Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Karlsruhe Präzisiert Verfahrenswert bei Erwachsenenadoption: Ein Überblick für Betroffene
- Kern des Urteils: Festsetzung des Verfahrenswertes auf 30.750 Euro
- Warum ist der Verfahrenswert so wichtig? Kosten im Adoptionsverfahren transparent gemacht
- Rechtliche Grundlage: §§ 40, 42 FamGKG und das Ermessen des Gerichts
- Uneinheitliche Rechtsprechung: Orientierung an Notargebühren und Vermögensprozentsätzen
- Einordnung des Beschlusses und Tendenz zur Vereinheitlichung
- Bedeutung für Betroffene: Kosten besser abschätzbar und planbar
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Warum ist der Verfahrenswert bei einer Volljährigenadoption überhaupt relevant?
- Wie wird der Verfahrenswert bei einer Volljährigenadoption konkret berechnet?
- Was bedeutet es, wenn das Gericht einen Ermessensspielraum bei der Festlegung des Verfahrenswertes hat?
- Kann ich gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes vorgehen, wenn ich ihn für zu hoch halte?
- Welche sonstigen Kosten entstehen neben den Gerichts- und Anwaltskosten im Rahmen einer Volljährigenadoption?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Karlsruhe
- Datum: 09.08.2023
- Aktenzeichen: 5 UF 212/22
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren im Rahmen einer Adoptionssache
- Rechtsbereiche: Familienrecht, Adoptionsrecht
- Beteiligte Parteien:
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- Partei, bezeichnet als Anzunehmende, die ein Drittel der Gerichtskosten trägt.
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- Partei, ebenfalls bezeichnet als Anzunehmende, die ein Drittel der Gerichtskosten trägt.
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- Partei, bezeichnet als Annehmende, die ein Drittel der Gerichtskosten übernimmt.
- Um was ging es?
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- Sachverhalt: In einem Beschwerdeverfahren zur Adoptionssache wurde nach Rücknahme der Beschwerde entschieden, dass die Gerichtskosten gleichmäßig auf drei Parteien verteilt und der Verfahrenswert für beide Instanzen auf 30.750 € festgesetzt wird.
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- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die Kostentragung im Beschwerdeverfahren gleichmäßig auf alle beteiligten Parteien verteilt werden kann und welcher Verfahrenswert unter Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere §§ 40, 42 Abs. 2 FamGKG) anzusetzen ist.
- Was wurde entschieden?
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- Entscheidung: Das Gericht entschied, dass die Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren zu gleichen Teilen, jeweils zu einem Drittel, von den Parteien getragen werden. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Zudem wurde der Verfahrenswert in beiden Verfahren auf 30.750 € festgesetzt.
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- Begründung: Die Entscheidung stützte sich darauf, dass nach Rücknahme der Beschwerde eine gleichmäßige Aufteilung der Gerichtskosten dem billigen Ermessen entspricht. Der Verfahrenswert wurde unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und auf Basis der §§ 40, 42 Abs. 2 FamGKG festgelegt.
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- Folgen: Die Parteien sind verpflichtet, jeweils ein Drittel der Gerichtskosten zu tragen. Die Festsetzung des Verfahrenswertes bestimmt die Grundlage für die weitere kostenrechtliche Berechnung in beiden Verfahren, während außergerichtliche Kosten unberücksichtigt bleiben.
Der Fall vor Gericht
OLG Karlsruhe Präzisiert Verfahrenswert bei Erwachsenenadoption: Ein Überblick für Betroffene

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in einem Beschluss vom 9. August 2023 (Az.: 5 UF 212/22) eine wichtige Entscheidung zum Verfahrenswert bei der Volljährigenadoption getroffen. Dieses Urteil schafft mehr Klarheit in einem Rechtsbereich, in dem die Festsetzung der Gerichtskosten bisher oft uneinheitlich und für die Beteiligten schwer nachvollziehbar war. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe betrifft nicht nur die direkt beteiligten Parteien des konkreten Falls, sondern hat grundsätzliche Bedeutung für alle Erwachsenen, die in Deutschland adoptiert werden möchten oder jemanden adoptieren wollen.
