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Sittenwidrigkeit eines Grundstücksübertragungsvertrages unter Eheleuten

LG Zwickau – Az.: 1 O 95/10 – Urteil vom 18.10.2011

: des Vertrages; widerklagend geltend gemachter Übereignungsanspruch

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, folgende Willenserklärungen abzugeben:

Ich übereigne

a)

das im Grundbuch des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal, Grundbuch von …, Bl. … vorgetragene Flurstück …

und

b)

das im Grundbuch des Amtsgerichts Hoheinstein-Ernstthal, Grundbuch von …, Bl. … vorgetragene Flurstück …

an den Beklagten und bewillige jeweils dessen Eintragung als Eigentümer im Grundbuch durch Abgabe der Auflassungserklärung gegenüber dem Sequester Herrn RA , … .

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 10.01.1996 von der Stadt … das Grundstück Rudolph-Breitscheid-Straße 13 in …, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal, Grundbuch von …, Bl. …, Flurstücks-Nr. … für 330.000,00 DM. Mit weiterem notariellen Kaufvertrag vom 04.09.1996 erwarb die Klägerin von Herrn … das Grundstück … in …, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal, Grundbuch von …, Blatt …, Flurstücks-Nr. … für 145.000,00 DM.

Nach Zahlung des Kaufpreises wurde die Klägerin jeweils im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.

Mit notariellen Verträgen vom 16.07.1996 und 10.10.1996 vereinbarten die Parteien für die vorgenannten Grundstücke eine Verpflichtung der Klägerin zur Eigentumsübertragung auf den Beklagten. In den insoweit inhaltsgleichen Verträgen ließen die Parteien dabei u.a. folgende Erklärungen beurkunden:

„…

II.

… verpflichtet sich ihrem Ehemann, Herrn … gegenüber, über den von (…) erworbenen Grundbesitz der Gemarkung … Flst.Nr. (…) nur nach dessen vorheriger Zustimmung zu verfügen. Demnach sind insbesondere Veräußerung und Belastung der Vertragsbesitzes ohne Zustimmung unzulässig. Auf § 137 BGB wurde in diesem Zusammenhang hingewiesen.

Frau … ist verpflichtet, bei einem etwaigen Verstoß gegen die vorstehende Verpflichtung unverzüglich den von (…) erworbenen Vertragsbesitz an ihren Ehemann Herrn … zu übertragen. Weiter steht Herrn … ein Anspruch auf Übertragung des von Frau … erworbenen Vertragsbesitzes zu, falls sie vor ihrem Ehemann verstirbt oder Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird, und zwar unabhängig davon, wer das Scheidungsbegehren stellt.

Schließlich steht Herrn … der Übertragungsanspruch zu, wenn irgendwelche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Grundstück betrieben werden oder wenn die Eigentümerin in Konkurs fällt.

Der Anspruch auf Eigentumsübertragung ist nicht abtretbar und vererblich, erlischt also mit dem Tode des Herrn … .

Im Falle des Übertragungsverlangens hat Herr … sämtliche im Grundbuch im Range vor seiner Vormerkung in Abt. II und III eingetragenen Belastungen zu übernehmen, ansonsten jedoch keine weiteren Gegenleistungen zu erbringen, gleich welcher Art.

Herr B. trägt ferner die durch die Übertragung anfallenden Kosten, Gebühren und Steuern.

III.

Zur Sicherung des Anspruchs des Herrn … auf Eigentumsübertragung an dem Grundbesitz Flst.Nr. (…) Gemarkung … bewilligt Frau … und b e a n t r a g t

Herr … die Eintragung einer Vormerkung gemäß § 883 BGB im Grundbuch im Range nach den zur Eintragung gelangenden Belastungen, jedenfalls aber an nächstoffener Rangstelle.

IV

Frau … verpflichtet sich nach Stellung des Verlangens gem. Ziff. II die Auflassung des Grundbesitzes Flst. Nr. (…) Gemarkung … an ihrem Ehemann zu erklären. Hierzu erteilt Frau S.-B. ihrem Ehemann unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB Vollmacht.

Die Vollmacht ist unwiderruflich und erlischt nicht durch den Tod der Vollmachtsgeberin “

wegen der weiteren Erklärungen wird auf die Anlagen K 5 und K 6 Bezug genommen. Zugunsten des Beklagten wurden jeweils Vormerkungen in das Grundbuch eingetragen.

