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Sondereigentumsänderung durch Änderungsvermerk im Bestandsverzeichnis

OLG München – Az.: 34 Wx 194/18 – Beschluss vom 24.09.2018

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Laufen – Grundbuchamt – vom 26. April 2018 aufgehoben.

Gründe

I.

Die gemäß Teilungserklärung vom 19.11.1984 gebildete Wohnanlage besteht aus sechs Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten, die gemäß Nachtrag vom 3.12.2013 und entsprechend geändertem Aufteilungsplan bezeichnet sind mit Nrn. 1 bis 6.

Die Beteiligte zu 1 ist Alleineigentümerin der Wohnung Nr. 1. Zu dieser gehört das Sondereigentum an der Wohnung im Obergeschoss des Hauptgebäudes samt Balkon und Abstellraum im Nebengebäude, im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnet und rot angelegt.

Der Beteiligte zu 2 ist Alleineigentümer der Wohnung Nr. 4, zu der das Sondereigentum an der Wohnung im Nebengebäude und Abstellraum im Erdgeschoss, im Aufteilungsplan mir Nr. 4 bezeichnet und hellblau angelegt, gehört.

Zu notarieller Urkunde vom 28.3.2018, überschrieben als „Änderung einer Teilungserklärung“, tauschten die Beteiligten unter Beibehaltung der Miteigentumsanteile

die zugehörigen Abstellräume gegeneinander aus, indem sie die Abstellräume aus der bisherigen Bindung lösen und dem anderen Sondereigentum als Bestandteil zuschreiben, so dass der Abstellraum Nr. 1 nunmehr zu dem Sondereigentum Nr. 4 und der Abstellraum Nr. 4 zum Sondereigentum Nr. 1 gehört.

Sie erklärten die Einigung über die vereinbarten Rechtsänderungen und bewilligten den Grundbuchvollzug.

Den am 24.4.2018 über den Notar gestellten Vollzugsantrag beanstandete das Grundbuchamt mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 26.4.2018. Die vertauschten Abstellräume seien so umzunummerieren, dass sie künftig dieselbe Nummer wie das übrige Sondereigentum tragen. Eine entsprechende Planbeilage möge vorgelegt werden.

Hiergegen wendet sich die notariell eingelegte Beschwerde der Beteiligten. Verwirrung sei nicht zu besorgen, wenn im Bestandsverzeichnis vermerkt werde, dass nach Austausch nun mit der Wohnung Nr. 1 der Abstellraum Nr. 4 und mit der Wohnung Nr. 4 der Abstellraum Nr. 1 verbunden sei, und in der Spalte 6 die Änderung der Teilungserklärung unter Bezugnahme auf die notarielle Urkunde vermerkt werde. In dieser Weise würden gewohnheitsmäßig vergleichbare Veränderungen in zahlreichen Grundbüchern verlautbart. Eine Umnummerierung hingegen führe zu dem Nachteil, dass mit derselben Nummer je nach gewähltem Zeitpunkt sachenrechtlich unterschiedliche Räume bezeichnet würden. Eine einmal gewählte Bezeichnung dürfe nicht nachträglich durch Umnummerierung mit einer anderen sachenrechtlichen Zuweisung belegt werden. Selbst wenn für die geänderten Einheiten neue, bislang nicht belegte Nummern gewählt würden, seien wegen der Diskrepanz zum ursprünglichen Plan bei späteren, andere Einheiten betreffenden Veränderungen Schwierigkeiten und Verwirrung zu besorgen.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Nicht nur bei der Erstbegründung von Sondereigentum, sondern auch bei späteren Veränderungen sei eine einheitliche Nummerierung der Räumlichkeiten innerhalb eines Sondereigentums zu verlangen. Ein geänderter Plan sei erforderlich, weil mit der gegenständlichen Änderung die vorliegenden Pläne unrichtig würden.

II.

Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde gegen die gemäß § 18 Abs. 1 GBO getroffene Zwischenverfügung hat in der Sache Erfolg und führt zu einer Aufhebung der Zwischenverfügung.

