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Umfang notarielle Prüfpflicht nach § 15 Abs. 3 Satz 1 GBO

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 46/20 – Beschluss vom 16.04.2021

Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Oschersleben – Grundbuchamt – vom 6. Juli 2020 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 18.500,00 €.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind im Grundbuch von K. , Grundbuchblatt … , Wohnungsgrundbuch, seit 9. Juli 2015 als Eigentümer zu je 1/2 der unter der laufenden Nr. 3 des Bestandsverzeichnisses aufgeführten Miteigentumsanteile von 320,50/10.000 an den Grundstücken der Gemarkung K. , Flur …, Flurstücke 3 … und 5 …, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Obergeschoss im Haus 1 sowie mit einem Sondernutzungsrecht an einem Pkw-Stellplatz eingetragen. Mit Urkunde vom 13. Dezember 2019 zur Urkundenrolle Nr. 1494/2019 der Notarin R. verkauften sie das Wohnungseigentum an den Beteiligten zu 3) und bewilligten und beantragten zugleich die Eintragung der Auflassung sowie einer Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten. Am 18. Dezember 2019 wurde zunächst die beantragte Vormerkung eingetragen.

Unter dem 3. Juni 2020 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte Notarin unter Bezugnahme auf die dem Grundbuchamt vorliegende beglaubigte Abschrift der notariellen Urkunde vom 13. Dezember 2019 gemäß § 15 GBO namens der Beteiligten, die Eigentumsvormerkung zu löschen und die Auflassung auf den Käufer zu vollziehen. Dem Antrag waren eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts, eine beglaubigte Abschrift des Protokolls der Wohnungseigentümerversammlung vom 24. September 2019 sowie eine beglaubigte Abschrift der Erklärung vom 10. Januar 2020, mit welcher der Verwalter der Eigentümerwohnanlage der Veräußerung an den Beteiligten zu 3) zustimmte, beigefügt. Letztere enthält keinen Prüfvermerk der Notarin.

Mit Beschluss vom 6. Juli 2020 erließ das Grundbuchamt des Amtsgerichts Oschersleben eine Zwischenverfügung in welcher darauf hingewiesen wurde, dass der beantragten Eintragung einer Grundbuchberichtigung Hindernisse entgegenstehen, zu deren formgerechter Behebung gemäß § 18 GBO eine Frist von vier Wochen gesetzt wurde. Das Hindernis liege, so das Grundbuchamt, in einem fehlenden Prüfvermerk hinsichtlich der Verwalterzustimmung vom 16. Januar 2020. Auch sie bedürfe eines Prüfvermerks des die Unterschrift beglaubigenden Notars gemäß § 15 Abs. 3 GBO i.V.m. § 49 GBO, denn ein solcher sei seit 9. Juni 2017 formelle Eintragungsvoraussetzung. Die Unterschriftsbeglaubigung sei nach diesem Stichtag erfolgt und auch handele es sich bei dem Bewilligungstext nicht um einen Entwurf des beglaubigenden Notars.

Am 14. Juli 2020 legte die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten Beschwerde ein. Nach ihrer Auffassung, so die Begründung des Rechtsmittels, sei ein Prüfvermerk nach dem Wortlaut des Gesetzes auf allen “einer Eintragung erforderlichen Erklärungen“ anzubringen. Bei der Verwalterzustimmung handele es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Zustimmungserklärung. Aufgrund einer abgegebenen Verwalterzustimmung werde keine Eintragung im Grundbuch vorgenommen, sondern dies geschehe aufgrund von Eintragungsbewilligung und Antrag. Auf einer Verwalterzustimmung sei daher kein Prüfvermerk anzubringen.

Mit Verfügung vom 31. August 2020 half das Grundbuchamt der Beschwerde nicht ab und führte zur Begründung aus, die Verwalterzustimmung gemäß § 12 WEG stelle eine zur Eintragung erforderliche Erklärung dar. Es sei keine reine Zustimmungserklärung nach § 182 BGB und ähnlich zu bewerten wie eine Löschungszustimmung des Eigentümers gemäß § 27 GBO, die auch nicht zur Eintragung gelange, aber eine zur Eintragung der Löschung erforderliche Erklärung sei. Ohne die Zustimmung des Verwalters nach § 12 WEG, wenn diese vereinbart worden sei, könne ein Eigentumswechsel im Grundbuch nicht eingetragen werden.