Beide Objekte wurden durch die Klägerin vermietet; bis zu ihrer Insolvenz im Jahr 2002 war dabei maßgebliche Mieterin die Fa. … GmbH, deren Gesellschafter der Beklagte war.

In der Folgezeit überwarfen sich die Parteien; unter dem Az: 2 F 357/09 ist beim Amtsgericht Starnberg das Scheidungsverfahren anhängig. Zwischenzeitlich wurden die Übertragungsansprüche des Beklagten durch die Fa. … GmbH gepfändet

Die Klägerin hält die mit dem Beklagten abgeschlossenen Verträge als sittenwidrig. Insbesondere sei es nicht gerechtfertigt, dass sie einerseits die alleinigen Finanzierungskosten für die Grundstücke getragen habe, andererseits aber der Beklagte letztendlich ein unentgeltliches Übertragungsrecht geltend machen könne. Zumindest seien die von ihr erklärten Kündigungen, Widerrufe und Rücktrittserklärungen zulässig und gerechtfertigt gewesen. Mit der Insolvenz der Fa. … bzw. mit dem Scheidungsverfahren sei außerdem auch die Geschäftsgrundlage für die Übertragungsvereinbarung entfallen. Sie habe daher gegen den Beklagten einen Anspruch darauf, dass die Auflassungsvormerkungen, die dazu dienten, die Übertragungsvereinbarung zu sichern, gelöscht werden.

Nachdem das Landgericht Zwickau mit Zwischenurteil vom 18.03.2011 seine sachliche Zuständigkeit rechtskräftig festgestellt hat stellt die Klägerin folgende Sachanträge,

I.

Der Beklagte wird verurteilt, die Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal, Grundbuch von …, Blatt …, Flurstück …, Abteilung II. lfd. Nr. 1 eingetragenen Auflassungsvormerkung zu erteilen.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, die Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichts Hohenstein-Ernstthal, Grundbuch von …, Blatt …, Flurstück …, Abteilung II. lfd. Nr. 1 eingetragenen Auflassungsvormerkung zu erteilen.

III.

Es wird festgestellt, dass die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung gemäß Urkunde des Notars … vom 10.10.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) nichtig ist.

IV.

Es wird festgestellt, dass die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung gemäß Urkunde des Notars …vom 16.07.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) nichtig ist.

Hilfsweise stellt die Klägerin folgende Anträge:

V. Hilfsweise zu Zif. III. und IV. wird festgestellt, dass folgende Regelung in der notariellen Urkunde des Notars … vom 10.10.1996 (Urkunden-Nr. …/1996 nichtig ist:

„Weiter steht Herrn … ein Anspruch auf Übertragung des von Frau … erworbenen Vertragsbesitzes zu, falls (…) Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird, und zwar unabhängig davon, wer das Scheidungsbegehren stellt.“

VI. Hilfsweise zu Zif. III. und IV. wird festgestellt, dass folgende Regelung in der notariellen Urkunde des Notars …x vom 16.07.1996 (Urkunden-Nr. …/1996 unwirksam ist:

„Weiter steht Herrn … ein Anspruch auf Übertragung des von Frau … erworbenen Vertragsbesitzes zu, falls (…) Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt wird, und zwar unabhängig davon, wer das Scheidungsbegehren stellt.“

…(VII. und VIII.)…

IX.

Es wird festgestellt, dass die Herrn … mit Urkunde des Notars … vom 10.10.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) unter Zif. IV.) erteilte Vollmacht nichtig ist.

X.

Es wird festgestellt, dass die Herrn … mit Urkunde des Notars … vom 16.07.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) unter Zif. III.) erteilte Vollmacht nichtig ist.

Wiederum hilfsweise zu Zif. IX und Zif. X wird beantragt:

XI.

Es wird festgestellt, dass die Herrn … mit Urkunde des Notars … vom 10.10.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) unter Zif. IV. erteilte Vollmacht wirksam widerrufen worden ist.

XII.

Es wird festgestellt, dass die Herrn … mit Urkunde des Notars … vom 16.07.1996 (Urkunden-Nr. …/1996 unter Zif. III.) erteilte Vollmacht wirksam widerrufen worden ist.

Hilfsweise wird zu Zif. III., Zif. IV. wird beantragt:

XIII.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin die mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung gemäß Urkunde des Notars … vom 10.10.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) wirksam gekündigt hat und dem Beklagten keine Ansprüche aus dieser Vereinbarung zustehen.

