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Streitwert einer Drittschuldnerklage auf Löschung eines Grundpfandrechts

Streit um die Bewertungsgrundlage: Wie das Landgericht Lüneburg den Streitwert einer Drittschuldnerklage zur Löschung eines Grundpfandrechts festlegt

Der Fall, der vor dem Landgericht Lüneburg verhandelt wurde, dreht sich um die komplexe Frage der Bewertung eines Streitwerts in einer Drittschuldnerklage zur Löschung eines Grundpfandrechts. Im Kern geht es darum, ob der Streitwert auf Basis des Nennwerts des vorrangigen Grundpfandrechts oder der dem Gläubiger zustehenden Forderung festgelegt werden sollte. Das Gericht hat sich für die zweite Option entschieden, was eine Abkehr von bisherigen Bewertungsansätzen darstellt und weitreichende Implikationen für ähnliche Fälle haben könnte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 27/22  >>>

Die Streitfrage: Nennwert oder Forderungshöhe?

Das Gericht musste eine Entscheidung treffen, die auf den ersten Blick technisch erscheint, aber erhebliche Auswirkungen aufdie finanzielle Belastung der Parteien haben kann. Die Klägerin argumentierte, dass der Nennwert des Grundpfandrechts als Streitwert herangezogen werden sollte. Das Landgericht Lüneburg entschied jedoch anders: Es legte den Streitwert auf lediglich 6.838,23 EUR fest, basierend auf der Höhe der titulierten Forderungen der Klägerin gegen den Schuldner.

Die Rechtsprechung des BGH und ihre Grenzen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einer früheren Entscheidung festgelegt, dass der Nennwert eines Grundpfandrechts grundsätzlich als Streitwert herangezogen werden sollte. Das Landgericht Lüneburg sah jedoch einen „Ausnahmefall“ aufgrund der speziellen Natur der Drittschuldnerklage. In dieser speziellen Fallkonstellation geht es nicht um den Nennwert des Grundpfandrechts, sondern um die Befriedigung des Gläubigers aus der ihm zustehenden Forderung gegen den Schuldner.

Die Besonderheit der Drittschuldnerklage

In einer Drittschuldnerklage ist die Interessenlage anders als in den vom BGH bisher entschiedenen Fällen. Der Gläubiger, der selbst ein nachrangiges Grundpfandrecht besitzt, muss das vorrangige Grundpfandrecht beseitigen, um seine Forderung zu sichern. Daher ist der Nennwert des vorrangigen Grundpfandrechts für ihn nicht entscheidend. Das Gericht stellte fest, dass der Streitwert der Drittschuldnerklage durch die Höhe der titulierten Forderung des Gläubigers begrenzt sein muss.

Schlussgedanken: Ein Präzedenzfall mit Auswirkungen

Die Entscheidung des Landgerichts Lüneburg könnte als Präzedenzfall für ähnliche Streitigkeiten dienen. Sie zeigt, dass die Festlegung des Streitwerts in Drittschuldnerklagen zur Löschung eines Grundpfandrechts nicht zwangsläufig am Nennwert des Grundpfandrechts ausgerichtet sein muss, sondern an der Höhe der dem Gläubiger zustehenden Forderung. Dies könnte die finanzielle Belastung für Kläger und Beklagte in ähnlichen Fällen erheblich beeinflussen.


Das vorliegende Urteil

Landgericht Lüneburg – Az.: 3 O 27/22 – Beschluss vom 04.07.2022

Für den Streitwert der Drittschuldnerklage auf Löschung eines Grundpfandrechts ist nicht der Nennwert des vorrangigen Grundpfandrechts maßgebend, sondern die Höhe der dem Gläubiger zustehenden Forderung.

1.) Der sofortigen Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird nicht abgeholfen.

2.) Die Akten werden dem zuständigen Oberlandesgericht zur Entscheidung zugeleitet.

Gründe

Die zulässige Streitwertbeschwerde ist unbegründet. Denn die Kammer hat den Streitwert zu Recht – entsprechend der Höhe der titulierten Forderungen der Klägerin gegen den Schuldner und ungeachtet des Nennwertes der Sicherungshypothek – auf lediglich 6.838,23 EUR festgesetzt. Die Beschwerdeschrift und der Schriftsatz der Klägerin vom 30.06.2022 enthalten keine Gesichtspunkte, die eine anderweitige Beurteilung der Sach- und Rechtslage rechtfertigen können.

