Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Ein Haus für die Tochter – Geschenk oder teurer Verkauf?
- Der Streitfall: Eine Immobilie, ein Darlehen und das Finanzamt
- Warum das Finanzamt einen Gewinn sah: Die Aufteilung in „gekauft“ und „geschenkt“
- Das erste Urteil: Warum der Vater zunächst Recht bekam
- Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs: Eine grundlegende Wende
- Ist die Übernahme von Schulden eine Bezahlung?
- Geteilte Immobilie, geteilte Berechnung: Die „strenge Trennungstheorie“ erklärt
- Weitere Argumente auf dem Prüfstand: Doppelbesteuerung und die Absicht der Beteiligten
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann gilt die Übertragung einer Immobilie innerhalb der Familie trotz Schenkungsabsicht als teilweiser Verkauf?
- Wie wird ein möglicher Veräußerungsgewinn berechnet, wenn bei der Immobilienübertragung Schulden übernommen werden?
- Unter welchen Voraussetzungen muss ich einen solchen Veräußerungsgewinn überhaupt versteuern?
- Fallen bei der Übertragung einer Immobilie mit Schulden sowohl Einkommen- als auch Schenkungsteuer an?
- Was sollte ich bei der Planung einer Immobilienübertragung mit Schuldenübernahme unbedingt beachten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: IX R 17/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bundesfinanzhof (BFH)
- Datum: 11. März 2025
- Aktenzeichen: IX R 17/24
- Verfahrensart: Revision
- Rechtsbereiche: Einkommensteuerrecht, Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der ehemalige Eigentümer einer Immobilie, der diese innerhalb der gesetzlichen Frist an seine Tochter übertrug. Er argumentierte, dass kein steuerbarer Gewinn vorliege, da die Gegenleistung unter seinen ursprünglichen Anschaffungskosten lag.
- Beklagte: Das Finanzamt, das die Übertragung als steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft einstufte und einen Gewinn ermittelte. Es vertrat die Ansicht, dass die Transaktion in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen sei.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Kläger übertrug eine 2014 erworbene und vermietete Immobilie im Jahr 2019 auf seine Tochter. Als Gegenleistung übernahm die Tochter ein auf der Immobilie lastendes Bankdarlehen des Klägers, dessen Betrag unter den ursprünglichen Anschaffungskosten der Immobilie lag.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob diese teilentgeltliche Übertragung (Schuldübernahme als Gegenleistung) innerhalb der gesetzlichen Zehnjahresfrist ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft gemäß Einkommensteuergesetz darstellt, insbesondere wenn die Gegenleistung unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt, und wie ein dabei entstehender Gewinn zu ermitteln ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage des Klägers ab. Damit bestätigte er die ursprüngliche Steuerfestsetzung des Finanzamtes.
- Begründung: Das Gericht bestätigte, dass die Schuldübernahme durch die Tochter eine entgeltliche Gegenleistung darstellt und somit ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt. Es wandte die „Strenge Trennungstheorie“ an, wonach der Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist. Der Kläger habe auf den entgeltlichen Teil einen steuerbaren Gewinn erzielt, selbst wenn die gesamte Gegenleistung unter seinen ursprünglichen Anschaffungskosten lag. Eine Doppelbesteuerung mit Schenkungsteuer wurde verneint, da beide Steuerarten unterschiedliche Teile des Vorgangs erfassen.
- Folgen: Der Kläger muss den vom Finanzamt angesetzten steuerbaren Veräußerungsgewinn in Höhe von 40.655 € versteuern. Er trägt außerdem die Kosten des gesamten Verfahrens.
Der Fall vor Gericht
Ein Haus für die Tochter – Geschenk oder teurer Verkauf?
Viele Eltern möchten ihren Kindern schon zu Lebzeiten eine Immobilie übergeben, beispielsweise das Elternhaus oder eine vermietete Wohnung. Oft lastet auf so einem Haus aber noch ein Kredit bei der Bank. Wenn das Kind die Immobilie zusammen mit den Schulden übernimmt, stellt sich eine entscheidende Frage, die weitreichende finanzielle Folgen haben kann: Handelt es sich dabei um ein reines Geschenk oder um einen Verkauf? Und falls es ein Verkauf ist, muss der dabei entstehende „Gewinn“ womöglich versteuert werden, auch wenn gar kein Geld geflossen ist? Genau mit dieser Frage musste sich der Bundesfinanzhof (BFH), das höchste deutsche Gericht für Steuerfragen, in einem Urteil befassen.
Der Streitfall: Eine Immobilie, ein Darlehen und das Finanzamt

Ein Vater hatte im Jahr 2014 ein vermietetes Grundstück für rund 144.000 Euro gekauft. Fünf Jahre später, im Jahr 2019, entschied er sich, diese Immobilie an seine Tochter zu übertragen. Zu diesem Zeitpunkt war das Haus deutlich mehr wert, nämlich 210.000 Euro. Allerdings lastete auf der Immobilie noch ein Bankdarlehen von 115.000 Euro. Im Rahmen der Übergabe übernahm die Tochter dieses Darlehen vollständig. Der Vater war seine Schulden bei der Bank also los.
