Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Herausforderungen für Notare: Geschäftsfähigkeit hochbetagter Personen im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Wie kann ich feststellen, ob mein hochbetagtes Familienmitglied noch geschäftsfähig ist?
- Welche Rolle spielt der Notar bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit bei älteren Personen?
- Welche rechtlichen Schritte sollten unternommen werden, wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit eines Verwandten bestehen?
- Was passiert, wenn nach Abschluss eines Vertrages festgestellt wird, dass eine Partei geschäftsunfähig war?
- Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um den Missbrauch der Geschäftsunfähigkeit älterer Menschen zu verhindern?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Fall behandelt die Frage der Haftung eines Notars, der einen Grundstückskaufvertrag beurkundet hat, in dem die Verkäuferin möglicherweise geschäftsunfähig war.
- Der Kläger, der das Grundstück von der 87-jährigen Verkäuferin erworben hat, erhebt Vorwürfe gegen den Notar wegen Pflichtverletzungen.
- Der Verkäuferin wurde kurz nach dem Kauf ein betreuungsrechtliches Verfahren eingeleitet, was Zweifel an ihrer Geschäftsfähigkeit aufwarf.
- Das Gericht stellte fest, dass die Verkäuferin zum Zeitpunkt des Kaufvertrags bereits geschäftsunfähig war, was zur Unwirksamkeit des Vertrags führte.
- Der Kläger forderte Schadensersatz für die entstandenen Kosten und rechtlichen Schwierigkeiten aufgrund der unwirksamen Transaktion.
- Der Beklagte war der Meinung, dass er seiner Pflicht zur Überprüfung der Geschäftsfähigkeit der Verkäuferin ausreichend nachgekommen war.
- Das Gericht hatte nur in Teilbereichen zugunsten des Klägers entschieden, was bedeutet, dass die Klage insgesamt abgewiesen wurde.
- Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen Prüfung der Geschäftsfähigkeit bei notariellen Beurkundungen.
- Notare haben eine entscheidende Rolle, indem sie die Geschäftsfähigkeit der Parteien prüfen müssen, um rechtliche Risiken zu minimieren.
- Betroffene sollten sich der Risiken bewusst sein und können die Unterstützung eines Notars bei der Überprüfung der Geschäftsfähigkeit in Anspruch nehmen.
Herausforderungen für Notare: Geschäftsfähigkeit hochbetagter Personen im Fokus
Die Geschäftsfähigkeit ist ein zentrales Element im deutschen Zivilrecht, das die Fähigkeit einer Person beschreibt, rechtlich verbindliche Entscheidungen zu treffen. Besonders herausfordernd wird dieses Thema, wenn es um hochbetagte Personen geht, die möglicherweise in ihrer Entscheidungsfindung eingeschränkt sind. In solchen Fällen kann die Rolle des Urkundsnotariats von entscheidender Bedeutung sein, da Notare nicht nur Verträge beurkunden, sondern auch sicherstellen müssen, dass alle beteiligten Personen die rechtlichen Konsequenzen ihrer Handlungen verstehen.
Eine wichtige Überlegung in diesem Kontext ist die Prüfungspflicht des Notars bezüglich der Geschäftsfähigkeit der beteiligten Personen. Der Notar hat die Verantwortung, die finanziellen und rechtlichen Bedürfnisse seiner Mandanten zu erkennen und gegebenenfalls die Geschäftsfähigkeit zu hinterfragen. Dies ist besonders relevant, um sicherzustellen, dass hochbetagte Menschen nicht in Situationen gebracht werden, die zu deren Nachteil oder zu unwirksamen Verträgen führen könnten.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und Pflichten des Urkundsnotars in Bezug auf die Geschäftsfähigkeit von hochbetagten Beteiligten beleuchtet und die daraus resultierenden rechtlichen Implikationen analysiert.
Der Fall vor Gericht
Notarieller Grundstücksverkauf durch 87-jährige Verkäuferin angefochten
In einem komplexen Rechtsstreit musste sich das Oberlandesgericht Hamm mit der Frage befassen, ob ein Notar bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags seine Amtspflichten verletzt hatte. Im Mittelpunkt stand dabei die Prüfung der Geschäftsfähigkeit der 87-jährigen Verkäuferin.
Hintergrund des Falls
Am 10. Februar 2010 beurkundete der beklagte Notar einen Kaufvertrag, durch den eine 87-jährige Dame ihr Hausgrundstück für 50.000 Euro an den Kläger verkaufte. Nur wenige Wochen später verkaufte der Kläger das Grundstück für fast 100.000 Euro weiter. Als Zweifel an der Wirksamkeit des ersten Kaufvertrags aufkamen, kam es zu mehreren Gerichtsverfahren. Schließlich wurde festgestellt, dass die Verkäuferin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geschäftsunfähig gewesen war.
Vorwurf der Amtspflichtverletzung
Der Kläger warf dem Notar vor, bei der Beurkundung seine Amtspflichten verletzt zu haben, indem er die Geschäftsfähigkeit der Verkäuferin nicht ausreichend geprüft habe. Er verlangte Schadensersatz für die ihm entstandenen Kosten und Aufwendungen.
Prüfungspflicht des Notars
Das Gericht stellte klar, dass ein Notar grundsätzlich von der Geschäftsfähigkeit volljähriger Personen ausgehen kann. Allerdings können Umstände wie hohes Alter, schwere Erkrankungen oder auffälliges Verhalten Anlass zu genauerer Prüfung geben. Im vorliegenden Fall sah das Gericht aufgrund des hohen Alters und der Tatsache, dass die Verkäuferin im Rollstuhl saß, durchaus Gründe für eine sorgfältige Prüfung.
Ausreichende Prüfung durch den Notar
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts ist der Notar seiner Prüfungspflicht jedoch in ausreichendem Maße nachgekommen. Er führte vor der Beurkundung ein ausführliches Gespräch mit der Verkäuferin, in dem diese präzise Angaben zu ihrer Person und Familie machen konnte. Auch während der 1,5-stündigen Beurkundung stellte der Notar Zwischenfragen und erläuterte einzelne Vertragsklauseln, wobei die Verkäuferin stets den Eindruck vermittelte, den Inhalt zu verstehen.
Keine weitergehende Prüfungspflicht
Das Gericht betonte, dass dem Notar bei der Art und dem Umfang der Prüfung ein Ermessensspielraum zusteht. Eine noch weitergehende Prüfung, etwa durch gezielte Fragen zur Überprüfung des Kurzzeitgedächtnisses oder eingehende Erörterungen von Vertragsalternativen, war nach Ansicht des Gerichts nicht erforderlich. Dies hätte möglicherweise sogar als entwürdigend empfunden werden können.
Urteil des Oberlandesgerichts
Das Oberlandesgericht Hamm kam zu dem Schluss, dass dem Notar keine Amtspflichtverletzung vorzuwerfen ist. Er hatte im Rahmen seines Ermessens angemessene Schritte unternommen, um sich von der Geschäftsfähigkeit der Verkäuferin zu überzeugen. Die Klage auf Schadensersatz wurde daher abgewiesen.
