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Vereinsregister – Prüfungsrechts des Registergerichts bei der Anmeldung einer Satzungsänderung

Vereinsregister und die Kontrollbefugnis des Registergerichts: Fallstudie der Satzungsänderung und deren Anmeldung

Vor kurzem wurde eine bedeutende Entscheidung von dem KG Berlin (Aktenzeichen: 22 W 10/20) gefällt, die sich mit dem Prüfungsrecht des Registergerichts bei der Anmeldung einer Satzungsänderung in einem Vereinsregister befasst. Der Hauptsachverhalt drehte sich um die Anmeldung einer vollständigen Neufassung der Satzung eines Vereins und die nachfolgenden Kontroversen hinsichtlich der Prüfungskompetenz des Registergerichts, insbesondere hinsichtlich einer bestimmten Regelung in der neuen Satzung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 22 W 10/20 >>>

Der Konflikt und das Registergericht

Die Kontroverse begann, als der im Register ausgewiesene Präsident des Vereins das Ausscheiden des bisherigen Vizepräsidenten und die Wahl eines neuen Vizepräsidenten sowie eine vollständige Neufassung der Satzung zur Eintragung anmeldete. Die eingereichten Dokumente enthielten ein Protokoll der Präsidiumssitzung und ein Protokoll der Mitgliederversammlung. Es wurde jedoch argumentiert, dass das Registergericht keine Prüfungskompetenz hinsichtlich der Regelung in § 17 der Satzungsneufassung hätte, die das Überprüfungsorgan als „Schiedsgericht“ bezeichnet.

Die Position des Registergerichts und die rechtlichen Kontroversen

Das Registergericht widersprach dieser Auffassung. Es argumentierte, dass diese Regelung nicht so ausgelegt werden könne, dass sie nur auf den Umstand hinweist, dass eine Klage vor einem staatlichen Gericht normalerweise voraussetzt, dass zunächst die vereinsinternen Überprüfungsmaßnahmen durchgeführt worden sind. Die Regelung lautet, dass Streitigkeiten intern unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs durch ein ständiges Schiedsgericht abschließend entschieden werden. Diese Formulierung führt zu rechtlichen Bedenken und Schwierigkeiten in Bezug auf die Zulässigkeit und die Auslegung von Vereinssatzungen.

Die rechtliche Beurteilung und das Urteil des Gerichts

Das Gericht hielt an seiner Position fest, dass das Registergericht ein Prüfungsrecht hat. Gründe für die Ablehnung der Anmeldung könnten neben einer Verletzung der in den §§ 56-59 BGB genannten Bestimmungen auch alle sonstigen Verletzungen des zwingenden öffentlichen und privaten Vereinsrechts sein. Die Kontrolle dient der Rechtssicherheit und dem Schutz auch zukünftiger Vereinsmitglieder. Eine solche Kontrolle ist daher trotz der Argumente gegen eine allgemeine Rechtsmäßigkeitskontrolle durch das Registergericht notwendig und angemessen.

Die Folgen des Urteils und die Relevanz des Falles

Das Urteil betont die Wichtigkeit der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Mitglieder in Vereinen. Es wirft auch ein Licht auf die Rolle und Funktion des Registergerichts in diesem Zusammenhang. Die Entscheidung liefert einen wertvollen Beitrag zur Klärung des Prüfungsrechts des Registergerichts bei der Anmeldung einer Satzungsänderung. Sie hat somit erheblichen Einfluss auf die Rechtspraxis in Bezug auf das Vereinsrecht und das Recht der Satzungsänderungen in Vereinen.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 22 W 10/20 – Beschluss vom 20.07.2020

Die Beschwerde des Beteiligten wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Beteiligte ist seit dem 25. Januar 2018 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Mit einer elektronischen und notariell beglaubigten Erklärung vom 17. Dezember 2019 meldete der nach dem Register ausgewiesene Präsident das Ausscheiden des bisherigen Vizepräsidenten und die Wahl des Herrn ############ als ersten Vizepräsidenten sowie eine vollständige Satzungsneufassung zur Eintragung an. Der Anmeldung waren ein Protokoll der Präsidiumssitzung vom 30. November 2019 und ein Protokoll der Mitgliederversammlung vom 30. November/1. Dezember 2019 in Auszügen beigefügt. Mit einem Schreiben vom 21. Januar 2020 beanstandete das Amtsgericht, dass sich aus dem Protokoll nicht die Wahl in das Präsidium und der genaue Satzungsänderungsantrag ergäben.

