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Realteilung eines in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks – Vorgehensweise

OLG Hamburg – Az.: 13 W 142/20 – Beschluss vom 22.10.2020

Gründe:

I.

Die Wohnungs- und Teileigentümer (die Beschwerdeführer) des in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Grundstücks … 1, 3, 3a – Flurstück …, Größe … qm – und … 13, 15, 17 – Flurstück …, Größe … qm – eingetragen in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern von … Blatt… bis … beabsichtigen, diese Wohnungseigentümergemeinschaft in zwei Wohnungseigentümergemeinschaften, nämlich eine für das Grundstück … 1-3 und eine für das Grundstück … 13-17, aufzuteilen.

Mit Urkunde vom 28.11.2017 (UR-Nr. … des Notars …..) haben die Wohnungseigentümer der Wohnungen auf dem Grundstück … 1-3 die ihnen gehörenden Miteigentumsanteile an dem Grundstück … 13-17 auf die Eigentümer der Wohnungen auf dem Grundstück 13-17 übertragen und die Wohnungseigentümer der Wohnungen auf dem Grundstück … 13-17 haben die ihnen gehörenden Miteigentumsanteile an dem Grundstück … 1-3 auf die Eigentümer der Wohnungen auf dem Grundstück … 1-3 übertragen. Zugleich erfolgte in der Urkunde eine Aufteilung des Grundstücks, bestehend aus den Flurstücken … und … in zwei rechtlich selbständige Grundstücke. Die Aufteilung und der zeitgleiche Tausch der Miteigentumsanteile erfolgt in der Weise, dass jeder Miteigentümer die Miteigentumsanteile an dem Grundstück abgibt, auf dem sich sein Wohnungseigentum nicht befindet. Infolge des Tauschs soll jeder Wohnungseigentümer nur noch Miteigentum an dem Grundstück haben, auf dem seine Wohnung liegt.

Sodann enthält die Urkunde eine Verbindung der bestehenden und neu hinzu erhaltenen Miteigentumsanteile an dem Grundstück, auf dem die Wohnung liegt, mit dem jeweiligen Sondereigentum und zwar in der Weise, dass der jeweilige Sondereigentümer eine unveränderte Zahl an Miteigentumsanteilen (allerdings bezogen auf eine verminderte Gesamtanzahl der Anteile) erhält, verbunden mit dem Sondereigentum an seiner Einheit.

Alle betroffenen Miteigentümer und Pfandrechtsgläubiger haben dem Vorgehen gemäß Urkunde vom 28.11.2017 zugestimmt.

Mit Beschluss vom 30.06.2020 hat das Amtsgericht Hamburg-Blankenese den Antrag auf Eintragung der Änderung der Teilungserklärung zurückgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt, dass für eine Teilung der bestehenden WEG in zwei neue eigenständige WEG-Gemeinschaften zunächst die Rückführung der WEG durch Aufhebung derselben auf ein Blatt und sodann Neuaufteilung unabdingbar wäre. Die in der vorgelegten Urkunde vorgenommene Aufteilung von Miteigentumsanteilen an den einzelnen Flurstücken sei willkürlich und nicht rechnerisch aus den eingetragenen Anteilen ableitbar. Zudem entstünden bei der geplanten Aufteilung gänzlich neue Miteigentumsanteile, statt dem bestehenden Anteil an zwei Flurstücken entstehe nunmehr ein jeweils rechnerisch erhöhter Miteigentumsanteil an jeweils einem Flurstück. Es entstehe damit im Hinblick auf die Grundpfandrechtsgläubiger ein gänzlich neuer Pfandgegenstand, der nur durch Pfandentlassung und Neubestellung zu erhalten sei.

Zudem stehe § 1 Abs. 4 WEG der Übertragung von Miteigentumsanteilen an einem Flurstück eines aus zwei Flurstücken bestehenden Wohnungseigentumsgrundstücks entgegen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 07.07.2020. Diese führt zur Begründung aus, dass nach der Teilung der Flurstücke in zwei rechtlich selbständige Grundstücke sachenrechtliche Verfügungsobjekte für die Übertragung der Miteigentumsanteile vorlägen und dass § 1 Abs. 4 WEG einer Übertragung nicht im Wege stehe, weil durch die Umsetzung der beurkundeten Erklärungen zwei WEG auf zwei rechtlich selbständigen Grundstücken begründet würden – ein Zustand, der von § 1 Abs. 4 WEG gerade nicht untersagt werde. Wegen des weiteren Inhalts der Beschwerde wird auf den Schriftsatz vom 27.02.2020 Bezug genommen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 20.07.2020 nicht abgeholfen und ausgeführt, dass die von den Antragstellern vorgelegte Pfandhaftentlassung zum Fortbestehen der Grundpfandrechte an den neu zu bildenden Grundbuchblättern nicht ausreiche.

II.