1. Die Herauslösung einzelner Sondereigentumsräume aus einem Wohnungseigentum unter gleichzeitiger Zuordnung zu einem anderen Wohnungseigentum derselben Gemeinschaft ist – auch ohne Änderung des Miteigentumsanteils – als Inhaltsänderung des abgebenden und aufnehmenden Sondereigentums materiellrechtlich zulässig (BGH NJW 1986, 2759). Sie erfordert – neben der Zustimmung dinglich Berechtigter (§§ 877, 876 BGB) – eine dingliche Einigung (§§ 873, 876 BGB) der tauschenden Wohnungseigentümer in Auflassungsform (§ 4 Abs. 1 und 2 WEG, § 925 BGB) sowie die Eintragung der Inhaltsänderung im Bestandsverzeichnis der betroffenen Grundbücher. Ein Neuvortrag des Wohnungseigentums ist nicht erforderlich. Allerdings muss sich der Kerngehalt der Änderung aus dem Grundbuchvermerk selbst ergeben; lediglich eine Bezugnahme auf die geänderte Teilungserklärung reicht materiellrechtlich jedenfalls dann nicht aus, wenn das von der Änderung betroffene Sondereigentum im Bestandsverzeichnis konkret bezeichnet ist (BGH NJW 2007, 3777/3778; Schneider in Bauer/Schaub GBO 4. Aufl. AT E Rn. 350; Demharter GBO 31. Aufl. § 44 Rn. 31.3; Hügel/Kral GBO 3. Aufl. WEG Rn. 141).

Dass kein geänderter Aufteilungsplan und keine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung vorzulegen sind, wenn die Änderung einen von vornherein in sich abgeschlossenen Raum betrifft, dessen Übertragung keine Unklarheit im Hinblick auf die Grenzen des Sondereigentums (Identifikation der im Sondereigentum stehenden Räume) und die Abgeschlossenheit der neuen Einheiten bewirkt, entspricht allgemeiner Meinung (vgl. nur Senat vom 13.8.2010, 34 Wx 105/10 = MittBayNot 2011, 229; OLG Celle DNotZ 1975, 42/44; OLG Zweibrücken MittBayNot 2001, 318; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 2968; Schneider in Bauer/Schaub AT E Rn. 348; Staudinger/Rapp BGB [2018] § 6 WEG Rn. 19 und § 7 WEG Rn. 21; Riecke/Schmid WEG § 7 Rn. 91; Timme/Kral WEG 2. Aufl. § 7 Rn. 61).

2. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 WEG sind in dem bei der Begründung von Wohnungseigentum zusammen mit der Bewilligung vorzulegenden Aufteilungsplan (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 WEG) alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume mit der jeweils gleichen Nummer zu kennzeichnen. Damit soll sichergestellt werden, dass der Inhalt des jeweiligen Sondereigentums, nämlich die zu ihm gehörenden Räume, aus der Eintragung im Grundbuch und der dort zulässig in Bezug genommenen Grundlage mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervorgeht (vgl. BayObLG Rpfleger 1991, 414). Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für den grundbuchamtlichen Vollzug einer späteren Änderung des Sondereigentums durch Tausch von Einzelräumen fehlt. Dass die nach Änderung demselben Wohnungseigentum zugehörigen Räume einheitlich nummeriert sein müssen, ergibt sich daher nicht unmittelbar aus dem Gesetz.

Der Senat hat allerdings am 13.8.2010 (34 Wx 105/10 = MittBayNot 2011, 229 unter Bezugnahme auf Röll MittBayNot 1979, 218/219) entschieden, dass das Grundbuchamt verlangen kann, die neu zugeordneten Räume so umzubenennen, dass nicht Räume mit gleicher Nummer zu unterschiedlichen Einheiten gehören (ebenso: Bärmann/Armbrüster WEG 13. Aufl. § 7 Rn. 82; Niedenführ/Vandenhouten WEG 12. Aufl. § 7 Rn. 22; Staudinger/Rapp § 7 WEG Rn. 21). Dies könne geschehen durch vollständige Umnummerierung der neuen Einheit(en) oder durch Vergabe einer wohnungsabweichenden neuen Nummer nur für den Nebenraum in einer beigefügten Teilzeichnung, z. B. durch Überkleben der entsprechenden Eintragungen des amtlichen Aufteilungsplans.