Nach Eingang weiterer Unterlagen hat das Amtsgericht mit einem Schreiben vom 10. Februar 2020 darauf hingewiesen, dass das in § 17 der Satzung vorgesehene „Schiedsgericht“ kein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025ff. ZPO sei und dass es an der Aufnahme der Schiedsgerichtsordnung in die Satzung fehle. Weiter hat es eine Erledigungsfrist von zwei Monaten gesetzt. Auf dieses Schreiben hin hat der Notar als Verfahrensbevollmächtigter des Beteiligten mit einem am 3. März 2020 eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt. Dem Registergericht stünde wegen der Regelung in § 17 der Satzungsneufassung keine Prüfungskompetenz zu. Die dortige Bezeichnung des Überprüfungsorgans als „Schiedsgericht“ möge zwar eine Falschbezeichnung sein, diese sei aber unschädlich, weil sich aus ihr jedenfalls richtigerweise ergebe, dass die Ausschöpfung des verbandsinternen Rechtswegs vor Anrufung eines staatlichen Gerichts erforderlich sei.

Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 6. März 2020 zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die im Namen des Beteiligten eingelegte Beschwerde ist nach § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG in Verbindung mit § 58 Abs. 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Bei dem Schreiben vom 21. Januar 2020 handelt es sich um eine Zwischenverfügung im Sinne des § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG. Denn es werden Eintragungshindernisse aufgezeigt und eine Frist zu ihrer Beseitigung gesetzt (vgl. Bork/Müther, FamFG, 3. Aufl., § 382 Rdn. 8). Der Beteiligte ist durch die Weigerung der Eintragung beschwert und die Monatsfrist nach § 63 Abs. 1 FamFG gewahrt. Der Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 FamFG bedarf es nicht, weil es sich als Angelegenheit eines Idealvereins wegen der Eintragung in das Vereinsregister um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit handelt.

2. Die Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht die Regelung in § 17 der Satzungsneufassung beanstandet. Die Regelung über den Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs ist unwirksam.

a) Eine Regelung, die den uneingeschränkten Ausschluss der Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit anordnet, ist nichtig (vgl. schon RGZ 140, 23, 25; 147, 11, 15; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 20. Aufl., Rdn. 370; Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 11. Aufl., Rdn. 1048 Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl., § 25 Rdn. 6). Eine Einschränkung kommt gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO nur unter den Voraussetzungen und mit den Wirkungen der §§ 1025ff. BGB in Betracht (vgl. Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 11. Aufl., Rdn. 1048; Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl., § 25 Rdn. 6).

Danach liegt hier eine nichtige Satzungsregelung vor. Die nach der Satzung vorgesehene Entscheidungsinstanz wird zwar als Schiedsgericht bezeichnet. Dies reicht aber nicht aus. Ein echtes Schiedsgericht muss als unabhängige und unparteiliche Stelle organisiert sein. Dies ist hier nicht der Fall. Denn entgegen den Voraussetzungen der §§ 1025ff. ZPO haben die Beteiligten etwa keine Möglichkeit Einfluss auf die Auswahl der Schiedsrichter zu nehmen. Hierbei handelt es sich aber um eine besonders wichtige Voraussetzung für die Annahme, dass es sich bei dem gebildeten Spruchkörper nicht nur um ein Vereinsorgan, sondern um ein unabhängiges Schiedsgericht handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 – III ZB 53/03 –, BGHZ 159, 207-214 Rdn. 18ff.).

b) Die Regelung kann entgegen der Auffassung des Beteiligten auch nicht dahin ausgelegt werden, dass mit ihr auf den Umstand hingewiesen wird, dass eine Klage vor einem staatlichen Gericht regelmäßig voraussetzt, dass zunächst die vereinsinternen Überprüfungsmaßnahmen durchgeführt worden sind (vgl. dazu auch Senat, Beschluss vom 20. Mai 2020, 22 W 7/20, juris Rdn. 10 Beschluss vom 14. April 2020, 22 W 72/19, nicht veröffentlicht, S. 4 der BA; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27. Juli 2006 – 2 BvR 1416/06 –, juris Rdn. 3f.; BGH, Urteil vom 28. November 1988 – II ZR 96/88 –, BGHZ 106, 67-83 Rdn. 7f.; Entscheidung vom 06. März 1967 – II ZR 231/64 –, BGHZ 47, 172-181 Rdn. 21). Der Wortlaut weist auf eine nur vorrangige Zuständigkeit des vorgesehenen Spruchkörpers nicht hin. Denn die Regelung lautet, dass Streitigkeiten intern unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs durch ein ständiges Schiedsgericht abschließend entschieden werden. Dann aber kommt auch eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht, weil Vereinssatzungen unabhängig von den Willensäußerungen und Interessen der Gründer, sonstigen tatsächlichen Umständen aus der Entstehungsgeschichte oder späteren Vereinsgeschichte rein objektiv ausgelegt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 1985 – II ZB 5/85 –, BGHZ 96, 245-252 Rdn. 14; Entscheidung vom 06. März 1967 – II ZR 231/64 –, BGHZ 47, 172-181 Rdn. 24).

c) Die Nichtigkeit der Regelung kann auch im Rahmen der Anmeldung einer Satzungsänderung beanstandet werden.