Hier kam das Finanzamt ins Spiel. Es sah in diesem Vorgang ein sogenanntes privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 des Einkommensteuergesetzes (dem zentralen Gesetz für die Besteuerung des Einkommens in Deutschland). Was bedeutet das? Verkauft man eine private Immobilie, die man nicht selbst bewohnt, innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf wieder, muss ein dabei erzielter Gewinn versteuert werden. Man spricht umgangssprachlich auch von der „Spekulationssteuer“. Da der Vater die Immobilie 2014 gekauft und 2019, also innerhalb der Zehnjahresfrist, übertragen hatte, prüfte das Finanzamt, ob ein steuerpflichtiger Gewinn entstanden war.
Warum das Finanzamt einen Gewinn sah: Die Aufteilung in „gekauft“ und „geschenkt“
Aber wie kann ein Gewinn entstehen, wenn der Vater doch gar kein Geld von seiner Tochter bekommen hat? Die Logik des Finanzamts basierte auf einer Aufteilung des gesamten Vorgangs. Es sagte: Die Übertragung ist nicht komplett ein Geschenk, sondern gemischt. Ein Teil ist geschenkt, ein anderer Teil ist verkauft.
Die Logik der „strengen Trennungstheorie“
Um das zu verstehen, müssen wir uns die sogenannte strenge Trennungstheorie ansehen. Das klingt kompliziert, ist aber im Grunde eine einfache Verhältnisrechnung. Das Finanzamt verglich die Höhe der übernommenen Schulden (115.000 Euro) mit dem tatsächlichen Wert der Immobilie (210.000 Euro). Die Schuldenübernahme macht also rund 55 % des Immobilienwerts aus.
Nach Ansicht des Finanzamts hat die Tochter dem Vater also 55 % der Immobilie „abgekauft“, indem sie Schulden in dieser Höhe übernahm. Die restlichen 45 % hat sie geschenkt bekommen. Für die Besteuerung ist nun nur der „gekaufte“ Teil relevant. Das Finanzamt rechnete also aus, was 55 % der ursprünglichen Anschaffungskosten des Vaters waren. Von den 115.000 Euro, die der Vater als „Verkaufspreis“ für diesen Teil erhielt, zog das Finanzamt die anteiligen ursprünglichen Kosten ab. Nach Berücksichtigung weiterer Faktoren wie der Abnutzung kam das Finanzamt auf einen steuerpflichtigen Gewinn von über 40.000 Euro.
Der Vater war damit nicht einverstanden und klagte gegen den Steuerbescheid. Er argumentierte, dass er insgesamt weniger „erhalten“ habe (115.000 Euro Schuldenerlass), als er ursprünglich für die ganze Immobilie bezahlt hatte (144.000 Euro). Wo sollte da ein Gewinn sein?
Das erste Urteil: Warum der Vater zunächst Recht bekam
Zunächst zog der Fall vor das Niedersächsische Finanzgericht, eine Vorinstanz des Bundesfinanzhofs. Und dieses Gericht gab dem Vater Recht. Die Richter dort waren der Meinung, dass eine solche Übertragung innerhalb der Familie, bei der die Gegenleistung unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt, nicht als steuerpflichtiger Verkauf im Sinne des Gesetzes gelten sollte.
Ihre Begründung: Es sei nicht der Zweck des Gesetzes, einen Gewinn zu besteuern, der nur auf dem Papier existiert. Der Vater habe schließlich kein Geld erhalten, aus dem er die Steuern hätte zahlen können. Zudem sahen die Richter die Gefahr einer Doppelbelastung: Der Vorgang könnte als Verkauf mit Einkommensteuer und gleichzeitig als Geschenk mit Schenkungsteuer besteuert werden. Sie entschieden daher, das Gesetz hier nicht streng nach dem Wortlaut anzuwenden. Juristen nennen das eine teleologische Reduktion (eine Methode, bei der ein Gesetz entgegen seinem Wortlaut nicht angewendet wird, weil dies dem eigentlichen Zweck des Gesetzes widersprechen würde). Das Finanzamt akzeptierte dieses Urteil nicht und legte Revision ein (ein Rechtsmittel, mit dem ein Urteil von einem höheren Gericht auf Rechtsfehler überprüft wird). So landete der Fall beim Bundesfinanzhof.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs: Eine grundlegende Wende
Der Bundesfinanzhof (BFH) sah die Sache völlig anders als das Finanzgericht. Er kippte dessen Urteil und entschied zugunsten des Finanzamts. Die Klage des Vaters wurde endgültig abgewiesen. Er muss die Steuern auf den vom Finanzamt errechneten Gewinn zahlen. Doch warum kam das höchste deutsche Steuergericht zu diesem Ergebnis?
Ist die Übernahme von Schulden eine Bezahlung?
