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Vereinsregistersache – Abgrenzung Satzungsänderung und Änderungs- oder Ergänzungsantrag

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 134/21 – Beschluss vom 10.12.2021

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf (Registergericht) vom 23. März 2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1.

Geschäftswert: 5.000,- €

Gründe

I.

Am 12. Dezember 2020 fand die Mitgliederversammlung des betroffenen Vereins statt. Zu den Tagesordnungspunkten gehörte unter anderem die Änderung von § 2 Abs. 4 der Satzung, der in der gegenwärtig im Vereinsregister eingetragenen Fassung wie folgt lautet:

„Der Verein verhält sich weltanschaulich, politisch, rassisch und religiös neutral und steht in allen Belangen auf demokratischer Grundlage. Er bekennt sich zu den Grundsätzen der Menschenrechte. Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen, insbesondere aufgrund der Nationalität, Ethnischer Zugehörigkeit, Religion, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Identität oder einer Behinderung, aktiv entgegen. Er darf seine Mittel weder für die unmittelbare noch für die mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden. Der Verein setzt sich für den Schutz der Umwelt ein, auch in Verantwortung für künftige Generationen.“

Zwei Mitglieder des betroffenen Vereins hatten folgende Neufassung beantragt (im folgenden: Antrag K./G.):

„Der Verein steht in allen Belangen auf demokratischer Grundlage und bekennt sich zu den Grundsätzen der Menschenrechte. Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen, insbesondere aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Alter, Sexueller Identität und/oder Behinderung, aktiv entgegen. Er darf seine Mittel weder für die unmittelbare noch für die mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden. Der Verein setzt sich für den Schutz der Umwelt ein, auch in Verantwortung für künftige Generationen.“

Der mit einer Begründung versehene Änderungsantrag wurde allen Vereinsmitgliedern als Anlage der Einladung zur Mitgliederversammlung übermittelt.

Mit Schreiben vom 17. November 2020 beantragte der Beteiligte zu 2 beim betroffenen Verein § 2 Abs. 4 der Satzung wie folgt neu zu fassen:

„Der Verein verhält sich weltanschaulich, politisch, rassisch und religiös neutral und steht in allen Belangen auf demokratischer Grundlage. Er bekennt sich zu den Grundsätzen der Menschenrechte. Der Verein darf seine Mittel weder für die unmittelbare noch für die mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden.“

Jenen Antrag bewertete der betroffene Verein als eigenständigen Satzungsantrag und wies diesen mit Email vom 9. Dezember 2020 als verfristet zurück, da gemäß § 11 Abs. 5 der Satzung Anträge auf Satzungsänderung spätestens sechs Wochen vor der Mitgliederversammlung zu stellen seien. An dieser Auffassung hielt er in der Folge fest. In der Mitgliederversammlung, die pandemie-bedingt virtuell abgehalten wurde, wurde der Antrag auf Änderung von § 2 Abs. 4 der Vereinssatzung in der Fassung, in der sie den Vereinsmitgliedern im Rahmen des Einladungsschreibens übermittelt worden war, zur Abstimmung gestellt und erreichte die für eine Satzungsänderung erforderliche 2/3-Mehrheit. Der daraufhin vom Beteiligten zu 2 angerufene Ehrenrat des betroffenen Vereins wies die Einwände des Beteiligten zu 2 zurück und erklärte mit Schreiben vom 2. Februar 2021 die vereinsinterne Beilegung und Beendigung der Streitigkeit für unmöglich und verwies auf die Möglichkeit zur Beschreitung des ordentlichen Rechtswegs.

Am 2. März 2021 meldete der betroffene Verein die am 12. Dezember 2020 beschlossene Änderung von § 2 Abs. 4 der Vereinssatzung zur Eintragung im Vereinsregister an (Urkunde des Notars …, UR.Nr. 379 für 2021). Die weiteren am 12. Dezember 2020 beschlossenen Satzungsänderungen meldete der betroffene Verein gesondert an (Urkunde des Notars …, UR.Nr. 378 für 2021), sie sind am 8. März 2021 im Vereinsregister eingetragen worden.