II.

Die gegen die Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft und in zulässiger Weise erhoben (§§ 73, 74 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Zur Einlegung sind die Beteiligten berechtigt, weil sie zum Kreis der nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO Antragsberechtigten gehören (vgl. Hügel/Kramer, GBO, 4. Aufl. 2020, § 71, Rn. 193).

Die Beschwerde der Notarin ist als Rechtsmittel nur der Beteiligten auszulegen. Wenn ein Notar im Rahmen der vermuteten Vollmacht nach § 15 GBO Beschwerde einlegt, ohne ausdrücklich Angaben zur Person des Beschwerdeführers zu machen, sind grundsätzlich alle Antragsberechtigten als Beschwerdeführer anzusehen, falls sich nicht aus einer ausdrücklichen Angabe oder den Umständen etwas anderes ergibt (vgl. BGH, NJW 1985, 3070; OLG Schleswig, Beschluss vom 28. Juli 2017 – 2 Wx 50/17 –, juris Rn.6, und Beschluss vom 9. Juli 2010 – 2 W 94/10, FGPrax 2010, 282 ff.; Demharter, GBO, 32. Auflage 2021, § 15 Rn. 20 m. w. N.).

III.

Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass der Zwischenverfügung lagen vor.

1. Nach § 18 Abs. 1 S. 1 GBO hat das Grundbuchamt einen Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen, wenn einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. Dabei soll eine Eintragung nach § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch

öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden und auch die anderweitigen Voraussetzungen der Eintragung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen sind. Ist der Nachweis einer Eintragungsvoraussetzung nicht erbracht, liegt ein Eintragungshindernis vor i.S.d. § 18 Abs. 1 GBO (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13. November 2017 – 18 W 57/17 –, DNotZ 2018, 449 ff.; Eickelberg/Böttcher, „Neue notarielle Prüfungspflichten im Handelsregister- und Grundbuchverfahren“, FGPrax 2017, 145, 149; OLG Schleswig, Beschluss vom 28. Juli 2017 – 2 Wx 50/17 -, juris, Rn. 12, 14; a.A. Heinemann, ZNotP 2017, 166).

2. Zutreffend hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass es hier eines Prüfvermerks hinsichtlich der Verwalterzustimmung nach § 12 WEG bedarf.

a) § 15 Abs. 3 S. 1 GBO in der seit dem 9. Juni 2017 geltenden Fassung (durch Gesetz zur Neuordnung der Aufbewahrung von Notariatsunterlagen und zur Einrichtung des elektronischen Urkundenarchivs bei der Bundesnotarkammer sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 1. Juni 2017, BGBl. I 2017, 1396 ff.) hat folgenden Wortlaut:

„Die zu einer Eintragung erforderlichen Erklärungen sind vor einer Einreichung für das Grundbuchamt von einem Notar auf Eintragungsfähigkeit zu prüfen“,

Die Verwalterzustimmung gemäß § 12 Abs. 1 WEG ist, wenn dies wie hier vereinbart wurde, eine zur Eintragung notwendige Erklärung im Sinne des Gesetzes, denn ohne diese Zustimmung kann der Eigentumswechsel nicht eingetragen werden, wie das Grundbuchamt zu Recht angenommen hat.