Kern des Urteils: Festsetzung des Verfahrenswertes auf 30.750 Euro
Im Zentrum des Beschlusses steht die Festsetzung des Verfahrenswertes sowohl für das Beschwerdeverfahren als auch für das vorausgegangene erstinstanzliche Verfahren vor dem Familiengericht Lörrach. Das OLG Karlsruhe setzte diesen Wert auf 30.750 Euro fest. Diese Zahl ist entscheidend, da sie die Grundlage für die Berechnung der Gerichtsgebühren bildet, die im Adoptionsverfahren anfallen. Das Gericht korrigierte damit auch eine frühere Entscheidung des Amtsgerichts Lörrach, womit es die Bedeutung einer einheitlichen und angemessenen Bewertung in solchen Fällen unterstreicht.
Warum ist der Verfahrenswert so wichtig? Kosten im Adoptionsverfahren transparent gemacht
Der Verfahrenswert ist ein juristischer Begriff, der den Gegenstandswert eines Gerichtsverfahrens in Geld ausdrückt. Er dient als Basis für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltskosten. Je höher der festgesetzte Verfahrenswert, desto höher fallen die Kosten für die Beteiligten aus. In familienrechtlichen Angelegenheiten, wie der Erwachsenenadoption, geht es oft nicht um einen direkt bezifferbaren Vermögenswert, sondern um persönliche und familiäre Beziehungen. Dennoch ist die Festlegung eines Verfahrenswertes notwendig, um die anfallenden Kosten für das Gerichtsverfahren zu bestimmen.
Rechtliche Grundlage: §§ 40, 42 FamGKG und das Ermessen des Gerichts
Das Gericht stützt seine Entscheidung auf das Gerichtskostengesetz für Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamGKG), insbesondere auf die Paragraphen § 40 und § 42 Abs. 2 FamGKG. Da es im FamGKG keine spezielle Regelung für den Verfahrenswert in Adoptionssachen gibt, greift § 42 Abs. 2 FamGKG. Dieser Paragraph räumt dem Gericht einen Ermessensspielraum bei der Festsetzung des Wertes ein. Das Gericht muss dabei die Umstände des Einzelfalls, insbesondere den Umfang und die Bedeutung der Sache sowie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten berücksichtigen. Allerdings setzt § 42 Abs. 2 FamGKG auch eine Obergrenze von 500.000 Euro fest. Wenn keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung vorliegen, sieht § 42 Abs. 3 FamGKG einen Auffangwert vor.
Uneinheitliche Rechtsprechung: Orientierung an Notargebühren und Vermögensprozentsätzen
Das OLG Karlsruhe räumt ein, dass die Festsetzung des Verfahrenswertes in Adoptionssachen in der Rechtsprechung uneinheitlich erfolgt. Insbesondere bei der Volljährigenadoption tendiert die obergerichtliche Rechtsprechung dazu, sich an der Festsetzung für Notargebühren zu orientieren. Dabei wird in der Regel ein Prozentsatz des Vermögens als Grundlage genommen. Es gibt jedoch keine Einigkeit darüber, ob nur das Vermögen des Annehmenden oder das Vermögen aller Beteiligten berücksichtigt werden soll. Auch die Höhe des Prozentsatzes variiert, meist zwischen 25% und 50%. Vereinzelt wird auch das Einkommen in die Berechnung einbezogen.
Vergleich mit anderen Verfahrenswerten im Familienrecht
Um den festgesetzten Wert von 30.750 Euro besser einordnen zu können, zieht das OLG Karlsruhe Vergleiche zu anderen familienrechtlichen Verfahrenswerten:
- Minderjährigenadoption: Hier werden ähnliche Bewertungskriterien wie bei der Erwachsenenadoption angewendet, wobei aus sozialpolitischen Gründen das Vermögen oft mit geringeren Prozentsätzen bewertet wird. Interessanterweise fallen hier keine Gerichtsgebühren an.
- Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung zur Adoption (§ 1748 BGB): Hier wird häufig ein Gegenstandswert von 4.000 Euro angesetzt. Auch hier fallen keine Gerichtsgebühren an, selbst bei Volljährigenadoptionen.
- Kindschaftssachen: In Kindschaftssachen, die den Status eines Kindes betreffen, gilt grundsätzlich ein Wert von 4.000 Euro (§ 45 FamGKG).
