht zu ersehen, dass die Zusicherung falsch gewesen wäre. Freilich scheitert die Inanspruchnahme des Bauträgers mittlerweile an dessen Insolvenz, und außerdem ist die Verjährungseinrede erhoben worden. Aber zu der Insolvenz kam es erst lange nach dem Kaufvertragsschluss, und der Verjährungseinwand wurde erst viel später geltend gemacht. Die Auffassung der Kläger, aus dem an die Beklagten gerichteten Schreiben des Bauträgers vom 19.03.2008 ergebe sich etwas anderes, trifft nicht zu. Dort war rückblickend lediglich davon die Rede, dass die Beklagten wiederholt aus finanziellen Gründen von der Herstellung des Außenputzes Abstand genommen hätten; in diesem Zusammenhang kam der fortschreitende Verjährungslauf nicht zur Sprache.

Dass die Beklagten – im Gegensatz zu den Klägern – denen die zeitlichen Gegebenheiten in gleicher Weise bekannt waren, unabhängig davon von einem Verjährungseintritt bei Kaufvertragsschluss ausgegangen wären, ist nicht zu erkennen. Das gilt umso mehr, als die Ansicht des Bauträgers, die Bauwerksabnahme durch die Beklagten im Jahr 2004 habe den Anspruch auf Herstellung des Außenputzes Ende 2007 verjähren lassen, erheblichen Zweifeln begegnen muss. Denn das Fehlen des Putzes, dessen Aufbringung vertraglich geschuldet und auch schon teilweise bezahlt war, stellt sich grundsätzlich als Bauwerksmangel dar, für den gemäß § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB eine mit der Abnahme beginnende fünfjährige Verjährungsfrist maßgeblich ist.

bb) Zum Anderen ist zu sehen: Selbst wenn die Zusicherung der Beklagten falsch gewesen wäre, hätten die Kläger nur einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie sie für den Fall stünden, dass die Beklagten die Wahrheit offenbart hätten. Unter diesen Umständen setzt der Erfolg der Klage voraus, dass dann die Übernahme der streitigen Verputzerkosten von 10.000 € durch die Beklagten zugesagt worden wäre. Das ist weder behauptet noch sonst ersichtlich.

c) Der Vortrag der Kläger, man sei sich – abweichend von dem schriftlich fixierten Vertragsinhalt – über die eingeklagte Kostenübernahme durch die Beklagten einig gewesen, ist unsubstantiiert. Im Hinblick darauf, dass eine entsprechende Vereinbarung im Vertragstext nicht nur keinerlei Anklang gefunden hat, sondern darüber hinaus sogar in deutlichen Gegensatz dazu treten würde, hätte es detaillierter Angaben zum Hintergrund der Abrede bedurft. So hätte insbesondere mitgeteilt werden müssen, welche Worte in diesem Zusammenhang gewechselt wurden und wie sich der beurkundende Notar dazu erklärte, dass er die – ausdrücklich in sein Wissen gestellte – Absprache, statt sie zu dokumentieren, durch die niedergelegten Formulierungen konterkarierte.

Wäre der Vortrag hinlänglich substantiiert, könnte er gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO keine Berücksichtigung finden. Er ist nämlich erstmals in zweiter Instanz unterbreitet worden. Das Bestreben der Kläger, ihn bereits vor dem Landgericht zur Geltung zu bringen, war ohne Erfolg, weil er lediglich in einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz enthalten und dieserhalb kein Vorbehalt eingeräumt worden war.

Die Auffassung der Kläger, das Landgericht habe einen – die Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO rechtfertigenden – Verfahrensfehler begangen, indem es keinen Schriftsatznachlass gewährt oder jedenfalls die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet habe, trifft nicht zu. Das angefochtene Urteil ist nicht auf Gesichtspunkte gestützt worden, die von den Parteien übersehen oder für unerheblich gehalten worden wären und die deshalb erfordert hätten, Gelegenheit zur nachträglichen Äußerung zu geben (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Genauso wenig knüpft es an Hinweise im Verhandlungstermin an, auf die hin eine Stellungnahmefrist hätte gewährt werden müssen (§ 139 Abs. 5 ZPO).

Die urteilsentscheidenden Sach- und Rechtsfragen lagen im Hinblick auf die Rechtsverteidigung der Beklagten von vorneherein offen zu Tage. Sie sind dann durch die Verfügung vom 26.02.2010 und die gerichtlichen Darlegungen im Verhandlungstermin lediglich aufgegriffen worden, ohne dass dabei neue Aspekte eröffnet wurden. Die Kläger meinen zu Unrecht, durch die vorgenannte Verfügung sei der Eindruck erweckt worden, der Sach- und Streitstand spreche für eine Haftung der Beklagten. Vielmehr wurden darin sogleich einleitend „Zweifel an dem Erfolg der Klageforderung“ geäußert. Dazu wurde auf den Kaufvertragstext hingewiesen. Soweit in der Verfügung von einer „teilweisen Kostenübernahme“ durch die Beklagten die Rede war, bezog sich das auf den Umstand, dass sie bereits Teilzahlungen an den Bauträger geleistet hatten. Eine Verpflichtung zu darüber hinausgehenden Zahlungen an die Kläger wurden nicht befürwortet. Schließlich machte der mit der Verfügung unterbreitete Vergleichsvorschlag deutlich, dass das Landgericht die Position der Beklagten favorisierte. Der in den Raum gestellte Zahlungsbetrag und die vorgesehene Kostenverteilung begünstigten sie, ausgehend von dem Klageverlangen, verhältnismäßig weit stärker als die Kläger.

Spätestens der in der Verfügung enthaltene Hinweis auf den für die Kläger nachteiligen Vertragswortlaut hätte Anlass sein müssen, umgehend die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung in den Prozess einzuführen, dass der Vertragswortlaut den Parteiwillen nicht wiederspiegele, weil man eine davon abweichende mündliche Vereinbarung getroffen habe. Dass dies unterblieb, ist nicht dem Landgericht anzulasten, sondern das persönliche Versäumnis der Kläger.

d) Schließlich erlauben auch die anlässlich der Prozessführung gegen den Bauträger abgegebenen Erklärungen der Beklagten keine Inanspruchnahme. Das Landgericht hat hier mit zutreffenden Erwägungen ein Schuldanerkenntnis gegenüber den Klägern verneint. Unabhängig davon fehlt es in diesem Punkt bereits an einem Berufungsangriff.

3. Nach alledem sollten die Kläger die Rücknahme ihres Rechtsmittels erwägen. Bis zum 24.10.2011 besteht Gelegenheit zur Stellungnahme.

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