OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 93/16 – Beschluss vom 09.03.2017
Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Düsseldorf – Rechtspflegerin – vom 11. März 2016 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beteiligte ist die eingetragene Eigentümerin des vorbenannten Grundbesitzes. Sie war verheiratet mit Prof. Dr. G. V., der ursprünglich Eigentümer des Grundbesitzes war. Mit notariell beurkundetem Grundstücksübertragungsvertrag vom 7. Dezember 2010 übertrug Prof. Dr. V. das Eigentum auf die Beteiligte, wobei er sich ein lebenslängliches unentgeltliches Nießbrauchsrecht vorbehielt. Die Vertragsparteien bewilligten und beantragten die Eintragung des Nießbrauchsrechts im Grundbuch mit dem Vermerk, dass für die Löschung der Nachweis des Todes des Berechtigten genügen sollte.
§ 10 des Grundstücksübertragungsvertrages lautet wie folgt:
„§ 10
Rückübertragungspflicht
(1) Der Übernehmer verpflichtet sich, den hier übertragenen Grundbesitz zu Lebzeiten des Übergebers weder zu veräußern … noch durch Grundpfandrechte zu belasten, es sei denn, der Übergeber stimmte dem jeweiligen Rechtsgeschäft zu. Bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung ist der Übernehmer auf Verlangen des Übergebers verpflichtet, den ihm übertragenen Grundbesitz unentgeltlich nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen im Einzelnen auf diesen oder eine von diesem benannte Person zurückzuübertragen bzw. zu übertragen.
(2) Der Anspruch des Übergebers auf Rückübertragung des hier übergebenen Grundbesitzes steht dem Berechtigten auch dann zu, wenn
a) Zwangsvollstreckungsmaßnahmen … in den hier übertragenen Grundbesitz erfolgen;
b) der Übernehmer vor dem Übergeber verstirbt
c) die Ehe der Erschienenen geschieden wird oder die Erschienenen im Sinne von § 1567 BGB getrennt leben
d) der Übernehmer wesentliche Verpflichtungen gegenüber dem Übergeber verletzt, insbesondere im Falle der Krankheit oder Pflegebedürftigkeit des Übergebers.
(3) Die Rückübertragung bzw. Übertragung kann nur durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Übernehmer bzw. den Erben/Vermächtnisnehmern des Übernehmers geltend gemacht werden, und zwar innerhalb einer Frist von 12 Monaten, nachdem die Voraussetzungen für den Anspruch auf Rückübertragung eingetreten sind.
…
(5) Das Recht auf Rückübertragung bzw. Übertragung des Grundbesitzes soll durch Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Rückauflassung grundbuchlich durch entsprechende Vormerkung gesichert werden:
Es wird demgemäß bewilligt und beantragt, in das Grundbuch einzutragen:
eine Rückauflassungsvormerkung für den Übergeber, und zwar im Range nach dem in § 9 erwähnten Nießbrauchsrecht.“
Am 24. April 2015 hat die Beteiligte unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Sterbeurkunde ihres Ehemannes die Löschung der Rechte Abt. II Nr. 3 (Nießbrauchsrecht) und Nr. 4 (Eigentumsübertragungsvormerkung) beantragt.
Mit Zwischenverfügung vom 20. Mai 2015 hat das Grundbuchamt mitgeteilt, der Erledigung des Antrags stünden Hindernisse entgegen. Es sei noch eine Löschungsbewilligung des/der Erben der Berechtigten Abt. II Nr. 4 in der Form des § 29 GBO nebst Erbnachweis einzureichen. Da nur der Anspruch, nicht aber die Vormerkung befristet sei, bedürfe es mit Blick auf die BGH-Entscheidung zur „Wiederaufladbarkeit von Vormerkungen“ (V ZR 432/98 DNotZ 2000, 639; auch RNotZ 2008, 213) einer Löschungsbewilligung.
Nachdem die Beteiligte mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015 ihren Antrag zunächst dahingehend eingeschränkt hat, dass lediglich das Recht in Abt. II Nr. 3 gelöscht werden solle, wurde die Löschung am 17. Juni 2015 in das Grundbuch eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2016 hat die Beteiligte erneut den Antrag vom 24. April 2015 auf Löschung der in Abt. II Nr. 4 eingetragenen Eigentumsvormerkung (bedingter und befristeter Rückübertragungsanspruch) gestellt. Sie hat ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21. März 2013 – V ZB 74/12) sei die zur Sicherung eines nicht übertragbaren und nicht vererblichen Anspruchs gestellte Auflassungsvormerkung zu löschen, wenn im Grundbuchamt der Tod des Gläubigers nachgewiesen sei. Der nicht übertragbare und unvererbliche Anspruch erlösche mit dem Tod des Gläubigers. Grundsätzlich könne zwar eine Auflassungsvormerkung wieder aufgeladen werden und einen anderen als den ursprünglich vereinbarten Anspruch sichern, wenn Anspruch, Eintragung und Bewilligung kongruent seien. An der Kongruenz fehle es jedoch, wenn die Auflassungsvormerkung einen nicht übertragbaren und unvererblichen Anspruch sichere und der Tod des Gläubigers dieses Anspruchs nachgewiesen sei.
