LG Amberg – Az.: 31 T 249/18 – Beschluss vom 17.07.2018
I. Auf den Antrag des Notars auf gerichtliche Entscheidung gem. § 130 Abs. 2 GNotKG 16.03.2018 wird die Kostenberechnung vom 24.02.2014 zu UR-Nr. …/14 bestätigt.
II. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
III. Der Gegenstandswert wird auf 238,00 € festgesetzt.
Gründe
Am 24.02.2014 beurkundete der Antragsteller einen Übergabe-, Pflichtteilsverzicht- und Erbschaftsvertrag unter der URNr. …/2014.
In Abschnitt A) dieser Urkunde wurde der Grundbesitz Flst.Nr. … der Gemarkung … von Herrn … an seine Enkelin … übergeben.
In Abschnitt B) I. dieser Urkunde verzichteten die Töchter des Übergebers, Frau … und Frau …, gegenüber ihrem Vater mit Wirkung für sich und ihre Abkömmlinge gegenständlich beschränkt auf den Vertragsgegenstand des Übergabevertrages in Abschnitt A) der Urkunde auf ihre gesetzlichen Pflichtteilsrechte einschließlich aller Pflichtteilsergänzungsansprüche.
Wegen der Einzelheiten der Urkunde (Bl. 4ff d.A.) wird auf diese Bezug genommen.
Unter dem 24.02.2014 stellte der Antragsteller für diese Beurkundung insgesamt 1.153,11 € in Rechnung, wobei er insgesamt einen Geschäftswert von 193.000,00 € zugrundelegte. Davon entfielen 168.000,00 € auf den „Kaufpreis/Verkehrswert“ des Grundstücks und 25.000,00 € auf die „erbrechtliche(n) Angelegenheiten“.
Wegen der Einzelheiten wird auf diese Kostenberechnung (Bl. 13 d.A.) Bezug genommen.
Bei der vom 18. bis 19.07.2016 stattfindenden Prüfung des Gebühren- und Abgabenwesens durch die Prüfungsabteilung der Notarkasse wurde diese Kostenberechnung beanstandet.
Der Revisor vertrat die Ansicht, dass der Wert des gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht gem. § 102 Abs. 4 GNotKG zu bestimmen sei und demgemäß mit der Hälfte des wegen eines vereinbarten Verfügungsverbots um 10 % verminderten Verkehrswertes des Vertragsgegenstandes, somit mit 75.600,00 €, anzusetzen sei.
Nachdem der Antragsteller weiterhin der Ansicht war, dass der Gegenstandswert von ihm richtig angesetzt worden sei, ersuchte der Präsident der Notarkasse den Präsidenten des Landgerichts Amberg um eine Anweisung gem. § 130 Abs. 2 GNotKG.
Mit Schreiben vom 12.03.2018 wies der Präsident des Landgerichts Amberg den Antragsteller gem. § 130 Abs. 2 GNotKG an, gem. § 127 GNotKG eine Entscheidung des Landgerichts Amberg herbeizuführen.
Mit Schreiben vom 16.03.2018 stellte der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. §§ 127 Abs. 1, 130 Abs. 2 GNotKG.
Die Bayerische Notarkasse, der Präsident des Landgerichts Amberg und Frau …, die nach der Notarurkunde vom 24.02.2014 unter anderem die Notarkosten zu tragen hat, wurden gehört.
Die streitgegenständliche Kostenberechnung ist zu bestätigen, da sie mit dem GNotKG im Einklang einsteht, insbesondere der Geschäftswert für den Pflichtteilsverzichtsvertrag mit 25.000 € zutreffend angesetzt worden ist:
Richtigerweise hat der Notar den Teilgeschäftswert für den Pflichtteilsverzichtsvertrag nicht aus § 102 GNotKG, sondern aus § 36 Abs. 1 GNotKG errechnet. § 102 Abs. 4 GNotKG ist für gegenständlich beschränkte Pflichtteilsverzichtsverträge nicht anwendbar. § 102 Abs. 4 Satz 1 GNotKG verweist auf § 102 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 GNotKG, die aber nur für Beurkundungen einer Verfügung von Todes wegen über den ganzen Nachlass oder einen Bruchteil davon, nicht aber über eine gegenständlich beschränkte Verfügung von Todes wegen gelten. Der im vorliegenden Verfahren vom Notar beurkundete Pflichtteilsverzichtsvertrag bezieht sich aber nicht auf den ganzen Nachlass oder einen Bruchteil davon, sondern ist gegenständlich beschränkt auf das an Frau … übertragene Grundstück.
§ 102 Abs. 3 GNotKG ist nicht direkt anwendbar, da keine Verfügung von Todes wegen im Sinne dieses Absatzes vorliegt.
Auch über eine Verweisung in § 102 Abs. 4 GNotKG wird im vorliegenden Fall § 102 Abs. 3 GNotKG nicht anwendbar, da § 102 Abs. 4 Halbsatz 2 GNotKG nur für den Fall eines Zuwendungsverzichts auf ein Vermächtnis § 102 Abs. 3 GNotKG für anwendbar erklärt.
Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift scheidet aus, da der Gesetzgeber in § 102 Abs. 4 GNotKG auch ausdrücklich aufgenommen hätte, wenn auch bei einem gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichtsvertrag § 102 Abs. 3 GNotKG Anwendung finden sollte, wie er dies bei einem Zuwendungsverzicht auf ein Vermächtnis ausdrücklich getan hat.
Es besteht auch kein Bedürfnis für eine analoge Anwendung von § 102 Abs. 3 GNotKG auf gegenständlich beschränkte Pflichtteilsverzichtsverträge, da keine Gesetzeslücke vorliegt, sondern § 36 Abs. 1 GNotKG die Grundlage für die Bestimmung des Geschäftswertes darstellt.
Die nach § 36 Abs. 1 GNotKG vorzunehmende Bestimmung des Geschäftswertes nach billigem Ermessen mit 25.000,00 € ist nicht zu beanstanden:
Auszugehen ist vom unstreitigen Geschäftswert für das an Frau … übertragene Grundstück in Höhe von 168.000,00 €.
Nachdem die beiden einzigen Töchter auf ihre diesbezüglichen Pflichtteilsrechte verzichtet haben, ist von einer Quote von 1/2 auszugehen, was zunächst zu 84.000,00 € führt.
Unter Berücksichtigung von § 2325 Abs. 3 BGB ist eine Abschmelzung auf 30 %, gerundet somit auf 25.000,00 € billig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 2 Sätze 2 u. 3 GNotKG.