Die gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde hat aus den in der Beschwerdebegründung näher ausgeführten Gründen, denen sich der Senat anschließt, auch in der Sache Erfolg. 1. Es bestehen keine Hindernisse gegen die beantragte Miteigentumsanteilsübertragung und die dadurch beabsichtigte Aufteilung der bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft in zwei selbständige Wohnungseigentümergemeinschaften. Im Einzelnen:

a) Zwar gibt es (sachen-)rechtlich keinen Anteil am Miteigentum eines Flurstücks, das zusammen mit einem weiteren Flurstück ein Grundstück im rechtlichen Sinne darstellt, so dass es streng genommen den in der hier streitgegenständlichen Urkunde zugrunde gelegten Übertragungsgegenstand nicht gibt. Den Beschwerdeführern ist jedoch in ihrer Rechtsansicht beizupflichten, dass es – zumindest eine logische Sekunde nach der in der Urkunde vom 28.11.2017 neben den Miteigentumsanteilsübertragungen zugleich beurkundeten Teilung des Grundstücks – sachenrechtlich existierende Verfügungsobjekte – nämlich die beiden dann rechtlich selbständigen Grundstücke – gibt, auf die sich die Anteilsübertragungen beziehen und es ist keine Vorschrift ersichtlich, die der beabsichtigten Rechtsübertragung entgegensteht.

Entgegen der ursprünglich vom Grundbuchamt geäußerten Ansicht steht insbesondere § 1 Abs. 4 WEG einer Übertragung von Miteigentumsanteilen an jeweils dem Flurstück, auf dem die Wohnung des jeweiligen Wohnungseigentümers nicht belegen ist, nicht entgegen, denn mit der beabsichtigten Rechtsübertragung wird gerade der von § 1 Abs. 4 WEG verfolgte Zweck einer Vereinigung von Sondereigentum und Miteigentumsanteil auf einem Grundstück erreicht. Es liegt hier nicht der offensichtlich dem Grundbuchamt vorschwebende Fall vor, dass ein mit zwei im Sondereigentum stehenden Gebäuden bebautes Grundstück real geteilt werden soll, so dass das Sondereigentum mit dem Miteigentum an einem anderen Grundstück verbunden wäre, was § 1 Abs. 4 WEG in der Tat verhindern will (vgl. Palandt/Wicke, BGB, 78. Aufl. 2019, § 1 WEG Rn. 5). Zu diesem vom Gesetz nicht gewollten Rechtszustand kommt es wegen der gleichzeitigen Beurkundung der Teilungs- und der Miteigentumsanteilsübertragungserklärungen gerade nicht.

b) Die vorgenommene Aufteilung der Miteigentumsanteile ist entgegen der Ansicht des Grundbuchamts auch nicht willkürlich. Die Beschwerdeführer haben dezidiert dargelegt, dass es bei der von ihnen vorgenommen Methode der Aufteilung der Grundstücksanteile – Beibehaltung des Zählers bei gleichzeitiger Veränderung des Nenners entsprechend des Größenverhältnisses der beiden Flurstücke zueinander – bei den gleichen Anteilen der Wohnungseigentümer an dem Grundstück bleibt, auf dem sich ihr Sondereigentum befindet. Dass es zu einer Verschiebung der Anteile in Bezug auf das alte (nach der Aufteilung nurmehr noch fiktiv bestehende) Grundstück kommt, ist ebenfalls nicht willkürlich, sondern gerade durch das Größenverhältnis der beiden Flurstücke zueinander bedingt.

c) Der beantragten Eintragung steht schließlich auch nicht entgegen, dass ein neuer Pfandgegenstand entsteht. Dem Grundbuchamt ist zwar darin zuzustimmen, dass ein solcher neuer Inhalt des Pfandrechts durch die geplante Vorgehensweise begründet wird, weil sich die Grundpfandrechte nunmehr lediglich auf den ideellen Miteigentumsanteil an einem statt wie bisher an zwei Flurstücken beziehen. Das schadet vor dem Hintergrund der Zustimmung der Gläubiger und einer – soweit sie umfangsmäßig negativ betroffen sind – erklärten teilweisen Pfandhaftentlassung durch die Gläubiger aber nicht. Soweit sich die Grundpfandrechte auf einen „vergrößerten“ Anteil an dem Grundstück beziehen, auf dem das Sondereigentum liegt, schadet das nichts, weil dem die Eigentümer des jeweils anderen Flurstücks zugestimmt haben, die ihre entsprechenden Miteigentumsanteile übertragen haben. Es ist nicht ersichtlich, warum diese in der Form des § 15 GBO beigebrachten Erklärungen aller Betroffenen in ihrer Gesamtheit nicht ausreichen sollten und stattdessen eine – in der Praxis mangels Besicherungsmöglichkeit für die Grundpfandgläubiger nicht realisierbare – Rückführung auf ein Grundbuchblatt gefordert werden sollte. Insoweit ist hier auch die dienende Funktion des Grundbuchrechts zu berücksichtigen, die es den Betroffenen ermöglichen sollte, eine Gestaltungslösung zu realisieren, die exakt der von § 1 Abs. 4 WEG gewollten Rechtslage entspricht und der alle Betroffenen zugestimmt haben.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 81 Abs. 1 FamFG).

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

 

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