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Unrichtigkeit eines in das Grundbuch eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks

OLG Nürnberg – Az.: 15 W 3330/20 – Beschluss vom 05.11.2020

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Straubing vom 25.08.2020, Az. HF-1367-2, aufgehoben.

2. Die Sache wird an das Amtsgericht – Grundbuchamt – Straubing zum Erlass einer Zwischenverfügung zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

A.

Der Beschwerdeführer zu 3 ist als Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Straubing von H. geführten Grundstücks vermerkt. Er ist testamentarischer Alleinerbe der früheren Eigentümerin. Die zweite Abteilung enthält folgende Eintragung: „Testamentsvollstreckung ist angeordnet; eingetragen am 15.11.2005.“

Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 16.03.2020 ließ der Beschwerdeführer zu 3 das Grundstück unentgeltlich an den Beschwerdeführer zu 1 auf und bewilligte und beantragte die Eigentumsumschreibung im Grundbuch. Darüber hinaus bewilligte und beantragte er im eigenen sowie im Namen des Testamentsvollstreckers, dem Beschwerdeführer zu 2, die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks wegen Unrichtigkeit, „da das Grundstück wegen der Ausschlagung des Vermächtnisnehmers nicht mehr der Testamentsvollstreckung unterlieg[e] und somit dem Erben zur freien Verfügung überlassen“ worden sei. Der Testamentsvollstrecker genehmigte das Handeln in seinem Namen mit notarieller Erklärung vom 27.03.2020.

Mit Schreiben vom 27.04.2020 legte der Urkundsnotar den Überlassungsvertrag vor und beantragte „im Namen aller Antragsberechtigten – bei Eigentumsumschreibung jedoch nur im Namen des Erwerbers -“ den Vollzug.

Am 18.06.2020 wies das Amtsgericht – Grundbuchamt – Straubing unter anderem darauf hin, dass die Testamentsvollstreckung das Verfügungsrecht des Erben ausschließe. Zwar liege eine Genehmigung des Testamentsvollstreckers vor. Aber abgesehen davon, dass ein Testamentsvollstrecker keine unentgeltlichen Verfügungen vornehmen könne, habe dieser am 23.12.2005 auch erklärt, dass er seine Tätigkeit in Bezug auf das streitgegenständliche Grundstück als erledigt ansehe. Mangels Amtsinhaberschaft sei dem Testamentsvollstrecker auch eine Überlassung des Grundstücks an den Beschwerdeführer zu 3 als Erben zur freien Verfügung nicht möglich gewesen. Dass der Testamentsvollstrecker alle Aufgaben vollständig erledigt habe, sei nicht „in grundbuchrechtlicher Form“ nachgewiesen. Da im Testament Ersatztestamentsvollstreckung angeordnet worden sei, sei die Testamentsvollstreckung nicht durch Kündigung erloschen.

Daraufhin legte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 21.07.2020 eine notariell beglaubigte „Nachtragserklärung zur Urkunde (…) vom 16.03.2020“ vor. Mit dieser erklärt ein J., dass „er das in dem Testament vom 31.01.1995 (…) zu seinen Gunsten ausgesetzte Vermächtnis, nicht angenommen (…) und auch ausgeschlagen (…) und dies dem Testamentsvollstrecker (…) mit seinem Schreiben vom 21.12.2005 mitgeteilt“ habe. Dem Erbe habe „er diese Ausschlagung des Vermächtnisses mündlich mitgeteilt“. Der Erbe habe „damals die Ausschlagung des Vermächtnisses auch an- und entgegengenommen“. Darüber hinaus heißt es in der Urkunde: „Herr J. wiederholt nunmehr nochmals gegenüber dem Erben (…) gemäß § 2180 BGB dass er das vorgenannte Vermächtnis nicht angenommen hat und auch nicht annehmen wird und folglich vollinhaltlich ausschlägt. Nachdem ein Ersatzvermächtnisnehmer nicht bestellt wurde, steht dem Erben der (…) Grundbesitz uneingeschränkt zur freien Verfügung zu. Der Testamentsvollstreckervermerk ist daher wegen Unrichtigkeit zu löschen.“ Der „Nachtragserklärung“ beigefügt ist die notariell beglaubigte Erklärung des Beschwerdeführers zu 3 vom 20.07.2020, dass er „die Ausschlagung des Vermächtnisses (…) am 10.07.2020 erhalten und entgegengenommen“ habe.