Der Beteiligte zu 2 hat dem Vollzug des Eintragungsantrages widersprochen und dazu vorgetragen, am 12. Dezember 2020 sei der Antrag auf Änderung der Satzungsbestimmung zur Abstimmung gestellt worden, ohne zuvor den Antragstellern das Wort zu erteilen und ohne zuvor eine Aussprache eröffnet zu haben. Als er, der Beteiligte zu 2, versucht habe, sich zu Wort zu melden, sei auf seinem Bildschirm der Hinweis „Rednerliste geschlossen“ erschienen. Das verstoße gegen § 4 Abs. 4 und 5 der Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung. Er hat weiter die Auffassung vertreten, sein Antrag auf Änderung der betroffenen Satzungsbestimmung sei als Änderungs- bzw. Gegenantrag, der den Hauptantrag nicht eingeschränkt oder erweitert habe, sondern vielmehr in einem inneren Zusammenhang mit diesem stehe, zulässig gewesen.

Mit Beschluss vom 23. März 2021 hat das Registergericht den Antrag auf Eintragung der Änderung von § 2 Abs. 4 der Satzung des betroffenen Vereins zurückgewiesen. Der vom Beteiligten zu 2 formulierte Antrag auf Änderung der Satzungsbestimmung hätte als Änderungs- bzw. Gegenantrag, der in inhaltlichem Zusammenhang mit dem für die Versammlung zuvor angekündigten Antrag gestanden habe, noch in der Versammlung selbst gestellt werden können. Dahinstehen könne, ob die Nichtzulassung des Antrages zur Nichtigkeit der am 12. Dezember 2020 beschlossenen Änderung geführt habe, denn jedenfalls sei nach dem Vorbringen des Beteiligten zu 2 das in der Satzung geregelte Verfahren bei der Beschlussfassung verletzt worden. Dem Vortrag des Beteiligten zu 2, er habe nach dem Aufruf der Tagesordnungspunktes „Änderung des § 2 Abs. 4 der Satzung“ keine Möglichkeit gehabt, sich zu Wort zu melden, habe der betroffene Verein nicht widersprochen.

Nach Erlass des Beschlusses ist beim Registergericht die Stellungnahme des Beteiligten zu 1 vom 29. März 2021 eingegangen. Er hat vorgetragen, die zur Durchführung der virtuellen Mitgliederversammlung verwandte Technik habe am 12. Dezember 2020 einwandfrei funktioniert. Fast einstimmig hätten die Mitglieder beschlossen, dass eine zentrale Aussprache zu allen Tagesordnungspunkten nach den Berichten stattfinden solle. Während des Zeitfensters für die zentrale Aussprache seien die Beiträge der Mitglieder öffentlich sichtbar gewesen, Beiträge außerhalb des Zeitfensters seien nur dann veröffentlicht worden, wenn der Versammlungsleiter diese zugelassen habe bzw. dem Mitglied das Wort erteilt habe. Außerhalb des Zeitfensters für die zentrale Aussprache sei die Anzeige „Rednerliste geschlossen“ eingeblendet gewesen, Eingaben über das Chatfenster, beispielsweise für eine Rüge oder einen Dringlichkeitsantrag, seien jederzeit möglich gewesen. Im Zusammenhang mit der Abstimmung über den Änderungsantrag zu § 2 Abs. 4 der Satzung seien Beiträge anderer Mitglieder auch erfolgt. Aus welchem Grunde entsprechendes für den Beteiligten zu 2 nicht möglich gewesen sein soll, erschließe sich nicht.

Mit weiterer Eingabe vom 20. April 2021 hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde gegen die Zurückweisung seiner Anmeldung eingelegt. Er rügt die Feststellung des Registergerichts, es habe keine Aussprache stattgefunden, als falsch und wiederholt und vertieft sein Vorbringen zum Ablauf der Mitgliederversammlung am 12. Dezember 2020. Beim Antrag des Beteiligten zu 2 auf Änderung von § 2 Abs. 4 der Satzung handele es sich nicht lediglich um einen Änderungs- oder Gegenantrag, denn er gehe inhaltlich deutlich über den Änderungsantrag, der in der Mitgliederversammlung zur Abstimmung gestellt worden sei, hinaus. Nach der vom Beteiligten zu 2 beantragten Fassung hätten Grundprinzipien des betroffenen Vereins gestrichen werden sollen.