Die erste und grundlegendste Frage war: Stellt die Befreiung von Schulden überhaupt eine Gegenleistung, also eine Art Bezahlung, dar? Der BFH bejahte dies klar und deutlich. Wenn die Tochter das Darlehen von 115.000 Euro übernimmt, wird der Vater von genau dieser Verpflichtung gegenüber der Bank befreit. Wirtschaftlich betrachtet ist das für ihn genauso vorteilhaft, als hätte ihm seine Tochter 115.000 Euro in bar gegeben, mit denen er den Kredit selbst hätte ablösen können. Für das Steuerrecht ist es also ein entgeltlicher, also bezahlter Vorgang. Damit war klar: Es handelt sich nicht um ein reines Geschenk, sondern um einen teilweisen Verkauf.
Geteilte Immobilie, geteilte Berechnung: Die „strenge Trennungstheorie“ erklärt
Der entscheidende Punkt in der Begründung des BFH war die Bestätigung der „strengen Trennungstheorie“, die das Finanzamt angewendet hatte. Das Gericht erklärte, dass bei solchen gemischten Vorgängen im Privatvermögen der Vorgang gedanklich aufgespalten werden muss.
Stellen Sie sich vor, der Vater hätte seiner Tochter nicht die ganze Immobilie, sondern nur 55 % davon für 115.000 Euro verkauft und ihr die restlichen 45 % geschenkt. Bei diesem fiktiven Verkauf hätte der Vater für die 55 % der Immobilie 115.000 Euro erhalten. Die ursprünglichen Kosten für diesen Anteil betrugen aber nur rund 79.000 Euro (55 % von 144.000 Euro). Die Differenz ist ein klarer Wertzuwachs und damit ein steuerpflichtiger Gewinn.
Der BFH stellte klar, dass diese Aufteilungsmethode ständiger Rechtsprechung entspricht und auch dem Gesetz am besten gerecht wird. Das Einkommensteuergesetz unterscheidet klar zwischen einem entgeltlichen Verkauf (§ 23 Abs. 1) und einer unentgeltlichen Übertragung, also einem Geschenk (§ 23 Abs. 3). Die Trennungstheorie wendet einfach beide Regeln auf den jeweiligen Teil des Geschäfts an. Es sei daher unerheblich, dass der „Verkaufspreis“ für die gesamte Immobilie unter den ursprünglichen Gesamtkosten lag. Entscheidend ist der Gewinn, der auf den verkauften Teil entfällt.
Weitere Argumente auf dem Prüfstand: Doppelbesteuerung und die Absicht der Beteiligten
Der BFH setzte sich auch mit den anderen Argumenten des Vaters und des Finanzgerichts auseinander.
Das Argument der drohenden Doppelbesteuerung wies das Gericht zurück. Es erklärte, dass Einkommensteuer und Schenkungsteuer zwei völlig unterschiedliche Dinge besteuern. Die Einkommensteuer besteuert den Gewinn aus dem „verkauften“ Teil der Immobilie. Die Schenkungsteuer hingegen besteuert nur den Wert des „geschenkten“ Teils. Im Gegenteil: Da die Tochter die Schulden übernommen hat, wird der Wert ihrer Schenkung für die Schenkungsteuer sogar gemindert. Es gibt also keine doppelte Besteuerung desselben Sachverhalts.
Auch die persönliche Absicht des Vaters und der Tochter spielte für den BFH keine Rolle. Ob die beiden den Vorgang als reines Geschenk im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge sahen, ist für die steuerliche Beurteilung irrelevant. Das Steuerrecht knüpft an objektive wirtschaftliche Fakten an – und die Befreiung von Schulden ist ein solcher Fakt. Eine Absicht, einen steuerlichen Gewinn zu erzielen, ist für die Besteuerung eines privaten Veräußerungsgeschäfts nicht erforderlich.
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Die Schlüsselerkenntnisse
Wenn Eltern eine Immobilie mit noch laufenden Schulden an ihre Kinder übertragen und diese die Schulden übernehmen, kann das zu einer überraschenden Steuernachzahlung führen. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Übernahme von Schulden wie eine Kaufpreiszahlung behandelt wird – selbst wenn kein Geld fließt und die Familie den Vorgang als reines Geschenk ansieht. Das Gericht teilt solche Übertragungen rechnerisch auf: Der Teil, der dem Wert der übernommenen Schulden entspricht, gilt als Verkauf und kann bei Wertsteigerungen der Immobilie zu steuerpflichtigen Gewinnen führen. Diese Entscheidung macht deutlich, dass bei Immobilienübertragungen innerhalb der Familie immer eine steuerliche Prüfung ratsam ist, auch wenn ursprünglich nur eine Schenkung geplant war.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann gilt die Übertragung einer Immobilie innerhalb der Familie trotz Schenkungsabsicht als teilweiser Verkauf?
Auch wenn Sie innerhalb der Familie eine Immobilie verschenken möchten, kann die Übertragung steuerlich teilweise als Verkauf gewertet werden. Dies geschieht immer dann, wenn der Beschenkte im Gegenzug eine Gegenleistung erbringt. Ihre private Absicht, ein reines Geschenk zu machen, ändert nichts an der steuerlichen Einordnung, wenn finanzielle Leistungen fließen.