Am 11. März 2016 hat das Grundbuchamt eine weitere Zwischenverfügung erlassen, in der es der Berechtigten die Einreichung einer Löschungsbewilligung der Erben des Berechtigten Abt. II Nr. 4 nebst Erbnachweis in der Form des § 29 GBO aufgegeben hat. Es hat ausgeführt, die Vormerkung sichere einen übertragbaren und vererblichen Anspruch.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 21. März 2016, mit der sie geltend macht, etwaige Ansprüche auf Rückübertragung bei dauerndem Getrenntleben oder bei Verletzung wesentlicher, insbesondere Versorgungspflichten seien gem. § 399 Alt. 1 BGB nicht übertragbar. Es handele sich daher bei den verbleibenden, nicht bereits aus dem Grundbuch als erledigt ersichtlichen Rückübertragungstatbeständen um solche, die der Übergeber zu Lebzeiten nicht an Dritte hätte übertragen und damit nicht vererben können. Der Übertragungsvertrag sei zwischen dem Erblasser als Übergeber und der – nur pflichtteilsberechtigten – Beteiligten nach sehr persönlichen Entscheidungen und Erwartungen für ihre Lebensplanung im Alter abgeschlossen worden. Der Rückauflassungsanspruch habe seine Grundlage in der Gestaltung und Bewertung der ehelichen Lebenssituation und sei dem persönlichen, nicht an Dritte übertragbaren Bereich des Übergebers zuzuordnen, der seine Entscheidung nicht aus der Hand habe geben wollen. Es handele sich bei dem gesicherten Auflassungsanspruch um einen durch den Tod des Berechtigten auflösend bedingten Anspruch mit der Folge, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum „Aufladen“ der Vormerkung nicht zum Tragen komme.
Durch Beschluss vom 29. März 2016 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, es sei nicht in grundbuchgerechter Form nachgewiesen und für das Grundbuchamt auch nicht offensichtlich, dass der Anspruch auf Rückübertragung bezüglich der Anspruchsgründe Punkte 2c) 2. Alternative und 2d) nicht eingetreten und nicht geltend gemacht worden sei. Da in der Urkunde bezüglich der Rückübertragungspflicht nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden sei, dass ein bereits geltend gemachter Anspruch nicht vererblich sei, sei von einer Vererblichkeit auszugehen. Bezüglich dieser Anspruchsgründe sei ein Erlöschen des Anspruchs und somit der Vormerkung aus formalgrundbuchrechtlicher Sicht nicht nachgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundbuchakten Bezug genommen.
II.
1.
Die gemäß §§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1, 72, 73 GBO zulässige Beschwerde ist nach der vom Amtsgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO.
2.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil die Zwischenverfügung nicht hätte ergehen dürfen.
a.
Die Zwischenverfügung ist schon deshalb inhaltlich unzulässig, weil die Beteiligte im Anschluss an die erste Zwischenverfügung vom 20. Mai 2015 durch ihre Ausführungen im (erneuten) Antrag vom 29. Januar 2016 sowie in ihrer Stellungnahme zu der hier angefochtenen Zwischenverfügung ernsthaft und endgültig zu erkennen gegeben hat, dass sie nicht gewillt war, die vom Grundbuchamt geforderte Bewilligung beizubringen. Das Grundbuchamt hätte deshalb – auf der Basis seiner eigenen Rechtsauffassung – nicht erneut durch Zwischenverfügung entscheiden, jedenfalls aber diese nicht aufrechterhalten dürfen, sondern über den Löschungsantrag entscheiden müssen (vgl. Senat, FGPrax 2013, 14; ZEV 2016, 707).
b.
Darüber hinaus ist die Zwischenverfügung auch deshalb zu beanstanden, weil das Grundbuchamt eine von ihm für notwendig erachtete Berichtigungsbewilligung nicht verlangen kann, wenn der Berichtigungsantrag – wie hier – darauf gestützt ist, dass der Unrichtigkeitsnachweis geführt sei. In einer solchen Situation kann die aus Sicht des Grundbuchamts fehlende Berichtigungsbewilligung nicht im Wege der Zwischenverfügung verlangt werden, sondern das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag sofort zurückzuweisen (OLG München ZEV 2016, 708).
