Die Berechnung des Verfahrenswerts bei Volljährigenadoption führte vor Gericht zum Streit um Zehntausende Euro für hoch verschuldete Immobilienbesitzer. Die Richter lehnten die pauschale Schätzung ab und entschieden, nur das tatsächlich nachgewiesene Nettovermögen für die Kostenfestsetzung anzusetzen.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie wird der Verfahrenswert für die Kosten einer Volljährigenadoption berechnet?
- Werden meine Schulden und Verbindlichkeiten beim Verfahrenswert für die Adoption berücksichtigt?
- Welche Nachweise muss ich dem Gericht für ein geringeres Nettovermögen vorlegen?
- Was kann ich tun, wenn das Gericht den Verfahrenswert zu hoch festgesetzt hat?
- Gibt es feste Regeln oder Prozentsätze für die Berechnung des Verfahrenswertes bei Adoptionen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 20 WF 35/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
- Datum: 26. Mai 2025
- Aktenzeichen: 20 WF 35/25
- Verfahren: Volljährigenadoption (Stiefkind-Adoption einer Erwachsenen)
- Rechtsbereiche: Familienrecht, Kostenrecht (Verfahrenswert)
- Das Problem: Die Adoptierende und die Stieftochter wehrten sich gegen die Kostenfestsetzung des Amtsgerichts. Sie hielten den vom Gericht angesetzten Verfahrenswert von 125.000 Euro für viel zu hoch. Ihr Hauptargument war, dass ihr Immobilienvermögen durch hohe Schulden stark belastet war.
- Die Rechtsfrage: Wie berechnet man den Verfahrenswert für Gerichtskosten bei einer Volljährigenadoption, wenn das Vermögen der Beteiligten hoch verschuldet ist?
- Die Antwort: Der Wert wurde von 125.000 Euro auf 34.250 Euro gesenkt. Das Gericht setzte den Wert auf 5 Prozent des bereinigten Nettovermögens fest. Schulden und Belastungen müssen bei der Berechnung zwingend berücksichtigt werden.
- Die Bedeutung: Gerichtskosten in Adoptionsverfahren werden nur auf Basis des echten Nettovermögens berechnet. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hält 5 Prozent des Nettovermögens als Bemessungsgrundlage für angemessen.
Der Fall vor Gericht
Worum ging es bei dem Streit um die Adoptionskosten?
Ein modernes, großes Haus in bester Lage. Für das Amtsgericht Ettlingen war der Fall klar: Wer hier wohnt, muss vermögend sein. Als eine Stiefmutter ihre erwachsene Stieftochter, die Eigentümerin des Hauses, adoptieren wollte, schätzte das Gericht den Wert des Verfahrens auf eine hohe sechsstellige Summe. Was die Richter nicht in ihrer Kalkulation hatten: Der Glanz der Fassade verdeckte einen Berg von Schulden. Der offizielle Segen für die Familie kam mit einer Gerichtsrechnung, die auf einem Wert von 125.000 Euro basierte. Das wollten die beiden Frauen nicht akzeptieren.
Wie kam das Amtsgericht auf den hohen Betrag?

Das Amtsgericht musste den sogenannten Verfahrenswert festlegen. Das ist die finanzielle Bemessungsgrundlage, aus der sich die tatsächlichen Gerichtskosten errechnen. Für eine Volljährigenadoption, eine rechtlich als Nichtvermögensrechtliche Angelegenheit eingestufte Sache, gibt das Gesetz den Richtern einen Ermessensspielraum vor. Der Wert soll nach § 42 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen (FamGKG) unter anderem die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten berücksichtigen.
Das Problem: Die Stiefmutter und ihre Tochter hatten auf eine gerichtliche Aufforderung, ihre Finanzen offenzulegen, nicht reagiert. Die Richter mussten schätzen. Sie sahen den großen, erst wenige Jahre alten Neubau. Ein Blick in den Grundbuchauszug und eine einfache Online-Recherche bestätigten den Eindruck eines wertvollen Objekts. Gestützt auf Urteile anderer Oberlandesgerichte, die teils 25 % bis 50 % des Reinvermögens als Maßstab ansetzen, landete das Gericht bei einem Wert von 125.000 Euro. Es ging von einem Immobilienwert von über einer Million Euro aus und zog pauschal Verbindlichkeiten ab – kam aber immer noch auf einen Betrag, der den Beteiligten zu hoch erschien.
