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Rückabwicklung notarieller Grundstückskaufvertrag

LG Neubrandenburg  – Az.: 3 O 654/16 – Urteil vom 25.06.2018

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 04.03.2013 vor dem Notar … mit dem Amtssitz in … zur Urkundenrolle Nr. … geschlossene Grundstückskaufvertrag nichtig ist.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 60.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Rücktritt von einem notariellen Grundstückskaufvertrag.

Der beklagte Landkreis ist Eigentümer der im Grundbuch von … Bl. 450 und Bl. 1470 eingetragenen Flurstücke der Gemarkung … Flur 2, Flurstücke 63/4, 64/1, 64/3, 68/1 und 72. Die Klägerin beabsichtigte, auf diesen Grundstücken eine Kindertagesstätte zu errichten.

Der Beklagte übergab der Klägerin im Rahmen der Verkaufsanbahnung ein von dem Beklagten beauftragtes Verkehrswertgutachten für die streitgegenständliche Liegenschaft vom 23.05.2012. Dieses wies als Verkehrswert 60.000 € aus. Der Gutachter stellte fest: „Die Zulässigkeit von Bauvorhaben ist nach § 34 BauGB zu beurteilen“. Die Entwicklungsstufe bezeichnete er als „Bauerwartungsland“. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das als Anlage K1 eingereichte Gutachten (Bl. 9 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 19.06.2012 bekundete die Klägerin gegenüber dem Beklagten ihr Kaufinteresse zum Verkehrswert. Hierbei gab die Klägerin bekannt, auf den Grundstücken eine Kindertagesstätte bauen zu wollen. Überdies bat die Klägerin hinsichtlich der Finanzierung des Kaufes um eine Belastungsvollmacht, „um die banktechnische Sicherheit für den Neubau über ein Grundpfandrecht sicherzustellen“, sowie um eine Ratenzahlungsvereinbarung. Zur vorgeschlagenen Ratenzahlung und Verzinsung erläuterte sie, dass dann das Projekt „Neubau einer Kindertagesstätte“ nicht gefährdet sein würde. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage K2 eingereichten Kaufantrag der Klägerin (Bl. 32 d.A.) Bezug genommen.

Auf Grundlage dieses Kaufangebots erarbeitete das Amt Zentrale Dienste/Grundstücks- und Gebäudemanagement des Beklagten eine Beschlussvorlage für den Kreistag sowie den Kreisausschuss. Der Beschlussvorschlag lautete:

„Der Landkreis … wird ermächtigt, die Flurstücke 63/4, 72, 68/1 und 64/3 der Flur der Gemarkung … an die … gGmbH … zu einem Kaufpreis von 60.000 € zu veräußern.

Gleichzeitig stimmt der Kreistag einer Belastungsvollmacht sowie der Einräumung eines Rangvorbehaltes in Höhe von 1.000.000 € zu, um die banktechnische Sicherheit für den Neubau über die Eintragung eines Grundpfandrechtes zu ermöglichen.“

In der Begründung der Beschlussvorlage stand:

„[…] Diese Flächen […] sollten ursprünglich als Vorbehaltsflächen für die Erweiterung des Krankenhauses dienen.

Das derzeit unbebaute Grundstück soll mit einer Kindertagesstätte bebaut und zukünftig durch die … betrieben werden.[…]“

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K3 eingereichte Vorlage (Bl. 33 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Beschluss des Kreistages sah den Verkauf unter Gewährung einer Ratenzahlungsvereinbarung, jedoch keine Belastungsvollmacht vor. Dieser Beschluss ging der Klägerin nicht zu.

Am 04.03.2013 schlossen die Parteien den streitgegenständlichen notariellen Kaufvertrag (Urkundenrolle Nr. 175/13). Der Beklagte räumte darin der Klägerin – wie im Kaufantrag vom 19.06.2012 erbeten – Ratenzahlung ein. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag vom 04.03.2013 (Anlage K 4, Bl. 37 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18.03.2013 stellte die Klägerin eine Bauvoranfrage zur Errichtung der geplanten Kindertagesstätte an den Beklagten, hier als Untere Bauaufsichtsbehörde.