Bedeutung für die notarielle Praxis
Der Fall unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen, aber angemessenen Prüfung der Geschäftsfähigkeit durch Notare, insbesondere bei älteren oder körperlich eingeschränkten Personen. Gleichzeitig zeigt er die Grenzen dieser Prüfungspflicht auf und bestätigt den Ermessensspielraum der Notare bei der Durchführung solcher Prüfungen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht den Ermessensspielraum von Notaren bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit. Auch bei älteren oder körperlich eingeschränkten Personen reicht in der Regel ein ausführliches Gespräch sowie die Erläuterung und Nachfrage zu Vertragsklauseln aus, um der Prüfungspflicht nachzukommen. Eine übermäßig intensive Prüfung kann als entwürdigend empfunden werden und ist rechtlich nicht erforderlich, solange keine konkreten Zweifel an der Geschäftsfähigkeit bestehen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für hochbetagte Personen und deren Angehörige hat dieses Urteil wichtige Implikationen. Es zeigt, dass Notare bei der Beurkundung von Verträgen mit älteren Menschen zwar besondere Sorgfalt walten lassen müssen, aber keine übermäßig intensiven Prüfungen der Geschäftsfähigkeit vornehmen müssen. Ein ausführliches Gespräch und die Erläuterung wichtiger Vertragsklauseln reichen in der Regel aus, um die Geschäftsfähigkeit festzustellen. Als Angehörige können Sie den Notar aktiv unterstützen, indem Sie ihn vorab über mögliche gesundheitliche Einschränkungen informieren. Beachten Sie jedoch, dass zu intensive Prüfungen als entwürdigend empfunden werden könnten. Im Zweifelsfall können Sie eine ärztliche Bescheinigung der Geschäftsfähigkeit einholen, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten.
FAQ – Häufige Fragen
In unserer FAQ-Rubrik finden Sie prägnante Antworten auf häufige Fragen rund um rechtliche Themen. Besonders im Fokus steht die Geschäftsfähigkeit hochbetagter Personen, ein oft komplexes Feld, das sowohl rechtliche als auch ethische Fragestellungen aufwirft. Entdecken Sie fundierte Informationen und hilfreiche Hinweise, die Ihnen dabei helfen, die relevanten Aspekte besser zu verstehen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Wie kann ich feststellen, ob mein hochbetagtes Familienmitglied noch geschäftsfähig ist?
- Welche Rolle spielt der Notar bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit bei älteren Personen?
- Welche rechtlichen Schritte sollten unternommen werden, wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit eines Verwandten bestehen?
- Was passiert, wenn nach Abschluss eines Vertrages festgestellt wird, dass eine Partei geschäftsunfähig war?
- Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um den Missbrauch der Geschäftsunfähigkeit älterer Menschen zu verhindern?
Wie kann ich feststellen, ob mein hochbetagtes Familienmitglied noch geschäftsfähig ist?
Die Feststellung der Geschäftsfähigkeit eines hochbetagten Familienmitglieds ist eine komplexe Angelegenheit, die in der Regel eine ärztliche Beurteilung erfordert. Als Angehöriger können Sie jedoch auf bestimmte Anzeichen achten, die auf eine mögliche Einschränkung der Geschäftsfähigkeit hindeuten könnten:
- Schwierigkeiten bei alltäglichen Entscheidungen und Handlungen
- Probleme beim Verstehen und Bewerten von Informationen
- Vergesslichkeit bei wichtigen Terminen oder finanziellen Angelegenheiten
- Auffällige Veränderungen im Urteilsvermögen oder Verhalten
Beachten Sie, dass diese Anzeichen nicht automatisch eine Geschäftsunfähigkeit bedeuten. Jeder Fall ist individuell zu betrachten.
Vorgehen zur Feststellung der Geschäftsfähigkeit
- Ärztliche Untersuchung: Der wichtigste Schritt ist eine gründliche ärztliche Untersuchung. Ein Arzt, idealerweise ein Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie, kann die geistigen Fähigkeiten Ihres Familienmitglieds beurteilen.
- Dokumentation des Alltagsverhaltens: Notieren Sie Beobachtungen zum Verhalten und zur Entscheidungsfähigkeit Ihres Angehörigen im Alltag. Diese Informationen können für den Arzt hilfreich sein.
- Rechtliche Beratung: In komplexen Fällen kann es sinnvoll sein, einen Anwalt für Familienrecht zu konsultieren. Er kann Sie über die rechtlichen Aspekte und mögliche nächste Schritte informieren.
- Betreuungsgericht einschalten: Bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit können Sie sich an das zuständige Betreuungsgericht wenden. Dieses kann eine gerichtliche Prüfung einleiten.
Wichtig: Die Geschäftsfähigkeit bezieht sich immer auf den Zeitpunkt eines konkreten Rechtsgeschäfts. Es ist möglich, dass Ihr Angehöriger zu bestimmten Zeiten geschäftsfähig ist und zu anderen nicht.
Wenn Sie Zweifel an der Geschäftsfähigkeit Ihres Familienmitglieds haben, ist es ratsam, wichtige Entscheidungen oder Vertragsabschlüsse zu verschieben, bis eine fachliche Beurteilung vorliegt. In Ihrer Situation könnte es auch sinnvoll sein, über eine Vorsorgevollmacht oder eine rechtliche Betreuung nachzudenken, um die Interessen Ihres Angehörigen zu schützen.
Bedenken Sie, dass auch Notare bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit haben. Sie können daher bei wichtigen Rechtsgeschäften zusätzliche Sicherheit bieten.
Welche Rolle spielt der Notar bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit bei älteren Personen?
Der Notar hat eine wichtige Prüfungspflicht hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit, insbesondere bei älteren Beteiligten. Er muss die Geschäftsfähigkeit vor der Beurkundung prüfen, wenn Zweifel daran bestehen. Dies dient dem Schutz aller Beteiligten und der Rechtssicherheit.
Grundsätzlich darf der Notar bei volljährigen Personen von deren Geschäftsfähigkeit ausgehen. Bei älteren Menschen muss er jedoch besonders aufmerksam sein und die Geschäftsfähigkeit genauer prüfen, wenn Anhaltspunkte für Einschränkungen vorliegen. Solche Anhaltspunkte können sein:
- Hohes Alter (über 80 Jahre)
- Erkennbare geistige oder körperliche Einschränkungen
- Auffälliges Verhalten während des Gesprächs
- Hinweise auf Demenz oder andere altersbedingte Erkrankungen
In diesen Fällen muss der Notar durch ein ausführliches Gespräch die geistige Verfassung und das Verständnis für das Rechtsgeschäft prüfen. Er hat dabei einen Ermessensspielraum, wie intensiv er die Prüfung vornimmt. Bei starken Zweifeln kann er auch ein ärztliches Attest anfordern.
Der Notar ist jedoch kein medizinischer Experte. Seine Einschätzung zur Geschäftsfähigkeit hat vor Gericht nur eine begrenzte Beweiskraft. Im Streitfall ist meist ein medizinisches Gutachten erforderlich.
Wenn Sie als ältere Person ein wichtiges Rechtsgeschäft vornehmen möchten, kann es sinnvoll sein, vorab ein ärztliches Attest zur Geschäftsfähigkeit einzuholen. Dies schafft zusätzliche Sicherheit für alle Beteiligten.
Der Notar muss seine Wahrnehmungen zur Geschäftsfähigkeit in der Urkunde vermerken. Bei Zweifeln sollte er diese dokumentieren, darf die Beurkundung aber nicht ohne Weiteres ablehnen. Nur wenn er von der Geschäftsunfähigkeit überzeugt ist, muss er die Beurkundung verweigern.
Die sorgfältige Prüfung durch den Notar ist wichtig, um spätere Anfechtungen zu vermeiden. Sie als Beteiligter können den Notar dabei unterstützen, indem Sie offen über eventuelle gesundheitliche Einschränkungen sprechen.
Welche rechtlichen Schritte sollten unternommen werden, wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit eines Verwandten bestehen?
Wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit eines Verwandten aufkommen, sind mehrere rechtliche Schritte zu erwägen:
Ärztliche Beurteilung einholen
Der erste Schritt sollte die Einholung einer ärztlichen Beurteilung sein. Ein Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie kann die geistigen Fähigkeiten des Verwandten einschätzen und eine fachliche Stellungnahme zur Geschäftsfähigkeit abgeben. Diese medizinische Einschätzung ist wichtig für alle weiteren rechtlichen Schritte.
Vorsorgevollmacht prüfen
Überprüfen Sie, ob Ihr Verwandter bereits eine Vorsorgevollmacht erteilt hat. Wenn eine solche Vollmacht existiert und der Bevollmächtigte vertrauenswürdig ist, kann dieser die Angelegenheiten des Verwandten regeln, ohne dass weitere rechtliche Schritte notwendig sind.
Betreuungsverfahren einleiten
Liegt keine Vorsorgevollmacht vor, sollten Sie die Einleitung eines Betreuungsverfahrens beim zuständigen Betreuungsgericht in Erwägung ziehen. Sie können eine Anregung zur Einrichtung einer Betreuung stellen. Das Gericht wird dann die Notwendigkeit einer Betreuung prüfen und gegebenenfalls einen Betreuer bestellen.
Einwilligungsvorbehalt beantragen
In Fällen, in denen die betroffene Person sich durch eigenes Handeln erheblich zu schädigen droht, kann beim Betreuungsgericht ein Einwilligungsvorbehalt beantragt werden. Dieser schränkt die rechtliche Handlungsfähigkeit des Betreuten ein und schützt ihn vor nachteiligen Rechtsgeschäften.
Notarielle Beglaubigung bei wichtigen Rechtsgeschäften
Bei wichtigen Rechtsgeschäften, wie etwa einem Hausverkauf, ist es ratsam, auf einer notariellen Beglaubigung zu bestehen. Notare sind verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu prüfen. Dies kann zusätzlichen Schutz bieten und spätere Anfechtungen erschweren.
Dokumentation aller Schritte
Dokumentieren Sie sorgfältig alle Beobachtungen und unternommenen Schritte. Diese Aufzeichnungen können in späteren rechtlichen Auseinandersetzungen von großer Bedeutung sein.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Schritte mit Bedacht und Rücksicht auf die Würde und Autonomie des Verwandten unternommen werden sollten. Ziel ist es, die Person zu schützen, nicht ihre Rechte unnötig einzuschränken. In komplexen Fällen kann die Beratung durch einen Fachanwalt für Familienrecht hilfreich sein, um die bestmögliche Lösung für Ihren Verwandten zu finden.
Was passiert, wenn nach Abschluss eines Vertrages festgestellt wird, dass eine Partei geschäftsunfähig war?
Was passiert, wenn nach Abschluss eines Vertrages festgestellt wird, dass eine Partei geschäftsunfähig war?
Wird nach Vertragsabschluss festgestellt, dass eine Partei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geschäftsunfähig war, hat dies weitreichende rechtliche Konsequenzen:
Nichtigkeit des Vertrages
Der Vertrag ist von Anfang an nichtig. Das bedeutet, er entfaltet keinerlei Rechtswirkungen. Die Nichtigkeit tritt automatisch ein, ohne dass es einer Anfechtung oder gerichtlichen Feststellung bedarf. Dies gilt unabhängig davon, ob die andere Vertragspartei von der Geschäftsunfähigkeit wusste oder hätte wissen müssen.
Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen
Wurden bereits Leistungen ausgetauscht, müssen diese rückabgewickelt werden. Die Parteien sind verpflichtet, einander das Erlangte herauszugeben. Ist eine Rückgabe in Natur nicht möglich, muss Wertersatz geleistet werden.
Schutz der geschäftsunfähigen Person
Das Gesetz schützt die geschäftsunfähige Person umfassend. Sie kann sich jederzeit auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen. Eine Berufung auf Treu und Glauben durch die andere Vertragspartei ist in der Regel ausgeschlossen. Auch ein „guter Glaube“ an die Geschäftsfähigkeit wird nicht geschützt.
Haftung des gesetzlichen Vertreters
War der geschäftsunfähigen Person ein gesetzlicher Vertreter bestellt, kann dieser unter Umständen für entstandene Schäden haftbar gemacht werden. Dies gilt insbesondere, wenn er seine Aufsichtspflicht verletzt hat.
Mögliche Heilung des Vertrages
In bestimmten Fällen kann ein nichtiger Vertrag nachträglich wirksam werden:
- Wenn die geschäftsunfähige Person später geschäftsfähig wird und den Vertrag genehmigt.
- Wenn der gesetzliche Vertreter den Vertrag nachträglich genehmigt.
Besonderheiten bei alltäglichen Geschäften
Bei Geschäften des täglichen Lebens, die mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden können, gilt eine Ausnahme: Solche Verträge gelten als wirksam, sobald Leistung und Gegenleistung bewirkt sind. Dies soll den Rechtsverkehr schützen und alltägliche Transaktionen ermöglichen.
Wenn Sie unsicher sind, ob ein Vertragspartner geschäftsfähig ist, sollten Sie besonders vorsichtig sein. Im Zweifel ist es ratsam, sich die Geschäftsfähigkeit bestätigen zu lassen oder den Vertrag mit dem gesetzlichen Vertreter abzuschließen.
Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um den Missbrauch der Geschäftsunfähigkeit älterer Menschen zu verhindern?
Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um den Missbrauch der Geschäftsunfähigkeit älterer Menschen zu verhindern?
Um den Missbrauch der Geschäftsunfähigkeit älterer Menschen zu verhindern, können verschiedene präventive Maßnahmen ergriffen werden:
Frühzeitige Vorsorge treffen
Es ist ratsam, dass ältere Menschen rechtzeitig eine Vorsorgevollmacht erstellen, solange sie noch geschäftsfähig sind. Darin können sie eine oder mehrere Vertrauenspersonen bevollmächtigen, ihre Angelegenheiten zu regeln, falls sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sein sollten. Die Vollmacht sollte detailliert festlegen, welche Befugnisse der Bevollmächtigte hat und welche Wünsche zu beachten sind.
Mehrere Bevollmächtigte einsetzen
Um Missbrauch vorzubeugen, kann es sinnvoll sein, mehrere Personen zu bevollmächtigen, die sich gegenseitig kontrollieren. Beispielsweise könnte festgelegt werden, dass bestimmte Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden dürfen.
Regelmäßige Überprüfung der Geschäftsfähigkeit
Bei wichtigen Rechtsgeschäften, insbesondere wenn es um größere Vermögenswerte geht, sollte die Geschäftsfähigkeit des älteren Menschen durch einen Arzt oder Notar überprüft und dokumentiert werden. Dies kann spätere Anfechtungen erschweren und schützt sowohl den älteren Menschen als auch potenzielle Vertragspartner.
Sensibilisierung des Umfelds
Angehörige, Pflegepersonal und andere Personen im Umfeld älterer Menschen sollten für Anzeichen von Missbrauch oder Manipulation sensibilisiert werden. Verdächtige Aktivitäten oder plötzliche Änderungen im Verhalten des älteren Menschen sollten ernst genommen und gegebenenfalls gemeldet werden.
Einrichtung einer rechtlichen Betreuung
In Fällen, in denen eine Person nicht mehr in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, kann eine rechtliche Betreuung beim Betreuungsgericht beantragt werden. Der Betreuer wird vom Gericht bestellt und kontrolliert, was einen zusätzlichen Schutz vor Missbrauch bietet.