Die Frage, ob man den Streitwert einer Klage auf Löschung eines Grundpfandrechts anhand seines Nennwertes oder anhand seiner Valutierung bzw. des Löschungsinteresses des Klägers zu bemessen hat, ist umstritten (vgl. nur die Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 3, Rn. 16.113). Für den Fall, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks den Grundpfandgläubiger unmittelbar auf Löschung in Anspruch nimmt, hat der BGH diese Frage mit Beschluss vom 16.02.2017 – V ZR 165/16 – dahingehend geklärt, dass grundsätzlich selbst dann noch der eingetragene Nennwert maßgeblich ist, wenn die Grundschuld nicht mehr valutiert (BGH, aaO, juris, Rn. 7). Zur Begründung hat der BGH darauf abgestellt, dass sich die dingliche Belastung des Grundbesitzes regelmäßig sowohl bei einem Verkauf als auch bei einer möglichen Beleihung in voller Höhe des Nennwertes zum Nachteil des Grundstückseigentümers auswirke (ebd.).

Allerdings hat der BGH in der genannten Entscheidung einen Spielraum für abweichende Wertfestsetzungen im Einzelfall gelassen („grundsätzlich“). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend mit Rücksicht auf die besondere Situation der Drittschuldnerklage gegeben. Denn in dieser – vom BGH bislang nicht entschiedenen – Fallkonstellation geht es letztlich allein um die (vorrangige) Befriedigung des Gläubigers wegen der ihm gegen den Schuldner zustehenden Forderung. Um diese Befriedigung aus dem belasteten Grundstück des Schuldners erreichen zu können, muss der Gläubiger, der selbst über ein nachrangiges Grundpfandrecht an diesem Grundstück verfügt, das vorrangige Grundpfandrecht beseitigen. Auf dessen Nennwert kommt es ihm dabei nicht entscheidend an, da ihm in jedem Falle an der Beseitigung des vorrangigen Sicherungsrechtes gelegen sein muss, droht er doch anderenfalls mit seiner Forderung zumindest teilweise auszufallen.

Die Interessenlage ist mithin eine andere als in der vom BGH entschiedenen Fallkonstellation. Das Problem der nachteiligen Auswirkung einer bestehenden Belastung für den Fall des Verkaufs oder der (weiteren) Beleihung stellt sich für den Gläubiger des Grundstückseigentümers, der nur die Sicherung seiner eigenen Forderung gegen den Eigentümer betreibt, naturgemäß nicht.

Grundsätzlich soll zwar für den Streitwert der Drittschuldnerklage weder der titulierte Anspruch noch das Pfandrecht, sondern allein die Höhe des Anspruches des Schuldners gegen den Drittschuldner maßgeblich sein (so zumindest Zöller/Herget, aaO, Rn. 16.54), wobei dieser nach der o.g. Entscheidung des BGH anhand des Nennwertes des zu löschenden Grundpfandrechtes zu bemessen ist. Allerdings muss der Streitwert der Drittschuldnerklage zugleich durch die Höhe des titulierten Anspruches des Gläubigers begrenzt sein (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 27.03.1991 – 2 W 46/91 –, MDR 1991, 899, BeckOK ZPO/Wendtland, 44. Edition, Stand: 01.03.2022, ZPO, § 3, Rn. 17 und Schneider, MDR 1990, 20, 22). Dies folgt schon aus dem Rechtsgedanken des § 6 Satz 2 ZPO und überzeugt auch sonst, weil der Gläubiger materiell-rechtlich nur bis zur Höhe seines titulierten Anspruches berechtigt ist, Leistung an sich zu verlangen, nicht aber darüber hinaus (vgl. BeckOK ZPO/Wendtland, ebd. und Schneider, ebd.; da Zöller/Herget, ebd., sich zur Begründung seiner Ansicht auf das OLG Köln, ebd., und Schneider, ebd., bezieht, ist davon auszugehen, dass auch er keine abweichende Meinung vertritt).

Die Klägerin kann demgegenüber schließlich auch nicht damit gehört werden, dass ihr Interesse darin bestehe, im Falle der Löschung der Sicherungshypothek um den Nennwert derselben – mithin um 124.000,00 EUR – besser zu stehen. Denn sie kann maximal in Höhe ihrer eigenen Forderung von der Löschung der vorrangigen Sicherungshypothek profitieren. Mithin ist ihr Löschungsinteresse gleichzusetzen mit dem Interesse an der Durchsetzung ihrer eigenen – vorliegend lediglich 6.838,23 EUR betragenden – Forderung. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob im Wege der Drittschuldnerklage unmittelbar Zahlung oder lediglich Löschung eines Grundpfandrechtes begehrt wird.

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