Was war die Argumentation der Familie?
Die Stiefmutter und die Anzunehmende legten Beschwerde ein. Ihre Eingaben nannten sie zwar juristisch unpräzise „Einspruch“, doch ihr Ziel war unmissverständlich: Der Verfahrenswert muss runter. Ihr Kernargument war simpel – das Haus ist hoch verschuldet. Sie reichten im Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht Karlsruhe nach, was sie dem Amtsgericht schuldig geblieben waren: konkrete Zahlen. Die Tochter legte dar, dass auf dem Grundstück eine Restschuld von 315.094,33 Euro lastet. Ihre vorgelegten Lohnabrechnungen zeigten zudem nur ein geringes Nettoeinkommen von 605,75 Euro aus einer Aushilfstätigkeit. Die Stiefmutter selbst hatte kein eigenes Vermögen und wurde von der Rente ihres Mannes, dem leiblichen Vater der Anzunehmenden, unterhalten. Ihre Botschaft war klar: Das angenommene Vermögen existiert in dieser Form nicht.
Warum korrigierte das Oberlandesgericht die Entscheidung?
Das Oberlandesgericht Karlsruhe gab der Familie Recht. Die Richter in Karlsruhe zerlegten die Logik des Amtsgerichts und bauten den Fall neu auf. Der entscheidende Punkt war die Auslegung von § 42 Abs. 2 FamGKG. Das Gesetz verlangt eine Bewertung nach „billigem Ermessen“ und eine Betrachtung aller Umstände. Die pauschale Annahme eines hohen Reinvermögens allein auf Basis des Immobilienwerts war dem Senat zu ungenau.
Die Richter folgten ihrer eigenen, neueren Rechtsprechung. In ähnlichen Fällen zur Volljährigenadoption hatte der Senat bereits einen anderen, transparenteren Maßstab etabliert: eine Orientierung an 5 % des tatsächlichen Nettovermögens. Diese Quote wird auch in anderen familienrechtlichen Verfahren, etwa bei Scheidungen, oft als fair angesehen. Die vom Amtsgericht zitierten Urteile mit deutlich höheren Prozentsätzen wies der Senat als nicht überzeugend für diesen Einzelfall zurück. Das Ermessen wurde hier neu und zugunsten der Familie ausgeübt.
Wie berechnete das Gericht den neuen, fairen Wert?
Jetzt wurde es mathematisch, aber die Logik ist einfach. Das Oberlandesgericht nahm den geschätzten Bruttowert der Immobilie – etwas über 1.000.000 Euro. Von diesem Wert zog es die von der Tochter nachgewiesene Restschuld von rund 315.000 Euro ab. Übrig blieb ein geschätztes Nettovermögen von 685.000 Euro.
Auf diese Summe wandte der Senat seinen als angemessen erachteten Satz von 5 % an. Das Ergebnis: 34.250 Euro. Der Verfahrenswert wurde also von 125.000 Euro auf 34.250 Euro gesenkt – eine Reduzierung um fast drei Viertel. Die Gerichtskosten für die Familie sanken entsprechend. Das Beschwerdeverfahren selbst war für die Beteiligten nach § 59 Abs. 3 FamGKG gerichtsgebührenfrei.
Die Urteilslogik
Die Festsetzung des Verfahrenswertes muss die finanzielle Realität der Beteiligten abbilden und darf sich nicht auf Annahmen stützen, die der tatsächlichen Verschuldung widersprechen.
- [Reinvermögen definiert die Kostenbasis]: Gerichte bestimmen den Verfahrenswert in nicht-vermögensrechtlichen Familiensachen stets anhand des tatsächlichen Reinvermögens der Beteiligten.