XIV.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin die mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung gemäß Urkunde des Notars … vom 16.07.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) wirksam gekündigt hat und dem Beklagten keine Ansprüche aus dieser Vereinbarung zustehen.

Wiederum hilfsweise zu Zif. XIII. und Zif. XIV. wird beantragt:

XV.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin von der mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarung gemäß Urkunde des Notars … vom 10.10.1996 (Urkunden-Nr. …/1996 wirksam zurückgetreten ist.

XVI.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin von der mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarung gemäß Urkunde des Notars … vom 16.07.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) wirksam zurückgetreten ist.

Wiederum hilfsweise wird zu Zif. I., Zif. II., Zif. III., Zif. IV., Zif. XIII., Zif. XIV., Zif. XV. und Zif. XVI. in Ergänzung zu Zif. V., Zif. VI., Zif. IX., Zif. X., Zif. XI. und Zif. XII. beantragt:

XVII.

Es wird festgestellt, dass dem Beklagten ein Auflassungsanspruch gemäß Urkunde des Notars W. S. vom 10.10.1996 (Urkunden-Nr. …/1996) nur Zug um Zug gegen Bezahlung der Forderungen der Klägerin zusteht, wie sie erstinstanzlich in dem unter dem Az: 25 O 15536/08 vor dem Landgericht München I und zweitinstanzlich in dem vor dem Oberlandesgericht München unter dem Az: 21 U 3030/11 geführten Rechtsstreit gegen den Beklagten geltend gemacht werden.

XVIII.

Es wird festgestellt, dass dem Beklagten ein Auflassungsanspruch gemäß Urkunde des Notars W. S. vom 16.07.1996 (Urkunden-Nr. 1255/S/1996 nur Zug um Zug gegen Bezahlung der Forderungen der Klägerin zusteht, wie sie erstinstanzlich in dem unter dem Az: 25 O 15536/08 vor dem Landgericht München I und zweitinstanzlich in dem vor dem Oberlandesgericht München unter dem Az. 21 U 3030/11 geführten Rechtsstreit gegen den Beklagten geltend gemacht werden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die geschlossenen Übertragungsvereinbarungen für wirksam und verweist darauf, dass die formellen Voraussetzungen für seinen Übertragungsanspruch, den er mit Zustimmung des Pfandgläubigers und des Sequesters geltend macht, nunmehr mit Stellung des Scheidungsantrages gegeben seien.

Der Beklagte beantragt widerklagend, die Klägerin zu verurteilen,

a)

das im Grundbuch des AG Hohenstein-Ernstthal, Grundbuch von …, Blatt … vorgetragene Flurstück …

und

b)

das im Grundbuch des AG Hohenstein-Ernstthal, Grundbuch von …, Blatt … vorgetragene Flurstück …

an den Beklagten zu übereignen und die Eintragung des Beklagten als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen, und zwar durch Abgabe der Auflassungserklärung gegenüber dem Sequester, Herrn … in München.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehen selbst dann, wenn die Übertragungsverträge für rechtsgültig angesehen werden, Zurückbehaltungsrechte in Höhe von zumindest 1.312.007,84 EUR zuzüglich Zinsen und Kosten aus dem bislang noch nicht rechtskräftigen Verfahren vor dem Landgericht München I unter dem Az: 25 O 15536/08 zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist in ihren Hauptanträgen unbegründet und im Hinblick auf die Hilfsanträge unzulässig; der Klägerin steht unter keinem Gesichtspunkt ein Löschungsanspruch hinsichtlich der im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkungen zu; die Übertragungsverträge sind wirksam.

1.

Die Klägerin ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Übertragungsverträge sittenwidrig sind; der hierzu gehaltene Sachvortrag ist jedoch unschlüssig:

Die beiden Verträge, mit denen sich die Klägerin verpflichtete, unter bestimmten Voraussetzungen das Eigentum an den Grundstücken an den Beklagten zu übertragen, sind nicht nichtig. Der Umstand, dass eine Partei einer anderen Partei eine unentgeltliche Vermögensübertragung verspricht, ist für sich genommen nicht sittenwidrig. Wollte man dies allen Ernstes vertreten, wären die gesetzlichen Regeln über Schenkungsverträge von Anfang an obsolet. Allein dass die Klägerin zwar die Grundstücke nach eigenen Angaben ausschließlich selbst finanzierte, sie sich aber unter anderem für den Fall eines Scheidungsantrages, verpflichtete, diese Grundstücke an den Beklagten zu übereignen, ist nicht ohne weiteres sittenwidrig. Die Klägerin übersieht, dass zwischen den Parteien von Anfang an kein Austauschverhältnis von gleichwertigen synallagmatischen Leistungen vereinbart war. Anders als die Klägerin meint, ist auch der Umstand, dass – neben anderen möglichen Übertragungsgründen – auch die Stellung eines Scheidungsantrages als auslösender Anspruchsgrund genannt wurde, kein Eingriff in die eheliche Verbindung der Parteien. Selbst die Klägerin geht davon aus, dass sich durch die Stellung eines Scheidungsantrages die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen der Parteien geändert haben und meint – wenn auch für den vorliegenden Sachverhalt irrig – hieraus Ansprüche ableiten zu können. Die Klägerin übersieht, dass nicht etwa das Aufrechterhalten der Ehe mit den Übertragungsverträgen gleichsam als Faustpfand mehr oder minder stillschweigend erzwungen werden, sondern dass lediglich für den Fall einer Auflösung der Ehe eine Zuordnung des Grundvermögens stattfinden sollte. Auch dies ist nicht zu beanstanden. Anders als die Klägerin meint, ist insofern auch nicht die Vollmachtserteilung zugunsten des Beklagten als solche sittenwidrig.

Die Erwägungen der Klägerin zur Sittenwidrigkeit der Vereinbarung gehen daher fehl.

Es gibt auch keinen Anspruch der Klägerin auf Lösung von den Übertragungsverträgen unter dem Gesichtspunkt des Wegfalles der Geschäftsgrundlage. Nach eigenen Angaben der Klägerin sollten sich die Grundstücke im Wesentlichen dadurch finanzieren, dass die Fa. … zu überhöhten Marktpreisen die Objekte anmietet und der Beklagte in genau definiertem Umfang den Erlös aus verschiedenen Lebensversicherungen hinzugibt. Die Klägerin sollte den Mietzins behalten dürfen und zugleich sollte die Fa. … in erheblichem Maße in die Grundstücke investieren. Auch wenn zwischen den Parteien der genaue Umfang der gezogenen Mieten und der Investitionen sowie deren aktuelle Werthaltigkeit für die einzelnen Grundstücke streitig sein mögen, überstiegen diese jedenfalls die jeweiligen Grundstückskaufpreise. Nach eigenen Angaben der Klägerin vermietete diese nach 2002 an Dritte und vereinnahmte auch den hieraus erzielten Mietzins. Ausweislich des eigenen Sachvortrages war genau dies alles Sinn und Zweck der geschlossenen Vereinbarungen. Die Parteien wollten außerdem, wie der Wortlaut der Übertragungsverträge zeigt, Vermögenswerte schaffen, die einem etwaigen Gläubigerzugriff entzogen waren. Nicht umsonst führt der Übertragungsvertrag als Übertragungsgrund insoweit auch eine mögliche Insolvenz der Klägerin an. Soweit die Klägerin meint, der Übertragungsvertrag hätte es dem Beklagten an die Hand gegeben, unmittelbar nach dem Grundstückserwerb rechtsmissbräuchlich einen Scheidungsantrag zu stellen, so mag dies sein. Von den Parteien war diese theoretische Möglichkeit jedoch bei Abschluss des Vertrages ersichtlich nicht ins Auge gefasst worden und entsprach auch nicht einem „geheimen Plan“ des Beklagten, wie sich bereits aus dem Umstand ergibt, dass die Verträge sechs Jahre lang genau so gelebt und umgesetzt wurden, wie dies – nach Angaben der Klägerin – den gemeinsamen Absichten und Planungen entsprach. Der Umstand, dass der Beklagte später selbst in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geriet und sich die Parteien im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens nunmehr unversöhnlich einander gegenüber stehen, führt ebenfalls nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Vielmehr vermengt die Klägerin ihre aktuellen Überlegungen zur möglicherweise zweifelhaften Erfolgsaussicht einer etwaigen Zwangsvollstreckung über die anderweitig behaupteten Ansprüche mit den Motiven, die damals Grundlage für die geschlossenen Vereinbarungen waren.

Gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Kündigungs-, Widerrufs- oder Rücktrittsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Die Übertragungsverträge sind daher weder nichtig noch kann sich die Klägerin von diesen gegen den Willen des Beklagten lösen.

2.