In Beantwortung dieser Bauvoranfrage teilte der Beklagte als Untere Bauaufsichtsbehörde der Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 18.06.2013 mit, dass sich die streitgegenständlichen Flurstücke im baurechtlichen Außenbereich befinden und eine Baugenehmigung nicht erteilt werden könnte.

Mit Schreiben vom 25.06.2013 bat die Klägerin um eine einvernehmliche Rückabwicklung des Kaufvertrages oder aber um Kaufpreisminderung.

Mangels Einigung erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 12.09.2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag über das streitgegenständliche Grundstück.

Mit Schreiben vom 24.09.2013 teilte der Beklagte mit, den Rücktritt nicht zu akzeptieren.

Daraufhin beantragte die Klägerin die gerichtliche Feststellung, dass der streitgegenständliche Kaufvertrag durch den erklärten Rücktritt unwirksam geworden ist. Die Klage wurde durch das Landgericht Neubrandenburg mit Urteil vom 25.03.2014 (Az. 4 O 630/13) als unbegründet abgewiesen. Nach Einlegung der Berufung seitens der Klägerin wurde das landgerichtliche Urteil vom Oberlandesgericht Rostock mit Urteil vom 24.09.2015 (Az. 3 U 46/14) dahingehend abgeändert, dass die Klage bereits unzulässig war.

Zudem erhob die Klägerin gegen die Ablehnung des Beklagten, den beantragten Bauvorbescheid zu erlassen, erfolglos Klage vor dem Verwaltungsgericht Greifswald (Az. 5 A 658/14). Die Klage wurde mit der Begründung, das Grundstück befände sich im Außenbereich, abgewiesen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.06.2016 kündigte der Beklagte die Ratenzahlungsvereinbarung und forderte die Klägerin zur Zahlung des Kaufpreises auf.

Die Klägerin trägt vor, dem Beklagten sei bekannt gewesen, das sie die Absicht hatte, auf den streitgegenständlichen Grundstücken eine Kindertagesstätte zu errichten. Sie ist der Ansicht, aus dem Verkehrswertgutachten sei ersichtlich, dass die streitgegenständlichen Grundstücke dem unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB zuzuordnen seien. Die Bebaubarkeit sei Vertragsbestandteil zwischen den Parteien gewesen, zumindestens sei sie konkludent vereinbart worden.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass dem Beklagten gegen die Klägerin aus dem zwischen den Parteien am 04.03.2013 vor dem Notar … mit dem Amtssitz in … zur Urkundenrolle Nr. … geschlossenen Grundstückskaufvertrag aufgrund des am 12.09.2013 erklärten Rücktritts der Klägerin keine Zahlungsansprüche in Höhe von 60.000,00 € zustehen.

hilfsweise, festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 04.03.2013 vor dem Notar … mit dem Amtssitz in … zur Urkundenrolle Nr. … geschlossene Grundstückskaufvertrag nichtig ist.

Der beklagte Landkreis beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, es habe keine Zusicherung einer Bebaubarkeit gegeben. Es habe vielmehr überhaupt keine Regelung zu einer bestimmten Verwendung des Grundstücks gegeben. Das streitgegenständliche Grundstück sei ausdrücklich als Bauerwartungsland verkauft worden. Letztlich hätte die Klägerin vor dem Kauf eine Bauvoranfrage stellen können.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.05.2018 (Bd. II. Bl. 223 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

A. Die Klage ist zulässig, aber nur hinsichtlich des Hilfsantrages begründet.

1. Mit dem Hauptantrag ist die Klage zulässig. Insbesondere besteht seitens des Klägers ein berechtigtes Interesse auf Feststellung im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet sei. Der Beklagte rühmt sich eines Zahlungsanspruches. Das klägerische Begehren ist nicht im Wege einer Leistungsklage darstellbar.

2. Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag jedoch nicht begründet. Die Klägerin ist von den Zahlungsansprüchen des Beklagten nicht aufgrund des am 12.09.2013 erklärten Rücktritts befreit.

a. Der Klägerin stand zwar ein Rücktrittsgrund nach §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1, 323, 326 Abs. 5 BGB zu. Zwischen den Parteien lag eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Kaufsache, hier der streitgegenständlichen Liegenschaft, vor.