Der genaue Prüfungsrahmen für das Gericht im Verfahren auf Eintragung in das Vereinsregister ist allerdings umstritten. Einigkeit besteht lediglich darin, dass eine Prüfung der Zweckmäßigkeit einzelner Satzungsregelungen schon wegen des verfassungsrechtlich verbürgten Rechts auf autonome Gestaltung der inneren Verhältnisse nicht stattfinden darf (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1994 – 15 W 16/94 –, juris Rdn. 20 jurisPK-BGB/Otto, Stand: 1. Mai 2020, § 60 Rdn. 2; Staudinger/Schwennicke (2019) BGB § 60 Rdn. 20). Um eine solche Prüfung geht es hier aber nicht. Es steht nicht die Zweckmäßigkeit, sondern die Wirksamkeit einer Regelung in Frage. Nach einer Entscheidung des OLG Köln (Beschluss vom 12. Juli 1993, 2 Wx 20/93, juris Rdn. 16) ist die Prüfung des Registergerichts auf die Einhaltung der vereinsrechtlichen Mindestanforderungen an die körperschaftliche Organisation, den Zweck des Vereins und die Einhaltung der Regelungen der §§ 56 bis 59 BGB beschränkt. Dies wird damit begründet, dass der Verein in der Gestaltung der Satzung weitgehend frei sei und eine Befugnis zur Selbstordnung habe. In der Literatur wird ein eingeschränktes Prüfungsrecht teilweise unter Hinweis auf § 9c Abs. 2 GmbHG angenommen (vgl. Münchener Kommentar zum BGB/Leuschner, 8. Aufl., § 60 Rdn. 5; Staudinger/Schwennicke, BGB, 2019, § 60 Rdn. 8, anders aber wieder in Rdn. 2). Als Grund wird eine klarstellende Funktion des § 9c Abs. 2 GmbHG angenommen (Leuschner, aaO).

Im Übrigen wird aber ein weitergehendes Prüfungsrecht dahin vertreten, dass Gründe für die Zurückweisung der Vereinsanmeldung neben einer Verletzung der in den §§ 56-59 BGB genannten Bestimmungen auch sämtliche sonstigen Verletzungen zwingenden öffentlichen und privaten Vereinsrechts sein können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Mai 2013 – I-3 Wx 43/13 –, juris Rdn. 14 – zur Ersteintragung. OLG Nürnberg, Beschluss vom 20. Mai 2015 – 12 W 882/15 –, juris Rdn. 40 – zur Satzungsänderung: Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl., § 60 Rdn. 2 jurisPK-BGB/Otto, Stand: 1. Mai 2020, § 60 Rdn. 2; Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl., § 60 Rdn. 1; unklar BeckOK-BGB/Schöpflin, Stand: 1. Mai 2020, § 60 Rdn. 3). Dem ist zu folgen. Die gegen eine allgemeine Rechtsmäßigkeitskontrolle durch das Registergericht vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Die Kontrolle dient der Rechtssicherheit und dem Schutz auch zukünftiger Vereinsmitglieder. Demgegenüber muss das Selbstorganisationsrecht eines Vereins dort seine Grenze finden, wo das Gesetz die Unwirksamkeit einer Regelung vorsieht. Insoweit kommt auch eine Einschränkung durch die Regelung des § 9c Abs. 2 GmbHG nicht in Betracht. Dies gilt hier schon deshalb, weil es um eine Satzungsänderung und nicht um eine Erstanmeldung geht. Die Regelung des § 9c Abs. 2 GmbHG gilt auch im GmbH-Recht nur in Bezug auf die Neueintragung einer GmbH (vgl. BR-Drucks. 340/97 S. 80). Die Vorschrift ist aber auch sonst nicht verallgemeinerungsfähig. So wie die GmbH die speziellere Gesellschaftsform gegenüber dem Verein darstellt, so ist § 9c Abs. 2 GmbHG lex specialis gegenüber den Vorschriften des BGB. Darüber hinaus dient die Regelung der vom Gesetzgeber für notwendig befundenen Beschleunigung des Ersteintragungsverfahrens bei der GmbH und nicht einer allgemeinen Beschleunigung aller Registerverfahren (vgl. dazu Münchener Kommentar zum GmbHG/Wicke, 3. Aufl., § 9c Rdn. 1; Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., § 9c Rdn. 8; Saenger/Pfisterer, GmbHG, 4. Aufl., § 9c Rdn. 1).

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Verpflichtung zur Tragung der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz, die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Aufwendungen kommt nicht in Betracht. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG liegen vor. Der Senat weicht jedenfalls auf der Grundlage der zitierten Ausführungen von der Auffassung des OLG Köln ab. Im Übrigen ist der genaue Umfang des Prüfungsrechts der Gerichte im Rahmen der Anmeldung der Eintragung einer Satzungsänderung eines Vereins unklar.

 

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