Finanzielle Transparenz schaffen
Es kann hilfreich sein, ein System der finanziellen Transparenz zu etablieren, bei dem regelmäßige Berichte über Einnahmen und Ausgaben erstellt werden. Dies kann entweder durch den Bevollmächtigten oder durch einen unabhängigen Dritten erfolgen.
Beratung und Unterstützung in Anspruch nehmen
Betroffene und ihre Angehörigen sollten sich nicht scheuen, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Betreuungsvereine, Seniorenberatungsstellen oder spezialisierte Rechtsanwälte können wertvolle Unterstützung bieten und über rechtliche Schutzmöglichkeiten informieren.
Notarielle Beurkundung wichtiger Dokumente
Wichtige Rechtsgeschäfte, wie etwa Immobilienverkäufe oder Schenkungen, sollten notariell beurkundet werden. Notare haben eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit der Beteiligten und können so einen zusätzlichen Schutz bieten.
Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung von Vollmachten
Bestehende Vollmachten sollten in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Dies stellt sicher, dass sie den aktuellen Wünschen und Bedürfnissen des älteren Menschen entsprechen.
Durch die Kombination dieser Maßnahmen kann das Risiko eines Missbrauchs der Geschäftsunfähigkeit älterer Menschen erheblich reduziert werden. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten wachsam bleiben und im Zweifelsfall professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Geschäftsfähigkeit: Die rechtliche Fähigkeit einer Person, wirksame Willenserklärungen abzugeben und Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Sie setzt voraus, dass jemand die Bedeutung und Folgen seines Handelns erkennen und seinen Willen danach bestimmen kann. Bei hochbetagten Menschen kann die Geschäftsfähigkeit aufgrund altersbedingter kognitiver Einschränkungen in Frage stehen. Im Zweifelsfall muss ein Arzt die Geschäftsfähigkeit beurteilen. Fehlt sie, sind abgeschlossene Verträge nichtig.
- Amtspflicht des Notars: Die gesetzliche Verpflichtung des Notars, bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften bestimmte Aufgaben wahrzunehmen. Dazu gehört insbesondere die Prüfung der Geschäftsfähigkeit der Beteiligten, die Aufklärung über Rechtsfolgen sowie die neutrale Beratung aller Beteiligten. Bei Verletzung dieser Pflichten kann der Notar schadenersatzpflichtig werden. Im konkreten Fall war strittig, ob der Notar seine Amtspflicht zur Prüfung der Geschäftsfähigkeit verletzt hatte.
- Ermessensspielraum: Der rechtliche Entscheidungsfreiraum, den ein Amtsträger wie ein Notar bei der Ausübung seiner Pflichten hat. Er ermöglicht es, den Einzelfall angemessen zu berücksichtigen. Bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit bedeutet dies, dass der Notar Art und Umfang der Prüfung selbst bestimmen kann, solange er dabei pflichtgemäß und mit der gebotenen Sorgfalt vorgeht. Das Gericht überprüft nur, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten wurden.
- Beurkundung: Die öffentliche Beglaubigung eines Rechtsgeschäfts oder einer Erklärung durch einen Notar. Dabei wird der Inhalt des Geschäfts schriftlich festgehalten und vom Notar mit seiner Unterschrift und seinem Siegel versehen. Die Beurkundung verleiht dem Dokument besondere Beweiskraft. Bei der Beurkundung muss der Notar die Beteiligten über Inhalt und rechtliche Folgen aufklären und sich von ihrer Geschäftsfähigkeit überzeugen.
- Anfechtung: Die rechtliche Möglichkeit, eine Willenserklärung oder einen Vertrag rückwirkend für nichtig erklären zu lassen. Gründe können Irrtum, Täuschung oder Drohung sein. Im Fall einer nachträglich festgestellten Geschäftsunfähigkeit kommt eine Anfechtung in Betracht. Sie muss innerhalb bestimmter Fristen erklärt werden und führt dazu, dass das Rechtsgeschäft von Anfang an als nichtig gilt.
- Betreuung: Eine rechtliche Maßnahme zum Schutz von Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen können. Ein vom Gericht bestellter Betreuer vertritt die Person in bestimmten Bereichen. Bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit eines älteren Menschen kann die Einrichtung einer Betreuung erwogen werden, um dessen Interessen zu schützen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 104 Nr. 2 BGB (Geschäftsunfähigkeit): Eine Person ist geschäftsunfähig, wenn sie sich in einem Zustand befindet, in dem sie nicht in der Lage ist, ihren Willen frei und unbeeinflusst zu bilden. Dies kann durch eine dauerhafte oder vorübergehende Störung der Geistestätigkeit verursacht werden. Im vorliegenden Fall wurde die Verkäuferin nachträglich für geschäftsunfähig erklärt, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht in der Lage war, die rechtlichen Konsequenzen ihres Handelns zu verstehen.
- § 17 BeurkG (Prüfungspflicht des Notars): Der Notar ist verpflichtet, die Identität der Beteiligten festzustellen und sich von ihrer Geschäftsfähigkeit zu überzeugen. Er muss sicherstellen, dass die Beteiligten den Inhalt der Urkunde verstehen und mit ihrer Unterschrift einverstanden sind. Im konkreten Fall wurde geprüft, ob der Notar seiner Prüfungspflicht bezüglich der Geschäftsfähigkeit der hochbetagten Verkäuferin ausreichend nachgekommen ist.
- § 11 BeurkG (Belehrungspflicht des Notars): Der Notar hat die Beteiligten über die rechtliche Bedeutung und die Folgen der Beurkundung zu belehren. Er muss sicherstellen, dass die Beteiligten die Urkunde verstehen und ihre Rechte und Pflichten kennen. Im vorliegenden Fall war relevant, ob der Notar die Verkäuferin ausreichend über die Bedeutung und Folgen des Grundstücksverkaufvertrags belehrt hat, insbesondere angesichts ihres Alters und ihrer möglichen eingeschränkten Geschäftsfähigkeit.
- § 123 BGB (Anfechtung wegen Irrtums): Ein Vertrag kann angefochten werden, wenn eine Partei bei Abschluss des Vertrags einem Irrtum unterlag. Ein solcher Irrtum kann auch die Geschäftsfähigkeit betreffen. Im vorliegenden Fall könnte der Vertrag angefochten werden, wenn die Verkäuferin aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit einem Irrtum über die Bedeutung und Folgen des Vertrags unterlag.
- § 823 BGB (Schadensersatzpflicht): Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Im konkreten Fall wurde geprüft, ob der Notar durch eine Verletzung seiner Amtspflichten einen Schaden verursacht hat, für den er haftbar gemacht werden kann.
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: I-11 U 180/14 – Urteil vom 08.07.2015
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Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22.10.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Der Kläger nimmt den Beklagten mit dem Vorwurf, bei der Beurkundung eines zwischen ihm, dem Kläger, und Frau T geschlossenen Grundstückskaufvertrages seine Pflichten als Notar verletzt zu haben, auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.