aa) Die Neuregelung ist eine spezifisch grundbuchverfahrensrechtliche Regelung, die in ihrer Verdichtung von Prüfungspflichten die „integrale“ Rolle des Notars im eigentlichen Grundbuchverfahren festigt und unterstreicht (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13. November 2017 – 18 W 57/17 –, juris, Rpfleger 2018, 252 ff.; BeckOK-GBO/Hügel, 41. Edition Stand: 1. Februar 2021, § 15 Rn. 74 m.N.; Diehn/Rachlitz, „Notarielle Prüfungspflichten im Grundbuch- und Registerverkehr“ DNotZ 2017, 487, 492). § 15 Abs. 3 S. 1 GBO bezieht die notariellen Prüfungspflichten ausschließlich auf verfahrensrechtliche Eintragungsvoraussetzungen (vgl. BT-Drs. 18/10607, 109, 111; OLG Celle, a.a.O.). Der Notar hat die zur Eintragung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen zu prüfen und als (positives) Ergebnis seiner Prüfung die Eintragungsfähigkeit zu bescheinigen. § 15 Abs. 3 GBO verdichtet damit eine bereits bestehende, allgemeine Prüfungspflicht des Notars nach § 40 Abs. 2 BeurkG i.V.m. § 4 BeurkG (Evidenzkontrolle) auf eine konkretisierte (Dienst-) Pflicht (BeckOK-GBO/Hügel, a.a.O., § 15 Rn. 75; Herrler, „Zur verfahrensrechtlichen Eintragungsvoraussetzung des notariellen Prüfungsnachweises“, NJW 2017, 3605 f.) und zwar in Bezug auf eigene und fremde Erklärungen.

bb) § 15 Abs. 3 S. 1 GBO konstituiert eine verfahrensrechtlich eigenständige Prüfung der tatsächlichen Eintragungsfähigkeit als verselbständigtes Element des Eintragungsverfahrens „für das Grundbuchamt“, also bewusst im Rahmen der Grundbuchordnung und nicht des Beurkundungsgesetzes. Während vor Inkrafttreten des § 15 Abs. 3 GBO die allgemeine notarielle Prüfung im Rahmen einer Unterschriftsbeglaubigung eine Evidenzkontrolle darstellte, nimmt der Notar i.R.d. § 15 Abs. 3 GBO eine gesetzlich installierte Filter- und Entlastungsfunktion als Teilaspekt der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Rahmen der Grundbuchordnung wahr (OLG Celle a.a.O. Rn. 13; OLG Schleswig a.a.O. Rn. 10 f; BeckOK-GBO/Hügel a.a.O. Rn. 73-76; Herrler, a.a.O. S. 3606).

Musste der Notar vor Inkrafttreten des § 15 Abs. 3 GBO eine Unterschriftsbeglaubigung als Teil der Eintragungsgrundlagen nur dann ablehnen, wenn die beglaubigte Erklärung offensichtlich unwirksam war (vgl. § 40 Abs. 2 BeurkG i.V.m. § 4 BeurkG), muss er nunmehr deren Eintragungsfähigkeit mit Außenwirkung als Element des Eintragungsverfahrens „für das Grundbuchamt“ bescheinigen (vgl. Weber, „Von der Identitätskontrolle zur materiellen Richtigkeit – die neuen notariellen Prüfpflichten im Grundbuch- und Registerverkehr“, RNotZ 2017, 427, 428).

cc) Zwar sieht der Gesetzeswortlaut jeweils nur die notarielle Pflicht vor, die Erklärung, die nicht von einer öffentlichen Behörde stammt, § 15 Abs. 3 S. 2 GBO, zu prüfen, da aber für das Grundbuchamt aus den betroffenen Urkunden selbst ohne weitere Nachforschungen die erfolgte Prüfung ersichtlich sein muss, folgt daraus auch eine entsprechende Dokumentationspflicht des Notars (s. OLG Schleswig, Beschluss vom 28. Juli 2017 a.a.O. Rn. 10 unter überzeugender Darlegung der insoweit eindeutigen Gesetzesmaterialien, BR-Drucks. 602/16 und BR-Drucks. 602/1/16), zumindest für den Fall, dass er die entsprechende Erklärung weder entworfen noch beurkundet hat, sondern sich seine Tätigkeit auf die Beglaubigung der Unterschrift beschränkt (OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Schleswig, a.a.O.; Demharter, a.a.O. § 15 Rn. 24). Denn für solche Erklärungen, die ein Notar selbst beurkundet, schließt die umfassende Prüfungspflicht nach § 17 BeurkG die Prüfung der Eintragungsfähigkeit ohnehin ein, was entsprechend auch für solche Erklärungen gilt, deren Unterschrift der Notar beglaubigt und die er zuvor entworfen hat.