- [Billiges Ermessen benötigt faire Quoten]: Üben Richter das gesetzlich geforderte billige Ermessen aus, müssen sie transparente, moderate Bemessungsquoten (z.B. 5% des Nettovermögens) anwenden, um eine unverhältnismäßige Kostenlast zu verhindern.
- [Verbindlichkeiten mindern Bruttowerte]: Die bloße Existenz hochwertiger Immobilien rechtfertigt keinen überhöhten Verfahrenswert, solange nachgewiesene, darauf lastende Schulden den Bruttowert effektiv minimieren.
Finanzielle Fassaden täuschen häufig über die tatsächliche Liquidität hinweg; daher muss die Wertermittlung zwingend die nachgewiesenen Verbindlichkeiten berücksichtigen, um eine gerechte Kostenfestsetzung zu gewährleisten.
Experten Kommentar
Wer lediglich die schicke Fassade sieht, kommt schnell zu falschen Schlüssen – das gilt auch für Gerichtskosten. Das OLG Karlsruhe zieht hier eine klare rote Linie: Für die Berechnung des Verfahrenswerts bei der Volljährigenadoption zählt konsequent nur das tatsächliche Reinvermögen der Beteiligten. Das Gericht macht klar, dass es keinen Raum für willkürliche Schätzungen gibt, die nur auf dem Bruttowert einer Immobilie basieren. Stattdessen dient die Orientierung am Nettovermögen – häufig der faire 5-Prozent-Satz – als berechenbarer Maßstab. Deshalb ist es entscheidend, beim Verfahrenswert alle Verbindlichkeiten transparent zu belegen und vom Bruttowert abzuziehen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie wird der Verfahrenswert für die Kosten einer Volljährigenadoption berechnet?
Die Berechnung folgt keiner festen Formel oder starren Prozentsätzen, was oft Verunsicherung bei Antragstellern auslöst. Der Verfahrenswert wird stattdessen vom Gericht nach billigem Ermessen festgesetzt, wie es § 42 Abs. 2 des FamGKG vorschreibt. Dabei müssen die Gerichte zwingend die Einkommens- und Vermögensverhältnisse aller Beteiligten berücksichtigen.
Die gesetzliche Pflicht zur Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse bedeutet, dass das Gericht das tatsächliche Nettovermögen ermitteln muss. Hohe sichtbare Vermögenswerte, wie ein neues Haus, dürfen nicht ohne Abzug bestehender Schulden bewertet werden. Die Festsetzung hoher pauschaler Werte, wie sie ältere Urteile teils mit 25 % oder 50 % des Reinvermögens vorsahen, führt schnell zu überhöhten Forderungen.
Um eine faire und transparente Grundlage zu schaffen, orientieren sich modernere Gerichte an klaren Quoten, die die reale Leistungsfähigkeit abbilden. Konkret etablierte das Oberlandesgericht Karlsruhe für solche Verfahren eine Orientierung an 5 % des nachgewiesenen Nettovermögens. Diesen Prozentsatz wenden Richter auf den Wert an, der übrig bleibt, wenn das Bruttovermögen um alle belegbaren Verbindlichkeiten reduziert wurde.
Um die Berechnung zu Ihren Gunsten zu beeinflussen, stellen Sie sofort eine lückenlose Übersicht Ihres Nettovermögens inklusive aller aktuellen Verbindlichkeiten zusammen.
Werden meine Schulden und Verbindlichkeiten beim Verfahrenswert für die Adoption berücksichtigt?
Ja, Ihre Schulden und Verbindlichkeiten müssen bei der Festsetzung des Verfahrenswertes für die Adoption zwingend berücksichtigt werden. Das Gesetz verlangt die Betrachtung Ihrer gesamten „Vermögensverhältnisse“, was juristisch das Nettovermögen bedeutet. Das Gericht muss daher die Brutto-Vermögenswerte, wie etwa Immobilienbesitz, um Ihre tatsächlichen Verbindlichkeiten reduzieren. Ignoriert das Gericht die konkrete finanzielle Belastung, können Sie gegen den Beschluss Beschwerde einlegen, um eine Korrektur zu erreichen.