- Abstammungssachen: Für Abstammungssachen, die ebenfalls statusbezogen sind, gilt sogar ein noch geringerer Wert von 2.000 Euro (§ 47 FamGKG).
- Ehesachen: In Ehesachen (Scheidungsverfahren) wird der Verfahrenswert nach § 43 Abs. 1 FamGKG ebenfalls unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Vermögens- und Einkommensverhältnisse, ermittelt. Das OLG Karlsruhe erwähnt, dass in seinem Bezirk anerkannt ist, neben dem Einkommen auch das (um Freibeträge bereinigte) Vermögen mit einem Prozentsatz von 5% anzusetzen.
Einordnung des Beschlusses und Tendenz zur Vereinheitlichung
Durch den Beschluss des OLG Karlsruhe wird deutlich, dass die Gerichte bemüht sind, zu einer vereinheitlichten und nachvollziehbaren Festsetzung des Verfahrenswertes in Adoptionssachen zu gelangen, insbesondere bei der Volljährigenadoption. Die Orientierung an einem Wert von rund 30.000 Euro im mittleren Bereich scheint sich als Tendenz abzuzeichnen, auch wenn es weiterhin keine starre gesetzliche Regelung gibt. Das Gericht versucht, einen angemessenen Mittelweg zu finden, der die Bedeutung der Adoption als persönlicher Akt würdigt, aber gleichzeitig auch die Notwendigkeit der Kostendeckung im Justizsystem berücksichtigt.
Bedeutung für Betroffene: Kosten besser abschätzbar und planbar
Für Menschen, die eine Volljährigenadoption in Erwägung ziehen, bedeutet dieser Beschluss des OLG Karlsruhe eine erhöhte Planungssicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Gerichtskosten. Mit einem festgesetzten Verfahrenswert von rund 30.750 Euro können Betroffene die anfallenden Gerichtsgebühren besser abschätzen und in ihre finanzielle Planung einbeziehen.
Zuvor herrschte aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung oft Unsicherheit über die Höhe der Kosten. Das Urteil trägt somit dazu bei, das Adoptionsverfahren für Volljährige transparenter und kalkulierbarer zu machen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dies nur die Gerichtskosten betrifft. Zusätzlich fallen in der Regel Anwaltskosten an, deren Höhe ebenfalls vom Verfahrenswert abhängt, sowie gegebenenfalls Kosten für notarielle Beurkundungen und weitere Auslagen. Dennoch stellt die Entscheidung des OLG Karlsruhe einen wichtigen Schritt hin zu mehr Klarheit und Berechenbarkeit im Kostenrecht der Erwachsenenadoption dar.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass bei einer Volljährigenadoption als nichtvermögensrechtlicher Angelegenheit der Verfahrenswert angemessen auf 5% des Vermögens festgelegt werden sollte. Dies ist niedriger als in mancher Gerichtspraxis üblich (25-50%), da bei Adoptionen primär die persönliche Beziehung und nicht wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen. Die Entscheidung schafft mehr Klarheit und Einheitlichkeit hinsichtlich der Verfahrenskosten, was besonders für Adoptionsinteressierte wichtig ist, und orientiert sich am sozialpolitischen Prinzip, dass vermögende Beteiligte mehr zahlen sollten als nichtvermögende.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Warum ist der Verfahrenswert bei einer Volljährigenadoption überhaupt relevant?
Der Verfahrenswert spielt eine zentrale Rolle bei einer Volljährigenadoption, da er die Grundlage für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltskosten bildet. Ohne diesen Wert gäbe es keine einheitliche Berechnungsgrundlage für die entstehenden Verfahrenskosten. Im Folgenden wird erläutert, warum dieser Aspekt so wichtig ist.
Bedeutung des Verfahrenswerts
- Kostenberechnung: Der Verfahrenswert bestimmt direkt die Höhe der Gerichtsgebühren gemäß dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG). Ebenso orientieren sich die Notarkosten und gegebenenfalls die Anwaltskosten daran.
- Rechtsgrundlage: Nach § 42 Abs. 2 FamGKG wird der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festgelegt. Dabei spielen insbesondere das Vermögen und die Einkommensverhältnisse der Beteiligten sowie der Umfang und die Bedeutung der Sache eine Rolle.
