Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- BGH stärkt Belehrungspflicht der Notare bei Grundschuldbestellungen im Leasinggeschäft
- Der Fall: Leasingvertrag, Grundschuld und eine vermeintliche Sicherheit
- Die Rolle der Zweckerklärung und das Versäumnis des Notars
- Fehlerhafte Annahme der Sicherheit durch die Leasinggesellschaft
- Ablehnung der Grundschuld-Eintragung durch das Grundbuchamt
- Schadensersatzklage gegen den Notar wegen Amtspflichtverletzung
- Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle und die Revision zum BGH
- BGH: Umfangreiche Belehrungspflicht des Notars gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG
- Kern der BGH-Entscheidung: Schutz unerfahrener Beteiligter
- Konkrete Belehrungspflichten im Fokus des BGH
- Rückverweisung an das OLG Celle zur erneuten Prüfung
- Bedeutung des Urteils für Leasinggesellschaften und Notare
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet die Belehrungspflicht eines Notars im Zusammenhang mit Grundschulden genau?
- Welche Risiken bestehen für Grundstückseigentümer bei der Bestellung einer Grundschuld?
- Welche Rolle spielt eine Zweckerklärung im Zusammenhang mit einer Grundschuld und was muss ich dabei beachten?
- Wann haftet ein Notar für Fehler im Zusammenhang mit einer Grundschuldbestellung?
- Wie kann ich mich als Laie davor schützen, im Zusammenhang mit Grundschulden Fehler zu machen und finanzielle Schäden zu erleiden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bundesgerichtshof
- Datum: 08.08.2024
- Aktenzeichen: III ZR 287/23
- Verfahrensart: Revisionsverfahren
- Rechtsbereiche: Notarielles Amtspflichtrecht, Schadensersatzrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Gesellschaft, die Leasinggeschäfte betreibt. Sie fordert Schadensersatz vom Beklagten.
- Beklagter: Ein Notar, der wegen angeblicher Amtspflichtverletzungen auf Schadensersatz verklagt wird.
- Leasingnehmerin: Die f. GmbH aus Hannover, vertreten durch ihren geschäftsführenden Gesellschafter O. H. S., die eine Digitaldruckmaschine finanzieren wollte.
- Vermittlerin: Die B. F. S. GbR, die die Leasinganfrage an die Klägerin vermittelte.
- Verkäuferin: Die G. G. H. GmbH, die die Druckmaschine an die Leasingnehmerin verkaufte.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin, ein Leasingunternehmen, sollte eine Digitaldruckmaschine für die Leasingnehmerin finanzieren. Die Klägerin genehmigte den Leasingvertrag unter der Auflage, dass eine Briefgrundschuld auf dem Wohnhaus des Geschäftsführers der Leasingnehmerin eingetragen wird. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen notarieller Amtspflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob der Notar seine Amtspflichten verletzt hat und der Klägerin dadurch ein Schaden entstanden ist.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Urteil des Oberlandesgerichts Celle wurde aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Fall vor Gericht
BGH stärkt Belehrungspflicht der Notare bei Grundschuldbestellungen im Leasinggeschäft

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil (Az.: III ZR 287/23) die Pflichten von Notaren bei der Beurkundung von Grundschulden im Kontext von Leasingverträgen präzisiert und gestärkt. Im Kern geht es um die Frage, inwieweit ein Notar eine Leasinggesellschaft über die notwendigen Schritte zur rechtswirksamen Bestellung einer Grundschuld aufklären muss, wenn diese als Sicherheit für ein Leasinggeschäft dienen soll. Der BGH hob ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle auf und verwies den Fall zurück, um die Belehrungspflicht des Notars genauer zu prüfen.
Der Fall: Leasingvertrag, Grundschuld und eine vermeintliche Sicherheit
Im Zentrum des Rechtsstreits steht eine Leasinggesellschaft, die einer Firma den Kauf einer Digitaldruckmaschine finanzierte. Als Sicherheit für den Leasingvertrag sollte eine Grundschuld auf dem Wohnhaus des Sohnes des Geschäftsführers der Leasingnehmerin dienen. Der Notar, der später verklagt wurde, beglaubigte lediglich die Unterschrift des Sohnes unter einer sogenannten Zweckerklärung. Diese Zweckerklärung sollte die Grundlage für die Eintragung der Grundschuld sein.
Die Rolle der Zweckerklärung und das Versäumnis des Notars
Die Zweckerklärung, die vom Sohn des Geschäftsführers unterzeichnet wurde, enthielt zwar die Absicht, eine Grundschuld zu bestellen, war aber formal nicht ausreichend für die Eintragung im Grundbuch. Der Notar beglaubigte lediglich die Unterschrift des Sohnes auf diesem Dokument. Er informierte die Leasinggesellschaft jedoch nicht explizit darüber, dass für eine rechtswirksame Grundschuldbestellung weitere Schritte notwendig sind, insbesondere eine separate Grundschuldbestellungsurkunde und die Bewilligung des Grundstückseigentümers.
Fehlerhafte Annahme der Sicherheit durch die Leasinggesellschaft
Die Leasinggesellschaft ging aufgrund der Kommunikation des Notars offenbar davon aus, dass mit der beglaubigten Zweckerklärung und deren Einreichung beim Grundbuchamt die gewünschte Sicherheit – die Grundschuld – ordnungsgemäß bestellt sei. Sie zahlte den Kaufpreis für die Druckmaschine aus. Als sich später herausstellte, dass die Grundschuld nicht eingetragen werden konnte und die Leasingnehmerin zahlungsunfähig wurde, sah sich die Leasinggesellschaft um ihre Sicherheit betrogen.
Ablehnung der Grundschuld-Eintragung durch das Grundbuchamt
Das Grundbuchamt wies die Eintragung der Grundschuld zurück, da die vorgelegte Zweckerklärung nicht den formalen Anforderungen an eine Grundschuldbestellungsurkunde entsprach. Es fehlte insbesondere an einem formellen Antrag und der notwendigen Bewilligung des Grundstückseigentümers. Der Notar erkannte den Fehler und versuchte nachträglich, eine korrekte Grundschuldbestellungsurkunde zu erstellen, was jedoch vom Sohn des Geschäftsführers abgelehnt wurde.
Schadensersatzklage gegen den Notar wegen Amtspflichtverletzung
Nachdem die Leasinggesellschaft ihre Forderungen gegenüber der Leasingnehmerin und dem Bürgen nicht durchsetzen konnte, klagte sie gegen den Notar auf Schadensersatz. Sie warf ihm eine Amtspflichtverletzung vor, da er sie nicht ausreichend über die Notwendigkeit einer formell korrekten Grundschuldbestellungsurkunde belehrt habe. Sie argumentierte, dass sie bei ordnungsgemäßer Belehrung die Auszahlung des Kaufpreises zurückgehalten hätte und den Schaden vermieden hätte.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle und die Revision zum BGH
Das Oberlandesgericht Celle wies die Schadensersatzklage der Leasinggesellschaft ab. Es argumentierte, dass die Belehrungspflicht des Notars sich im Wesentlichen auf den Inhalt der zu beglaubigenden Unterschrift beziehe und nicht so weit gehe, die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen des gesamten Geschäfts zu umfassen. Die Leasinggesellschaft legte gegen diese Entscheidung Revision beim Bundesgerichtshof ein.
BGH: Umfangreiche Belehrungspflicht des Notars gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und gab der Revision der Leasinggesellschaft statt. Der BGH stellte klar, dass die Belehrungspflicht des Notars nach § 17 Abs. 1 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG) weiterreichend ist, als vom Oberlandesgericht angenommen. § 17 Abs. 1 BeurkG verpflichtet den Notar, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und ihre Erklärungen klar und eindeutig zu erfassen.
Kern der BGH-Entscheidung: Schutz unerfahrener Beteiligter
Der BGH betonte, dass die Belehrungspflicht des Notars insbesondere dem Schutz unerfahrener und rechtsunkundiger Beteiligter dient. In diesem Fall sah der BGH die Leasinggesellschaft als eine solche unerfahrene Partei an, die sich auf die Expertise des Notars verlassen durfte. Der Notar hätte erkennen müssen, dass die Leasinggesellschaft die Zweckerklärung fälschlicherweise als ausreichend für die Bestellung der Grundschuld ansah.
Konkrete Belehrungspflichten im Fokus des BGH
Nach Ansicht des BGH hätte der Notar die Leasinggesellschaft explizit darauf hinweisen müssen, dass die von ihr vorgelegte Zweckerklärung allein nicht genügt, um eine wirksame Grundschuld zu bestellen. Er hätte auf die Notwendigkeit einer separaten Grundschuldbestellungsurkunde und die Bewilligung des Grundstückseigentümers hinweisen müssen. Die bloße Beglaubigung der Unterschrift unter der Zweckerklärung und die Einreichung beim Grundbuchamt reichten nicht aus, um seiner Belehrungspflicht zu genügen.
Rückverweisung an das OLG Celle zur erneuten Prüfung
Der BGH verwies den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Celle zurück. Das OLG muss nun prüfen, ob der Notar seine Belehrungspflichten tatsächlich verletzt hat und ob diese Pflichtverletzung ursächlich für den Schaden der Leasinggesellschaft war. Dabei wird das OLG insbesondere zu berücksichtigen haben, inwieweit die Kommunikation des Notars bei der Leasinggesellschaft den Eindruck erweckt hat, die Sicherheit sei bereits wirksam bestellt.
Bedeutung des Urteils für Leasinggesellschaften und Notare
Stärkung der Position von Leasinggesellschaften
Das Urteil des BGH stärkt die Position von Leasinggesellschaften und anderen Gläubigern, die Grundschulden als Sicherheit für ihre Forderungen verlangen. Es verdeutlicht, dass Notare eine umfassende Belehrungspflicht haben und sich nicht auf die bloße Beglaubigung von Unterschriften beschränken dürfen. Leasinggesellschaften können sich nun stärker darauf verlassen, dass Notare sie aktiv und umfassend über die notwendigen Schritte zur rechtswirksamen Bestellung einer Grundschuld informieren.
Erhöhte Sorgfaltspflicht für Notare bei Sicherungsgeschäften
Für Notare bedeutet das Urteil eine erhöhte Sorgfaltspflicht, insbesondere bei der Beurkundung von Sicherungsgeschäften. Sie müssen sich aktiv vergewissern, dass alle Beteiligten die rechtliche Tragweite des Geschäfts vollständig verstehen und umfassend über alle notwendigen Schritte aufgeklärt sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Partei erkennbar unerfahren oder rechtsunkundig ist oder wenn die vorgelegten Dokumente oder das Vorgehen der Parteien Unklarheiten oder Fehler aufweisen. Die bloße Erfüllung formaler Anforderungen reicht nicht aus, um der Belehrungspflicht zu genügen. Notare müssen proaktiv aufklären und sicherstellen, dass die beabsichtigte Rechtssicherheit tatsächlich erreicht wird.
Konsequenzen für Betroffene: Erhöhte Rechtssicherheit und Schadensprävention
Das Urteil des BGH trägt zu einer erhöhten Rechtssicherheit bei Grundschuldbestellungen im Leasingbereich und generell bei der Bestellung von Sicherheiten durch Notare bei. Durch die gestärkte Belehrungspflicht der Notare werden Fehler und Missverständnisse vermieden, die zu finanziellen Schäden für die Beteiligten führen können. Leasinggesellschaften und andere Gläubiger können sich besser vor ungesicherten Forderungen schützen, und Notare werden angehalten, ihre beratende Funktion im Beurkundungsverfahren umfassend wahrzunehmen. Dies dient letztlich der Prävention von Rechtsstreitigkeiten und der Stärkung des Vertrauens in die notarielle Tätigkeit.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass Notare für fehlerhafte Beurkundungen haftbar gemacht werden können, wenn durch ihr Versäumnis ein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Die Besonderheit liegt in der Beweislast: Der Geschädigte muss nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden nachweisen, nicht jedoch mit absoluter Sicherheit den genauen hypothetischen Verlauf rekonstruieren. Für Vertragsparteien bedeutet dies, dass sie bei notariellen Sicherheiten auf korrekte Beurkundung bestehen und diese vor finanziellen Leistungen prüfen sollten.
Praxistipps für Geschäftsführer und Unternehmensinhaber bei Leasingverträgen mit persönlicher Haftung
Leasingverträge können für Unternehmen attraktiv sein, bergen aber Risiken, besonders wenn Geschäftsführer persönliche Sicherheiten stellen müssen. Dieses Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die Tragweite solcher Verpflichtungen zu verstehen, um finanzielle Überraschungen zu vermeiden. Schützen Sie sich und Ihr Privatvermögen durch sorgfältige Vorbereitung und Prüfung.
Tipp 1: Dokumente vor Unterschrift genau prüfen und verstehen
Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um alle Vertragsunterlagen, insbesondere den Leasingvertrag und die Grundschuldbestellungsurkunde, sorgfältig zu lesen. Achten Sie besonders auf Klauseln zur persönlichen Haftung und den Umfang der Sicherheiten, die Sie stellen. Vergewissern Sie sich, dass Sie die rechtlichen und finanziellen Konsequenzen Ihrer Unterschrift vollständig erfassen.
Beispiel: Prüfen Sie genau, auf welche Vermögenswerte sich eine persönliche Grundschuld erstreckt und ob diese in einem angemessenen Verhältnis zum Leasinggegenstand steht.
⚠️ ACHTUNG: Unterschreiben Sie niemals Dokumente „blind“ oder unter Zeitdruck, ohne deren Inhalt und Bedeutung vollständig zu verstehen.
Tipp 2: Unabhängigen Rechtsrat einholen, bevor Sie persönliche Sicherheiten geben
Auch wenn ein Notar bei der Beurkundung anwesend ist, handelt dieser neutral und vertritt nicht automatisch Ihre Interessen. Suchen Sie im Vorfeld einen eigenen Rechtsanwalt auf, der auf Wirtschaftsrecht spezialisiert ist. Dieser kann die Verträge aus Ihrer Perspektive prüfen, Risiken aufzeigen und Ihnen helfen, Ihre Position zu verhandeln.
Beispiel: Lassen Sie sich von einem Anwalt beraten, bevor Sie einer persönlichen Grundschuld auf Ihr Wohnhaus zustimmen. Dieser kann prüfen, ob alternative Sicherheiten möglich sind oder ob die persönliche Haftung in dieser Form angemessen ist.
⚠️ ACHTUNG: Betrachten Sie die Beratung durch einen eigenen Anwalt als Investition in Ihre finanzielle Sicherheit und vermeiden Sie kostspielige Fehler.
Tipp 3: Sich über die Rolle und Pflichten des Notars informieren
Ein Notar hat die Pflicht, über die rechtliche Tragweite der Beurkundung aufzuklären. Dies ersetzt jedoch keine umfassende Rechtsberatung in Ihrem individuellen Fall. Verstehen Sie, dass der Notar die formelle Richtigkeit der Dokumente sicherstellt, aber nicht primär Ihre wirtschaftlichen Interessen vertritt oder die Angemessenheit des Geschäfts beurteilt.
Beispiel: Stellen Sie dem Notar gezielte Fragen zu den rechtlichen Konsequenzen der Grundschuld, erwarten Sie aber keine Beratung zur wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des Leasinggeschäfts insgesamt.
⚠️ ACHTUNG: Die notarielle Belehrung schützt nicht vor Fehlentscheidungen, wenn Sie die grundlegenden Risiken der persönlichen Haftung nicht verstehen.
✅ Checkliste: Persönliche Haftung bei Leasingverträgen
- Habe ich alle Vertragsdokumente sorgfältig geprüft und verstanden?
- Sind mir die Risiken und Konsequenzen der persönlichen Haftung bewusst?
- Habe ich unabhängigen Rechtsrat von einem Anwalt eingeholt?
- Habe ich alternative Sicherheiten zum Privatvermögen geprüft?
- Bin ich mir der neutralen Rolle des Notars bewusst und erwarte keine einseitige Rechtsberatung von ihm?
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet die Belehrungspflicht eines Notars im Zusammenhang mit Grundschulden genau?
Die Belehrungspflicht eines Notars im Zusammenhang mit Grundschulden bedeutet, dass der Notar sicherstellt, dass alle Beteiligten die Tragweite ihrer Erklärungen vollständig verstehen. Dies ist besonders wichtig, da die Bestellung einer Grundschuld erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben kann.
Grundschulden sind Sicherheiten, die auf einem Grundstück lasten und oft zur Absicherung von Krediten verwendet werden. Wenn ein Notar eine Grundschuldbestellung beurkundet, muss er die Beteiligten über die Risiken und Konsequenzen aufklären, die mit der Belastung eines Grundstücks verbunden sind. Dazu gehören beispielsweise die möglichen finanziellen Belastungen durch Zinsen und die rechtlichen Folgen einer Zwangsvollstreckung.
Ein Notar hat nicht nur die Aufgabe, Urkunden zu beurkunden, sondern auch eine aktive Rolle bei der Sicherstellung, dass die Beteiligten die rechtlichen Auswirkungen ihrer Erklärungen verstehen. Dies kann besonders wichtig sein, wenn es um ungesicherte Vorleistungen geht, bei denen eine Partei ohne ausreichende Sicherheit leistet. In solchen Fällen kann eine doppelte Belehrungspflicht bestehen, die den Notar verpflichtet, nicht nur über die Risiken aufzuklären, sondern auch Wege aufzuzeigen, wie diese Risiken vermieden oder minimiert werden können.
Für Sie bedeutet das, dass Sie als Beteiligter bei der Beurkundung einer Grundschuld darauf achten sollten, dass Sie die rechtlichen und finanziellen Auswirkungen vollständig verstehen. Der Notar sollte Ihnen dabei helfen, alle relevanten Informationen zu verstehen und sicherzustellen, dass Sie keine ungewollten Risiken eingehen.
Welche Risiken bestehen für Grundstückseigentümer bei der Bestellung einer Grundschuld?
Wenn Sie als Grundstückseigentümer eine Grundschuld auf Ihr Eigentum bestellen lassen, gehen Sie bestimmte Risiken ein. Eine Grundschuld ist ein Rechtsgeschäft, das der Bank als Sicherheit für einen Immobilienkredit dient. Sie wird im Grundbuch eingetragen und gibt dem Kreditgeber das Recht, bei Zahlungsunfähigkeit eine Zwangsvollstreckung einzuleiten, um die Schuld aus dem Verkaufserlös der Immobilie zu begleichen.
Hauptrisiken:
- Zwangsvollstreckung: Wenn Sie Ihre Kreditraten nicht mehr zahlen können, kann die Bank die Immobilie zwangsversteigern, um den geschuldeten Betrag zu erhalten.
- Unabhängigkeit von der Kreditschuld: Eine Grundschuld besteht unabhängig vom tatsächlichen Kreditvertrag. Das bedeutet, dass der Gläubiger bis zur Höhe der eingetragenen Grundschuld Ansprüche geltend machen kann, auch wenn der Kredit bereits teilweise oder vollständig getilgt wurde.
- Abtretung an Dritte: Die Grundschuld kann an andere Gläubiger abgetreten werden, was zu unerwarteten Zwangsvollstreckungen führen kann.
Schutzmaßnahmen:
- Sicherungsabrede: Um das Risiko einer doppelten Inanspruchnahme zu vermeiden, wird oft eine Sicherungsabrede getroffen. Diese besagt, dass die Bank nur im Rahmen der verbleibenden Kreditschuld vollstrecken darf und nach Kreditrückzahlung auf die Grundschuld verzichten muss.
- Löschung oder Weiternutzung: Nach vollständiger Tilgung des Kredits kann die Grundschuld gelöscht werden. Alternativ kann sie als Sicherheit für zukünftige Kredite genutzt werden, was Kosten spart.
Welche Rolle spielt eine Zweckerklärung im Zusammenhang mit einer Grundschuld und was muss ich dabei beachten?
Eine Zweckerklärung ist ein entscheidendes Dokument im Zusammenhang mit einer Grundschuld. Sie legt fest, für welche Forderungen die Grundschuld als Sicherheit dient. Ohne eine solche Erklärung könnte die Grundschuld theoretisch für jede beliebige Forderung der Bank verwendet werden, was zu unerwünschten Verpflichtungen führen könnte.
Wichtige Aspekte einer Zweckerklärung:
- Definition des Sicherungszwecks: Sie bestimmt genau, für welche Verbindlichkeiten die Grundschuld gilt. Dies kann ein bestimmtes Darlehen oder eine andere finanzielle Verpflichtung sein.
- Abgrenzung der Forderungen: Die Zweckerklärung grenzt die durch die Grundschuld gesicherten Forderungen ab, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Rechtliche Klarheit und Sicherheit: Sie bietet beiden Parteien – dem Gläubiger und dem Schuldner – rechtliche Klarheit und Sicherheit.
- Flexibilität: Die Zweckerklärung ermöglicht es, die Grundschuld für verschiedene Forderungen zu nutzen, ohne dass jedes Mal eine neue Eintragung im Grundbuch erforderlich ist.
Beachten Sie:
- Eine Zweckerklärung allein reicht nicht aus, um eine Grundschuld wirksam zu bestellen. Weitere Schritte, wie die Eintragung im Grundbuch, sind notwendig.
- Eine Unterschriftsbeglaubigung unter einer Zweckerklärung bedeutet nicht automatisch, dass die Grundschuld rechtswirksam bestellt wurde.
- Es gibt enge und weite Zweckerklärungen. Eine enge Zweckerklärung beschränkt die Verwendung der Grundschuld auf ein bestimmtes Darlehen, während eine weite Zweckerklärung mehr Flexibilität bietet, indem sie auch zukünftige Verbindlichkeiten umfasst.
Praktische Bedeutung:
Stellen Sie sich vor, Sie nehmen ein Darlehen auf, um eine Immobilie zu kaufen. Die Zweckerklärung stellt sicher, dass die Grundschuld nur für dieses spezifische Darlehen verwendet wird und nicht für andere Schulden, die Sie bei derselben Bank haben oder später aufnehmen. Dies schützt sowohl Sie als Kreditnehmer als auch die Bank, indem es klare Regeln für die Verwendung der Grundschuld festlegt.
Wann haftet ein Notar für Fehler im Zusammenhang mit einer Grundschuldbestellung?
Ein Notar haftet für Fehler bei der Grundschuldbestellung, wenn er seine Amtspflichten verletzt hat und dadurch ein Schaden entstanden ist. Für eine Haftung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Amtspflichtverletzung: Der Notar muss seine Pflichten verletzt haben, wie z.B. die Prüfungspflicht (ob alle notwendigen Erklärungen vorhanden sind), die Überwachungspflicht (ob die Eintragung korrekt erfolgt), die Aufklärungspflicht (über rechtliche Folgen) und die Grundbucheinsichtspflicht (vor der Beurkundung).
- Schadensursache: Die Pflichtverletzung muss kausal für den entstandenen Schaden sein. Das bedeutet, dass der Schaden ohne die Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre.
- Verschulden: Der Notar muss das Verschulden für die Pflichtverletzung tragen. Dies kann durch Fahrlässigkeit oder Vorsatz geschehen.
- Schadensersatzanspruch: Ein Schadensersatzanspruch besteht nur, wenn der Geschädigte den Schaden nachweisen kann und der Notar die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Wenn ein Notar beispielsweise eine fehlerhafte Grundschuldbestellungsurkunde erstellt oder die Eintragung im Grundbuch nicht korrekt überwacht, kann dies zu einer Haftung führen, wenn dadurch ein Schaden entsteht, wie z.B. der Verlust von Sicherungsrechten.
Wie kann ich mich als Laie davor schützen, im Zusammenhang mit Grundschulden Fehler zu machen und finanzielle Schäden zu erleiden?
Um sich vor Fehlern und finanziellen Schäden im Zusammenhang mit Grundschulden zu schützen, sind Transparenz und umfassende Aufklärung entscheidend. Hier sind einige wichtige Schritte, die Sie beachten sollten:
1. Sorgfältige Prüfung von Verträgen:
- Verträge gründlich lesen: Stellen Sie sicher, dass Sie alle Bedingungen und Klauseln verstehen. Achten Sie besonders auf den Rang der Grundschuld, die Höhe der Grundschuldzinsen und die Fälligkeitsbedingungen.
- Fragen stellen: Wenn etwas unklar ist, zögern Sie nicht, beim Notar oder bei der Bank nachzufragen.
2. Einholen von unabhängigem Rat:
- Notarische Belehrung: Nutzen Sie die Belehrungspflicht des Notars, um sicherzustellen, dass Sie alle rechtlichen Aspekte verstehen.
- Unabhängige Beratung: In Zweifelsfällen können Sie sich an unabhängige Experten wenden, um sicherzustellen, dass Ihre Interessen geschützt sind.
3. Aktive Nachfrage:
- Klärung von Unsicherheiten: Stellen Sie sicher, dass alle Ihre Fragen beantwortet werden, bevor Sie einen Vertrag unterzeichnen.
- Verständnis der Risiken: Machen Sie sich bewusst, welche Risiken mit einer Grundschuld verbunden sind, wie z.B. die Möglichkeit einer Zwangsvollstreckung.
4. Verständnis der Grundschuldarten:
- Sicherungsgrundschuld: Diese sichert eine bestimmte Forderung ab und ist die häufigste Form.
- Isolierte Grundschuld: Diese sichert keine spezifische Forderung und wird oft bei Schenkungen verwendet.
- Gesamtgrundschuld: Diese verteilt sich über mehrere Grundstücke.
5. Beachten der gesetzlichen Regelungen:
- Schutzgesetze: Informieren Sie sich über gesetzliche Schutzmaßnahmen, die den Kreditnehmer schützen, wie z.B. das Risikobegrenzungsgesetz.
Indem Sie diese Schritte beachten, können Sie sich besser vor Fehlern und finanziellen Schäden schützen und sicherstellen, dass Sie die damit verbundenen Risiken verstehen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Grundschuld
Eine Grundschuld ist ein dingliches Recht an einem Grundstück, das dem Gläubiger die Möglichkeit gibt, aus dem Grundstück eine bestimmte Geldsumme zu erhalten. Im Gegensatz zur Hypothek ist sie nicht an eine bestimmte Forderung gebunden (abstrakt) und bleibt auch bestehen, wenn die zugrundeliegende Forderung erlischt. Grundschulden werden im Grundbuch eingetragen und sind in den §§ 1191-1198 BGB geregelt.
Beispiel: Bei einem Leasingvertrag für eine Digitaldruckmaschine fordert die Leasinggeberin die Eintragung einer Grundschuld auf dem Wohnhaus des Geschäftsführers als Sicherheit, um im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Leasingnehmers das Haus verwerten zu können.
Briefgrundschuld
Eine Briefgrundschuld ist eine besondere Form der Grundschuld, bei der zusätzlich zur Eintragung im Grundbuch ein physischer Grundschuldbrief ausgestellt wird. Die Übergabe dieses Briefes ist für die wirksame Übertragung der Grundschuld erforderlich. Ohne den Brief kann der Gläubiger seine Rechte nicht vollständig ausüben. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 1192 Abs. 1 i.V.m. §§ 1116-1117 BGB.
Beispiel: Die Leasinggeberin verlangte eine Briefgrundschuld, da sie mit dem physischen Grundschuldbrief ihre Sicherheit einfacher nachweisen und ggf. auch an Dritte übertragen kann.
Notarielle Amtspflicht
Notarielle Amtspflichten sind die gesetzlich vorgeschriebenen beruflichen Pflichten eines Notars bei der Ausübung seines Amtes. Dazu gehören insbesondere Belehrungspflichten, Neutralitätspflicht und die Pflicht zur rechtssicheren Gestaltung von Urkunden. Diese Pflichten sind im Beurkundungsgesetz (BeurkG) und in der Bundesnotarordnung (BNotO) verankert, insbesondere in § 14 BNotO und §§ 17-21 BeurkG.
Beispiel: Im vorliegenden Fall hätte der Notar die Leasinggesellschaft darüber aufklären müssen, welche konkreten Schritte für eine rechtswirksame Bestellung einer Grundschuld notwendig sind, um ihre Sicherungsinteressen zu wahren.
Belehrungspflicht
Die Belehrungspflicht umfasst die Verpflichtung des Notars, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite eines Rechtsgeschäfts vollständig aufzuklären. Er muss sicherstellen, dass die Parteien die Konsequenzen ihrer Handlungen verstehen und keine Fehler bei der rechtlichen Umsetzung geschehen. Diese Pflicht ist zentral im Beurkundungsrecht und ergibt sich aus § 17 BeurkG.
Beispiel: Der Notar hätte im BGH-Fall die Leasinggesellschaft explizit darauf hinweisen müssen, dass für eine wirksame Briefgrundschuld nicht nur die Beurkundung, sondern auch die tatsächliche Übergabe des Grundschuldbriefes erforderlich ist.
Amtspflichtverletzung
Eine Amtspflichtverletzung liegt vor, wenn ein Amtsträger, wie ein Notar, seine gesetzlichen beruflichen Pflichten schuldhaft nicht erfüllt. Dies kann durch aktives Handeln oder Unterlassen geschehen. Bei Notaren bezieht sich dies besonders auf Verletzungen ihrer Belehrungs-, Prüfungs- und Neutralitätspflichten. Die Haftung für Amtspflichtverletzungen ist in § 19 BNotO i.V.m. § 839 BGB geregelt.
Beispiel: Im verhandelten Fall prüft der BGH, ob der Notar seine Amtspflicht verletzt hat, indem er die Leasinggesellschaft nicht ausreichend über die notwendigen Schritte zur wirksamen Bestellung einer Briefgrundschuld informierte.
Schadensersatzrecht
Das Schadensersatzrecht umfasst die rechtlichen Regelungen zur Kompensation eines erlittenen Schadens durch eine andere Person aufgrund einer Pflichtverletzung. Es zielt darauf ab, den Geschädigten so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stehen würde. Bei Amtshaftung von Notaren sind die §§ 839 BGB und Art. 34 GG in Verbindung mit § 19 BNotO maßgeblich.
Beispiel: Die Leasinggesellschaft fordert vom Notar Schadensersatz, weil sie aufgrund seiner mangelhaften Belehrung keine wirksame Sicherheit erhalten hat und dadurch einen wirtschaftlichen Verlust erlitt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 839 BGB (Amtshaftung): Diese Norm regelt den Schadensersatzanspruch gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wenn ein Beamter oder Amtsträger, wie ein Notar, pflichtwidrig handelt und dadurch einem Dritten Schaden zufügt. Voraussetzung ist eine Amtspflichtverletzung, die gegenüber dem Geschädigten begangen wurde und zu einem Schaden geführt hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin stützt ihren Schadensersatzanspruch direkt auf diese Norm, da sie dem Notar eine Amtspflichtverletzung vorwirft, die ihr durch die verspätete Sicherung der Grundschuld entstanden sein soll.
- § 19 Abs. 1 Bundesnotarordnung (BNotO): Diese Vorschrift konkretisiert die allgemeinen Amtspflichten des Notars. Danach hat der Notar seine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen und insbesondere die Beteiligten unparteiisch und sorgfältig zu beraten sowie ihre Erklärungen klar und unzweideutig zu beurkunden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Notar hatte die Amtspflicht, die Klägerin als Beteiligte im Grundschuldbestellungsverfahren korrekt über den Stand der Eintragung zu informieren und die erforderlichen Schritte zur Sicherung ihrer Rechte sorgfältig zu veranlassen.
- § 873 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Diese Vorschrift bestimmt, dass zur Bestellung eines Rechts an einem Grundstück, wie einer Grundschuld, die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils sowie die Eintragung des Rechts im Grundbuch erforderlich sind. Erst mit der Eintragung im Grundbuch entsteht das dingliche Recht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin benötigte die Eintragung der Grundschuld im Grundbuch, um ihre Forderung gegenüber der Leasingnehmerin dinglich zu sichern. Die verzögerte oder fehlerhafte Einleitung der Eintragung durch den Notar könnte die Rechtsposition der Klägerin geschwächt haben.
- § 17 Abs. 1 Beurkundungsgesetz (BeurkG): Diese Norm regelt die Pflicht des Notars zur Vorlage von Urkunden beim Grundbuchamt. Nach Beurkundung einer Willenserklärung, die eine Eintragung im Grundbuch erfordert, hat der Notar diese Urkunde unverzüglich dem Grundbuchamt zur Eintragung vorzulegen, sofern keine entgegenstehenden Weisungen der Beteiligten vorliegen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Notar hatte die Pflicht, die notwendigen Dokumente, insbesondere die Grundschuldbestellungsurkunde, vollständig und zeitnah beim Grundbuchamt einzureichen, um die Eintragung der Grundschuld zu ermöglichen und die Sicherheit der Klägerin zu gewährleisten.
Das vorliegende Urteil
BGH – Az.: III ZR 287/23 – Urteil vom 08.08.2024
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