Am 25.08.2020 wies das Grundbuchamt den Eintragungsantrag unter Verweis auf den Hinweis vom 18.06.2020 zurück. Es sei – so das Grundbuchamt – fraglich, ob das Vermächtnis ausgeschlagen und nicht bereits angenommen worden sei. Es fehle „an einem Nachweis in grundbuchrechtlicher Form“.

Mit Schreiben vom 28.09.2020 legte der Urkundsnotar Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss ein. Er ist der Auffassung, mit der Nachtragsurkunde vom 06.07.2020 sei in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen, dass der Vermächtnisnehmer das Vermächtnis ausgeschlagen habe, dies vom Erben angenommen worden sei und damit die Testamentsvollstreckung, die ersichtlich nur die Vermächtniserfüllung betroffen habe, hinfällig geworden sei. Einen Ersatzvermächtnisnehmer gebe es nicht; schutzwürdige Belange anderer werden nicht beeinträchtigt. Die Voraussetzungen für eine Eigentumsumschreibung und Löschung des Testamentsvollstreckervermerks seien erfüllt.

Am 07.10.2020 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

B.

I. Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig, §§ 73, 15 Abs. 2 GBO, § 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG.

Beschwerdeführer sind die zur Antragstellung Berechtigten. Das sind diejenigen unmittelbar Beteiligten, deren dingliche Rechtsstellung durch die Eintragung einen Verlust erleidet oder einen Gewinn erfährt (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 13 Rn. 42 m. w. N.), mithin im vorliegenden Fall in Bezug auf die Eigentumsumschreibung der eingetragene Eigentümer und der (potenzielle) Erwerber sowie in Bezug auf den Testamentsvollstreckervermerk auch der durch den Eigentümer vertretene Testamentsvollstrecker.

Obwohl er anzugeben hat, für wen er die Beschwerde führt (BayObLG, Beschluss vom 02.08.1989 – BReg 2 Z 86/89 -, juris Rn. 13; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 15 Rn. 20), beschränkt sich der Notar im vorliegenden Fall darauf, das Rechtsmittel einzulegen, ohne die Personen zu bezeichnen, für die er es einlegt. Fehlt eine solche Angabe, so sind – sofern sich, wie hier, aus den Umständen nichts anderes ergibt – als Beschwerdeführer alle Antragsberechtigten anzusehen (BGH, Beschluss vom 24.01.1985 – V ZB 5/84 -, juris Rn. 17; BayObLG, Beschluss vom 24.04.1985 – BReg 3 Z 30/85 -, abgedruckt in: BayObLGZ 1985, 153). Insofern ist zu berücksichtigen, dass aus § 15 GBO dem Notar kein eigenständiges Antragsrecht erwächst und somit auch keine Beschwerdebefugnis (BayObLG, Beschluss vom 02.08.1989 – BReg 2 Z 86/89 -, juris Rn. 12; OLG München, Beschluss vom 28.06.2017 – 34 Wx 421/16 -, juris Rn. 13; KG Berlin, Beschluss vom 11.02.2014 – 1 W 130/13 -, juris Rn. 9; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 15 Rn. 20). Darüber hinaus muss der Antragsberechtigte, für den ein Notar eine Beschwerde einlegt, nicht zwingend derjenige sein, in dessen Namen er den Eintragungsantrag gestellt hat (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 15 Rn. 20).

