OLG München – Az.: 34 Wx 18/12 – Beschluss vom 22.02.2012
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Starnberg – Grundbuchamt – vom 13. Dezember 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das in der Zwischenverfügung genannte weitere Mittel zur Beseitigung des Vollzugshindernisses, einen Nachtrag zur Grundschuld mit dem Inhalt vorzulegen, dass die Abtretbarkeit mit dinglicher Wirkung ausgeschlossen wird, entfällt.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 3 verkaufte an die Beteiligten zu 1 und 2 mit notariellem Vertrag vom 24.10.2011 ein Grundstück. Unter der Überschrift „Finanzierungsvollmacht“ regelten die Beteiligten in dem Vertrag folgendes:
Der Veräußerer bevollmächtigt hiermit den Erwerber unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, ihn bei der Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten mit dinglicher Vollstreckungsunterwerfung mit beliebigen Zinsen und Nebenleistungen an dem Vertragsobjekt auch über den Kaufpreis hinaus zugunsten eines Kreditinstituts, welches der deutschen Kreditaufsicht unterliegt, zu vertreten. Die Vollmacht kann nur im Notariat des beurkundenden Notars ausgeübt werden, der zum Vollzug alle Bewilligungen abgeben kann.
Die Zweckbestimmung des Grundpfandrechts ist hierbei so einzuschränken, dass diese Grundpfandrechte bis zur Zahlung des Kaufpreises ausschließlich zur Absicherung von Darlehen zur Kaufpreisfinanzierung und nur für die jeweils tatsächlich an den Verkäufer ausgezahlten Beträge dienen. Es ist Abtretbarkeit der Grundschuld bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung auszuschließen. Der Veräußerer übernimmt jedoch keine persönliche Haftung für die Grundpfandrechte. Die Kosten der Bestellung und Eintragung dieser Rechte trägt der Erwerber.
…
Mit Antrag vom 12.12.2011 legte der beurkundende Notar eine Grundschuldbestellungsurkunde vom 9.12.2011 vor, in der der Beteiligte zu 1 auch namens der weiteren Beteiligten für die finanzierende Bank an dem veräußerten Grundstück eine Grundschuld bewilligte. In den allgemeinen Bestimmungen des notariellen Vertrags ist unter anderem folgendes geregelt:
Es ist Abtretbarkeit der Grundschuld bis zur Eigentumsumschreibung auf den Besteller ausgeschlossen, dies erfolgt schuldrechtlich ohne Überprüfungspflicht durch das Grundbuchamt.
Mit Zwischenverfügung vom 15.12.2011 hat das Grundbuchamt unter Fristsetzung die Zustimmung der Eigentümerin oder einen Nachtrag zur Grundschuld gefordert, da der schuldrechtliche Abtretungsausschluss nicht den Vorgaben des Kaufvertrags entspreche. Dagegen wendet sich die Beschwerde vom 11.1.2012, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Auch gegen Zwischenverfügungen (§ 18 Abs. 1 GBO) des Grundbuchrechtspflegers ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 71 Abs. 1 GBO die Beschwerde statthaft. Der Notar hat in der Beschwerde zwar nicht angegeben, für wen diese eingelegt wird. Nach den Umständen des Falles ist davon auszugehen, dass sie für sämtliche Verfahrensbeteiligte, die auch antragsberechtigt sind, eingelegt ist (vgl. Demharter GBO 28. Aufl. § 15 Rn. 20). Liegt eine Antragstellung nach § 15 Abs. 2 GBO vor, kann auch die Beschwerde gegen die daraufhin ergangene Entscheidung für (sämtliche) Antragsteller wirksam eingelegt werden.
2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet; denn die Belastungs-Vollmacht im Vertrag vom 24.10.2011 umfasst nicht die bei Bewilligung der Grundschuld in den Vertrag vom 9.12.2011 aufgenommene schuldrechtliche Regelung zum Ausschluss ihrer Abtretbarkeit.
Die erteilte Vollmacht (§ 167 BGB) ist nach den Regeln des § 133 BGB – ohne am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, jedoch mit den sich aus der Funktion des Grundbuchs ergebenden Einschränkungen (vgl. Palandt/Ellenberger BGB 71. Aufl. § 133 Rn. 12 und 27 m.w.N.) – auszulegen. Wegen des das Grundbuchverfahren beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatzes kommt die Auslegung nur insoweit in Betracht, als sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt. Bleibt danach die Reichweite einer Vollmacht zweifelhaft, ist von ihrem geringeren, eindeutig festzustellenden Umfang auszugehen (z.B. BayObLG RPfleger 1995, 332; Demharter § 19 Rn. 75). Jedoch ist ein übertriebener Formalismus in der Regel nicht angezeigt (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 3555 m.w.N.).
Die vom Verkäufer den Käufern erteilte Belastungsvollmacht erlaubt die Bestellung von Grundpfandrechten. Diese Vollmacht ist im Außenverhältnis dahin eingeschränkt, dass die „Abtretbarkeit der Grundschuld bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung auszuschließen“ ist.
Der Wortlaut des Vertrages lässt offen, ob der Abtretungsausschluss rein schuldrechtlich (vgl. etwa BGH NJW 1982, 2768) oder nach § 399 BGB dinglich (vgl. dazu Palandt/Bassenge Einl v § 854 Rn. 12) erfolgen soll. Auch der weitere Kontext gibt zu dieser Frage keine hinreichenden Anhaltspunkte. Somit ergibt die Auslegung nicht den sicheren Schluss, dass allein ein schuldrechtlicher Abtretungsausschluss schon den Vorgaben des Vertrags genügt. Dies kann _ entgegen der Ansicht des vorlegenden Notars – auch nicht schon daraus gefolgert werden, dass die Kaufurkunde nicht ausdrücklich fordert, ein gutgläubiger Erwerb müsse ausgeschlossen werden. Nach der gesetzlichen Konzeption in § 399 BGB hat ein vertraglicher Ausschluss gerade dingliche Wirkung.
Es kann daher nach dem Wortlaut der Urkunde nur von dem geringeren Umfang der Vollmacht ausgegangen werden. Der Umfang der Vollmacht ist geringer, wenn man sie auf einen dinglichen Ausschluss beschränkt sieht, da der Veräußerer in diesem Fall weitergehend gesichert ist.
Es kann dahinstehen, ob diese Unklarheit eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne von § 44a Abs. 2 BeurkG darstellt. Die Klarstellung im Schreiben vom 19.12.2011 entspricht nämlich schon nicht den Anforderungen an einen solchen Nachtragsvermerk.
Da die Abtretbarkeit der Grundschuld in der Urkunde vom 9.12.2011 nur schuldrechtlich ausgeschlossen wurde, ist die Grundschuldbestellung von der eingeschränkt auszulegenden Vollmacht nicht gedeckt.
3. Die Möglichkeit der Beseitigung des Hindernisses durch Vorlage eines Nachtrags zur Bewilligung, wie vom Amtsgericht zunächst in der Zwischenverfügung angeführt, besteht nicht, da damit das Hindernis nicht mit Wirkung ex tunc beseitigt werden kann. Insofern war die Zwischenverfügung daher aufzuheben.
III.
Die Bestimmung des Geschäftswertes bemisst sich nach dem Aufwand für die Beseitigung des Eintragungshindernisses (§ 131 Abs. 1 und 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO), die Festsetzung selbst beruht auf § 31 Abs. 1 Nr. 1 KostO.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Zulassungsvoraussetzungen (§ 78 Abs. 2 GBO) nicht vorliegen.