Gerichte müssen ihre Schätzung auf dem tatsächlichen Nettovermögen basieren, nicht nur auf der sichtbaren Fassade von Besitztümern. Richter neigen ohne klare Dokumentation dazu, Vermögen hoch und Schulden niedrig anzusetzen, was zu überhöhten Kosten führt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe korrigierte in einem Fall die Entscheidung eines Amtsgerichts explizit deshalb, weil dieses die Verbindlichkeiten nur pauschal oder unzureichend berücksichtigt hatte.
Die konkrete Vorlage von Restschuldbeträgen ist Ihr entscheidender Hebel, um einen angenommenen hohen Bruttowert zu entkräften. Nehmen wir an, der geschätzte Immobilienwert beträgt eine Million Euro. Das OLG zog die nachgewiesene Restschuld von rund 315.000 Euro vom Bruttowert ab, um das tatsächliche Nettovermögen festzustellen und darauf den fairen Verfahrenswert anzuwenden. Fehlen diese Zahlen, schätzt das Gericht oft zu Ihren Ungunsten.
Fordern Sie bei Ihren Banken oder Hypothekengebern aktuelle Restschuldbestätigungen an, um die Höhe Ihrer offenen Verbindlichkeiten exakt zum Zeitpunkt der Verfahrensbeantragung zu belegen.
Welche Nachweise muss ich dem Gericht für ein geringeres Nettovermögen vorlegen?
Um das Gericht von einem niedrigeren Verfahrenswert zu überzeugen, benötigen Sie harte und aktuelle Fakten. Gerichte stützen sich nicht auf Schätzungen, wenn Sie Ihre Vermögensverhältnisse exakt belegen können. Entscheidend ist die lückenlose Dokumentation Ihres Nettovermögens und Ihres tatsächlichen Einkommens. Konkrete Restschuldbestätigungen von Kreditgebern sind hier der wichtigste Hebel, um einen angenommenen hohen Bruttowert zu entkräften.
Das Gericht muss gemäß § 42 Abs. 2 FamGKG Ihr Nettovermögen und Ihre Einkommensverhältnisse im Rahmen des „billigen Ermessens“ berücksichtigen. Damit Verbindlichkeiten nicht nur pauschal abgezogen werden, müssen Sie aktuelle Dokumente zur tatsächlichen Restschuld liefern. Im Fall, der vor dem OLG Karlsruhe verhandelt wurde, legte die Familie eine Hypotheken-Restschuld von exakt 315.094,33 Euro vor, um den geschätzten Immobilienwert realistisch zu korrigieren. Nur durch diese spezifischen Zahlen konnte der angenommene Bruttowert effektiv entkräftet werden.
Zusätzlich zur Schuldenhöhe müssen Sie Ihr aktuelles Einkommen belegen. Liegt Ihr Nettoeinkommen gering, beispielsweise durch eine Aushilfstätigkeit (im Fallbeispiel 605,75 Euro), widerlegen aktuelle Lohnabrechnungen die Schätzung eines hohen fiktiven Einkommens. Ignorieren Sie die gerichtliche Aufforderung zur Offenlegung der Finanzen, erlaubt dies dem Gericht, Kosten nur auf Basis sichtbaren Luxus festzusetzen. Ist kein eigenes Vermögen vorhanden, erklären Sie dies dezidiert, gegebenenfalls mit dem Hinweis auf Unterhalt durch Dritte.
Sammeln Sie die letzten drei Lohnabrechnungen und den aktuellen Restschuldbrief in einem Ordner, um bei der Antragstellung oder Beschwerde sofort reagieren zu können.
Was kann ich tun, wenn das Gericht den Verfahrenswert zu hoch festgesetzt hat?
Der erste und wichtigste Schritt nach Erhalt eines zu hohen Festsetzungsbeschlusses ist die formelle Einlegung einer Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht (OLG). Obwohl die Beteiligten die Eingabe umgangssprachlich oft als „Einspruch“ bezeichnen, ist die korrekte juristische Bezeichnung essenziell, um die gesetzlichen Fristen zu wahren. Die Beschwerde dient dazu, die fehlerhafte Bemessungsgrundlage durch die höhere Instanz korrigieren zu lassen.