II. Die Beschwerde hat in der Sache zumindest teilweise Erfolg. Zwar liegen die Voraussetzungen für eine Löschung des Testamentsvollstreckervermerks und eine Eintragung des Eigentumsübergangs derzeit nicht vor. Der Unrichtigkeitsnachweis kann jedoch – ohne dass eine weitere Eintragungsbewilligung erforderlich wäre (dazu: Demharter, GBO, 31. Aufl., § 18 Rn. 12) – im vorliegenden Fall durch einen Erbschein ohne Testamentsvollstreckervermerk geführt werden. Darüber hinaus kommt zur Beseitigung des Eintragungshindernisses die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Vermächtnisnehmers in Betracht, das Vermächtnis nicht angenommen zu haben. Beides kann Gegenstand einer Zwischenverfügung sein (BayObLG, Beschluss vom 08.06.2000 – 2Z BR 29/00 -, juris). Insoweit macht der Senat von seiner Befugnis Gebrauch, es dem Grundbuchamt zu überlassen, den Antragstellern Entsprechendes durch Zwischenverfügung aufzugeben (OLG München, Beschluss vom 01.08.2013 – 34 Wx 62/13 -, juris Rn. 12; Demharter, 31. Aufl., § 77 Rn. 25; Sternal in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 77 Rn. 34; Schmidt-Räntsch in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 77 Rn. 34), Gründe, die – ausnahmsweise – eine sofortige Antragszurückweisung rechtfertigen würden (dazu: OLG München, Beschluss vom 10.06.2008 – 34 Wx 39/08 -, juris Rn. 11 f.), sind nicht ersichtlich.

1. Die Voraussetzungen für eine Löschung des Testamentsvollstreckervermerks liegen nicht vor.

a. Ein Testamentsvollstreckervermerk wird auf Antrag gelöscht, wenn der Unrichtigkeitsnachweis gemäß § 22 GBO geführt wird (KG Berlin, Beschluss vom 09.12.2014 – 1 W 266/14 -, juris Rn. 7; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 52 Rn. 27). Dies gilt auch für den Fall einer Löschungsbewilligung des Testamentsvollstreckers, da dieser auf die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks nicht verzichten kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.11.2016 – 3 Wx 47/16 -, juris Rn. 17) und damit auch nicht entsprechend bewilligungsberechtigt ist, und zwar selbst dann nicht, wenn zugleich auch die Erben die Löschung bewilligen (Munzig in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 52 Rn. 31). Erben und Testamentsvollstrecker können die Beendigung der Testamentsvollstreckung nicht vereinbaren (Böhringer in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 52 Rn. 74).

b. Die Beendigung der Testamentsvollstreckung, die zur Unrichtigkeit eines entsprechenden in das Grundbuch eingetragenen Vermerks führt, ist in der Form des § 29 GBO nachzuweisen (OLG München, Beschluss vom 08.09.2005 – 32 Wx 58/05 – juris Rn. 20; Weidlich, MittBayNot 2007, 513). Eine in öffentlich beglaubigter Form abgegebene Erklärung des Testamentsvollstreckers, dass die Testamentsvollstreckung – weshalb auch immer – erloschen sei, ist dafür aber nicht geeignet. Nach dem auch im Grundbuchverfahren geltenden § 440 Abs. 2 ZPO hat die über der beglaubigten Unterschrift stehende Schrift zwar die Vermutung der Richtigkeit für sich (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 29 Rn. 44). Diese geht im Sinne einer formellen Beweiskraft aber lediglich dahingehend, dass die Schrift den Willen desjenigen wiedergibt, der unterschrieben hat; sie erstreckt sich dagegen nicht auf die inhaltliche Richtigkeit, der darin enthaltenen tatsächlichen Angaben (Kafka in: BeckOK, ZPO, 38. Edition, § 440 Rn. 9; Feskorn in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 440 Rn. 1). Angesicht dessen ist es nicht relevant, ob in der Genehmigung der „Urkunde (…) vom 16.03.2020“ durch den Testamentsvollstrecker eine solche Erklärung zu sehen ist.

c. Das Amt des Testamentsvollstreckers endet (ohne Niederlegung oder Anzeige) von selbst, wenn der Testamtsvollstrecker seine Aufgaben vollständig erledigt hat (BayObLG, Beschluss vom 27.11.1953 – BReg 2 Z 224/53 -, abgedruckt in: BayObLGZ 1953, 357, 360; Klinger in: Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 7. Aufl., § 7 Rn. 60). Das ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, ergibt sich aber aus der Natur der Sache. Ist die Testamentsvollstreckung ausschließlich auf die Erfüllung eines Vermächtnisses beschränkt, endet diese daher bei einer Ausschlagung der/s Vermächtnisnehmer/s infolge von § 2180 Abs. 3, § 1953 Abs. 1 BGB, sofern kein Ersatzvermächtnisnehmer bestimmt ist.