- Finanzielle Planung: Für die Beteiligten ist der Verfahrenswert ein entscheidender Faktor, um die finanziellen Auswirkungen des Adoptionsverfahrens einschätzen zu können.
Wie wird der Verfahrenswert festgelegt?
Da eine Volljährigenadoption rechtlich als nichtvermögensrechtliche Angelegenheit gilt, gibt es keine festen Vorgaben, sondern eine Einzelfallbewertung:
- Häufig orientiert sich das Gericht an einem Prozentsatz des Vermögens des Annehmenden (z. B. 5 % des Gesamtvermögens oder 30–50 % des Reinvermögens in besonderen Fällen).
- Wenn keine ausreichenden Anhaltspunkte vorliegen, wird ein gesetzlicher Auffangwert von 5.000 Euro angesetzt.
- Der Verfahrenswert ist gesetzlich auf maximal 500.000 Euro begrenzt.
Praktische Auswirkungen
Ein Beispiel verdeutlicht den Zusammenhang:
- Bei einem Vermögen von 100.000 Euro könnte der Verfahrenswert auf 5 % festgelegt werden, also 5.000 Euro.
- Daraus ergeben sich Gerichtsgebühren von etwa 292 Euro (nach dem Kostenverzeichnis des FamGKG).
- Höhere Vermögenswerte führen entsprechend zu höheren Kosten.
Warum ist dies auch bei einer ideellen Entscheidung wie der Adoption relevant?
Auch wenn eine Adoption primär eine emotionale und rechtliche Entscheidung darstellt, entstehen durch das Verfahren Verwaltungsaufwände, die durch Gebühren gedeckt werden müssen. Der Verfahrenswert dient somit als objektive Grundlage, um diese Kosten fair zu verteilen und transparent zu machen.
Die Festlegung eines Verfahrenswerts stellt sicher, dass sowohl Gerichte als auch Beteiligte klare finanzielle Rahmenbedingungen haben.
Wie wird der Verfahrenswert bei einer Volljährigenadoption konkret berechnet?
Der Verfahrenswert bei einer Volljährigenadoption wird gemäß § 42 Abs. 2 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) festgelegt. Dabei hat das Gericht einen Ermessensspielraum, der es ihm erlaubt, die individuellen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Es gibt keine pauschale Formel, aber bestimmte Faktoren und Orientierungswerte spielen eine wichtige Rolle.
Relevante Faktoren für die Berechnung
Das Gericht berücksichtigt insbesondere:
- Vermögensverhältnisse der Beteiligten (z. B. Immobilien, Sparguthaben, Wertpapiere).
- Einkommensverhältnisse (regelmäßiges Einkommen der Annehmenden und ggf. der Anzunehmenden).
- Umfang und Bedeutung der Adoption (z. B. rechtliche und emotionale Auswirkungen).
- Komplexität des Verfahrens (z. B. notwendige Prüfungen oder Streitpunkte).
Orientierungswerte aus der Praxis
Die Rechtsprechung hat einige Richtlinien entwickelt, die Gerichte häufig anwenden:
- Prozentuale Vermögensberechnung: Oft werden 5 % des Gesamtvermögens der Beteiligten als Verfahrenswert angesetzt, wobei das Vermögen sowohl des Annehmenden als auch des Anzunehmenden berücksichtigt werden kann.
- Leipziger Kostenspiegel: In einigen Fällen orientieren sich Gerichte an notariellen Richtwerten und setzen etwa 30 % des Vermögens des Annehmenden an, insbesondere bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen.
- Mindest- und Höchstgrenzen:
- Der gesetzliche Auffangwert beträgt mindestens 5.000 Euro, wenn keine ausreichenden Vermögensangaben vorliegen (§ 42 Abs. 3 FamGKG).
- Der maximale Verfahrenswert ist auf 500.000 Euro begrenzt.
Beispiele zur Veranschaulichung
- Wenn der Annehmende ein Vermögen von 100.000 Euro besitzt, könnte der Verfahrenswert bei 5 % etwa 5.000 Euro betragen.