Der Beteiligte zu 2 hat auf Zurückweisung der Beschwerde angetragen.

Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit weiterem Beschluss vom 30. Juni 2021 zur Entscheidung vorgelegt. Aus dem im Zusammenhang mit der Anmeldung vorgelegten auszugsweisen Protokoll der Mitgliederversammlung ergebe sich an keiner Stelle, dass über die streitige Änderung von § 2 Abs. 4 der Satzung diskutiert worden sei oder diesbezüglich Aussprachen stattgefunden hätten. Es könne weiterhin nicht davon ausgegangen werden, dass die angemeldete Änderung beschlossen worden wäre, wenn die Gegenargumente des Beteiligten zu 2 zur Verfügung gestanden hätten.

Gegenüber dem Senat haben der Beteiligte zu 1 und der Beteiligte zu 2 ergänzend vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakten verwiesen.

II.

Die nach Maßgabe der §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist dem Senat infolge der vom Registergericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FamFG. Sie bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Im Verfahren betreffend die Eintragung von Satzungsänderungen (§ 33 BGB) prüft das Registergericht die formelle Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung und ob die eingereichten Unterlagen die beantragte Eintragung der Satzungsänderung rechtfertigen, § 71 BGB. Die in § 71 Abs. 1 Satz 3 und 4 BGB normierten Anmeldungserfordernisse begründen eine entsprechende Prüfungspflicht des Registergerichts: zu prüfen ist die formelle Ordnungsmäßigkeit der Registeranmeldung sowie des satzungsändernden Beschlusses (MüKoBGB/Leuschner, 9. Aufl. 2021, § 71 Rn. 11; Sauter/Schweyer/Waldner-Neudert/Waldner, Der eingetragene Verein, 21. Auf. 2021, Rn. 141). In sachlicher Hinsicht hat das Registergericht zu prüfen, ob die beantragte Eintragung durch den Inhalt der vorgelegten Urkunden gerechtfertigt ist (Sauter/Schweyer/Waldner-Neudert/Waldner, a.a.O., Rn. 424a). Dabei hat es ein materielles Prüfungsrecht bzw. -pflicht hinsichtlich des gesetz- und satzungsmäßigen Zustandekommens des Änderungsbeschlusses und hinsichtlich der inhaltlichen Zulässigkeit.

Der dabei maßgebliche Prüfungsrahmen für das Registergericht ist im einzelnen umstritten: der Senat hat bereits in der Vergangenheit entschieden (BeckRS 2013, 10294), dass der Änderungsbeschluss im Einklang mit sämtlichen Bestimmungen zwingenden öffentlichen und privaten Vereinsrechts stehen muss. Daran hält der Senat fest, zumal seine Auffassung in Rechtsprechung und Literatur Zustimmung erfahren hat (vgl. KG NZG 2020, 1113 f.; OLG Nürnberg DStR 2015, 1698 ff.; BeckOK BGB/Schöpflin, 59. Edition, Stand: 1. August 2021, § 71 Rn. 7; MüKoBGB/Leuschner, 9. Aufl. 2021, § 71 Rn. 11).

Rechtsfolge eines Verstoßes gegen gesetzliche Regelungen oder Satzungsbestimmungen ist nach der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, der die Literatur ganz überwiegend folgt, grundsätzlich die Nichtigkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung, eine analoge Anwendung von §§ 241 ff. AktG kommt nicht in Betracht. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt und dieser ohne Relevanz – bzw. nach der älteren Rechtsprechung nicht kausal – für die Ausübung der Mitwirkungsrechte durch ein objektiv urteilendes Mitglied gewesen ist. Die Beweis- bzw. die Feststellungslast hierfür liegt bei dem Verein (vgl. grundlegend BGH NJW 2008, 69 ff.; OLG Brandenburg ZStV 2019, 192; s. zum Meinungsstand: Staudinger/Schwennicke, BGB, 2019, § 32 Rn. 129 ff.; BeckOK BGB/Schöpflin, 60. Edition, Stand 1. November 2021, § 32 Rn. 34 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner-Neudert/Waldner, a.a.O., Rn. 212 ff.; Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 12. Aufl. 2021, Rn. 1049 ff., 1058; jeweils m.w.N.).