Die Erfolgschance Ihrer Beschwerde hängt maßgeblich davon ab, dem Gericht konkrete Fakten nachzuliefern. Amtsgerichte, denen keine detaillierten Finanzinformationen vorliegen, müssen den Verfahrenswert schätzen. Diese Schätzung führt dazu, dass sichtbares Vermögen oft zu hoch angesetzt und vorhandene Verbindlichkeiten nur unzureichend berücksichtigt werden. Nutzen Sie das Beschwerdeverfahren, um dem Gericht erstmals die exakten Zahlen zu Ihrem Nettovermögen vorzulegen, da dies der Schlüssel zur Korrektur ist.
Legen Sie dem Beschwerdegericht harte Beweise über Restschulden, Hypotheken oder aktuelle Kredite vor, ergänzt durch die letzten Lohnabrechnungen. Erst durch diese detaillierten Nachweise schaffen Sie die Grundlage für eine Neubewertung nach billigem Ermessen. Ohne die konkreten Restschulden und Einkommensdaten kann eine massive Reduzierung des Verfahrenswertes, wie sie etwa das OLG Karlsruhe durch die Anwendung der 5-Prozent-Regel vornahm, nicht erreicht werden.
Prüfen Sie sofort die kurze Frist auf dem gerichtlichen Beschluss zur Festsetzung des Verfahrenswertes und nehmen Sie umgehend Kontakt zu einem spezialisierten Anwalt auf, um die Beschwerdeschrift fristgerecht einzureichen.
Diese allgemeinen Informationen ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.
Gibt es feste Regeln oder Prozentsätze für die Berechnung des Verfahrenswertes bei Adoptionen?
Nein, für die Berechnung des Verfahrenswertes bei Adoptionen existieren keine festen Prozentsätze oder starren Formeln. Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen (§ 42 Abs. 2 FamGKG) schreibt den Richtern lediglich die Anwendung von „billigem Ermessen“ vor. Gerichte müssen dabei die Vermögens- und Einkommensverhältnisse aller Beteiligten berücksichtigen.
Dieser weite Ermessensspielraum führte historisch zu unterschiedlichen Ansätzen. Einige Amtsgerichte stützten sich auf ältere Rechtsprechung, die teils sehr hohe Sätze von 25 Prozent bis 50 Prozent des Reinvermögens ansetzte. Diese Methode resultiert oft in überhöhten Schätzungen, wenn die tatsächlichen Schulden nicht lückenlos dokumentiert sind. Der Fall Ettlingen zeigt dies: Das Amtsgericht setzte den Verfahrenswert anfänglich auf 125.000 Euro fest.
Die neuere Rechtsprechung der Oberlandesgerichte etabliert jedoch zunehmend einen faireren Maßstab. Das OLG Karlsruhe lehnte pauschal hohe Sätze als nicht überzeugend ab. Die Richter orientieren sich stattdessen an einem Wert von 5 Prozent des tatsächlich nachgewiesenen Nettovermögens. Dieser Ansatz ist transparent und entspricht der Vorgehensweise in vielen anderen familienrechtlichen Angelegenheiten. Er verhindert willkürliche oder unverhältnismäßige Kostenfestsetzungen.
Reichen Sie Ihre Adoptionsunterlagen ein, empfehlen wir, proaktiv das Urteil des OLG Karlsruhe zu zitieren, um die Anwendung des 5%-Satzes zu fördern.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Billiges Ermessen
Wenn das Gesetz Richtern Billiges Ermessen einräumt, müssen diese bei Entscheidungen einen vernünftigen und fairen Maßstab anlegen und alle relevanten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Das Gesetz vermeidet damit starre, unflexible Regeln, um eine gerechte Lösung zu ermöglichen, die der individuellen Leistungsfähigkeit der Bürger Rechnung trägt.
