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Unrichtigkeitsnachweis bei Erbfolge und Zweifeln an Personenidentität

OLG München – Az.: 34 Wx 167/16 – Beschluss vom 25.08.2016

Grundbuchsache: Unrichtigkeitsnachweis bei Erbfolge und Zweifeln an der Personenidentität zwischen dem eingetragenen Rechtsinhaber und dem im Erbschein ausgewiesenen Erblasser

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 wird der Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim – Grundbuchamt – vom 21. März 2016 aufgehoben.

II. Das Amtsgericht Rosenheim – Grundbuchamt – wird angewiesen, im Grundbuch des Amtsgerichts Rosenheim von Steinkirchen Blatt 231 anstelle des in der ersten Abteilung unter der lfd. Nr. 3 b eingetragenen H. Hellmuth die Beteiligten zu 1 bis 4 in Erbengemeinschaft aufgrund des Gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Kempen vom 12. August 2004 einzutragen.

Gründe

I. Im Grundbuch wurden am 6.5.1964 anstelle der am 8.2.1964 verstorbenen Elisabeth H. aufgrund des notariellen Testaments vom 29.3.1945 nebst Eröffnungsniederschrift vom 26.2.1964 und Erbscheins vom 6.4.1964 als Eigentümer in Erbengemeinschaft deren sechs Kinder unter den Namen Ernst H. (Architekt), Hellmuth H. (Architekt), Reinhard H. (Kunstmaler und Graphiker), Reingard L. (Hausfrau), Gudrun K. (Hausfrau) und Friedrun F. (Hausfrau) eingetragen.

Anstelle von Ernst H. wurde am 19.7.1999 dessen Sohn Immanuel H. aufgrund Erbanteilsübertragung vom 24.6.1999, anstelle von Reinhard H. am 12.8.2002 dessen Witwe Annemarie H. aufgrund Erbscheins vom 12.6.2002, anstelle von Reingard L. am 13.10.1999 deren Sohn Johannes L. aufgrund Erbanteilsübertragung vom 1.10.1999 (Schreibweise in der Übertragungsurkunde: Reingart L.) und anstelle von Friedrun F. am 24.2.2004 deren Sohn Andreas F. aufgrund Erbanteilsübertragung vom 15.1.2004 eingetragen; unverändert als Mitglieder der Erbengemeinschaft eingetragen sind daher noch Hellmuth H. (lfd. Nr. 3 b) und Gudrun K. (lfd. Nr. 3 e).

Am 17.3.2016 beantragten die Beteiligten zu 1 bis 4 über den Notar unter Vorlage eines gemeinschaftlichen Erbscheins vom 12.8.2004, der sie als Erben nach ihrem Vater Dr. Ernst Traugott Helmut H. ausweist, das Grundbuch zu lfd. Nr. 3 b gemäß dem Erbschein zu berichtigen. Den Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 21.3.2016 mit der Begründung zurückgewiesen, der im Erbschein genannte Erblasser sei nicht im Grundbuch eingetragen.

Hiergegen wendet sich der Notar namens der Beteiligten zu 1 bis 4 mit der Beschwerde. Er legt beglaubigte Ablichtungen des auf den NamBY-EZAnfangen Hellmuth H. ausgestellten Soldbuchs eines Panzergrenadier-Ausbildungs-Bataillons der Deutschen Wehrmacht, der nachlassgerichtlichen Niederschrift über die Testamentseröffnung nach Elisabeth H., des auf Dr. Ernst Hellmut Traugott H. lautenden Reisepasses und die auf Ernst Traugott Helmut H. bzw. Dr. Ernst Traugott Helmut H. lautende Heirats- sowie Sterbeurkunde zum Nachweis dafür vor, dass trotz unterschiedlicher Schreibweisen des Rufnamens der im Grundbuch unter lfd. Nr. 3 b Eingetragene (Hellmuth) der im Erbschein genannte Erblasser (Helmut) sei.

Den vom Grundbuchamt zusätzlich angeforderten Auszug aus dem Familienstammbuch der Elisabeth H., aus dem sich die Geburtsdaten ihrer sechs Kinder ergeben, haben die Antragsteller nicht eingereicht, wohl aber eine beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch des Erblassers, der dort unter der Rubrik Ehemann als Ernst Traugott Helmut H. bezeichnet ist und aus dem dessen Geburtsdatum sowie die Namen seiner Eltern, insbesondere derjenige der Mutter als Elisabeth Paula H., hervorgehen.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Es meint, bei dem Erblasser könne es sich auch um den vormals unter Buchst. a eingetragenen Ernst H. handeln. Die behauptete Personenidentität sei mit den vorgelegten Urkunden nicht zweifelsfrei festzustellen.

An das Beschwerdegericht hat der Notar beglaubigte Auszüge aus dem standesamtlichen Geburtenbuch der (weiteren) fünf Kinder der Elisabeth H. (Maria Elisabeth Friedrun, Maria Elisabeth Reingart, Gudrun Maria Elisabeth, Ernst Gottlieb Reinhart und Ernst Gottfried Otmar) eingereicht.

II. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Berichtigungsantrags wegen nachträglicher Grundbuchunrichtigkeit (§ 22 GBO) ist statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO sowie § 15 Abs. 2 GBO). Sie ist in dem Sinne unbedingt erhoben, als das Grundbuchamt – wie geschehen – nicht im Weg der Abhilfe berichtigt hat. Jedenfalls unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren nachgereichten und gemäß § 74 GBO zu berücksichtigenden Dokumente erweist sie sich auch als begründet.

An den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit, der die Grundlage für einen Berichtigungsantrag gemäß § 22 Abs. 1 GBO bildet, sind als Ausnahme vom Bewilligungsgrundsatz des § 19 GBO strenge Anforderungen zu stellen. Dabei obliegt es dem Antragsteller, den Nachweis zu führen. Er hat in der Form des § 29 GBO grundsätzlich lückenlos jede Möglichkeit auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten Eintragung entgegenstehen könnte. Ganz entfernt liegende, theoretische Möglichkeiten müssen allerdings nicht widerlegt werden (allg. M.; vgl. BayObLGZ 1995, 413/415 f.; BayObLG Rpfleger 1992, 19; Demharter GBO 30. Aufl. § 22 Rn. 37; Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 59 f.).

Den mangels notariellen Testaments gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO durch Erbschein zu führenden Nachweis der Erbfolge nach dem im Grundbuch Eingetragenen haben die Beteiligen erbracht, indem sie die Identität zwischen dem im Erbschein als Erblasser Bezeichneten und dem im Grundbuch Eingetragenen in grundbuchmäßiger Form (§ 29 Abs. 1 GBO) nachgewiesen haben. Nach den vorliegenden Geburtsurkunden sowie dem vor dem 1.1.2009 erteilten Auszug aus dem Familienbuch steht fest, dass der Erblasser (Ernst Traugott Helmut) sowie Maria Elisabeth Friedrun, Maria Elisabeth Reingart, Gudrun Maria Elisabeth, Ernst Gottfried Otmar und Ernst Gottlieb Reinhart Abkömmlinge von Elisabeth H. waren und er gemeinsam mit seinen fünf Geschwistern in Erbengemeinschaft nach Elisabeth H. am 6.5.1964 als Grundstückseigentümer eingetragen wurde. Soweit zwei weitere Geschwisterkinder den Vornamen „Ernst“ tragen, ist der Anteil des einen (Ernst Gottfried Otmar) bereits im Jahr 1999 an Immanuel H. übertragen worden (lfd. Nr. 3 a), während der Anteil des zweiten (Ernst Gottlieb Reinhart bzw.“Reinhard“) infolge Erbgangs auf Annemarie H. überging und nach Erbanteilsübertragung nun Simon H. gehört (lfd. Nr. 3 c). Bereits die Übereinstimmung des eingetragenen Geburtsdatums einerseits im Familienbuch und andererseits im Soldbuch, das zugleich als Personalausweis der Soldaten diente (vgl. BVerwG vom 29.9.2010, 5 C 20/09 juris Rn. 19), sowie der im Familienbuch benannten Eltern mit den im Soldbuch bezeichneten nächsten lebenden Angehörigen legen es nahe, dass der im Grundbuch wie im Soldbuch einzig eingetragene Vorname „Hellmuth“ (lfd. Nr. 3 b) den Erblasser Ernst Traugott Helmut H. bezeichnet. Restzweifel ergeben sich auch nicht daraus, dass im Erbschein zusätzlich der Vorname „Ernst“ angeführt ist, zwei weitere Mitglieder der ursprünglichen Erbengemeinschaft (u. a.) diesen Vornamen tragen und einer (nur) unter diesem Vornamen im Grundbuch unter lfd. Nr. 3 a als Mitglied der Erbengemeinschaft eingetragen war. Jedenfalls durch die Vorlage der beglaubigten Auszüge aus dem Geburtenbuch des Standesamts sind solche ausgeräumt. Aus ihnen ergibt sich, dass alle drei Söhne – wie bereits der Vater – den ersten Vornamen Ernst erhalten haben, aber nach den jeweils vergebenen weiteren zwei Vornamen nur der im Erbschein bezeichnete Erblasser als diejenige Person in Betracht kommt, die im Grundbuch mit dem Vornamen „Hellmuth“ eingetragen ist.

Damit steht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass das Grundbuch hinsichtlich der Eigentümerbezeichnung unter lfd. Nr. 3 b unrichtig ist und durch die Eintragung der Beteiligten zu 1 bis 4 in (Unter-)Erbengemeinschaft (§ 47 Abs. 1 GBO) aufgrund des vorgelegten Erbscheins richtig wird.

III. Eine Kostenentscheidung (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG) in dem einseitig geführten Beschwerdeverfahren erscheint auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Rechtsmittel erst aufgrund der nachgereichten Unterlagen Erfolg hatte (vgl. OLG Celle vom 14.5.2013, 4 W 23/13 juris; BT-Drucks. 16/6308, S. 215), nicht angezeigt.

Weil Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren daher nicht zu erheben sind (§ 25 Abs. 1 GNotKG), ist eine Geschäftswertfestsetzung nicht erforderlich.

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