Am 10.02.2010 beurkundete der Beklagte unter der Urkundennummer 83/2010 einen notariellen Kaufvertrag, mit dem der Kläger von der damals 87 Jahre alten Verkäuferin T ein Hausgrundstück für 50.000,- EUR erwarb. Bereits am 20.03.2010 verkaufte der Kläger mit einem ebenfalls vom Beklagten beurkundeten notariellen Kaufvertrag (UR 164/2010) das Grundstück für 99.900,- EUR an die Eheleute L weiter, wobei er sich zur vorherigen Durchführung von Renovierungs- und Sanierungsarbeiten verpflichtete. Am 29.04.2010 zahlte der Kläger den von ihm geschuldeten Kaufpreis von 50.000,- EUR auf das Konto der Frau T bei der Stadtsparkasse C, wo er noch am gleichen Tag von dieser in Begleitung ihres Sohnes T2 in bar abgehoben wurde. In der Folgezeit scheiterte die Durchführung beider Kaufverträge zunächst daran, dass das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 08.06.2010 Zweifel an der Wirksamkeit des notariellen Kaufvertrages von 10.02.2010 äußerte, weil zwischenzeitlich für Frau T ein Betreuungsverfahren eingeleitet worden war. Der Kläger erhob daraufhin in dem Verfahren 010 O 36/11 LG Münster gegen Frau T Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Kaufvertrages. Kurz darauf wurde er selbst von den Eheleuten L in dem Verfahren 10 O 116/11 LG Münster auf Rückzahlung des bereits gezahlten Kaufpreises und Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Als das Landgericht Münster im Verfahren 10 O 36/11 nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 08.03.2011 auf den Hilfsantrag des Klägers hin feststellte, dass die Verkäuferin T bereits bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 10.02.2010 geschäftsunfähig gewesen ist, schlossen der Kläger und die Eheleute L am 24.04.2013 in dem Verfahren LG Münster 10 O 116/11 einen gerichtlichen Vergleich mit dem Inhalt, dass der zwischen ihnen geschlossene Kaufvertrag nach Möglichkeit doch noch durchgeführt werden soll. Dazu erwarb der Kläger in der Folgezeit mit notariellem Kaufvertrag vom 21.05.2013 das betreffende Hausgrundstück nochmals für einen Kaufpreis von 48.000,- EUR von Frau T, wobei diese nunmehr von ihrer mittlerweile bestellten Betreuerin vertreten wurde.
Im vorliegenden Verfahren nimmt der Kläger den beklagten Notar nunmehr mit dem Vorwurf, dass er sich bei der Beurkundung des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 10.02.2010 nicht in hinreichender Weise von der Geschäftsfähigkeit der Verkäuferin T überzeugt habe, auf Erstattung ihm durch die Rechtsstreite LG Münster 10 O 36/11 und 10 O 116/11 sowie den erneuten Kauf des Grundstücks entstandener Aufwendungen und Mehrkosten in Anspruch.
Unstreitig wurde von dem Beklagten am 10.02.2010 vor Beginn der notariellen Beurkundung mit Frau T ein Einführungsgespräch mit dem im unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils im Einzelnen dargestellten Inhalt geführt. In erster Instanz haben die Parteien unter anderem darüber gestritten, ob der Beklagte damit in hinreichender Weise seinen Pflichten aus §§ 11 und 17 BeurkG genügt hat oder er im Hinblick auf das hohe Alter von Frau T sowie den Umstand, dass diese im Rollstuhl saß und wahrscheinlich als Folge einer Gichterkrankung weitere körperliche Einschränkungen zeigte, sich auch durch Fragen zu den Hintergründen des Grundstückverkaufs und eine Erörterung von sachlichen und rechtlichen Fragen des zu beurkundenden Rechtsgeschäfts von der Geschäftsfähigkeit der Frau T hätte überzeugen müssen. Weiter haben die Parteien darüber gestritten, ob dem Beklagten bei entsprechenden weitergehenden Fragen an Frau T deren schon damals gegebene Geschäftsunfähigkeit so hätte auffallen müssen, dass er von deren Vorliegen überzeugt gewesen wäre, oder ob der Beklagte danach zumindest bestehende Zweifel an der Geschäftsfähigkeit in die Vertragsurkunde hätte aufnehmen müssen. Schließlich haben die Parteien auch darüber gestritten, ob und in welcher Höhe dem Kläger durch das vorgeblich pflichtwidrige Verhalten des Beklagten ein Schaden entstanden ist und ob für den Kläger mit seinen eigenen Prozessbevollmächtigten sowie dem Sohn des Frau T, T2, eine anderweitige, vorrangig in Anspruch zu nehmende Ersatzmöglichkeit besteht.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte dem Kläger gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO auf Schadensersatz hafte, weil er gegen seine Pflichten aus § 11 Abs. 1 BeurkG verstoßen habe. Das vom Beklagten mit Frau T geführte Einführungsgespräch habe nicht zur Überprüfung deren Geschäftsfähigkeit ausgereicht. Insoweit hat das Landgericht unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Celle vom 19.02.2008 (Az: Not 16/07) die Ansicht vertreten, dass der Notar die erforderlichen Feststellungen zur Geschäftsfähigkeit nicht in erster Linie bei der Begrüßung oder einem einleitenden Gespräch, sondern im Rahmen des eigentlichen Beurkundungsvorganges zu treffen habe, weil er beim Vorlesen und Erörtern im Rahmen seiner Belehrung nach § 17 BeurkG die Verständnisfähigkeit des Erblassers am besten einschätzen könne. Insbesondere bei alten und schwer erkrankten Personen müsse sich der Notar zumindest durch eine eingehende Unterhaltung in der Sache von deren Geschäftsfähigkeit überzeugen. Der Beklagte habe aber selbst nicht vorgetragen, solche Fragen zur Sache gestellt zu haben. Sein Vortrag, dass er ständig Zwischenfragen gestellt habe, die die Verkäuferin auch sämtlich habe beantworten können, sei erkennbar zu pauschal gewesen. Seinem in der mündlichen Verhandlung am 22.10.2014 gestellten Antrag, ihn persönlich zum Verlauf der Bekundungsvorganges anzuhören, sei nicht stattzugeben gewesen, weil der Beklagte jede Möglichkeit gehabt habe, zu diesem von Anfang an erkennbar maßgeblichen Umstand vorzutragen und damit die von ihm beantragte persönliche Anhörung auf eine unzulässige Ausforschungsanhörung hinausgelaufen wäre. Zudem habe der Beklagte bereits im Verfahren LG Münster 10 O 36/11 als Zeuge ausgesagt, keine konkreten Erinnerungen an Erörterungen über den Inhalt des Kaufvertrages zu haben. Weiter hat sich das Landgericht unter Verweis auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. G2, dessen Gutachten es gemäß § 411 a ZPO verwertet hat, auch davon überzeugt gezeigt, dass der Beklagte bei pflichtgemäßem Vorgehen die Geschäftsunfähigkeit der Verkäuferin bemerkt hätte und es in diesem Fall nicht zu den vom Kläger geltend gemachten Schäden gekommen wäre. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, weil er im Gegensatz zum Beklagten nicht zu einer Überprüfung der Geschäftsfähigkeit der Frau T verpflichtet gewesen sei und er auch den Prozess mit den Eheleuten L nicht habe verhindern können. Auch stehe dem Kläger mit T2 keine anderweitige Ersatzmöglichkeit zur Verfügung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, der vom Landgericht getroffenen Feststellungen einschließlich der Anträge und der Urteilsbegründung wird auf den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Er vertritt die Ansicht, dass das Landgericht ihm zu Unrecht eine Verletzung seiner Pflichten als Notar angelastet hat. Welche Ermittlungen zur Geschäftsfähigkeit bei Vorliegen einer schweren Erkrankung oder von Anhaltspunkten für eine geistige Erkrankung vorzunehmen seien, stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Notars, wobei dieser mit der gebotenen Sensibilität vorzugehen habe. Im Hinblick auf dieses Ermessen habe er, der Beklagte, seine Prüfungspflichten nicht verletzt, zumal sich für ihn aus dem Vorgespräch keine Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit der Frau T ergeben hätten. Darüber hinaus habe er Frau T auch nicht nur Fragen zu deren familiären Verhältnissen gestellt, sondern ausweislich des unstreitigen Tatbestandes des angefochtenen Urteils auch einzelne Vertragsklauseln erörtert, wobei Frau T ihm auf Nachfrage jeweils erklärt habe, deren Inhalt verstanden zu haben. Jedenfalls hätte das Landgericht ihm Gelegenheit geben müssen, hierzu noch näher vorzutragen. Insoweit trägt der Beklagte ergänzend vor, er habe sich seinerzeit darüber vergewissert, dass Frau T sich darüber klar gewesen sei, ihre Immobilie für einen Kaufpreis von 50.000,- EUR zu verkaufen. Auch seien im Rahmen der Beurkundung einzelne Vertragsklauseln besprochen worden, wie etwa unter welchen Voraussetzungen der Kaufpreis fällig wird und auf welches Konto er überwiesen wird. Weiter sei die Unterwerfungserklärung angesprochen worden und Frau T darüber belehrt worden, was es bedeute, das Grundstück lastenfrei zu übertragen. Frau T habe die Beurkundung aufmerksam verfolgt, so dass für ihn kein Anlass zu Zweifeln bestanden habe.