Beispiel: Obwohl das Amtsgericht bei der Kostenfestsetzung sein Ermessen ausübte, korrigierte das Oberlandesgericht Karlsruhe diese Entscheidung, da es die Vermögensverhältnisse nicht nach billigem Ermessen bewertet hatte.
Beschwerde
Eine Beschwerde ist das formelle Rechtsmittel, mit dem Bürger eine gerichtliche Entscheidung – meistens einen Beschluss – bei der nächsthöheren Instanz überprüfen lassen können. Dieses Rechtsmittel dient der Korrektur von Fehlern oder ungerechtfertigten Entscheidungen, die in der ersten Instanz getroffen wurden, und ist essenziell für den Rechtsschutz in Deutschland.
Beispiel: Die Stiefmutter und ihre Tochter legten korrekterweise eine Beschwerde gegen den zu hoch angesetzten Verfahrenswert ein, obwohl sie in ihren Eingaben fälschlicherweise den Begriff „Einspruch“ nutzten.
Nettovermögen
Als Nettovermögen bezeichnen Juristen den tatsächlichen Vermögenswert, der übrig bleibt, wenn man von den Brutto-Vermögenswerten (wie Immobilien) alle nachweisbaren Schulden und Verbindlichkeiten abzieht. Nur die Berücksichtigung des Nettovermögens bildet die reale Leistungsfähigkeit einer Person ab; das Gesetz verhindert dadurch, dass Bürger mit hohem, aber hoch verschuldetem Besitz unverhältnismäßig hohe Gerichtsgebühren zahlen müssen.
Beispiel: Das Oberlandesgericht berechnete das Nettovermögen der Klägerin auf 685.000 Euro, indem es die nachgewiesene Restschuld von 315.000 Euro vom geschätzten Bruttowert des Hauses subtrahierte.
Nichtvermögensrechtliche Angelegenheit
Eine Nichtvermögensrechtliche Angelegenheit liegt immer dann vor, wenn der Streitgegenstand oder das juristische Verfahren keinen direkten und unmittelbar bezifferbaren Geldwert zum Inhalt hat. Solche Verfahren, wie Adoptionen oder Sorgerechtsstreitigkeiten, benötigen zur Kostenberechnung eine besondere Festsetzungsgrundlage (den Verfahrenswert), da sie nicht direkt um Geldwerte verhandeln.
Beispiel: Die Volljährigenadoption gilt juristisch als Nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, weshalb das Gericht zur Kostenberechnung den Verfahrenswert nach Ermessen festsetzen musste.
Verfahrenswert
Der Verfahrenswert, früher auch Gegenstandswert genannt, ist eine vom Gericht festgesetzte fiktive finanzielle Bemessungsgrundlage, aus der sich die Höhe der endgültigen Gerichtskosten errechnet. Da nicht jeder Antrag um eine konkrete Geldsumme geht, benötigt das Gericht diesen Wert, um die Gerichtsgebühren und Anwaltskosten proportional zum Streit- oder Verfahrensrisiko festlegen zu können.
Beispiel: Durch die Korrektur des Verfahrenswertes von 125.000 Euro auf 34.250 Euro senkten sich die Gerichtskosten für die Familie im Adoptionsverfahren erheblich.
Volljährigenadoption
Bei der Volljährigenadoption nimmt ein volljähriger Mensch eine rechtliche Eltern-Kind-Beziehung zu einer anderen erwachsenen Person an, oft um Erbrechte oder tiefere familiäre Bindungen zu formalisieren. Dieses Verfahren erlaubt die nachträgliche Begründung eines vollen Verwandtschaftsverhältnisses und wird oft in Stiefeltern-Konstellationen genutzt, um eine seit Langem bestehende soziale Beziehung rechtlich abzusichern.
Beispiel: Die Stiefmutter beantragte die Volljährigenadoption ihrer erwachsenen Stieftochter, was ein Verfahren vor dem Amtsgericht Ettlingen und später vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe auslöste.
Das vorliegende Urteil
OLG Karlsruhe – Az.: 20 WF 35/25 – Beschluss vom 26.05.2025
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