dd) Da die Notarin im vorliegenden Fall die Verwaltererklärung gemäß § 12 Abs. 1 WEG weder entworfen hat, noch diese einen Prüfvermerk enthält, kommt es darauf an, ob die Prüfungspflicht nach § 15 Abs. 3 S. 1 GBO auch solche Zustimmungen des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft erfasst.

b) Diese Frage ist umstritten.

aa) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Prüfpflicht betreffe von den zur Eintragung erforderlichen Erklärungen im Sinne des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nach ihrem Wortlaut nur die eigentlichen grundbuchrechtlichen Erklärungen, wie z.B. §§ 19, 20, 22 Abs. 2, 26, 27 GBO, aber nicht auch ergänzende Erklärungen wie eine nach § 12 WEG erforderliche Zustimmung (so Weber, a.a.O. S. 430; Demharter, a.a.O. § 15 Rn. 22, 23).

bb) Demgegenüber wird wohl überwiegend die Auffassung vertreten, die notarielle Prüfungspflicht umfasse sämtliche zur Grundbucheintragung erforderlichen Erklärungen und Erklärungsbestandteile im Sinne von § 29 Abs. 1 GBO, jedenfalls auch die Verwalterzustimmung gem. § 12 Abs. 1 WEG (so OLG Köln, Beschluss vom 5. August 2019 – I-2 Wx 220/19 –, juris Rn. 18, 19 = MDR 2019, 1443 f., wenn auch im obiter dictum [s. Rn. 8]; BeckOK-GBO/Hügel, 41. Edition Stand: 1. Februar 2021, § 15 Rn. 82, ders. in Hügel, GBO, 4. Aufl. 2020, § 15 Rn. 82; Meikel, GBO 12. Auflage 2021, § 15 Rn. 54; Attenberger, „Notarielle Prüfung auf Eintragungsfähigkeit als Eintragungsvoraussetzung im Register- und Grundbuchverfahren und ausschließliche Einreichung über den Notar im Handelsregisterverfahren“, MittBayNot 2017, 335, 337).

c) Der Senat folgt wie schon das Grundbuchamt dieser zweiten Auffassung.

aa) Ausdrücklich erstreckt sich die Prüfpflicht des § 15 Abs. 3 S. 1 GBO nicht nur auf die Eintragungsbewilligung, sondern auf „die zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen“, zu denen auch die Verwalterzustimmung nach § 12 WEG zählt, die deshalb ebenfalls in der Form des § 29 GBO nachzuweisen ist (OLG Hamm, Beschluss vom 7. April 1989 – 15 W 513/88 –, NJW-RR 1989, 974 f.; Demharter, a.a.O. § 29 Rn. 10).

bb) Soweit die Beschwerdeführer sich auf die Verwendung des Begriffs der „Eintragungsfähigkeit“ in § 15 Abs. 3 S. 1 GBO berufen, hält der Senat ihre Auslegung nicht für zwingend. Zwar erscheint es nachvollziehbar, prima facie aus der oben zitierten Formulierung des Gesetzes den Schluss zu ziehen, dass nicht alle zur Eintragung der Rechtsänderung erforderlichen Erklärungen, sondern nur die letztlich einzutragenden Erklärungen selbst auf ihre Eintragungsfähigkeit zu prüfen seien. Der Senat teilt diese Auslegung des Wortlauts jedoch nicht. Hätte der Gesetzgeber dergleichen anordnen wollen, ergäbe der erste Satzteil „Die zu einer Eintragung erforderlichen Erklärungen sind (…) zu prüfen“ wenig Sinn. Denn i.S.d. § 29 GBO, der dieselbe Begrifflichkeit enthält, sind zur Eintragung in vielen Fällen gerade auch Erklärungen notwendig, die ihrerseits nicht in das Grundbuch eingetragen werden und auch nicht eintragungsfähig sind. Hätte der Gesetzgeber allein eine Prüfung derjenigen Erklärung anordnen wollen, deren Eintragung vorgenommen werden soll, hätte der Gesetzeswortlaut sinnvollerweise gelautet: „Die einzutragenden Erklärungen sind vor einer Einreichung für das Grundbuchamt von einem Notar auf Eintragungsfähigkeit zu prüfen.“