Wenn das Registergericht – ggfs. aufgrund von Eingaben von Vereinsmitgliedern – Anlass zu Bedenken gegen die materielle Richtigkeit und Wirksamkeit der formell ordnungsgemäß angemeldeten Vorgänge, Beschlüsse und dergleichen hat, sind Ermittlungen von Amts wegen veranlasst, § 26 FamFG. Bestätigten sich die Bedenken, ist die Eintragung abzulehnen; anderenfalls erfolgt die Eintragung (Sauter/Schweyer/Waldner-Neudert/Waldner, a.a.O., Rn. 424b).

Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze erweist sich der Satzungsänderungsbeschluss vom 12. Dezember 2020 als nichtig. In der Zurückweisung des Antrages des Beteiligten zu 2 vom 17. November 2020 als verfristet liegt ein Verstoß gegen die Satzung des betroffenen Vereins, der Relevanz für die Ausübung der Mitwirkungsrechte der Vereinsmitglieder hat.

Für Anträge auf Satzungsänderung regelt § 11 Abs. 5 der Satzung des betroffenen Vereins, dass solche Anträge beim Vorstand spätestens sechs Wochen vor der Mitgliederversammlung schriftlich und mit Begründung einzureichen sind. Diese Frist ist zwingend, was aus § 2 Satz 2 der Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung, die Bestandteil der Satzung ist, § 10 Abs. 6 der Satzung, zu folgern ist. Nach dieser Bestimmung können Anträge auf Satzungsänderung nicht als Dringlichkeitsantrag gestellt werden.

Weiter ergibt sich aus der Satzung des betroffenen Vereins, dass von fristgebundenen Anträgen auf Satzungsänderung solche Anträge abzugrenzen sind, bei denen es sich um einen Änderungs- oder Ergänzungsantrag zu einem bereits vorliegenden Antrag handelt. So werden gemäß § 2 Satz 1 der Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung nicht fristgerecht bzw. erst in der Mitgliederversammlung gestellte Anträge auf Ergänzung der Tagessordnung als Dringlichkeitsanträge behandelt, deren Zulassung von der Mitgliederversammlung mit einer 2/3-Mehrheit beschlossen werden muss. Hiervon ausdrücklich ausgenommen sind wiederum nach dem in Parenthese eingeschobenen Satzteil Änderungs- und Ergänzungsanträge zu schon vorliegenden Anträgen. Steht also ein Antrag auf Satzungsänderung auf der Tagesordnung, kann ein Änderungs- oder Ergänzungsantrag hierzu unabhängig von der Einhaltung einer Frist gestellt werden. Er muss selbst dann zugelassen werden, wenn er erst in der Mitgliederversammlung gestellt wird.

Für die Frage, ob die Zurückweisung des vom Beteiligten zu 2 mit Schreiben vom 17. November 2020 gestellten Antrages zu Recht erfolgt ist, kommt es dementsprechend entscheidend darauf an, ob es sich um einen eigenständigen Satzungsänderungsantrag oder um einen Änderungs- oder Ergänzungsantrag zu dem zuvor gestellten Antrag K./G. handelt.

Die Abgrenzung zwischen einem eigenständigen Antrag auf Satzungsänderung und einem schlichten Änderungs- bzw. Ergänzungsantrag zu einem anderweit gestellten eigenständigen Antrag auf Satzungsänderung mag im Einzelfall schwierig sein, insbesondere wenn ein und dieselbe Satzungsbestimmung betroffen ist und beide miteinander zu vergleichenden Anträge denselben Regelungsgegenstand haben. Einen eigenständigen Antrag auf Satzungsänderung wird in einem solchen Fall nur dann bejaht werden können, wenn trotz gleicher Satzungsnorm und identischem Regelungsgegenstand die Zielrichtung der Satzungsänderung eine andere ist.