- Bei einem Vermögen von 1.000.000 Euro und Anwendung des Leipziger Kostenspiegels (30 %) läge der Verfahrenswert bei 300.000 Euro, jedoch gedeckelt auf die Obergrenze von 500.000 Euro.
Zusammenhang mit den Kosten
Der Verfahrenswert beeinflusst direkt die Gerichtskosten und mögliche Notargebühren:
- Nach dem FamGKG fallen für Adoptionsverfahren in der Regel zwei Gebühren an, die sich nach dem festgesetzten Verfahrenswert richten.
- Bei einem Verfahrenswert von z. B. 50.000 Euro belaufen sich die Gerichtskosten auf etwa 1.202 Euro.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts erfolgt stets nach billigem Ermessen des Gerichts unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände (§ 42 Abs. 2 FamGKG).
Was bedeutet es, wenn das Gericht einen Ermessensspielraum bei der Festlegung des Verfahrenswertes hat?
Wenn ein Gericht bei der Festlegung des Verfahrenswertes einen Ermessensspielraum hat, bedeutet dies, dass es nicht an eine starre Regelung gebunden ist, sondern innerhalb eines rechtlich vorgegebenen Rahmens eine Entscheidung treffen kann. Dieser Spielraum erlaubt es dem Gericht, die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und eine angemessene und sachgerechte Entscheidung zu treffen.
Was beinhaltet der Ermessensspielraum?
- Das Gericht muss die Entscheidung auf Basis objektiver Kriterien treffen, wie etwa:
- Bedeutung der Sache (z. B. die rechtliche und persönliche Tragweite einer Volljährigenadoption),
- Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten,
- Umfang und Komplexität des Verfahrens.
- Es darf keine willkürlichen oder unsachlichen Entscheidungen treffen. Das sogenannte Willkürverbot stellt sicher, dass Entscheidungen nachvollziehbar und überprüfbar sind.
Wie wird der Verfahrenswert bei einer Volljährigenadoption festgelegt?
Bei einer Volljährigenadoption richtet sich der Verfahrenswert nach § 42 Abs. 2 FamGKG. Das Gericht bestimmt den Wert „nach billigem Ermessen“, wobei insbesondere die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten sowie die Bedeutung des Verfahrens berücksichtigt werden. Beispielsweise wird häufig ein Prozentsatz des Vermögens (z. B. 5 % des Gesamtvermögens) als Grundlage herangezogen.
Wichtig: Ermessen heißt nicht Willkür
Ein Ermessensspielraum bedeutet nicht, dass das Gericht frei nach Belieben entscheiden kann:
- Die Entscheidung muss sich am Zweck der gesetzlichen Regelung orientieren.
- Es gibt klare Grenzen: Überschreitet das Gericht diese oder trifft es eine unzureichend begründete Entscheidung, kann dies als Ermessensfehler angefochten werden.
- Gerichte sind verpflichtet, ihre Entscheidungen zu begründen, sodass sie von höheren Instanzen überprüft werden können.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung
Stellen Sie sich vor, bei einer Volljährigenadoption gibt es unterschiedliche Vermögensverhältnisse zwischen den Beteiligten. Das Gericht könnte entscheiden, den Verfahrenswert auf Grundlage von 5 % des Gesamtvermögens festzulegen. Dabei berücksichtigt es etwaige Besonderheiten wie die persönliche Bedeutung der Adoption oder die wirtschaftliche Situation der Beteiligten. Diese individuelle Abwägung zeigt den Einsatz des Ermessensspielraums.
Gerichtliche Kontrolle
Die Ausübung des Ermessens durch ein Gericht ist gerichtlich überprüfbar. Höhere Instanzen prüfen jedoch nur, ob das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde – sie setzen nicht ihr eigenes Ermessen an die Stelle der ursprünglichen Entscheidung.
Kann ich gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes vorgehen, wenn ich ihn für zu hoch halte?
Ja, Sie können gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes vorgehen, wenn Sie ihn für unangemessen hoch halten. Dies ist durch die Einlegung einer Beschwerde möglich. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) sowie im Gerichtskostengesetz (FamGKG).
Voraussetzungen für eine Beschwerde
- Frist: Die Beschwerde muss innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist eingereicht werden. Diese beträgt in der Regel zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung.