Die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge sind allesamt unzulässig:

Die Feststellungsanträge bis einschließlich Zif. XVI. sind mit Verhandlung über die Widerklageanträge des Beklagten unzulässig geworden. Mit den Widerklageanträgen auf Übertragung des Eigentums an den streitgegenständlichen Grundstücken entfällt das Feststellungsinteresse, sobald die Widerklageanträge nicht mehr ohne Zustimmung der Klägerin zurückgenommen werden können. Daneben sind diese Feststellungsanträge aber auch – wie bereits ausgeführt – unbegründet.

Hinsichtlich der Feststellungsanträge Zif. XVII. und XVIII. bedarf es nicht der Erhebung einer Feststellungsklage, um eine Zug um Zug Verurteilung nach eventuell erfolgreicher Widerklage – die anderen Hilfsverhältnisse der Klägerin sind ohnehin nicht tragfähig – zu bewirken. Vielmehr genügt hier die schlichte Erhebung einer Einrede. Ein Feststellungsinteresse ist daher von Anfang an nicht vorhanden gewesen; zumindest ist dies nach Verhandlung über die Widerklage ebenfalls entfallen.

II.

Die Widerklage ist aus Zif. II. der notariellen Verträge vom 16.07.1996 bzw. 10.10.1996 (Anlagen K 5 und K 6) begründet; der Beklagte hat in zulässiger gewillkürter Prozeßstandschaft einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an sich selbst.

Die formellen Voraussetzungen für die Eigentumsübertragung liegen bei beiden Grundstücken vor; ein Scheidungsantrag wurde gestellt. Mithin ist nach dem Vertragswortlaut das Eigentum an den Grundstücken unverzüglich auf den Beklagten zu übertragen.

Ein Zurückbehaltungsrecht steht der Klägerin schon nach ihrem eigenen Sachvortrag nicht zu: Ausweislich der Übertragungsverträge war zwischen den Parteien ausschließlich vereinbart, dass der Beklagte bei Geltendmachung des Übertragungsanspruches für die dingliche Lastenfreiheit Sorge zu tragen und die anfallenden Kosten, Gebühren und Steuern zu tragen hat. Sonstige Gegenleistungen „gleich welcher Art“ sollten ausdrücklich ausgeschlossen sein (Ziffer II., letzter Absatz der notariellen Verträge; K5/ K6).

Die Parteien haben so einen umfassenden Einredeverzicht vereinbart.

Die von der Klägerin einredeweise geltend gemachten – nicht unmittelbar konnexen – Gegenforderungen in einer Größenordnung von ca. 1,3 Mill. Euro, die mit den streitgegenständlichen Grundstücken nicht unmittelbar etwas zu tun haben sollen, können daher dem Übertragungsanspruch des Beklagten nicht entgegengesetzt werden.

Bei Abschluss der Übertragungsvereinbarung kam es den Parteien ausweislich des Wortlautes ersichtlich auf eine schnelle Abwicklung der Grundstücksübertragung an, die nicht durch mögliche Gegenansprüche verzögert werden sollte. Von diesem dokumentierten Parteiwillen ausgehend, verbietet es sich, als konnexe Forderung i.S.d. § 273 BGB letztendlich jede Forderung ansehen zu wollen, die nur irgendwie auf das eheliche Verhältnis der Parteien und und das gemeinsame Wirtschaften zurückgeführt werden kann; vielmehr kann die Klägerin allenfalls dann Forderungen gegen den Rückübertragungsanspruch des Beklagten setzen, wenn diese in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Grundstücke stehen.

Auch derartige – konnexe – Gegenansprüche stehen der Klägerin jedoch nicht zu, wie sich aus folgenden Überlegungen ergibt:

Soweit der Beklagte die Auffassung vertreten hat, die Klägerin sei letztendlich nur „formell Eigentümerin“ der Grundstücke geworden, in Wahrheit habe sie nur in seinem Auftrag gehandelt, können insofern zwar konnexe Gegenansprüche der Klägerin aus einem Auftragsverhältnis in Betracht kommen. Folgte man der Rechtsauffassung des Beklagten, hätte dieser der Klägerin mithin sämtliche Aufwendungen zu ersetzen, die diese unter Berücksichtigung der erzielten Vorteile auf das Grundstück aufwendete (§ 670 BGB). Für ein bloßes Auftragsverhältnis spräche insbesondere auch der Umstand, dass die Klägerin ohne Zustimmung des Beklagten über die Grundstücke weder verfügen noch diese belasten durfte. In Verbindung mit dem ausdrücklich vereinbarten Freistellungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der dinglichen Belastungen spricht daher einiges dafür, dass die Auslegung des Beklagten zutreffen könnte.