Ein Vergleich des Satzungsänderungsantrages K./G. mit dem vom Beteiligten zu 2 am 17. November 2020 gestellten Antrag zeigt, dass jeweils dieselbe Satzungsbestimmung – § 2 Abs. 4 der Vereinssatzung – betroffen ist. Auch steht jeweils derselbe Regelungsgegenstand in Rede, nämlich die grundlegende Ausrichtung des betroffenen Vereins, seine Zwecke und Aufgaben. Beiden Anträgen ist gemein, dass die weltanschaulichen, politischen und sonstigen Grundwerte des Vereins festgeschrieben werden sollen. Soweit der Antrag des Beteiligten zu 2 im Vergleich zu dem Antrag K./G. kürzer gefasst ist (dies im wesentlichen wegen Zusammenfassung der Sätze 1 und 2 und durch Wegfall des Satzes 4), folgt hieraus nicht, dass sein Antrag als eigenständiger Satzungsänderungsantrag zu bewerten wäre. Unter den in § 2 Satz 1 der Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung verwendeten Begriff „Änderung“ lässt sich zwanglos auch eine Kürzung von Text oder Inhalt subsumieren.

Wird schließlich die Zielrichtung der voneinander abzugrenzenden Anträge in die Betrachtung einbezogen bzw. auf den sachlichen Bezug des Antrages des Beteiligten zu 2 zum Antrag K./G. abgestellt, rechtfertigt auch das die Bewertung des Antrages des Beteiligten zu 2 als Änderungsantrag zum Antrag K./G.. Eine Eigenständigkeit von zwei Anträgen bzw. ihre Unabhängigkeit voneinander setzt denknotwendig voraus, dass beide Anträge nebeneinander positiv beschieden werden könnten. Das ist hier indes nicht möglich, vielmehr sind der Antrag K./G. und der des Beteiligten zu 2 miteinander unvereinbar. Entweder werden die Zwecke und Aufgaben des betroffenen Vereins so festgeschrieben, wie es Gegenstand des Satzungsänderungsantrages K./G. ist, oder aber so, wie vom Beteiligten zu 2 gewünscht; beide Fassungen können nicht nebeneinander bestehen, sondern schließen sich gegenseitig aus.

Neben der identischen Zielsetzung der beiden Anträge – Festschreibung der Vereinszwecke und -aufgaben in einer bestimmten Art und Weise – ist auch der für einen Änderungsantrag erforderliche sachliche und inhaltliche Zusammenhang zu bejahen. So stimmen beide Anträge in inhaltlicher Hinsicht insoweit überein, als dass sie sich zur Demokratie, zu den Menschenrechten und zur politischen Neutralität bekennen. Der inhaltliche Bezug des Antrages des Beteiligten zu 2 zu dem Antrag K./G. ist ebenfalls gegeben, denn der Beteiligte zu 2 setzt sich in der Begründung seines Antrages vom 17. November 2020 mit dem Vorschlag der beiden weiteren Vereinsmitglieder auseinander; es geht ihm erklärtermaßen darum, die Wertvorstellungen des Vereins kurz und prägnant und „vom Zeitgeist“ unabhängig zu formulieren.