- Begründung: In der Beschwerde sollten Sie darlegen, warum der festgesetzte Verfahrenswert unangemessen ist. Dabei können Sie auf Ihre Vermögensverhältnisse oder auf die Bedeutung der Sache hinweisen.
- Form: Die Beschwerde ist schriftlich beim zuständigen Gericht einzureichen.
Maßstäbe für die Festsetzung des Verfahrenswertes
Der Verfahrenswert wird nach § 42 Abs. 2 FamGKG festgelegt. Dabei berücksichtigt das Gericht:
- den Umfang und die Bedeutung der Sache,
- die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten,
- sowie sonstige Umstände des Einzelfalls.
In Verfahren zur Volljährigenadoption hat sich in der Rechtsprechung etabliert, dass der Verfahrenswert häufig bei 5 % des Gesamtvermögens der Beteiligten angesetzt wird. Es gibt jedoch keine einheitliche Regelung, sodass Abweichungen möglich sind, insbesondere bei außergewöhnlichen Vermögensverhältnissen oder besonderen Umständen.
Beispiele aus der Praxis
Ein Beispiel ist ein Fall vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe, bei dem der ursprünglich auf 21.500 Euro festgesetzte Verfahrenswert nach einer Beschwerde auf 6.500 Euro reduziert wurde. Das Gericht begründete dies damit, dass ein Verfahrenswert von 5 % des Gesamtvermögens angemessen sei und nicht-vermögensrechtliche Aspekte im Vordergrund stünden.
Mögliche Ergebnisse einer Beschwerde
- Der Verfahrenswert kann herabgesetzt werden, wenn das Gericht Ihre Argumente für überzeugend hält.
- Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass das Gericht den ursprünglichen Wert bestätigt.
Hinweis
Die Erfolgsaussichten einer Beschwerde hängen stark von den individuellen Umständen und den vorgebrachten Argumenten ab.
Welche sonstigen Kosten entstehen neben den Gerichts- und Anwaltskosten im Rahmen einer Volljährigenadoption?
Neben den Gerichts- und Anwaltskosten können bei einer Volljährigenadoption weitere Kosten anfallen, die oft übersehen werden. Diese zusätzlichen Ausgaben sollten Sie in Ihre Planung einbeziehen, um finanzielle Überraschungen zu vermeiden. Hier sind die wichtigsten Posten:
1. Notarkosten
Die notarielle Beurkundung des Adoptionsantrags und der Einwilligungserklärungen ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 1768 BGB). Die Höhe der Notarkosten richtet sich nach dem Verfahrenswert, der vom Vermögen und den Einkommensverhältnissen der Beteiligten abhängt. Bei einem Verfahrenswert von beispielsweise 50.000 Euro belaufen sich die Notarkosten auf etwa 165 Euro, können aber bei höherem Verfahrenswert entsprechend steigen.
2. Kosten für Gutachten oder Übersetzungen
In besonderen Fällen kann das Gericht ein Gutachten anfordern, um die Voraussetzungen der Adoption zu prüfen (z. B. das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses). Diese Kosten variieren je nach Umfang und Art des Gutachtens. Bei internationalen Adoptionen können zusätzlich Kosten für Übersetzungen von Dokumenten anfallen.
3. Reisekosten
Falls persönliche Anhörungen vor Gericht erforderlich sind, können Reisekosten für die Beteiligten entstehen. Dies gilt insbesondere, wenn die Parteien in unterschiedlichen Städten oder Ländern leben.
4. Gebühren für Dokumente
Für die Ausstellung notwendiger Unterlagen wie Geburtsurkunden, Ehezeugnisse oder Meldebescheinigungen fallen zusätzliche Gebühren an. Diese variieren je nach Behörde, belaufen sich aber oft auf einen zweistelligen Betrag.
5. Eintragungskosten im Geburtenregister
Nach Abschluss des Verfahrens wird die Adoption im Geburtenregister eingetragen. Für diese Eintragung und eventuell neue Geburtsurkunden fallen ebenfalls Gebühren an.