Durch die „Nachtragserklärung“ vom 06.07.2020 und die Annahmebestätigung des Beschwerdeführers zu 3 vom 20.07.2020 ist zwar in der Form des § 29 GBO nachgewiesen, dass der Vermächtnisnehmer das Vermächtnis (erneut) gegenüber dem Beschwerten ausgeschlagen hat. Insbesondere genügt eine notarielle Beglaubigung im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO (auch einer Wissenserklärung über einen tatsächlichen Vorgang wie der Entgegennahme von etwas) auch dann, wenn durch die Erklärung der Nachweis einer besonderen Eintragungsvoraussetzung geführt werden soll, wie dies im Zusammenhang mit § 22 GBO gerade der Fall ist (BayObLG, Beschluss vom 23.02.1995 – 2Z BR 113/94 -, juris Rn. 7; Beschluss vom 15.07.1988 – BReg 2 Z 59/88 -, juris Rn. 25; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 29 Rn. 12; anders ohne nähere Begründung allerdings wohl: BayObLG, Beschluss vom 15.03.1990 – BReg 2 Z 21/90 -, abgedruckt in: DNotZ 1991, 546, 548, wonach die Beendigung einer Testamentsvollstreckung nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO nachzuweisen sei). Die rechtliche Relevanz der Ausschlagungserklärung setzt gemäß § 2180 Abs. 1 BGB aber zumindest voraus, dass das Vermächtnis nicht bereits zuvor angenommen worden ist. Insoweit gilt: An die Führung des Unrichtigkeitsnachweises im Sinne des § 22 GBO sind strenge Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist der volle Nachweis. Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Vielmehr hat der Antragsteller alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten Eintragung (hier in Form einer Löschung) entgegenstehen würden. Nur ganz entfernte Möglichkeiten brauchen nicht widerlegt zu werden (BayObLG, Beschluss vom 14.12.1995 – 2Z BR 127/95 -, juris Rn. 15; OLG München, Beschluss vom 08.01.2020 – 34 Wx 420/19 -, juris Rn. 15; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 22 Rn. 37).

Auch unter Berücksichtigung dieser strengen Anforderungen kann der Nachweis einer wirksamen Ausschlagung im vorliegenden Fall allerdings geführt werden, wenn (zusätzlich) eine eidesstattliche Versicherung des Vermächtnisnehmers vorgelegt wird, die eine Erklärung zur unterbliebenen Vermächtnisannahme zum Gegenstand hat. Eine solche liegt bislang nicht vor. Insbesondere genügt die „Nachtragserklärung“ vom 16.03.2020 nicht den Anforderungen der §§ 38, 8 ff. BeurkG.

Hinsichtlich des Umstands, dass ein Recht nicht ausgeübt wurde, besteht im Grundbuchverfahren zwangsläufig eine Nachweislücke. Für negative Tatsachen ist – und zwar gerade auch im Zusammenhang mit Nachlassangelegenheiten – anerkannt, dass eine eidesstattliche Versicherung auch im Grundbuchantragsverfahren ausnahmsweise als Beweismittel zu berücksichtigen ist (BayObLG, Beschluss vom 08.06.2000 – 2Z BR 29/00 -, juris Rn. 15 f., für die negative Tatsache, dass keine weiteren, das Erbrecht des Berufenen schmälernde Abkömmlinge vorhanden sind; BayObLG, Beschluss vom 24.02.2003 – 2Z BR 137/02 -, juris Rn. 12 und 15, für die negative Tatsache, dass eine fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht vereinbart wurde). Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine Eintragung bzw. Grundbuchberichtigung ansonsten überhaupt nicht vorgenommen werden könnte (KG Berlin, Beschluss vom 09.08.2012 – 1 W 113/11 -, juris Rn. 26). Voraussetzung ist, dass es keinen Anhaltspunkt für die Erforderlichkeit weiterer tatsächlicher Ermittlungen gibt (Weidlich, MittBayNot 2006, 390, 393); ferner darf es keinen vernünftigen Zweifel daran geben, dass das Nachlassgericht bei der Ermittlung im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens zu dem gleichen Ergebnis käme wie das Grundbuchamt.