Die Bedeutung der Gegenleistung
Eine Immobilie gilt steuerlich als teilweise verkauft, sobald der Empfänger der Immobilie eine finanzielle Gegenleistung erbringt. Die häufigste Form dieser Gegenleistung ist die Übernahme von Schulden, die auf der Immobilie lasten, wie beispielsweise ein Bankkredit oder eine Hypothek. Aber auch andere Zahlungen, die der Empfänger an den Schenkenden leistet, oder die Übernahme von Pflegekosten oder Wohnrechten können als Gegenleistung gewertet werden.
Die Höhe der Gegenleistung ist entscheidend: Der Teil des Immobilienwerts, der durch eine Gegenleistung abgegolten wird, gilt steuerlich als entgeltlich, also als bezahlt. Nur der verbleibende Teil, für den keine Gegenleistung erbracht wird, wird als Schenkung betrachtet. Man spricht hier von einer sogenannten gemischten Schenkung.
Steuerliche Folgen einer gemischten Schenkung
Für Sie bedeutet dies, dass die Übertragung der Immobilie in zwei Teile aufgespalten wird:
- Der unentgeltliche Teil (Schenkung): Dieser Teil unterliegt der Schenkungssteuer. Die Höhe der Schenkungssteuer hängt vom Wert des Geschenks und dem Verwandtschaftsgrad ab, wobei es bestimmte Freibeträge gibt, die Sie nutzen können.
- Der entgeltliche Teil (Verkauf): Dieser Teil kann die sogenannte Spekulationssteuer auslösen. Diese Steuer wird fällig, wenn Sie als Verkäufer die Immobilie innerhalb einer bestimmten Frist (meist zehn Jahre bei privat genutzten Immobilien) erworben und dann wieder veräußert haben. Die Übernahme von Schulden oder anderen Gegenleistungen durch den Empfänger kann in diesem Kontext als Verkaufspreis angesehen werden.
Stellen Sie sich vor, der Wert einer Immobilie beträgt 500.000 Euro. Wenn der Empfänger davon Schulden in Höhe von 200.000 Euro übernimmt, werden diese 200.000 Euro als entgeltlicher Teil betrachtet. Nur die restlichen 300.000 Euro gelten als Geschenk. Für die 200.000 Euro kann dann gegebenenfalls die Spekulationssteuer anfallen, während die 300.000 Euro der Schenkungssteuer unterliegen.
Es ist daher wichtig, bei der Planung einer Immobilienübertragung innerhalb der Familie die finanziellen Vereinbarungen genau zu prüfen, um die steuerlichen Konsequenzen im Vorfeld einschätzen zu können.
Wie wird ein möglicher Veräußerungsgewinn berechnet, wenn bei der Immobilienübertragung Schulden übernommen werden?
Wenn eine Immobilie übertragen wird und der Empfänger gleichzeitig bestehende Schulden (wie zum Beispiel einen Hypothekenkredit) des Übertragenden übernimmt, kann dies steuerlich als eine teilweise Veräußerung und eine teilweise Schenkung angesehen werden. Dieses Vorgehen basiert auf der sogenannten strengen Trennungstheorie. Auch wenn Sie kein Geld direkt erhalten, stellt die Befreiung von Schulden für das Finanzamt einen wirtschaftlichen Vorteil dar, der einem Verkauf gleichkommt.
Die „strenge Trennungstheorie“ einfach erklärt
Stellen Sie sich vor, Sie übertragen Ihre Immobilie an eine andere Person. Diese Person zahlt Ihnen keinen direkten Kaufpreis, sondern übernimmt stattdessen Ihre restlichen Bankschulden, die auf der Immobilie lasten. Aus Sicht des Finanzamtes ist dies so, als ob Sie die Immobilie für den Betrag der übernommenen Schulden „verkauft“ hätten. Der darüber hinausgehende Wert der Immobilie, der nicht durch Schuldenübernahme ausgeglichen wird, wird als Schenkung betrachtet.
Für die Berechnung eines möglichen Veräußerungsgewinns ist nur der „veräußerte“ (entgeltliche) Teil der Übertragung relevant. Der Wert der übernommenen Schulden wird dabei als Einnahme gewertet.
Berechnung des Veräußerungsgewinns bei Schuldenübernahme
Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten, um den auf den „verkauften“ Teil entfallenden Gewinn zu ermitteln:
- Ermittlung des entgeltlichen Anteils:
- Zuerst wird festgestellt, welcher Teil der Übertragung als „entgeltlich“ gilt. Dies ist der Betrag der Schulden, die übernommen wurden.
- Parallel wird der Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt der Übertragung ermittelt. Dies ist der Preis, den die Immobilie auf dem freien Markt erzielen würde.
- Berechnung des entgeltlichen Anteils in Prozent:
- Anteilige Entgeltlichkeit (in %) = (Übernommene Schulden ÷ Verkehrswert der Immobilie) × 100
- Dieser Prozentsatz zeigt, welcher Anteil der gesamten Immobilie als verkauft gilt.
- Zuweisung der anteiligen Anschaffungskosten:
- Ihre ursprünglichen Anschaffungskosten (das sind der Kaufpreis der Immobilie sowie Nebenkosten wie Notar- und Gerichtskosten, Grunderwerbsteuer) werden nur anteilig dem „verkauften“ Teil zugerechnet.