Hinweis zur Kostenplanung
Da der Verfahrenswert maßgeblich die Höhe vieler dieser Kosten bestimmt, ist es sinnvoll, diesen frühzeitig mit dem Gericht oder einem Notar zu klären. Eine realistische Einschätzung aller möglichen Ausgaben hilft Ihnen, den finanziellen Rahmen besser abzustecken und unvorhergesehene Belastungen zu vermeiden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Volljährigenadoption
Dies bezeichnet die rechtliche Adoption eines volljährigen Menschen, bei der die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Adoptierenden und dem Adoptierten neu geregelt werden. Wichtig ist, dass im Unterschied zur herkömmlichen Adoption von Minderjährigen bei der Volljährigenadoption primär persönliche und emotionale Beziehungen eine Rolle spielen und wirtschaftliche Aspekte weniger im Vordergrund stehen. Die Regelungen hierzu finden sich unter anderem in den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und werden im Kontext familienrechtlicher Entscheidungen speziell bewertet. Ein Gericht berücksichtigt hier etwa, dass bei einer Volljährigenadoption nicht der Vermögensschutz, sondern das Verhältnis der beteiligten Personen im Mittelpunkt steht.
Beispiel: Ein 30-jähriger Erwachsener wird von seinem Stiefvater adoptiert, um die rechtliche Verbindung zu stärken, obwohl er bereits volljährig ist.
Verfahrenswert
Der Verfahrenswert ist ein maßgeblicher monetärer Wert, der für ein Gerichtsverfahren festgelegt wird und vor allem zur Berechnung der Gerichtskosten und Auslagen dient. Er bildet die Grundlage, um den wirtschaftlichen Streitwert oder den innerstaatlichenungsmaßstab eines Verfahrens zu bestimmen. Gesetzliche Regelungen, beispielsweise in den §§ 40, 42 Abs. 2 FamGKG, geben konkrete Anhaltspunkte, wie dieser Wert in familienrechtlichen Angelegenheiten zu berechnen ist. Damit spiegelt der Verfahrenswert den wirtschaftlichen Charakter eines Verfahrens wider, was auch bei Nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten, wie der Volljährigenadoption, berücksichtigt wird.
Beispiel: Bei der Festsetzung eines Verfahrenswerts von 30.750 € wird dieser Wert als Basis für die anteilige Aufteilung der Gerichtskosten herangezogen.
Gerichtskosten
Gerichtskosten sind die finanziellen Aufwendungen, die einem Verfahren vor, während und nach dem gerichtlichen Prozess entstehen und von den Parteien zu tragen sind. Diese Kosten setzen sich aus Gerichtsgebühren und Auslagen zusammen, die sich häufig nach dem festgesetzten Verfahrenswert und den gesetzlichen Gebührenordnungen richten. Im Familienrecht, etwa im Rahmen von Adoptionsverfahren, werden diese Kosten zur fairen Beteiligung aller Parteien aufgeteilt. Gesetzliche Grundlagen, wie die Regelungen im FamGKG, bestimmen die Verteilung und Höhe der Kosten.
Beispiel: Wird in einem Adoptionsverfahren der Verfahrenswert auf 30.750 € festgelegt, so wird dieser Betrag zur Berechnung der anfallenden Gerichtskosten herangezogen.
Beschwerdeverfahren
Ein Beschwerdeverfahren ist ein gerichtliches Rechtsmittelverfahren, in dem eine bereits getroffene Entscheidung durch eine höhere Instanz überprüft wird. Hierbei prüft das Gericht, ob bei der Entscheidung grundlegende Fehler vorlagen oder ob das Verfahren fehlerhaft war. Die rechtlichen Grundlagen ergeben sich aus speziellen Vorschriften, die das Beschwerdeverfahren im Familienrecht regeln. In dem vorliegenden Fall diente es der Überprüfung der Kostenteilung und der Festsetzung des Verfahrenswerts.
Beispiel: Nachdem eine Partei mit der ursprünglichen gerichtlichen Entscheidung unzufrieden war, legte sie im Adoptionsverfahren Beschwerde ein, woraufhin die Aufteilung der Gerichtskosten neu bewertet wurde.