Das Landgericht habe auch fehlerhaft unterstellt, dass die Betreuerin in jedem Fall zu einem erneuten Verkauf des Hausgrundstücks zu denselben Bedingungen bereit gewesen wäre. Viel wahrscheinlicher sei, dass im Falle einer Ablehnung der Beurkundung der Kaufvertrag mit jemand anderem als dem Kläger zustande gekommen wäre. Dass ihm auch in diesem Fall ein Schaden entstanden wäre, habe der Kläger aber nicht dargetan.
Zudem habe der Kläger nicht für alle von ihm geltend gemachten Aufwendungen Zahlungsnachweise vorgelegt, so dass das Landgericht ihm diese Schadenspositionen nicht hätte zuerkennen dürfen.
Schließlich vertritt der Beklagte weiterhin hilfsweise die Auffassung, dass dem Kläger entgegen dem Landgericht auch mit seinen eigenen Prozessbevollmächtigten und T2 anderweitige Ersatzmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Es könne kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass T2 in seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse die Geschäftsunfähigkeit seiner Mutter ausgenutzt habe.
Der Beklagte beantragt, in Abänderung des Urteils des Landgerichts Münster vom 22.10.2014, Az.: 10 O 201/14, die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung mit näheren Ausführungen als richtig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die Parteien persönlich angehört. Ferner hat der Senat die Akten 10 O 36/11, 10 O 116/11 und 14 O 86/14 jeweils Landgericht Münster beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg und führt in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Abweisung der Klage.
Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aus § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO als der hier einzig ernsthaft in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage zu. Zwar ist der Beklagte bei der Beurkundung des notariellen Kaufvertrages vom 10.02.2010 unzweifelhaft als Notar tätig geworden. Es kann jedoch schon nicht festgestellt werden, dass der Beklagte dabei eine ihm als Notar gegenüber dem Kläger obliegende Amtspflicht verletzt hat.
1. Entgegen dem Landgericht hat der Beklagte bei der Beurkundung des notariellen Kaufvertrags vom 10.02.2010 seine Amtspflicht zur Prüfung der Geschäftsfähigkeit der Urkundsbeteiligten nicht verletzt.
a) Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur hat der Notar bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften zu prüfen, ob die Beteiligten die für die Vornahme des Rechtsgeschäfts erforderliche Geschäftsfähigkeit besitzen, wobei dahinstehen kann, ob sich diese Prüfungspflicht aus § 11 BeurkG ergibt (so offenbar OLG Celle, Beschluss in Not 16/07 vom 19.02.2008 = MittBayNot 2008, 492) oder sich aus der Verpflichtung des Notars aus § 17 BeurkG zur Schaffung rechtswirksamer Vertragsurkunden herleitet und § 11 BeurkG nur die Ablehnungsverpflichtung und Zeugnispflichten des Notars regelt (so Winkler in Anm. zu OLG Celle, a.a.O, MittBayNot 2008, 495 ff.).
Allerdings hat der Notar nicht in jedem Fall die erforderliche Geschäftsfähigkeit der Urkundsbeteiligten zu prüfen. Vielmehr begründet § 11 Abs. 1 BeurkG für den Notar eine tatsächliche Vermutung, dass ein volljähriger Beteiligter auch voll geschäftsfähig ist (BayObLG, DNotZ 1993, 471 ff. – Rz. 7 zitiert nach Juris; Winkler, MittBayNot 2008, 495; Huhn/von Schuckmann, Beurkundungsgesetz, 3. Auflage 1995, § 11 Rn. 12; Limmer in: Eylmann/Vaasen, Bundesnotarordnung/Beurkundungsgesetz, 3. Auflage 2011, § 11 BeurkG Rn. 2). Der Notar kann deshalb im Allgemeinen davon ausgehen, dass ein volljähriger Beteiligter sich nicht in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit (§ 104 Nr. 2 BGB) befindet (Lerch, Beurkundungsgesetz, 4. Auflage 2011, § 11 Rn. 6) und braucht deshalb diesbezüglich grundsätzlich keine weiteren Nachforschungen anzustellen. Weitere Nachforschungen sind erst erforderlich, wenn sich für den Notar gewisse Anhaltspunkte für eine eingeschränkte oder fehlende Geschäftsfähigkeit ergeben (Lerch, a.a.O., § 11 Rn. 5). Solche Anhaltspunkte können sich insbesondere aus dem äußeren Erscheinungsbild und dem Verhalten des Beteiligten, aber auch aus sonstigen Umständen wie etwa fehlender zeitlicher und/oder örtlicher Orientierung des Beteiligten, fehlender Einsicht in die Auswirkungen der Entscheidung und nicht gegebener intellektueller Aufnahmefähigkeit ergeben (OLG Frankfurt, DNotZ 1978, 505, 506; OLG Karlsruhe, Justiz 1980, 18 f., Winkler, BeurkG, 17. Auflage 2013, § 11 Rn. 8; OLG Celle, a.a.O. – Rz. 91 bei Juris). Entsprechend enthält die Regelung des § 11 Abs. 2 BeurkG eine Einschränkung des Grundsatzes, dass der Notar von der Geschäftsfähigkeit volljähriger Personen ausgehen kann, für den Fall, dass ein Beteiligter schwer krank ist (OLG Celle, a.a.O. – Rz. 92 zitiert nach Juris).
Ausgehend hiervon bestanden im vorliegenden Fall durchaus Umstände, die dem Beklagten Anlass zu einer Prüfung der Geschäftsfähigkeit der volljährigen Verkäuferin T geben mussten. Denn unstreitig saß Frau T zum Zeitpunkt des Beurkundungstermins in einem Rollstuhl. Außerdem zeigte sie nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers wohl als Folge einer Gichterkrankung weitere körperliche Einschränkungen. Da mangels gegenteiliger Erkenntnisse des Beklagten sowohl die Rollstuhlpflichtigkeit als auch die weiteren körperlichen Einschränkungen der Frau T Folge einer schweren Krankheit im Sinne von § 11 Abs. 2 BeurkG sein konnten, die möglicherweise auch Einfluss auf deren Geschäftsfähigkeit haben konnte, war der Beklagte insoweit schon aufgrund der Regelung des § 11 Abs. 2BeurkG dazu gehalten, weitere Feststellungen zur Geschäftsfähigkeit der Verkäuferin zu treffen. Gleiches gilt im Hinblick auf das damalige hohe Lebensalter der Frau T von 87 Jahren. Denn nach Auffassung des Senats kann heute als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass mit der in den letzten Jahrzehnten deutlich angestiegenen durchschnittlichen Lebenserwartung der Bevölkerung auch ein immer größer werdender Anteil alter Menschen an Erkrankungen wie vaskuläre Demenz oder Alzheimer leidet, die bei dem Erkrankten zu einem Verlust seiner geistigen Fähigkeiten führen. Vor diesem Hintergrund wird man es nicht als altersdiskriminierend ansehen können, wenn sowohl in der Rechtsprechung als auch der Literatur die Ansicht vertreten wird, dass auch das hohe Alter eines Beteiligten dem Notar Anlass zu weiteren Nachforschungen betreffend die Geschäftsfähigkeit des Beteiligten geben muss (so etwa: Huhn/von Schuckmann, Beurkundungsrecht in Deutschland, 1991,§ 11 BeurkG Rn.11; OLG Celle, a.a.O. – Rz. 93 bei Juris; ebenso jeweils für § 28 BeurkG: Winkler, Beurkundungsgesetz, 17. Auflage 2013, § 28 Rn. 8; Piegsa in Armbrüster/Preuß/Renner, Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notarinnen und Notare, 6. Auflage 2013, § 28 Rn. 8).