Diese Entscheidung ist teilweise auf Kritik gestoßen (Schöner/Stöber Rn. 2969 Fn. 62; Schneider in Riecke/Schmid WEG 4. Aufl. § 7 Rn. 91; Erman/Grziwotz BGB 15. Aufl. § 7 WEG Rn. 3; Grziwotz MittBayNot 2011, 230; außerdem RNotZ 2010, 647/648). Verwirrung sei nicht zu besorgen, wenn aus dem Beschrieb des Grundbuchs hervorgehe, dass die Nebenräume getauscht wurden und mit der Wohnungseinheit Nr. x nunmehr der Nebenraum Nr. y verbunden sei. Missverständnisse seien eher dann zu erwarten, wenn nach dem Grundbuchbeschrieb mit der Wohnungseinheit Nr. x der frühere Nebenraum Nr. y verbunden werde, der nunmehr die Bezeichnung Nr. x führe. Auch die Zuweisung einer wohnungsabweichenden Nummer führe nur bedingt zu einer besseren Übersichtlichkeit, weil damit allenfalls klar sei, dass der Raum nicht mehr zur ursprünglich verbundenen Einheit gehöre, nicht aber, mit welcher Einheit er nun verbunden sei. Deshalb sei es zwar zulässig, aber nicht zwingend geboten, eine Umnummerierung nebst geänderter Teilzeichnung vorzulegen.

3. Das Grundbuchamt kann jedenfalls vorliegend nicht verlangen, dass die von den jeweiligen Wohnungen getrennten und im Austausch neu zugeordneten Nebenräume so umbenannt und in einem beizufügenden Plan entsprechend neu bezeichnet werden müssen, dass nur Räume mit gleicher Nummer zu der jeweiligen Einheit gehören (weitergehend in dem Sinne, dass eine solche Anforderung generell unzulässig sei: Jennißen/Krause WEG 5. Aufl. § 6 Rn. 22; Rapp in Beck’sches Notarhandbuch 6. Aufl. A III Rn. 99 mit Rn. 96).

§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 WEG ist nach allgemeiner Meinung – wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 13.8.2010 (34 Wx 105/10) ausgeführt hat – Ausdruck des das Grundbuchrecht beherrschenden Grundsatzes, dass mit Blick auf das sachenrechtliche Bestimmtheitserfordernis der Inhalt des dinglichen Rechts (hier des Sondereigentums) aus dem Eintragungsvermerk mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehen muss und eine Verwirrung weitestgehend ausgeschlossen werden soll. Zum einen müssen aus dem Grundbuch alle Veränderungen des Gegenstands und des Umfangs von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum klar und eindeutig nachvollziehbar sein (vgl. BGH NJW 2007, 3777/3778). Zum anderen dient die Bestimmtheit der Eintragung der Vermeidung einer unklaren Grundbuchlage, wie sie etwa in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalt (NJW 2007, 3777/3778) eingetreten war. Eine für alle Fälle gleichermaßen gültige Aussage über das Erfordernis sowie die Art und Weise einer Umnummerierung unter Beifügung von Teilzeichnungen erscheint deshalb weder notwendig noch sachdienlich.

Weil die vorliegend vereinbarte Inhaltsänderung nur die Neuzuordnung zweier getrennter Nebenräume betrifft, ist Verwirrung nicht zu besorgen, wenn im Bestandsverzeichnis der betroffenen Grundbücher (vgl. § 6 Abs. 5 WGV) die Änderung des Inhalts des Sondereigentums eingetragen und dabei konkret – unter gleichzeitiger Rötung des abzuschreibenden Nebenraums gemäß § 3 Abs. 6 WGV – unter ergänzender Bezugnahme auf die Beschreibung in der geänderten Teilungserklärung vermerkt wird, dass der im Aufteilungsplan mit Nr. 4 gekennzeichnete Nebenraum nicht mehr zum Sondereigentum Nr. 4, sondern zum Sondereigentum Nr. 1 gehört, und umgekehrt, dass der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 gekennzeichnete Nebenraum nicht mehr zum Sondereigentum Nr. 1, sondern zum Sondereigentum Nr. 4 gehört (vgl. BGH NJW 2007, 3777). Angesichts der Überschaubarkeit der Inhaltsänderung und der gegebenen Möglichkeit der klaren textlichen Beschreibung erscheint hier die eindeutige Zuordnung der Räume zum jeweiligen Sondereigentum nicht gefährdet, so dass die ausgetauschten Nebenräume die Nummer desjenigen Sondereigentums beibehalten können, zu dem sie bisher gehörten (Schneider in Riecke/Schmid § 7 Rn. 91; Grziwotz DNotZ 2009, 405/407 f.; ders. MittBayNot 2011, 230 f.).

III.

Kostenentscheidung und Geschäftswertfestsetzung sind mit Blick auf § 25 GNotKG nicht erforderlich.

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