FamGKG
Das FamGKG, also das Familiengerichtskostengesetz, regelt die Erhebung der Gerichtskosten in familienrechtlichen Verfahren. Es bestimmt, welche Kosten erhoben werden, wie sie berechnet und von welchen Parteien sie zu tragen sind. Insbesondere in Verfahren wie Adoptionssachen, bei denen emotionale und persönliche Aspekte im Vordergrund stehen, sorgt das FamGKG für eine gerechte Kostenaufteilung. Die in den §§ 40 und 42 Abs. 2 FamGKG festgelegten Bestimmungen sind zentrale Bezugspunkte bei der Berechnung des Verfahrenswerts und der anfallenden Gebühren.
Beispiel: Bei einer Volljährigenadoption wird anhand der Regelungen im FamGKG der Verfahrenswert ermittelt und daraus die anteilige Kostentragung für die beteiligten Parteien abgeleitet.
Billiges Ermessen
Der Begriff „billiges Ermessen“ beschreibt den Handlungsspielraum, den ein Gericht bei der Kostenaufteilung und anderen Einzelfallentscheidungen unter Beachtung von Fairness und Verhältnismäßigkeit. Dabei wird nicht nur strikt nach starrem Gesetz gebrochen, sondern es fließt auch das „billige“, also als angemessen empfundene Ermessen, in die Entscheidung ein. Die Anwendung dieses Ermessensspielraums kann laut Rechtsprechung, auch in familienrechtlichen Verfahren, dazu führen, dass die Kostenverteilung als gerecht angesehen wird. Gesetzliche Grundlagen und gerichtliche Praxis ermutigen Richter dazu, in Einzelfällen flexibel zu entscheiden und besondere Umstände angemessen zu berücksichtigen.
Beispiel: Nach Rücknahme der Beschwerde entschied das Gericht, dass die Gerichtskosten zu gleichen Teilen aufgeteilt werden, da dies dem billigen Ermessen im Hinblick auf die jeweilige finanzielle Situation der Parteien entsprach.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- §§ 84, 81 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit): Diese Paragraphen regeln die Kostenentscheidung im familiengerichtlichen Verfahren, insbesondere nach Rücknahme eines Rechtsmittels. Das Gericht entscheidet nach billigem Ermessen, wer die Kosten trägt, wobei in der Regel die Gerichtskosten den Beteiligten anteilig auferlegt und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht angeordnet wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Beschwerde zurückgenommen wurde, bestimmt das Gericht, dass die Gerichtskosten von allen Beteiligten (Anzunehmender, Anzunehmende und Annehmender) zu gleichen Teilen getragen werden.
- §§ 40, 42 FamGKG (Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen): § 40 FamGKG bestimmt den Verfahrenswert für vermögensrechtliche Angelegenheiten, während § 42 FamGKG den Wert für nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten, wie Adoptionen, regelt. Mangels spezieller Regelung für Adoptionssachen wird der Wert nach § 42 Abs. 2 FamGKG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der Vermögensverhältnisse der Beteiligten nach Ermessen festgelegt, jedoch maximal bis 500.000 Euro. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützt die Festsetzung des Verfahrenswertes auf diese Paragraphen, da eine Adoption eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit ist.
- § 1748 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph behandelt die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils zur Adoption eines Kindes durch das Familiengericht, wenn dieser seine Pflichten gegenüber dem Kind gröblich verletzt hat oder dauerhaft außerstande ist, die elterliche Sorge auszuüben. In solchen Fällen kann das Gericht die fehlende Einwilligung ersetzen, um die Adoption zu ermöglichen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beschluss erwähnt ein gelegentlich parallel zum Adoptionsverfahren geführtes Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung eines Beteiligten nach § 1748 BGB, für das häufig ein Gegenstandswert von 4.000 € festgesetzt wird.
- Vorbemerkung 1.3.2 Anlage 1 FamGKG (Gerichtskostengesetz): Diese Vorbemerkung regelt die Gebühren für Verfahren in Adoptionssachen. Bei einer Minderjährigenadoption werden keine Gerichtsgebühren erhoben, während bei einer Volljährigenadoption Gebühren anfallen können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beschluss verweist auf diese Vorbemerkung im Zusammenhang mit der Frage, ob Gerichtsgebühren für das Adoptionsverfahren anfallen.
Das vorliegende Urteil
OLG Karlsruhe – Az.: 5 UF 212/22 – Beschluss vom 09.08.2023
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