Der Senat versteht deshalb den Gesetzeswortlaut in dem Sinne, dass der Notar im Rahmen der Prüfung der Eintragungsfähigkeit der zu beantragenden Rechtsänderung alle für die Eintragung erforderlichen Erklärungen zu prüfen hat.

bb) Vor allem aber sprechen nach Auffassung des Senats Sinn und Zweck der Gesetzesänderung gegen eine enge Auslegung der Prüfpflicht.

(1) Die Prüfung nach § 15 Abs. 3 S. 1 GBO steht ausschließlich im öffentlichen Interesse, denn der Notar nimmt die Aufgabe einer externen Rechtsantragsstelle wahr und handelt im Rahmen einer justiziellen Amtspflicht und Zuständigkeit (vgl. BT-Drucks. 18/10607, S. 106, 109, 110; so auch OLG Celle, a.a.O.). Ziel der Neuregelung war es, zu beanstandende Eintragungsanträge zurückzudrängen und damit präventiv zur Effizienzsteigerung sowie zur Stärkung der materiellen Richtigkeit des Grundbuchs beizutragen (vgl. OLG Celle a.a.O. Rn. 13; Weber a.a.O. S. 428; BeckOK-GBO/Hügel a.a.O., Rn. 76 und 76.1 mit Erläuterung und Nachweisen). Dabei geht das Gesetz zutreffend davon aus, dass Notare zur Prüfung formeller und materieller Eintragungsvoraussetzungen in das Grundbuch besonders geeignet sind (BT-Drs. 18/10607, S. 109). Die notarielle Tätigkeit erfuhr durch die Neuregelung eine erhebliche Aufwertung und Horizonterweiterung im System der freiwilligen Gerichtsbarkeit, weil der Notar nunmehr im öffentlichen Interesse auch außerhalb der Beurkundung von Willenserklärungen Garant für die materielle Richtigkeit von beglaubigten Grundbucherklärungen ist und er damit nicht nur für die sichere und zweifelsfreie Feststellung der Identität, sondern auch für die Eintragungsfähigkeit der Erklärung sorgt. Der Notar wirkt im wörtlichen Sinne an der Führung der Grundbücher mit, nimmt eine justizielle Amtspflicht und Zuständigkeit wahr und trägt im öffentlichen Interesse zur Sicherung der hohen Qualität, Schnelligkeit und Effizienz der Eintragungsverfahren bei (OLG Celle, a.a.O. Rn. 26; Diehn/Rachlitz, a.a.O.). Mit seiner Vorprüfung sorgt er dafür, dass die Gerichte und die Grundbuchämter ausschließlich sachgerecht formulierte Erklärungen erhalten (BR-Drucks. 602/1/16, S. 15, 17), was Zeit spart und vor allem einem effizienten Einsatz knapper justizieller Ressourcen dient (Weber, a.a.O., S. 427, 428).