Der Berücksichtigung einer eidesstattlichen Versicherung des Bedachten, dass eine Annahme des Vermächtnisses unterblieben ist, steht dabei die Möglichkeit einer schlüssigen Annahme trotz der daraus resultierenden Unsicherheiten nicht entgegen (anders, im Ergebnis aber offenlassend: OLG München, Beschluss vom 09.01.2017 – 34 Wx 396/16 -, juris Rn. 27, für eine Erbschaftsausschlagung). Insofern ist zu berücksichtigen, dass an den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs deshalb strenge Anforderungen zu stellen sind, weil andernfalls am Verfahren nicht beteiligte Personen geschädigt werden könnten (BayObLG, Beschluss vom 27.07.1982 – BReg 2 Z 12/82 -, juris Rn. 31). Ein Vermächtnisnehmer, der Tatsachen, welche die wirksame Ausschlagung des Vermächtnisses begründen, an Eides statt versichert, mithin selbst davon ausgeht, dass der Anfall des Vermächtnisses an ihn als nicht erfolgt gilt, ist nicht schutzwürdig.

d. Ob eine schriftliche Erklärung des Testamentsvollstreckers vom 23.12.2005 gegenüber dem Nachlassgericht, er sehe infolge der Ausschlagung des Vermächtnisses sein Amt als erledigt an, als Kündigung im Sinne von § 2226 Satz 1 BGB zu werten ist (und ob dies gegebenenfalls in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist), kann dahingestellt bleiben. Eine Unrichtigkeit im Sinne von § 22 GBO ist nämlich nur dann gegeben, wenn die Testamentsvollstreckung insgesamt materiell-rechtlich beendet, also nicht nur ein bestimmter Testamentsvollstrecker weggefallen ist (Munzig in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Auf., § 52 Rn. 32). Es ist zu unterscheiden zwischen dem Amt des Testamentsvollstreckers und der Testamentsvollstreckung als solcher. Insofern ist zur berücksichtigen, dass die Testamentsvollstreckung als solche mit der Kündigung des Amts erst erlischt, wenn unter anderem keine Ersatzperson (§ 2197 Abs. 2 BGB) bestellt ist (Zimmermann, Testamentsvollstreckung, 5. Aufl. 2019, Kap. X. Rn. 829). Nach den Feststellungen des Grundbuchamts ist dies hier der Fall.

e. Zwar wird ein in das Grundbuch eingetragener Testamentsvollstreckervermerk durch eine Freigabeerklärung im Sinne von § 2217 BGB unrichtig, weil ein freigegebener Nachlassgegenstand nicht mehr der Verwaltung bzw. Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers unterliegt (OLG München, Beschluss vom 31.01.2019 – 34 Wx 181/18 -, juris Rn. 28; Munzig in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 52 Rn. 32). Soweit der Testamentsvollstrecker am 27.03.2020 die „Urkunde (…) vom 16.03.2020“ und damit insbesondere auch die in seinen Namen abgegebene Erklärung, das Grundstück dem Erben zur freien Verfügung zu überlassen, genehmigt hat, ist darin aber keine solche Freigabe zu sehen. Denn die Regelung des § 2117 BGB setzt eine fortbestehende Testamentsvollstreckung voraus. Der Erklärung liegt hingegen aber offensichtlich die Vorstellung zugrunde, dass infolge der Ausschlagung des Vermächtnisses die Aufgabe des Testamentsvollstreckers erledigt und deshalb das Amt von selbst erloschen ist.