b) Allerdings ist der Beklagte nach Auffassung des Senats vorliegend seiner Prüfungspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen.
aa) In welchem Umfang der Notar Ermittlungen zur Überprüfung der Geschäftsfähigkeit vornimmt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, wobei er immer einzelfallbezogen mit der gebotenen Sensibilität vorzugehen hat (Piegsa in: Armbrüster/Preuß/Renner, a.a.O., § 11 Rn. 15; Limmer in: Eylmann/Vaasen, a.a.O., § 11 Rn. 4). Insbesondere hat der Notar danach bei seiner Ermessensausübung zu beachten, welche konkreten Umstände in dem betreffenden Einzelfall eine Prüfung der Geschäftsfähigkeit erforderlich erscheinen lassen. Denn ein vom Urkundsbeteiligten früher erlittener Schlaganfall oder eine schwere Erkrankung, wegen der der Urkundsbeteiligte zum Zeitpunkt der Beurkundung stationär behandelt werden muss oder die ihm erkennbar schwer zusetzt, sind eher geeignet, dessen Geschäftsfähigkeit zu beeinträchtigen als etwa eine auf den ersten Blick bloße körperliche Behinderung. Insoweit weist Piegsa aber zutreffend darauf hin, dass ein querschnittsgelähmter Beteiligter, der seit Jahren im Rollstuhl sitzt, es oft als entwürdigend empfinden würde, wenn ihm gezielte Fragen zur Feststellung seiner geistigen Geschäftsfähigkeit gestellt würden, und jede Prüfung des Notars, die in einem solchen Fall über eine normale Unterredung hinausgehe, das Selbstwertgefühl und Persönlichkeitsrecht des Betroffenen berühren würde (Piegsa in: Armbrüster/ Preuß/Renner, a.a.O. § 11 Rn. 15). Auch bei sonstigen körperlichen Erkrankungen eines Urkundsbeteiligten wird regelmäßig dem Notar das anlässlich der Beurkundung mit dem Beteiligten geführte Gespräch dafür genügen, sich einen zuverlässigen Eindruck von dessen Geschäftsfähigkeit zu verschaffen. Erst wenn sich dabei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer schweren körperlichen Krankheit oder einer geistigen Erkrankung ergeben sollten oder der Notar anderweitig Kenntnis von einer geistigen Erkrankung des Urkundsbeteiligten hat, wird regelmäßig ein ausführlicheres Gespräch mit dem Beteiligten erforderlich werden, bei dem dann vom Notar auch außerhalb des Beurkundungsgegenstandes liegende Themen angesprochen werden oder unverfängliche Fragen gestellt werden könnten, mit denen die örtliche und zeitliche Orientierung und Merkfähigkeit des Betroffenen getestet werden kann (Piegsa, a.a.O.).
Nicht anderes kann nach Ansicht des Senats auch bei der Beurkundung rechtsgeschäftlicher Erklärungen von Urkundsbeteiligten hohen Alters gelten. Denn ebenso wenig wie jeder körperlich Behinderte oder körperlich Erkrankte ist auch nicht jeder Urkundsbeteiligte hohen Alters in seiner Geistesfähigkeit eingeschränkt. Auch von dieser Personengruppe könnten daher vom Notar gezielt zur Überprüfung ihrer Geistestätigkeit gestellte Fragen, die über das bei dem konkreten Beurkundungsgeschäft übliche Gespräch hinausgehen, zu Recht als entwürdigend empfunden werden. Von daher wird man es nicht als ermessensfehlerhaft ansehen können, wenn sich der Notar auch bei Urkundsbeteiligten hohen Alters für die Überprüfung deren Geschäftsfähigkeit zunächst auf eine normale Unterredung mit diesen beschränkt, die nicht über das für das konkrete Bekundungsgeschäft übliche Gespräch hinausgeht. Erst wenn sich dabei für den Notar Anhaltspunkte für eine geistige Erkrankung des Urkundsbeteiligten ergeben sollten, ist er zu weitergehenden Überprüfungsmaßnahmen verpflichtet.
bb) Ausgehend hiervon ist der Beklagte vorliegend aber seiner Prüfungspflicht in hinreichendem Maße nachgekommen. Denn ausweislich der vom Landgericht im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen, an die der Senat für seine Entscheidung gebunden ist, hatte der Beklagte vor der eigentlichen Beurkundung mit Frau T ein Einführungsgespräch geführt. In diesem Gespräch hat Frau T auf entsprechende Nachfragen des Beklagten ihren vollständigen Namen, ihr Geburtsdatum, ihren Geburtsort und ihren Wohnort ebenso richtig angeben können wie das Alter und den Todestag ihres verstorbenen Mannes und die persönlichen Daten von allen ihren fünf Kindern. Darüber hinaus wusste Frau T von sich aus zu berichten, dass sie schon einmal vor 20 Jahren zusammen mit ihrem verstorbenen Mann bei dem Beklagten zur Beurkundung eines Grundstücksgeschäfts war. Auch dies erwies sich als richtig. Bereits diese vorgenannten Angaben der Frau T gehen deutlich über das hinaus, was ein Notar üblicherweise im Rahmen einer normalen Unterredung von einem Urkundsbeteiligten erfährt. Die Fragen des Beklagten zu dem Ehemann, den Kindern und der eigenen Person von Frau T waren dazu geeignet, sich einen Eindruck davon zu verschaffen, ob diese bereits an deutlichen Gedächtnislücken oder Einschränkungen ihrer zeitlichen und örtlichen Orientiertheit leidet.