(1) Dem Beklagten ist zuzugeben, dass der Kauf von Bauerwartungsland typischerweise ein Element der Unsicherheit einschließt, weil in aller Regel gerade nicht feststeht, ob und gegebenenfalls wann das Grundstück bebaubar werden wird. Grundsätzlich ist es dann Sache des betroffenen Vertragspartners, sich gegen die daraus drohenden Nachteile – wie hier auch vorgetragen durch vorherige Stellung einer Bauvoranfrage oder der Vereinbarung eines vertraglichen Rücktrittsrechts – zu sichern. Dies ist in aller Regel auch nicht unbillig, weil der Preis für Bauerwartungsland normalerweise unter demjenigen für Bauland liegt. Der Käufer erlangt keinen Anspruch auf (sofort) bebaubares Land, sondern auf Land, bezüglich dessen nur eine – je nach Sachlage mehr oder minder große – Chance künftiger Bebaubarkeit besteht. Hält der Käufer das Risiko der Unbebaubarkeit für gering, so ist es in der Regel auch aus Billigkeitsgründen weder geboten noch zulässig, ihm dieses Risiko von Rechts wegen abzunehmen. (Vgl. zur insofern st. Rspr. BGH, Urteil vom 01. Juni 1979 – V ZR 80/77 -, BGHZ 74, 370-378, Rn. 12 m.w.N.).

Insoweit der Klägerin vorgeworfen wird, sie hätte bereits vor dem Vertragsschluss eine Bauvoranfrage stellen können, ist dem im konkreten Fall entgegenzuhalten, dass auf Verkäuferseite und hinter der Unteren Bauaufsichtsbehörde als zuständige Behörde für den Bauvorbescheid nach § 75 LBauO M-V letztlich dieselbe juristische Person, der beklagte Landkreis, steht. Insofern war ein gesteigertes Vertrauen des Klägers durchaus nicht unberechtigt. Ob deshalb Gründe bestehen, von der oben genannten Regel der Risikoverteilung abzuweichen, kann jedoch dahinstehen.

(2) Vorliegend haben die Parteien die Beschaffenheit der streitgegenständlichen Liegenschaft als bebaubar im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB vereinbart.

(a) Zwar vermochte die Klägerin nicht nachzuweisen, dass die Bebaubarkeit seitens des beklagten Landkreises ausdrücklich zugesichert wurde. Der Zeuge … bekundete, er habe lediglich aus informellen Gesprächen mit dem Kläger von dessen Bauplänen erfahren.

(b) Jedoch genügt auch eine konkludent erfolgte Vereinbarung über die Bebaubarkeit des Grundstücks. Eine solche liegt hier vor. Dabei begründet allein die kommentarlose Hinnahme einer einseitigen Preisgabe der Vorstellungen von einer Kaufsache durch den Käufer noch keine Beschaffenheitsvereinbarung. Vielmehr ist eine zustimmende Reaktion des Verkäufers erforderlich (Weidenkaff in: Palandt, BGB, 77. Auflg. 2018, § 434 Rn. 17). Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Der Beklagte hat sich die Vorstellung der Klägerin über die Beschaffenheit des Grundstücks als bebaubar auf konkludente Weise zu Eigen gemacht. Er hat in Gestalt des Amtes Zentrale Dienste/Grundstücks- und Gebäudemanagement, also des Amtes, das durch den Zeugen … vertreten für den Beklagten den Kaufvertrag vor dem Notar … schloss, die Erklärungen der Klägerin gerade nicht nur kommentarlos entgegengenommen, sondern diese zur Grundlage einer Beschlussvorlage verwandt. Die Beschlussempfehlung hat er ausdrücklich damit begründet, dass die Klägerin den Bau einer Kindertagesstätte auf dem streitgegenständlichen Grundstück beabsichtigt. Insofern hat der Beklagte zum Zeitpunkt der Beschlussvorlage die Bebaubarkeit des Grundstücks in seine eigenen Vorstellungen aufgenommen. Hierfür spricht auch der Umstand, dass der Beklagte ausführt, die Flächen waren ursprünglich für die Erweiterung des Krankenhauses, also eine Bebauung, vorgesehen. Dies steht im Einklang mit der Bekundung des Zeugen …, das Grundstück wäre unter der Bezeichnung „Altes Krankenhaus“ bekannt.

Letztlich wurde der Finanzierungswunsch, den die Klägerin damit begründet hat, ihr Projekt „Neubau einer Kindertagesstätte“ sei dann nicht gefährdet, in den notariell beurkundeten Vertrag aufgenommen. Damit sind beide Vertragsparteien irrtümlich von der Bebaubarkeit des Grundstücks ausgegangen.

(3) Der vereinbarte Sachmängelausschluss greift nicht. Sind in einem Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart, ist dieser regelmäßig dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten soll (BGHZ 170, 86; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 20. Juni 2013 – 5 U 50/12 -, Rn. 29, juris). Insofern kommt es auf die Anwendbarkeit des § 444 BGB und damit auf die Zurechnung des Wissens der Unteren Baubehörde, für die, angesichts des Umstandes, dass die Belegenheit der Liegenschaft im Außenbereich aktenmäßig erfasst sein dürfte und keine eingehende Sachprüfung wie etwa für eine bauordnungsrechtliche Beurteilung erfordert, vieles spricht, nicht an.

(4) Das Gericht war sich bei seiner Entscheidungsfindung sehr wohl bewusst, dass der Vertragspartner einer juristischen Person des öffentlichen Rechts weder schlechter noch besser gestellt werden soll, als bei Abschluss eines Vertrages mit einer natürlichen Person. Vor diesem Hintergrund ist entweder allein auf das Handeln und das Wissen des Amtes für Zentrale Dienste/Grundstücks- und Gebäudemanagement abzustellen mit der Folge, dass eben dieses dann nicht nur „landkreisintern“ die Vorstellungen der Klägerin sozusagen mit der Beschlussvorlage weitergereicht hätte, sondern sich die Bebaubarkeit des Grundstücks selbst zu Eigen gemacht hat. Oder aber, es ist auf den beklagten Landkreis als juristische Person als Vertragspartner abzustellen. Dann mag die Beschlussvorlage allein als interner Vorgang nicht als zustimmende Reaktion auf die Beschaffenheitserklärung der Klägerin zu werten sein. Gleichwohl verbliebe dann die Aufnahme der Ratenzahlungsvereinbarung, die die Klägerin explizit in Bezug auf die Durchführung ihres Projektes „Kitaneubau“ begehrt hat, als positive Reaktion. Daneben muss sich der Landkreis dann auch das aktenmäßig vorliegende Wissen seiner sonstigen untergeordneten Behörden, hier der Unteren Baubehörde, nach § 166 BGB zurechnen lassen. Selbst bei Annahme, dann sei keine Beschaffenheit vereinbart worden, läge in dem Fall ein Sachmangel nach § 434 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, bezüglich dessen sich der Beklagte nach § 444 BGB auf den Sachmängelausschluss nicht berufen könnte.

Zumindest das Wissen, das sozusagen abrufbereit bei den untergeordneten Behörden ohne tiefgreifende Prüfungen vorliegt, hat sich der Beklagte in Anwendung des § 166 Abs. 2 BGB zurechnen zu lassen. Wenngleich Gebietskörperschaften nicht verpflichtet sind, für ihre fiskalischen Grundstücksgeschäfte einen ämterübergreifenden Informationsaustausch allgemein zu organisieren, schließt dies nicht aus, dass das Liegenschaftsamt im Einzelfall aus besonderen Gründen gehalten sein kann, bei einem anderen Amt Erkundigungen einzuholen. Unter Umständen kann es geboten sein, das Aktenwissen eines an dem konkreten Rechtsgeschäft nicht beteiligten Amtes dann zuzurechnen wenn der sachliche Zusammenhang der in verschiedenen Ämtern angefallenen Vorgänge bekannt, ein Informationsaustausch daher möglich und naheliegend war (BGHZ 117, 104 ff., Rn. 15 m.w.N.; OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.05.1998, Az. 7 U 138/97, juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 07.01.2013, Az. 4 U 585/12, juris, Rn. 13, 15). Diese Organisationspflicht gründet auf der Beherrschung eines selbsteröffneten Verkehrsbereichs: eine am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation muss (auch und gerade nach den berechtigten Erwartungen des Rechtsverkehrs) so organisiert sein, dass Informationen, deren Relevanz für andere Personen innerhalb dieser Organisation bei den konkret Wissenden erkennbar ist, tatsächlich an jene Personen weitergegeben werden; umgekehrt muss sichergestellt sein, dass ggf. nach erkennbar anderswo innerhalb der Organisation vorhandenen und für den eigenen Bereich wesentlichen Informationen nachgefragt werde (BGH, Urteil vom 02. Februar 1996 – V ZR 239/94 -, BGHZ 132, 30-39, Rn. 21, 22; OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.11.2001, Az. 9 U 53/01, juris). Dies ist jedenfalls bei dem Aktenwissen, ein Grundstück sei im Außenbereich belegen, der Fall. Hierfür ist eine Sachprüfung nicht notwendig. Die Einbeziehung der Unteren Bauaufsichtsbehörde wäre dem Beklagten auch leicht organisatorisch möglich gewesen. In der Beschlussvorlage ist die Auswahl auch der Einbeziehung des Bauamtes vorgesehen.

b. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, denn die Klägerin konnte wirksam nur von einem wirksamen Vertrag, nicht von einem nichtigen Vertrag zurücktreten. Der streitgegenständliche Vertrag ist jedoch nichtig. Die Parteien haben einen wesentlichen Vertragsbestandteil des tatsächlich zwischen ihnen vereinbarten Vertrages, die Bebaubarkeit des Grundstücks, nicht beurkundet.

Die vereinbarte Beschaffenheit der Liegenschaft als bebaubar hätte der Beurkundung bedurft, § 311 b Abs. 1 BGB. In einem beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäft sind alle Erklärungen in den Vertrag aufzunehmen, die eine Regelung enthalten, das heißt Rechtswirkungen erzeugen sollen (Senat, Urteil vom 19. November 1982 – V ZR 161/81, BGHZ 85, 315, 317; Urteil vom 30. Juni 2006 – V ZR 148/05, NJW-RR 2006, 1292 Rn. 12). Dazu gehören die Vereinbarungen über die Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie konkretisieren die Verpflichtung des Verkäufers nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB, dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen, dahingehend, dass dieser – abweichend von den in § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmten allgemeinen Anforderungen – dem Käufer eine der individuell vereinbarten Beschaffenheit gemäße Sache schuldet (Vgl. BGH, Urteil vom 06. November 2015 – V ZR 78/14 -, BGHZ 207, 349-358, Rn. 16 m.w.N.). Eine Heilung des Formmangels nach § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB liegt nicht vor.

3. Die Bedingung für den Hilfsantrag ist eingetreten. Der hilfsweise geltend gemachte Feststellungsantrag ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass er unter einer Bedingung gestellt worden ist. Hier liegt eine Ausnahme von dem Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit von Anträgen, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, vor, weil es sich bei der Bedingung um ein innerprozessuales Ereignis, nämlich die Unbegründetheit des Hauptantrages handelt, die keine Rechtsunsicherheit hervorruft. Der erforderliche rechtliche oder wirtschaftliche Zusammenhang liegt vor.

Eine sachdienlichere Auslegung der Klageanträge unter Wechsel des Haupt- und Hilfsantrages war nicht möglich. Das Gericht ist an die Stellung der Anträge, insbesondere die klägerseits festgelegte Reihenfolge bei Haupt- und Hilfsantrag gebunden (Greger in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 260 Rn. 4b).

4. Die Klage ist mit dem Hilfsantrag auch begründet. Der zwischen den Parteien am 04.03.2013 vor dem Notar … mit dem Amtssitz in … zur Urkundenrolle Nr. … geschlossenen Grundstückskaufvertrag ist nichtig. Wie vorstehend unter 2. dargelegt, lag eine Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien vor, die trotz Beurkundungserfordernis (§ 311 B Abs. 1 BGB) nicht mitbeurkundet wurde. Damit ist mangels Beurkundung eines wesentlichen Vertragsbestandteils der tatsächlich zwischen den Parteien vereinbarte Vertrag nach § 125 BGB nichtig. Der Formmangel ist nicht nach § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB geheilt worden.

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Eine Kostenteilung war nicht geboten, Haupt- und Hilfsantrag sind wirtschaftlich identisch. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 45 Abs. 1 S. 2 und S. 3, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO und richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers. Dieses ist gerichtet auf Nichtzahlung des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 60.000,00 €.

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