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Öffentlicher Glaube des Grundbuchs bei Gebäudeeigentum nach altem DDR-Recht

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 32/19 – Beschluss vom 27.01.2020

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die lastenfreie Abschreibung der Flurstücke 4015 und 4018 der Flur 2 der Gemarkung K.    in das Grundbuch von K.    , Blatt 2111 wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerdewert beträgt 771.937,82 EUR.

Gründe

I.

Der Beteiligte ist als Eigentümer der im Grundbuch von K.    , Blatt … verzeichneten Grundstücke eingetragen.

Zunächst waren folgende Grundstücke der Gemarkung K.    , Flur 2, im Bestandsverzeichnis eingetragen:

– lfd. Nr. 1: Flurstück 248/39, Gebäude- und Freifläche N.    Straße, zur Größe von 1020 m²

– lfd. Nr. 2: Flurstück 248/51 zur Größe von 68.987 m²

– lfd. Nr. 3: Flurstück 248/62, Landwirtschaftsfläche zur Größe von 3.226 m²

Der Beteiligte erwarb mit notariellen Kaufverträgen der Notarin Hr.    in J.    zu deren UR.Nr. 2321/1993 vom 4. November 1993 und zur UR.Nr. 255/1995 vom 28. Februar 1995 die Flurstücke 248/39 und 248/51. Mit weiterem notariellen Kaufvertrag der Notarin Hr.    zu deren UR.Nr. 433/1993 vom 24./28. Februar 1993 erwarb die P.    GmbH, J.    von der Erzeugergemeinschaft F.    e.G., K.    , das auf diesen Grundstücken aufstehende Wohngebäude, einen Wohnblock mit 24 Wohneinheiten. Dieses Gebäude verkaufte die P.    GmbH nebst einem noch zu vermessenden Grundstück von ca. 3.000 m² mit notariellem Kaufvertrag der Notarin W.    , A.    vom 24. Februar 1994 zu deren UR.Nr. 225/1994 an den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten. Mit weiterem Vertrag der Notarin Hr.    vom 2. Mai 1996, UR.Nr. 550/1996, ließ der Verfahrensbevollmächtigte das zwischenzeitlich vermessene Grundstück nebst aufstehendem Gebäude an den Beteiligten auf (Bl. 166 Bd. I d.A.). Die Notarin stellte Antrag auf Eigentumsumschreibung. Dieser Vertrag wurde nicht vollzogen, weil es damals an der Feststellung des Gebäudeeigentums mangelte. Den entsprechenden Eigentumseintragungsantrag wies das Grundbuchamt mit Beschluss vom 15. Juli 1997 (Bl. 155 Bd. I d.A.) zurück.

In Abteilung 3 des Grundbuchs ist für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke aufgrund Bewilligung vom 3. November 1994 zur UR.Nr. 2036/1994 der Notarin Hr.    eine Briefgrundschuld zugunsten der T.    Bank AG über 766.937,82 EUR seit dem 13. Juni 1995 eingetragen.

Bezüglich der unter lfd. Nr. 1, 2 und 3 gebuchten Grundstücke hat das Grundbuchamt das Grundbuch nach dem Liegenschaftskataster am 22. August 1996, 4. Dezember 1998 und am 28. Februar 2006 berichtigt. Das Flurstück 248/39 ist nunmehr unter lfd. Nr. 6 gebucht; das Flurstück 248/51 wurde als Flurstück 248/89 zur Größe von 3.079 m² und als Flurstück 248/90 zur Größe von 65.908 m² unter lfd. Nr. 4 und das Flurstück 248/62 mit einer aktuellen Größe von 4703 m² unter lfd. Nr. 7 gebucht. Zwischenzeitlich werden unter lfd. Nr. 7 die Grundstücke der Flur 2, Flurstück 4018 zur Größe von 1.438 m², Flurstück 4019 zur Größe von 321 m² und Flurstück 4020 zur Größe von 2.944 m² geführt. Das Flurstück 248/89 wurde am 10. Dezember 1997 in das Grundbuch von K.    , Blatt 1565 übertragen. Das Flurstück 248/90 wurde unter lfd. Nr. 5 gebucht und am 18. März 2010 in das Grundbuch von K.    , Blatt 1727 übertragen.

Mit Feststellungsbescheid der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 23. Juli 2002 wurde hinsichtlich der beiden Flurstücke 248/39 und 248/62 an dem aufstehenden Gebäude (Wohnblock mit 24 Wohneinheiten) Gebäudeeigentum der Erzeugergemeinschaft F.   e.G. K.    gemäß Art. 233 § 2b Abs. 1 und 2 EGBGB i.V.m. § 2 Abs. 1 VZOG festgestellt. Bezüglich der unter lfd. Nr. 3 und 6 gebuchten Grundstücke trug das Grundbuchamt daraufhin auf Antrag des Gesamtvollstreckungsverwalters der Gebäudeeigentümerin am 23. Juni 2003 einen Hinweis auf das Gebäudeeigentum gemäß Art. 233 § 2b BGB für den jeweiligen Gebäudeeigentümer des Gebäudegrundbuchs von K.    , Gebäudegrundbuch, Blatt 1672 ein und legte das Grundbuchblatt 1672 an (vgl. Bl. 10 Bd. II d.GA).