(2) Wollte man das 2017 neu geschaffene Instrument der Prüfpflicht nur auf die eigentlichen grundbuchrechtlichen Erklärungen anwenden, wäre das Ziel, zu beanstandende Eintragungsanträge zurückzudrängen und die Effizienz des Eintragungsverfahrens durch Einbeziehung der hohen Kompetenz der Notare zu steigern, kaum zu erreichen. Denn in der Praxis werden in aller Regel – wie in dem hier vorliegenden Fall einer Auflassung – die einzutragenden Erklärungen von dem antragstellenden Notar selbst entworfen oder beurkundet, sodass es eines Prüfvermerks ohnehin nicht bedarf (siehe oben III. 2. a. cc.). Ob der Gesetzgeber die Dokumentation der Erfüllung der Prüfungspflicht tatsächlich auf den kleinen Kreis der letztlich eintragungsfähigen Erklärungen, die der antragstellenden Notar nicht selbst beurkundet hat, beschränken wollte, erscheint zweifelhaft (vgl. Zimmer, „Die Prüfpflichten des Notars nach § 15 Abs. 3 GBO“, ZfIR 2020, 489, 490; ähnlich auch Buchner, „Vereinfachung oder Verkomplizierung des Grundbuchverfahrens durch notarielle Prüfvermerke“, ZfIR 2018, 136 ff.;). Ist aber das erklärte Ziel der Schaffung einer Prüfpflicht des Notars, die Grundbuchämter zu entlasten, würde eine Beschränkung auf Erklärungen, die allein auch eintragungsfähig sind und nicht vom antragstellenden Notar stammen, wenig Sinn ergeben. Die zu prüfenden Erklärungen würden allenfalls einen Ausschnitt aus dem Prüfungskatalog des Grundbuchamts umfassen und eine wirkliche Entlastung des Grundbuchamts könnte damit nicht erreicht werden (vgl. Zimmer, a.a.O.; Buchner, a.a.O.). Daher kann nur die Prüfpflicht aller für das Grundbuchamt zur Eintragung der beantragten Rechtsänderung erforderlichen Erklärungen, wie z.B. der Verwalterzustimmung nach § 12 Abs. 1 WEG, gemeint sein (vgl. Zimmer, a.a.O.).

cc) Gegen eine enge Auslegung spricht auch § 15 Abs. 3 S. 2 GBO. Danach sind Erklärungen einer öffentlichen Behörde ausdrücklich von der Prüfpflicht durch den Notar ausgenommen. § 15 Abs. 3 S. 2 GBO betrifft indes nicht nur die Eintragungsbewilligung selbst, sondern auch sonstige zu der Eintragung erforderliche Erklärungen i.S.d. § 29 GBO, also z.B. Erklärungen der Finanzämter, Gemeinden, Vermessungsbehörden und öffentliche Sparkassen (vgl. BeckOK-GBO/Hügel, a.a.O. Rn. 77).

dd) Eine weitgehende Beschränkung der dem Grundbuchamt zugewiesenen Aufgaben oder Verlagerung derselben auf die Notare droht durch § 15 Abs. 3 GBO nicht. Die Prüfpflicht ist sowohl nach der Begründung des Gesetzes (BT-Drucks. 18/10607, S. 111) wie auch in der praktischen Handhabung immer nur auf die vorliegenden Unterlagen beschränkt, fällt also notwendig unvollständig aus, zumal noch nicht einmal Grundbuchauszüge ohne gesonderten Auftrag der Beteiligten angefordert werden können (vgl. Volmer in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht – Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 15 Rn. 92).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 Nr. 1, 36 Abs. 1 GNotKG. Der Senat hat nur die Hälfte des Werts des Eigentums angenommen, da die Beschwerde sich nur gegen eine Zwischenverfügung richtete und nicht gegen eine endgültige Versagung der Eigentumsumschreibung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Nicht jede Rechtsfrage, die der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden hat, hat zugleich grundsätzliche Bedeutung. Dass in den zurückliegenden annähernd vier Jahren seit der Schaffung des § 15 Abs. 3 GBO keine gerichtliche Entscheidung bekannt geworden ist, in der es auf die isolierte Frage, ob eine Verwaltererklärung nach § 12 WEG dem § 15 Abs. 3 S. 1 GBO unterfällt, tatsächlich ankam, belegt, dass mit einem Auftreten dieser Frage nicht in einer Vielzahl von Fällen zu rechnen ist. Offenbar hat die Rechtsfrage in der Praxis nur geringe Streitrelevanz, weil sich möglicherweise bereits eine einheitliche Handhabung herausgebildet hat. Daher sieht der Senat auch kein Bedürfnis der Allgemeinheit für eine Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs. Der Senat weicht auch nicht von einer anderen obergerichtlichen Entscheidung ab. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die Frage, ob eine Prüfpflicht hinsichtlich der Verwalterzustimmung besteht, in seiner Entscheidung vom 11. April 2019 nicht beantwortet, sondern ausdrücklich offengelassen (OLG Frankfurt, a.a.O. Rn. 15).

 

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