- Anteilige Anschaffungskosten = Ursprüngliche Anschaffungskosten × Anteilige Entgeltlichkeit (als Dezimalzahl)
- Berechnung des Veräußerungsgewinns:
- Der Gewinn wird dann berechnet, indem die anteiligen Anschaffungskosten und eventuelle anteilige Werbungskosten (Kosten, die im Zusammenhang mit der Veräußerung entstanden sind, z.B. Maklergebühren) von den als Einnahme gewerteten Schulden abgezogen werden.
- Veräußerungsgewinn = Übernommene Schulden – (Anteilige Anschaffungskosten + Anteilige Werbungskosten)
Ein Rechenbeispiel zur Verdeutlichung
Nehmen wir an, Sie haben eine Immobilie vor einigen Jahren für 250.000 € gekauft (inklusive Nebenkosten). Der aktuelle Verkehrswert der Immobilie bei Übertragung beträgt 500.000 €. Die Person, die die Immobilie erhält, übernimmt Ihre noch bestehenden Hypothekenschulden in Höhe von 150.000 €.
- Entgeltlicher Anteil: Die übernommenen Schulden betragen 150.000 €.
- Anteilige Entgeltlichkeit:
- Anteilige Entgeltlichkeit = (150.000 € ÷ 500.000 €) × 100 = 30 %
- Das bedeutet, 30 % der Immobilie gelten als verkauft, der Rest als Schenkung.
- Anteilige Anschaffungskosten:
- Anteilige Anschaffungskosten = 250.000 € × 0,30 = 75.000 €
- Nur 75.000 € Ihrer ursprünglichen Kosten werden für die Gewinnermittlung berücksichtigt.
- Veräußerungsgewinn (ohne Werbungskosten):
- Veräußerungsgewinn = 150.000 € – 75.000 € = 75.000 €
Dieser so ermittelte Betrag von 75.000 € wäre der steuerlich relevante Veräußerungsgewinn, der der Einkommensteuer unterliegen kann, sofern die Veräußerung innerhalb der gesetzlichen Fristen für private Veräußerungsgeschäfte (in der Regel zehn Jahre bei Immobilien) erfolgte.
Unter welchen Voraussetzungen muss ich einen solchen Veräußerungsgewinn überhaupt versteuern?
Ob der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie steuerpflichtig ist, hängt maßgeblich von zwei Kriterien ab: der sogenannten Spekulationsfrist und der Eigennutzung der Immobilie. Diese Regeln gelten für Immobilien, die sich in Ihrem Privatvermögen befinden und nicht Teil eines gewerblichen Betriebs sind.
Die Spekulationsfrist
Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien, die nicht selbst bewohnt wurden, sind dann steuerpflichtig, wenn der Verkauf innerhalb einer Frist von zehn Jahren nach dem Kauf erfolgt. Diese Zehnjahresfrist wird auch als Spekulationsfrist bezeichnet.
- Verkauf innerhalb von 10 Jahren: Wenn Sie eine Immobilie kaufen und diese innerhalb von zehn Jahren wieder veräußern, ohne sie in der Zwischenzeit selbst bewohnt zu haben (dazu mehr im nächsten Abschnitt), dann ist der Gewinn aus diesem Verkauf grundsätzlich steuerpflichtig. Er gehört dann zu den „privaten Veräußerungsgeschäften“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes.
- Verkauf nach Ablauf von 10 Jahren: Erfolgt der Verkauf der Immobilie erst nach Ablauf dieser Zehnjahresfrist, ist der erzielte Gewinn – unabhängig von der Höhe – grundsätzlich steuerfrei.
Der Beginn dieser Frist ist der Tag des notariellen Kaufvertrags, und ihr Ende ist der Tag des notariellen Verkaufsvertrags.
Ausnahme bei Eigennutzung der Immobilie
Es gibt eine wichtige Ausnahme von der Zehnjahresfrist, die für viele Immobilieneigentümer relevant ist: die Eigennutzung. Wenn Sie die Immobilie selbst bewohnt haben, kann der Veräußerungsgewinn auch innerhalb der Zehnjahresfrist steuerfrei sein. Dies gilt, wenn die Immobilie:
- Im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Das bedeutet, wenn Sie die Immobilie beispielsweise im Jahr 2024 verkaufen, müsste sie von Ihnen im Jahr 2024, 2023 und 2022 selbst bewohnt worden sein. Es genügt, wenn die Nutzung im ersten und letzten Jahr nur für einen Teil des Jahres besteht.
- Im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Diese Regelung ist besonders wichtig, wenn Sie eine Immobilie kaufen und schnell wieder verkaufen. Wenn Sie beispielsweise ein Haus kaufen und sofort einziehen und es nach einem Jahr wieder verkaufen, ist der Gewinn steuerfrei, da Sie es im gesamten Zeitraum zwischen Kauf und Verkauf selbst bewohnt haben.
Was bedeutet „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“? Dies liegt vor, wenn Sie die Immobilie als Haupt- oder Nebenwohnsitz nutzen. Auch eine Nutzung durch Ihre Kinder, für die Sie Kindergeld erhalten, kann unter Umständen als Eigennutzung gelten. Eine nur gelegentliche Nutzung, zum Beispiel als Feriendomizil, reicht in der Regel nicht aus. Auch eine Vermietung, selbst für kurze Zeit, kann die Eigennutzung unterbrechen und die Steuerfreiheit gefährden.