Darüber hinaus hat der Beklagte ausweislich der vom Landgericht im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen während der ca. 1,5 Stunden dauernden Beurkundung aber auch Zwischenfragen gestellt, die Frau T alle beantworten konnte, sowie einzelne Vertragsklauseln mit Frau T besprochen, wobei diese bestätigte, deren jeweiligen Inhalt verstanden zu haben. Vor dem Hintergrund ist es schlicht unzutreffend, wenn das Landgericht auf Seite 8 seines angefochtenen Urteils ausführt, dass der Beklagte Erörterungen in der Sache völlig unterlassen habe. Soweit das Landgericht der Auffassung gewesen ist, dass das Vorbringen des Beklagten, obgleich es zwischen den Parteien unstreitig gewesen ist, nicht hinreichend konkret genug sei, hätte es den Beklagten hierzu entweder persönlich anhören oder ihm einen entsprechenden Hinweis erteilen und Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag geben müssen. Eine solche Vorgehensweise ist vorliegend auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Beklagte – wie das Landgericht gemeint hat – bereits bei seiner Zeugenvernehmung im Verfahren 10 O 36/11 LG Münster angegeben hätte, zu weiteren Angaben nicht in der Lage zu sein. Denn bei seiner dortigen Vernehmung als Zeuge hatte der Beklagte allein ausgesagt, keine konkrete Erinnerung daran zu haben, welche konkreten Fragen er Frau T gestellt habe, ob Rückfragen von dieser gekommen seien und wie sie im Einzelnen auf seine Erläuterungen reagiert habe. Allerdings hat der Beklagte auch dort schon angegeben, dass er Frau T erklärt habe, worum es bei dem Vertrag gehe, und Frau T zum Ausdruck gebracht habe, dass sie das Haus verkaufen wolle. Ferner hat der Beklagte schon damals als Zeuge ausgesagt, dass er derartige Verträge normalerweise passagenweise vorlese und dann, wenn es ihm notwendig erscheine, erkläre, worum es dabei gehe. Insoweit hat der Beklagte nunmehr mit der Berufungsbegründung näher dargelegt, welche einzelnen Klauseln von ihm erörtert worden sind. Danach hat er Frau T unter anderem darüber belehrt, unter welchen Voraussetzungen der Kaufpreis fällig wird, auf welches Konto der Kaufpreis gezahlt wird und was es bedeutet, das Grundstück lastenfrei zu übertragen; auch die Unterwerfungserklärung wurde von ihm angesprochen. Auch diesem ergänzenden Vorbringen des Beklagten, mit dem er gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht für die Berufungsinstanz ausgeschlossen ist, ist der Kläger nicht entgegengetreten, so dass der Senat auch diese Angaben des Beklagten seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat.
Danach hat der Beklagte aber mit Frau T nicht nur ein Einführungsgespräch geführt, mit dem er sich einen Eindruck davon verschafft hat, ob diese an deutlichen Gedächtnislücken oder Beeinträchtigungen ihrer zeitlichen und örtlichen Orientiertheit leidet. Vielmehr hat der Beklagte sich darüber hinaus mit den von ihm in Erfüllung einer Amtspflichten aus § 17 BeurkG während der Beurkundung erteilten Erläuterungen und gestellten Nachfragen auch darüber in hinreichender Weise vergewissert, dass der Verkauf des Hauses dem Willen der Frau T entsprach und die von ihm vorgelesenen vertraglichen Regelungen von ihr verstanden wurden, ohne dass sich auch dabei für ihn irgendwelche Anhaltspunkte für eine eingeschränkte oder fehlenden Geschäftsfähigkeit der Frau T ergeben hätten.
cc) Bei dieser Sach- und Erkenntnislage war eine noch weitergehende Prüfung der Geschäftsfähigkeit der Verkäuferin, sei es in Gestalt gezielter Fragen zur Überprüfung ihres Kurzzeitgedächtnisses und ihrer aktuellen zeitlichen und örtlichen Orientiertheit oder weitergehender Nachfragen zu den Hintergründen des zu beurkunden Grundstücksverkaufes oder gar, wie der Kläger meint, durch Erörterung einzelner Vertragsformulierungen oder dazu in Betracht kommender Alternativen, nicht zu verlangen.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Celle vom 19.02.2008, Not 16/07, welche im MittBayNot 2008, 492 mit dem Entscheidungsdatum 9.11.2007 veröffentlich ist. Denn der der Entscheidung des OLG Celle zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar. Der Sachverhalt, der der Entscheidung des OLG Celle zu Grunde lag, war dadurch gekennzeichnet, dass der Notar besonderen Anlass zu weiteren Nachforschungen hatte, weil die Beurkundungen von erheblicher wirtschaftlicher und juristischer Tragweite waren und eine atypische Personenkonstellation betrafen, da die 82-jährige Erblasserin über erhebliches Vermögens verfügte und die Begünstigte der Generalvollmacht und des Testaments eine nicht mit der Erblasserin verwandte Person, sondern eine erst seit 2 Jahren bei dieser beschäftigte externe Pflegekraft war (OLG Celle, a.a.O. – Rz. 101 zitiert nach Juris). Dagegen ging es bei dem hier in Rede stehenden Urkundsgeschäft um einen normalen notariellen Grundstückskaufvertrag, bei dem es keineswegs unüblich ist, dass der Notar die zur Anfertigung eines Vertragsentwurfes erforderlichen Informationen zunächst nur von einer Vertragspartei enthält. Auch hier hat sich zwar der Notar aufgrund seiner Pflichten aus § 17 BeurkG davon zu überzeugen, dass der von ihm anhand dieser Informationen erstellte Vertragsentwurf auch dem Willen der anderen Vertragspartei entspricht und diese die vertraglichen Regelungen verstanden hat. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte jedoch mit den von ihm erteilten Erläuterungen und Nachfragen in hinreichender Weise nachgekommen. Darüber hinaus stand in dem vom OLG Celle entschiedenen Fall auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Demenzerkrankung der Vollmachtgeberin und Erblasserin zum Zeitpunkt der beiden Beurkundungen bereits so weit fortgeschritten war, dass diese zwar noch ihren Namen und ihre Wohnanschrift, nicht aber mehr ihr Alter und Geburtsdatum und das Sterbedatum ihres Ehemannes angeben konnte, und deshalb der Notar die fehlende Geschäftsfähigkeit ohne weiteres hätte erkennen können (OLG Celle, a.a.O. – Rn. 98, 96 und 104 zitiert nach Juris). Auch hiervon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, weil die Verkäuferin T unstreitig zum Zeitpunkt des Beurkundungstermins noch zu deutlich weitergehenden Angaben, insbesondere zu ihrer eigenen Person und Familie in der Lage war.
2. Dem Beklagten fällt auch keine Verletzung seiner Vermerkpflichten aus § 11 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BeurkG zur Last.
Eine Verletzung der Vermerkpflicht aus § 11 Abs. 1 S. 2 BeurkG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte aufgrund der von ihm pflichtgemäß vorgenommenen Prüfung keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Frau T haben musste.
Aber auch eine Verletzung der sich aus § 11 Abs. 2 BeurkG ergebenden Vermerkpflicht liegt nicht vor. Eine solche ist nur dann gegeben, wenn ein Beteiligter „schwer erkrankt“ ist. Eine schwere Erkrankung im Sinne der Vorschrift ist aber nicht schon bei jeder körperlichen Erkrankung eines Urkundsbeteiligten gegeben, sondern nur bei solchen Erkrankungen, die Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Beteiligten haben könnten. Eine solche Erkrankung hat nach den vom Beklagten getroffenen Feststellungen hier aber nicht vorlegen. Doch selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre der Beklagte gemäß § 11 Abs. 2 BeurkG nur dazu verpflichtet gewesen, in der Urkunde zu vermerken, dass die Verkäuferin Frau T im Rollstuhl saß und an Gicht erkrankt war, allerdings das mit ihr geführte Gespräch keine Anhaltspunkte dafür ergeben hat, dass sie nicht die für das zu beurkundende Geschäft erforderliche Geschäftsfähigkeit besitzt. Die Verletzung dieser notariellen Pflicht wäre indes für die vom Kläger geltend gemachten Schäden nicht ursächlich geworden. Denn dass er auch bei Aufnahme eines Vermerkes mit dem vorgenannten Inhalt von dem Abschluss des Kaufvertrages Abstand genommen oder das Grundstück nicht wie geschehen an die Eheleute L weiterverkauft hätte, behauptet der Kläger selbst nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711 ZPO.