Den demgegenüber zu verzeichnenden Unterschieden in den beiden Anträgen kommt kein derartiges Gewicht zu, das der Antrag des Beteiligten zu 2 als ein eigenständiger Satzungsänderungsantrag betrachtet werden könnte. Soweit der Antrag des Beteiligten zu 2 anders als der Antrag K./G. den schon bisher in der Satzung verwendeten Begriff „rassisch“ verwendet, das schon in der Satzung festgeschriebene aktive Vorgehen gegen Diskriminierung und menschenverachtenden Verhaltensweisen nicht mehr aufführt und auch das Vereinsziel des Umweltschutzes (s. Satz 4) nicht nennt, bewegt sich die vom Beteiligten zu 2 vorgeschlagene Fassung von § 2 Abs. 4 der Satzung gleichwohl noch in dem Rahmen, der durch den Antrag K./G. eröffnet worden ist. Zu vergegenwärtigen ist in diesem Zusammenhang, dass gemäß § 2 Satz 1 der Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung ausdrücklich Änderungs- und Ergänzungsanträge zu fristgerecht gestellten Satzungsänderungsbegehren noch in der Versammlung gestellt werden können. Das ist auch sachgerecht und respektiert die Vereinswirklichkeit, denn Änderungs- und Ergänzungsanträge zu einem eigenständigen Satzungsänderungsantrag sind typischerweise die Reaktion auf einen bestimmten, bereits vorliegenden Antrag und die Überlegungen hierzu und die in der Mitgliederversammlung geführten Diskussionen. Dass ein Änderungsantrag einen abweichenden Inhalt zu einem bereits vorliegenden Satzungsänderungsantrag hat, ist der typische Fall des Änderungs- und Ergänzungsantrages.

Handelt es sich beim Antrag des Beteiligten zu 2 vom 17. November 2020 demnach nicht um einen eigenständigen Satzungsänderungsantrag, sondern um einen Änderungsantrag zu dem Satzungsänderungsantrag K./G., konnte er auch nach Ablauf der in § 11 Abs. 5 der Satzung vorgesehenen Frist wirksam gestellt werden. Die Zurückweisung wegen Verfristung mit Email vom 9. Dezember 2020 ist also wegen Verstoßes gegen die zur Satzung des betroffenen Vereins gehörende Bestimmung in § 2 Satz 1 der Geschäftsordnung der Mitgliederversammlung satzungs- und somit rechtswidrig.

Entsprechend der oben dargestellten allgemeinen Grundsätze führt die Rechtswidrigkeit der Zurückweisung des Antrages des Beteiligten zu 2 vom 17. November 2020 zur Unwirksamkeit der am 12. Dezember 2020 beschlossenen Änderung von § 2 Abs. 4 der Satzung des betroffenen Vereins.

Eine Ausnahme von dem im Vereinsrecht geltenden Grundsatz, wonach ein fehlerhafter Versammlungsbeschluss nichtig ist, kommt hier nicht in Betracht. Die dazu erforderliche Feststellung, dass der Satzungsregelverstoß ohne Relevanz – bzw. nach der älteren Rechtsprechung nicht kausal – für den in der Mitgliederversammlung gefassten Satzungsänderungsbeschluss gewesen ist, kann nicht getroffen werden. Zu Recht hat das Registergericht hierzu bereits im angefochtenen Beschluss und erneut in der Nichtabhilfeentscheidung ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Mitgliederversammlung anders entschieden hätte, wäre ihr der Gegenvorschlag des Beteiligten zu 2 und seine Gegenargumente bekannt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die übrigen Vereinsmitglieder in der Mitgliederversammlung dem Standpunkt und den Argumenten des Beteiligten zu 2 keine Beachtung geschenkt hätten, liegen nicht vor und werden auch vom Beteiligten zu 1 nicht feststellbar aufgezeigt. Gegen eine dahingehende Feststellung spricht vielmehr, dass die Ansicht und die Argumente des Beteiligten zu 2 bei einer objektiven Betrachtung jedenfalls vertretbar und erwägenswert waren. Wird schließlich der tatsächliche Ablauf der Mitgliederversammlung in die Betrachtung einbezogen, ergibt sich auch danach kein anderes Ergebnis. Unstreitig hat sich der Beteiligte zu 2 im Rahmen der virtuell abgehaltenen Mitgliederversammlung nicht zu Wort gemeldet; aus welchen Gründen ein Beitrag des Beteiligten zu 2 nicht erfolgt ist, ist insofern unerheblich. Hat aber der Beteiligte zu 2 an der Aussprache nicht teilgenommen, steht es gerade nicht fest, dass sein den Satzungsänderungsantrag K./G. abändernder Vorschlag erwiesenermaßen von den übrigen Vereinsmitgliedern „abgelehnt“ worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Danach soll das Gericht die Kosten eines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels demjenigen der Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Für einen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §§ 61, 36 Abs. 3 GNotKG.

 

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