Für Sie bedeutet das: Die entscheidenden Punkte, um zu beurteilen, ob ein Veräußerungsgewinn steuerpflichtig ist, sind der Zeitpunkt des Kaufs und Verkaufs sowie die Art der Nutzung der Immobilie in der Zwischenzeit.
Fallen bei der Übertragung einer Immobilie mit Schulden sowohl Einkommen- als auch Schenkungsteuer an?
Nein, es fällt bei der Übertragung einer Immobilie mit Schulden keine Doppelbesteuerung im Sinne einer Belastung desselben Vorgangs mit beiden Steuerarten an. Vielmehr besteuern Einkommensteuer und Schenkungsteuer unterschiedliche Aspekte einer solchen Übertragung. Man spricht hier von einer sogenannten gemischten Schenkung, weil ein Teil der Übertragung unentgeltlich (Schenkung) und ein anderer Teil entgeltlich (durch die Übernahme der Schulden) erfolgt.
Einkommensteuer bei Schuldübernahme
Wenn Sie eine Immobilie übertragen und der Empfänger gleichzeitig Ihre darauf lastenden Schulden übernimmt, kann das für Sie unter bestimmten Umständen wie ein teilweiser Verkauf wirken. Für den Teil der Immobilie, dessen Wert durch die übernommene Schuld ausgeglichen wird, kann in seltenen Fällen eine Einkommensteuer anfallen.
Dies ist dann der Fall, wenn die Immobilie innerhalb einer bestimmten Frist (meist zehn Jahre für vermietete Objekte, bei eigengenutzten Objekten in der Regel kürzer, wenn sie nicht durchgehend selbst genutzt wurden) nach dem Kauf wieder übertragen wird. Für die Einkommensteuer wird dabei nicht der gesamte Wert der Immobilie, sondern nur der Gewinn aus dem „verkauften“ Teil betrachtet.
Steuerpflichtiger Gewinn für Einkommensteuer = Übernommene Schulden – Anteilige ursprüngliche Anschaffungskosten
Nur wenn hier ein Gewinn entsteht und die Spekulationsfrist nicht abgelaufen ist, fällt Einkommensteuer an.
Schenkungsteuer auf den „geschenkten“ Anteil
Die Schenkungsteuer wird auf den Wert des tatsächlich geschenkten Teils der Immobilie erhoben. Hier kommt Ihnen die Schuldübernahme durch den Beschenkten sogar zugute: Die übernommenen Schulden mindern den Wert der Schenkung für die Schenkungsteuer.
Wert der Schenkung für Schenkungsteuer = Verkehrswert der Immobilie – Übernommene Schulden
Das bedeutet, dass die Schenkungsteuer nur auf den Nettowert anfällt, der nach Abzug der Verbindlichkeiten übrig bleibt. Zusätzlich können Sie als Schenker und der Beschenkte eventuell Freibeträge nutzen, die je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedlich hoch sind und den steuerpflichtigen Wert der Schenkung weiter reduzieren oder sogar vollständig entfallen lassen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Einkommensteuer belegt einen möglichen Gewinn aus dem Teil, der quasi „verkauft“ wird (Schuldübernahme), während die Schenkungsteuer nur auf den Teil erhoben wird, der tatsächlich als Geschenk anzusehen ist (nach Abzug der übernommenen Schulden). Die beiden Steuerarten besteuern somit unterschiedliche Aspekte der Übertragung.
Was sollte ich bei der Planung einer Immobilienübertragung mit Schuldenübernahme unbedingt beachten?
Wenn Sie eine Immobilie übertragen möchten und dabei die bestehenden Schulden (zum Beispiel einen Hypothekendarlehen) auf den neuen Eigentümer übergehen sollen, ist dies ein komplexer Vorgang. Eine sorgfältige Planung ist hier entscheidend, um unerwartete Belastungen oder rechtliche Probleme zu vermeiden.
Die Zustimmung des Gläubigers ist zwingend erforderlich
Der wichtigste Punkt bei einer Schuldenübernahme ist, dass der Kreditgeber (meist die Bank) dieser Übernahme zustimmen muss. Ohne die ausdrückliche Zustimmung der Bank bleibt die ursprüngliche Person, die den Kredit aufgenommen hat, weiterhin für die Rückzahlung verantwortlich, auch wenn die Immobilie bereits übertragen wurde. Die Bank prüft in der Regel die Kreditwürdigkeit der Person, die die Schulden übernehmen möchte. Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen Ihr Haus und der Käufer verspricht, die Schulden zu übernehmen. Wenn die Bank dem nicht zustimmt, sind Sie weiterhin haftbar, sollte der Käufer die Raten nicht zahlen können. Die förmliche Schuldenübernahme (sogenannte „befreiende Schuldübernahme“) befreit den ursprünglichen Schuldner von seiner Haftung und setzt den neuen Schuldner an dessen Stelle.