Es ist jedoch müßig, über sich hieraus möglicherweise ergebende Gegenansprüche der Klägerin zu spekulieren. Zum einen hat sich die Klägerin die Auslegung des Beklagten nicht auch nicht hilfsweise zu eigen gemacht. Vielmehr beharrte die Klägerin in ihrer Anhörung ausdrücklich darauf, dass der Beklagte gerade nicht verpflichtet war, Kosten und Aufwendungen für die streitgegenständlichen Grundstücke zu übernehmen. Er sollte nach ihren Angaben nicht einmal die Darlehen ablösen, welche durch die Grundschulden gesichert waren.

Dies alles sollte vielmehr allein durch die Klägerin und – mit Ausnahme der noch einzubringenden Versicherungen – nur mit deren finanziellen Mitteln erfolgen. Dementsprechend existiert für ein konnexes Zurückbehaltungsrecht keine Anspruchsgrundlage.

Unabhängig davon hat die Klägerin zum anderen mögliche Aufwendungsersatzansprüche, wie sie vom Beklagten dem Grunde nach nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden, nicht konkret beziffert. Hierzu wäre es nötig gewesen, dass die Klägerin den Aufwendungen, die sie im Hinblick auf die streitgegenständlichen Grundstücke tätigte, sämtliche erzielten Vorteile gegenüberstellt, um so einen Saldo zu bilden und Rechnung zu legen (§§ 666, 667, 670 BGB). Dies ist indes nicht geschehen. Es ist daher offen, in welcher Höhe etwaige Aufwendungsersatzansprüche zu beziffern gewesen wären.

Soweit die Klägerin rügt, dass der Beklagte ursprünglich verschiedene auf ihn lautende Versicherungen zur Tilgung der Darlehensverträge mit einbringen sollte, die die Klägerin abgeschlossen und mit seiner Zustimmung durch Grundschulden auf den streitgegenständlichen Grundstücke gesichert hatte, kann sie auch hieraus keine Zurückbehaltungsrechte ableiten:

Der Beklagte war vertraglich verpflichtet, die Grundschulden abzulösen. Aufgrund der Sicherungsabreden, die banktypisch der Grundschuldbestellung zugrunde liegen, erfüllte eine Darlehenstilgung dabei zwar wegen der fehlenden Akzessorietät nicht die dinglich gesicherte Grundschuld wohl aber den vertraglich vereinbarten Sicherungszweck. Auch wenn die Klägerin behauptet, die Darlehen und die Finanzierung der Grundstücke gingen den Beklagten nichts an, kommt daher bei Nichterfüllung dieser Zusatzvereinbarung zumindest insofern ein konnexer Gegenanspruch in Betracht. Folgt man dagegen der Vertragsauslegung des Beklagten ergäbe sich ein derartiger Anspruch unproblematisch schon aus § 670 BGB. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang jedoch nur, die entsprechenden Versicherungen seien entgegen der ursprünglichen Planung nicht etwa zur Darlehensfinanzierung sondern zur Tilgung von anderweitigen Schulden des Beklagten benutzt worden. Dies ist aber irrelevant. Gleichgültig welche Vorstellungen die Parteien hatten, als sie die Hereinnahme der Versicherungen in die Darlehensverträge vereinbarten, jedenfalls nachfolgend haben sie eine anderweitige Vereinbarung getroffen: Nach eigenem Sachvortrag der Klägerin sind die entsprechenden Versicherungsverträge ihr zunächst zugeflossen und sodann einvernehmlich zur Tilgung von anderweitigen Schulden des Beklagten verwendet worden. Ein Zurückbehaltungsrecht kann daher die Klägerin auch hieraus nicht ableiten.

Im übrigen bestünde ein etwaiger Gegenanspruch ohnehin nur in Höhe der Differenz zwischen der aufgrund der vorzeitigen Kündigung der Versicherungen tatsächlich erzielten Beträge einerseits und der ursprünglich geplanten Auszahlungssumme andererseits. Die Klägerin beziffert diese Differenz jedoch nicht.

Mithin ist die Klägerin zur unbedingten Übertragung der Grundstücke an den Beklagten verpflichtet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 894 ZPO und beschränkt sich wegen der Sicherheitsleistung der Höhe nach auf die Kosten des Beklagten.

 

 

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