Dies entspricht – eine beschränkte Aufgabe des Testamentsvollstreckers und wirksame Ausschlagung unterstellt – der materiellen Rechtslage. Angesichts dessen ist es nicht möglich, einen der Erklärung zugrunde liegenden Willen dahingehend anzunehmen, dass – wie von § 2117 BGB vorausgesetzt – auf das Verwaltungs- und Verfügungsrecht in Bezug auf einen Nachlassgegenstand verzichtet werden soll, weil dieser zur Erfüllung der Obliegenheiten des Testamentsvollstreckers nicht (mehr) erforderlich ist.

2. Der beantragten Eintragung der Auflassung in das Grundbuch steht derzeit der Testamentsvollstreckervermerk entgegen.

a. Ein Testamentsvollstreckervermerk sperrt das Grundbuch gegen die Eintragung von Verfügungen des bzw. der Erben über das Grundstück (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.1962 – 3 W 285/62 -, abgedruckt in: NJW 1963, 162; OLG München, Beschluss vom 30.01.2019 – 34 Wx 181/18 -, juris Rn. 19; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 52 Rn. 17; Zeiser in: BeckOK, GBO, 40. Edition, 52 Rn. 41). Verfügungen des Erben können nicht eingetragen werden, weil die materiell-rechtlichen Verfügungsbeschränkungen der Erben, die mit der Testamentsvollstreckung verbunden sind, also die Entziehung der Verfügungsbefugnis mit dinglicher Wirkung (BGH, Beschluss vom 18.06.1971 – V ZB 4/71 -, juris Rn. 20), gemäß § 891 BGB auch für das Grundbuchverfahrensrecht vermutet werden (Munzig in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 52 Rn. 25). Eintragungsanträge, die – wie im vorliegenden Fall – auf eine Bewilligung des Erben gestützt sind, müssen zurückgewiesen werden, da der Erbe als Nichtberechtigter verfügt.

b. Zwar sind Verfügungen des Erben wirksam, wenn sie – wie aus § 185 Abs. 1, Abs. 2 BGB folgt – mit Einwilligung oder Genehmigung des Testamentsvollstreckers vorgenommen wurden (Imre in: Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 2. Aufl., § 52 GBO Rn. 21). Dies setzt aber voraus, dass der Testamentsvollstrecker wiederum im Rahmen seiner Verfügungsbefugnis handelt, was vom Grundbuchamt zu überprüfen ist (Munzig in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 52 Rn. 27). Insofern ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass einem Testamentsvollstrecker in der Regel unentgeltliche Verfügungen untersagt sind, § 2205 Satz 3 BGB. Dieser Beschränkung kommt dabei dingliche Wirkung zu (Zimmermann in: Münchener Kommentar, BGB, 8. Aufl., § 2205 Rn. 83).

Unabhängig davon gilt das oben Gesagte entsprechend: Der Auslegung der Erklärung vom 27.03.2020 als Genehmigung der Verfügung des Erben vom 16.03.2020 steht entgegen, dass der Testamentsvollstrecker – weil er sein Amt infolge der Ausschlagung als erledigt und damit beendet betrachtet – sich selbst nicht als genehmigungsberechtigt ansieht. Und die Nachtragserklärung vom 16.03.2020 kann nicht als Genehmigung behandelt werden, weil der Erklärende sich – wie die Ausführungen zur Ausschlagung ergeben – nicht mehr als Vermächtnisnehmer ansieht, der von der angeordneten Testamentsvollstreckung geschützt werden soll.

C.

Die Kostenfolge der zulässigen und zumindest teilweisen begründeten Beschwerde ergibt sich aus dem Gesetz (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG). Für eine Kostenerstattungsanordnung zugunsten der Beschwerdeführer auf der Grundlage von §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass. Die Staatskasse kommt in Grundbuchsachen grundsätzlich nicht als Beteiligte in Betracht, der bei erfolgreicher Beschwerde außergerichtliche Kosten auferlegt werden könnten (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 77 Rn. 33).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 78 Abs. 2 GBO) nicht vorliegen.

 

 

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