Steuerliche Auswirkungen präzise bewerten
Eine Immobilienübertragung mit Schuldenübernahme kann verschiedene steuerliche Konsequenzen haben, die sich je nach Einzelfall stark unterscheiden. Es ist von großer Bedeutung, diese Auswirkungen vorab genau zu kalkulieren.
Wichtige Steuerarten, die eine Rolle spielen können:
- Grunderwerbsteuer: Diese Steuer fällt grundsätzlich beim Erwerb einer Immobilie an. Auch wenn eine Immobilie verschenkt wird, kann die Übernahme von Schulden als eine Art „Gegenleistung“ angesehen werden. Der Wert der übernommenen Schulden kann dann die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bilden.
- Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer: Wenn die Immobilie ohne volle Gegenleistung übertragen wird (also als Geschenk oder im Erbfall), kann Schenkung- oder Erbschaftsteuer anfallen. Die übernommenen Schulden mindern dabei unter Umständen den Wert des „Geschenks“ oder der Erbschaft für die Steuerberechnung. Die genaue Bewertung hängt von den individuellen Freibeträgen und dem Verwandtschaftsgrad ab.
- Einkommensteuer (Spekulationssteuer): Sollte die übertragende Person die Immobilie innerhalb einer bestimmten Frist (meist 10 Jahre, es gibt Ausnahmen bei Eigennutzung) gekauft und nun wieder veräußert haben, könnte auf einen erzielten Gewinn Einkommensteuer (umgangssprachlich Spekulationssteuer) anfallen. Die Übernahme der Schulden kann hier die Berechnung des Verkaufspreises und somit des möglichen Gewinns beeinflussen.
Jeder dieser Punkte erfordert eine genaue Betrachtung des Einzelfalls und der konkreten Zahlen. Die individuellen steuerlichen Folgen sind entscheidend für die optimale Gestaltung.
Notarielle Beurkundung und Grundbucheintragung
Jede Immobilienübertragung in Deutschland muss notariell beurkundet werden. Der Notar erstellt den Kauf-, Schenkungs- oder Übertragungsvertrag. In diesem Vertrag werden auch die Einzelheiten der Schuldenübernahme festgehalten. Nach der Beurkundung wird der neue Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Auch die Änderung des Schuldners bei den im Grundbuch eingetragenen Belastungen (z.B. Grundschuld oder Hypothek) muss im Grundbuch angepasst werden, was ebenfalls über den Notar erfolgt. Diese Schritte sind rechtlich zwingend und stellen sicher, dass die Eigentumsverhältnisse und die Schuldverhältnisse rechtlich bindend sind.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 Einkommensteuergesetz)
Private Veräußerungsgeschäfte sind Verkäufe von bestimmten Wirtschaftsgütern, wie zum Beispiel Immobilien, die nicht zum Betriebsvermögen gehören. Nach § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) müssen Gewinne aus dem Verkauf solcher Vermögensgegenstände versteuert werden, wenn der Verkauf innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung erfolgt und die Immobilie nicht selbst genutzt wurde. Der Gewinn berechnet sich als Differenz zwischen dem Verkaufserlös und den ursprünglichen Anschaffungskosten. In dem hier beschriebenen Fall ist die Übertragung der Immobilie innerhalb der zehnjährigen Frist relevant für die Besteuerung.
Beispiel: Verkaufen Sie ein Haus, das Sie vor sechs Jahren gekauft haben, und wohnen Sie nicht darin, müssen Sie den Gewinn aus diesem Verkauf als Einkommen versteuern.
Strenge Trennungstheorie
Die strenge Trennungstheorie ist eine Methode, mit der das Finanzamt bei gemischten Immobilienübertragungen zwischen Verkauf und Schenkung unterscheidet. Liegt eine teilweise Gegenleistung vor, etwa durch die Übernahme von Schulden auf der Immobilie, wird der Vorgang gedanklich in zwei Teile zerlegt: den entgeltlichen (verkauften) und den unentgeltlichen (geschenkten) Anteil. Dabei wird der Anteil, der durch die Schuldübernahme beglichen wird, als Verkauf behandelt, während der Rest als Geschenk gilt. Dies ist für die steuerliche Einordnung wichtig, weil unterschiedliche Steuern auf die jeweiligen Teile anzuwenden sind.
Beispiel: Wenn Ihre Tochter ein Haus erhält und dafür ein bestehendes Darlehen übernimmt, wird davon ausgegangen, dass sie so viel Immobilienanteil „gekauft“ hat, wie dem Darlehenswert entspricht; der Rest gilt als Schenkung.
Übernahme von Schulden (Schuldübernahme)
Die Übernahme von Schulden bedeutet, dass eine andere Person die Verpflichtung übernimmt, eine bestehende Verbindlichkeit, wie zum Beispiel einen Bankkredit, zu begleichen. Im Zusammenhang mit Immobilien beschreibt dies oft, dass der Erwerber die Hypothek oder das Darlehen des Veräußerers übernimmt. Für steuerliche Zwecke stellt dies eine Form der Gegenleistung dar, also eine Art Bezahlung, auch wenn kein Bargeld fließt. Die Schuldübernahme entlastet den ursprünglichen Schuldner und ist somit wirtschaftlich wie eine Zahlung anzusehen.