Denn die Zwischenverfügung ist ein Mittel, einer beantragten Eintragung den nach dem Eingang des Antrags bestimmten Rang zu sichern, der bei sofortiger Zurückweisung nicht gewahrt würde. Eine Zwischenverfügung ist daher ausgeschlossen, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann, weil anderenfalls die beantragte Eintragung einen ihr nicht gebührenden Rang erhielte (Senat ZEV 2016, 707; BayObLGZ 1990, 6). In der Anforderung der Bewilligung des/der Erben gem. § 19 GBO kann danach ein Mittel zur Beseitigung eines Eintragungshindernisses in Bezug auf das auf Grundbuchunrichtigkeit gestützte Gesuch um Löschung der Rückauflassungsvormerkung gem. § 22 GBO nicht gesehen werden, weil der Löschungsantrag hierdurch auf eine neue Basis gestellt würde. Denn das Grundbuchamt vertritt hierdurch die Auffassung, dass der Beteiligte die Eintragung nur unter veränderten Voraussetzungen zu erlangen vermag, was nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung sein kann.
c.
Vorsorglich sei in der Sache – ohne Bindungswirkung – bemerkt:
Es spricht einiges dafür, dass der auf § 22 Abs. 1 S. 1 GBO gestützte Antrag auf Löschung der Rückauflassungsvormerkung – Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs – nicht erfolgversprechend ist, sondern lediglich ein auf die Bewilligung der Erben gestütztes Löschungsbegehren.
Gemäß § 19 GBO erfolgt eine Eintragung, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Der Grundsatz der einseitigen Bewilligung gilt sowohl für rechtsändernde als auch für berichtigende Eintragungen, wobei zu den Eintragungen auch Löschungen zählen (vgl. Demharter, GBO, § 19 Rn. 3).
Einer Bewilligung nach § 19 GBO bedarf es nur dann nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen ist, § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO. Der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt als Nachweis für die Unrichtigkeit eines Grundbucheintrags über eine Rückauflassungsvormerkung nur dann, wenn sich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung explizit oder durch Auslegung ergibt, dass mit dem Tod des Berechtigten der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann und wenn ausgeschlossen werden kann, dass die Vormerkung auch einen zu Lebzeiten entstandenen, aber bis zum Tod des Berechtigten nicht mehr durchgesetzten und nach § 1922 BGB auf die Erben übergegangen Übertragungsanspruch sichert (OLG München, a.a.O.).
§ 10 des Grundstücksübertragungsvertrages enthält für ein Erlöschen des gesicherten Rückauflassungsanspruchs durch den Tod des Berechtigten keine Anhaltspunkte. Während nach § 9 Abs. 4 des Vertrages für die Löschung des Nießbrauchsrechts der Nachweis des Todes des Berechtigten genügen soll, enthält § 10 Abs. 5 hinsichtlich der Rückauflassungsvormerkung eine solche Löschungserleichterung gerade nicht.
Aus der Formulierung der hier in Rede stehenden Voraussetzungen des Rückübertragungsanspruchs (§ 10 Abs. 2 c und d des Übertragungsvertrages) ergibt sich ebenfalls nicht, dass ein Rückübertragungsanspruch nach dem Tod des Berechtigten ausgeschlossen ist. Weder ist der Rückübertragungsanspruch durch Vereinbarung im Grundstücksübertragungsvertrag auf die Lebenszeit des Übertragers befristet, noch enthält der Vertrag eine ausdrückliche Bestimmung des Inhalts, dass der Rückübertragungsanspruch weder übertragbar noch vererblich sein soll. Zwar dürften die dem Rückübertragungsanspruch zugrunde liegenden Verpflichtungen höchstpersönlicher Natur sein. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Beteiligten den Fortbestand und die Vererblichkeit eines noch zu Lebzeiten des Übergebers entstandenen, bis zu seinem Tod von der Beteiligten aber noch nicht erfüllten Rückübertragungsanspruchs hätten ausschließen wollen. Eine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass die Vererblichkeit eines solchen Anspruchs ausgeschlossen sein sollte, enthält der Grundstücksübertragungsvertrag nicht. Sie dürfte auch nicht den Interessen der Vertragsparteien entsprechen, weil der Schuldner auf diese Weise die Möglichkeit hätte, den Rückübertragungsanspruch zum Erlöschen zu bringen, indem er dessen Erfüllung bis zum Tod des Übergebers hinauszögerte (vgl. OLG Hamm FamRZ 2014, 1320; Senat ZEV 2016, 707; OLG München a.a.O.).
Die von der Berechtigten herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betrifft demgegenüber solche Rückübertragungsansprüche, die durch ausdrückliche Vereinbarung der Vertragsparteien auf die Lebenszeit des Gläubigers befristet bzw. bei denen die Übertragbarkeit/Vererblichkeit ausdrücklich ausgeschlossen worden war (vgl. BGH FamRZ 2012, 1213; 2013, 1038). Diese Rechtsprechung dürfte daher auf den hier zu entscheidenden Fall nicht zu übertragen sein.
Die Voraussetzungen einer Löschung der Rückauflassungsvormerkung erscheinen daher durch Vorlage der Sterbeurkunde des Übergebers nicht hinreichend nachgewiesen, so dass die Vorlage einer Bewilligung der Erben gem. § 19 GBO erforderlich sein dürfte.
Eine Kostenentscheidung durch den Senat ist nicht veranlasst, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG.