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Rechtsfolgen unwirksamer Bevollmächtigung im Grundbuchverfahren

OLG Jena – Az.: 9 W 289/12 – Beschluss vom 27.06.2012

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die im Betreff bezeichnete Eintragung bzw. den Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Stadtroda vom 01.06.2012 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1 zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 930.000 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Als Berechtigter der im Betreff bezeichneten Grundschuld war im Grundbuch die … Landesbank in M. eingetragen. Unter Vorlage einer unterschriebenen und mit dem Dienstsiegel versehenen Urkunde der … Landesbank vom 02.04.2012, die neben der Abtretung der Grundschuld an die Beteiligte zu 2 die Eintragungsbewilligung der Abtretung in das Grundbuch enthält, beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 die entsprechende Grundbucheintragung. Das Grundbuchamt hielt hierzu zunächst eine Zustimmung des Beteiligten zu 1 für erforderlich und setzte ihm eine Äußerungsfrist bis 31.05.2012. Auf Hinweis der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 revidierte das Grundbuchamt diese Rechtsauffassung und nahm am 15.05.2012 – ohne den Beteiligten zu 1 vorher anzuhören – die beantragte Eintragung vor.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1, der die Löschung der Eintragung, hilfsweise die Eintragung eines Amtswiderspruchs begehrt. Er meint, die Abtretung sei mangels Gegenzeichnung durch eine für die Beteiligte zu 2 vertretungsberechtigte Person nicht wirksam angenommen. Es fehle daher an einer Einigung; jedenfalls liege ein Formmangel vor. Bei einer brieflosen Grundschuld sei der Nachweis der Rechtsänderung durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde erforderlich. Er bezweifelt im Übrigen, dass die von den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 vorgelegte schriftliche Vollmacht durch eine insoweit vertretungsberechtigte Person unterschrieben wurde.

Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs zurückgewiesen; auch dagegen hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt. Er verfolgt sein Begehren auf Löschung der Eintragung, hilfsweise Eintragung eines Amtswiderspruchs weiter. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf den angefochtenen Beschluss und die Schriftsätze des Beteiligten zu 1.

II.

Soweit der Beteiligte zu 1 im Beschwerdeweg die Löschung der Eintragung erreichen will, ist das Rechtsmittel gegen eine Eintragung gerichtet und daher nach § 71 Abs. 2 S. 1 GBO unzulässig. Es handelt sich weder um eine Eintragung, die nicht unter öffentlichem Glauben steht noch um eine unzulässige oder nichtige Eintragung (Demharter, GBO, 28. Aufl., § 71 Rn. 38, 39 m.w.N.).

Die Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs ist zulässig (§ 71 Abs. 2 S. 2 GBO), in der Sache aber unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO nicht vorliegen. Allerdings hat das Grundbuchamt, nachdem der Beteiligte zu 1 eine wirksame Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 bestritten hat, entgegen § 11 S. 3 FamFG den geltend gemachten Mangel der Vollmacht – und damit die Frage, ob ein zulässiger Eintragungsantrag nach § 13 GBO vorliegt – nicht geprüft. Diese Gesetzesverletzung reicht – ebenso wie eine eventuelle Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör – jedoch zur Eintragung eines Amtswiderspruchs nicht aus. Hinzu kommen muss, dass das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig wird; das ist hier indessen nicht der Fall. Obwohl nach § 13 Abs. 1 GBO eine Eintragung nur auf Antrag vorgenommen werden soll, handelt es sich bei dem Antrag um eine reine Verfahrenshandlung, nicht aber um ein Erfordernis der materiellen Rechtsänderung. Es entspricht deshalb allgemeiner, vom Senat geteilter Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass das Grundbuch durch eine Eintragung auf Grund mangelhaften Eintragungsantrags und sogar ohne Antrag nicht unrichtig wird, soweit die Eintragungsvoraussetzungen im Übrigen vorliegen (BGH NJW 1999, 2369 f.; Demharter, a.a.O., § 13 Rn. 8 jeweils m.w.N.). Eintragungen in das Grundbuch erfolgen nach § 19 GBO grundsätzlich auf Grund der einseitigen Bewilligung des Betroffenen, die dem Grundbuchamt in der Form des § 29 Abs. 1 GBO, also durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde, nachzuweisen ist (sog. formelles Konsensprinzip). Die Beteiligte zu 2 hat die Eintragungsbewilligung der Inhaberin der Grundschuld vorgelegt; es handelt sich auch um eine öffentliche Urkunde, weil die … Landesbank nach Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über die … Landesbank eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ist. Der Vorschrift des § 29 Abs. 3 GBO genügt die Urkunde ebenfalls. Die Auffassung des Beteiligten zu 2, bei Abtretung einer brieflosen Grundschuld sei die dingliche Einigung dem Grundbuchamt gegenüber nachzuweisen, widerspricht dem Grundbuchrecht. Eine solche Ausnahme von dem Grundsatz der Eintragung auf einseitige Bewilligung kennt die Grundbuchordnung lediglich bei der Auflassung eines Grundstücks sowie der Bestellung, Inhaltsänderung oder Übertragung eines Erbbaurechts (§ 20 GBO). Vollständig unklar ist der nicht näher untersetzte Hinweis auf eine vermeintliche Formunwirksamkeit der Abtretung. Abgesehen davon, dass das Grundbuchamt die dingliche Einigung nicht zu prüfen hat, ist sie, soweit es nicht um eine Auflassung geht, formfrei (Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 873 Rn. 9 m.w.N.). Ein Zustimmungserfordernis des Beteiligten zu 1 zur Abtretung der Grundschuld besteht ebenfalls nicht, insbesondere ist § 91 InsO, wovon offenbar auch der Beteiligte zu 1 ausgeht, für die Abtretung einer bereits vor Insolvenzeröffnung erworbenen Grundschuld nicht anwendbar.

III.

Der Beteiligte zu 1 hat die Gerichtskosten seiner erfolglosen Beschwerde nach § 84 FamFG zu tragen. Von einer Beteiligung der Beteiligten zu 2 hat der Senat im Hinblick auf die offensichtliche Unbegründetheit der Beschwerde abgesehen, so dass erstattungsfähige außergerichtliche Aufwendungen anderer Beteiligter im Beschwerdeverfahren nicht entstanden sind. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahren entspricht dem Nennbetrag der Grundschuld; §§ 131 Abs. 4, 30, 23 Abs. 2 GBO. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor; die Entscheidung ist daher unanfechtbar. Durch die Entscheidung des Senats in der Hauptsache ist der Antrag nach § 76 Abs. 1 GBO gegenstandslos.

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