Beispiel: Wenn ein Vater seiner Tochter das Haus überträgt und die Tochter das noch offene Darlehen der Bank übernimmt, hat sie ihn von der Schuld entlastet, was steuerlich als Verkauf gilt.
Gemischte Schenkung
Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn eine Sache oder ein Vermögenswert teilweise unentgeltlich verschenkt und teilweise gegen eine Gegenleistung übertragen wird. Im Fall einer Immobilientransaktion mit Schuldübernahme wird der Anteil, der durch die Schuldenübernahme bezahlt wird, als entgeltlicher Teil behandelt, während der Rest als unentgeltlicher Geschenkanteil gilt. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn der entgeltliche Teil kann Einkommensteuer auslösen, der unentgeltliche Teil unterliegt hingegen der Schenkungsteuer.
Beispiel: Eltern übertragen eine Wohnung an ihr Kind. Dieses übernimmt die Hypothek auf die Wohnung, zahlt aber selbst keinen Geldbetrag. Die Übernahme der Hypothek gilt als teilweiser Verkauf, der Rest als Schenkung.
Spekulationsfrist (Zehnjahresfrist bei Immobilien)
Die Spekulationsfrist ist eine Frist von zehn Jahren, innerhalb der Gewinne aus dem Verkauf privater Immobilien steuerpflichtig sind, sofern die Immobilie nicht selbst genutzt wurde. Diese Frist beginnt mit dem Kaufdatum der Immobilie und endet zehn Jahre später. Wird die Immobilie innerhalb dieser Zeit verkauft oder übertragen, kann der Veräußerungsgewinn als Einkommen versteuert werden. Nach Ablauf der Frist ist der Verkaufserlös in der Regel steuerfrei. Bei Eigennutzung gelten Sonderregeln, die eine Steuerfreiheit auch innerhalb der Frist ermöglichen.
Beispiel: Wenn Sie ein vermietetes Haus kaufen und es nach fünf Jahren verkaufen, müssen Sie den Gewinn versteuern. Verkaufen Sie es allerdings erst nach mehr als zehn Jahren, fällt keine Einkommensteuer auf den Gewinn an.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) – Private Veräußerungsgeschäfte: Regelt die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung privater Grundstücke innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb; ein Gewinn entsteht, wenn der Veräußerungspreis die ursprünglichen Anschaffungskosten übersteigt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Übertragung der Immobilie innerhalb der Zehnjahresfrist führt zur Prüfung eines steuerpflichtigen Gewinns aus dem Teilverkauf, da das Finanzamt die Schuldenübernahme als Gegenleistung wertet.
- Strenge Trennungstheorie: Dieses steuerrechtliche Prinzip zerlegt gemischte Rechtsvorgänge (Teil Verkauf, Teil Schenkung) gedanklich in einzelne Teile, die unterschiedlich besteuert werden; der entgeltliche Teil wird nach § 23 EStG versteuert, der unentgeltliche unterliegt ggf. der Schenkungsteuer. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Finanzamt und der BFH verwenden diese Theorie, um den Vorgang aufzuteilen, sodass nur der durch die Schuldübernahme finanzierte Anteil als Verkauf mit Gewinnversteuerung gilt.
- § 3 Abs. 9 EStG – Wirtschaftliche Betrachtungsweise: Vermögenswerte und Leistungen sind nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zu beurteilen; eine Schuldenübernahme gilt wirtschaftlich als Gegenleistung, ähnlich einer Geldzahlung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der BFH bewertet die Übernahme des Darlehens als wirtschaftliche Bezahlung für den Immobilienteil, was die Grundlage für die Annahme eines entgeltlichen Geschäfts bildet.
- Schenkungssteuerrecht (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz – ErbStG): Besteuert unentgeltliche Vermögensübertragungen; der Wert der Schenkung wird um übernommene Schulden gemindert. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Verhindert eine Doppelbesteuerung, da nur der geschenkte Teil der Immobilie schenkungsteuerlich berücksichtigt wird und die übernommenen Schulden den Wert reduzieren.
- Teleologische Reduktion (Rechtsanwendungsprinzip): Ermöglicht eine Einschränkung der gesetzlichen Norm, wenn deren Anwendung dem Gesetzeszweck widersprechen würde; wird im Steuerrecht jedoch restriktiv gehandhabt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Finanzgericht Niedersachsen wandte dies an, um den Gewinn aus der Schuldübernahme nicht zu versteuern, was der BFH jedoch ablehnte, da der Gesetzeszweck hier die objektive Besteuerung wirtschaftlicher Vorteile verfolgt.
- Revisionsrecht und Gerichtsverfahren (Verwaltungsgerichtsordnung, § 115 AO): Regelungen zum Einspruch, Klage und Rechtsmittel gegen Steuerbescheide, insbesondere zur Vorlage von Fällen an den BFH für verbindliche Entscheidungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Revision des Finanzamts führte zur abschließenden Klärung durch den BFH, der die untere Instanz korrigierte und das Finanzamt bestätigte.
Das vorliegende Urteil
BFH – Az.: IX R 17/24 – Urteil vom 11. März 2025
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