Mit notariellem Kaufvertrag vom 17. Oktober 2007 erwarb die L.    AG, I.   , das Gebäudeeigentum und wurde als Eigentümerin am 17. November 2008 im Grundbuch von K.    , Blatt 1672, eingetragen.

Die L.    AG betrieb für den Ankauf der Grundstücksfläche für das Gebäudeeigentum ein notarielles Vermittlungsverfahren nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz vor der Notarin Dr. Le.   in H.    , in dem der Beteiligte säumig blieb, so dass dieses Verfahren als Säumnisverfahren gemäß § 96 SachenRBerG geführt wurde. Mit notariellem Grundstückskaufvertrag der Notarin Dr. Le.   in H.    zu deren UR.Nr. 1820/2009 verkaufte der Beteiligte eine Teilfläche von ca. 1.430 m² aus dem Flurstück 248/62 und eine Teilfläche von ca. 270 m² aus dem Flurstück 248/39 an die L.    Aktiengesellschaft in L.    . Bezüglich der in Abteilung II und III eingetragenen Belastungen war die lastenfreie Übertragung des Vertragsgegenstandes vereinbart. Der Beteiligte wurde durch die L.    AG vertreten. Die Notarin bestätigte im Beschlusswege den Vertrag gemäß § 96 Abs. 5 S. 2 SachenRBerG. Wegen der Einzelheiten des Vertragswerkes wird auf Bl. 127 bis 143 Bd. II d.GA Bezug genommen. Das Grundbuchamt hat hierzu auf Antrag der Urkundsbeteiligten am 29. August 2012 zunächst eine Eigentumsübertragungsvormerkung eingetragen.

Die Grundschuldgläubigerin T.    AG bewilligte mit notariell beglaubigten Schreiben vom 18. Mai 2017 die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld und hinterlegte mangels Kenntnis der tatsächlichen Berechtigten die Grundschuldbriefe und die Löschungsbewilligung bei der Landesoberkasse Baden-Württemberg (Bl. 133 Bd. III d.GA).

Nach dem Vorliegen des Vermessungsergebnisses erklärte die L.    AG – auch in Vertretung des Beteiligten – die Auflassung und beantragte unter Bezugnahme auf die Löschungsbewilligung der T.    AG und den dem Grundbuchamt vorliegenden Grundschuldbrief (vgl. Ziff. I des Vertrages, Bl. 142 Bd. III d.GA) die lastenfreie Eigentumsumschreibung der neu gebildeten Grundstücke, Flurstücke 4015 und 4018, zur Urkunde der Notarin Dr. Le.   , UR.Nr. 6908/2018, vom 11. Dezember 2018. Diese Flurstücke wurden am 28. Juni 2019 in das Grundbuch von K.    , Blatt 2111 unter Mitnahme der unter lfd. Nr. 2, 4, 5 und 6 eingetragenen Zwangssicherungshypotheken übertragen. Eigentümerin ist die L.    AG in L.

Am selben Tage teilte das Grundbuchamt dem Verfahrensbevollmächtigten mit, dass die unter lfd. Nr. 1 in Abteilung 3 des verfahrensgegenständlichen Grundbuchs eingetragene Eigentümergrundschuld mangels Löschungsantrages des Eigentümers, des Beteiligten, bislang nicht habe gelöscht werden können; zwischenzeitlich sei die Eigentümergrundschuld allerdings gepfändet worden, so dass zur Löschung auch zusätzlich die Löschungsbewilligung erforderlich sei.

Gegen die lastenfreie Abschreibung der Flurstücke 4015 und 4018 wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, der zugunsten der L.    AG für die herausgemessenen Grundstücksflächen abgeschlossene Kaufvertrag könne nicht vollzogen werden, weil es am erforderlichen Veränderungsnachweis und an einer Lastenfreistellungserklärung der Gläubigerin, der T.    AG, fehle. Die insoweit lastenfreie Übertragung in das Grundbuch von K.    Blatt 2111 sei rechtswidrig. Eine Mithaftentlassung aus den in Abteilung 3 eingetragenen Grundschulden und Zwangssicherungshypotheken liege nicht vor. Er habe keine Zustimmung zur Veräußerung von Grundstücksflächen gegeben und sehe in der lastenfreien Abschreibung der neu gebildeten Grundstücke eine Enteignung und einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Die Einrichtung des Gebäudegrundbuchblattes und die Eintragung der L.    AG als Gebäudeeigentümerin sei rechtswidrig gewesen.

Im Hinblick auf die unter lfd. Nr. 1 in Abteilung 3 eingetragene Grundschuld macht er geltend, die Pfändung sei unrechtmäßig erfolgt.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, aus den jeweiligen Verträgen und dem Zuordnungsbescheid der Oberfinanzdirektion ergebe sich, dass die jeweiligen Grundbucheintragungen zu Recht erfolgt seien.

II.

1.

Die Beschwerde ist nach § 71 GBO zulässig. Zwar kann ein Rechtsmittel nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO nicht gegen eine Eintragung wie hier die Eintragung von Gebäudeeigentum bzw. die lastenfreie Abschreibung der Flurstücke 4015 und 4018 gerichtet werden. Gleichwohl ist die Beschwerde insgesamt zulässig, da das Begehren des Beteiligten jedenfalls auch die Anregung zur Eintragung eines Amtswiderspruchs enthält. Soweit das Grundbuchamt nach § 53 GBO verpflichtet ist, von Amts wegen tätig zu werden, kann es dazu im Beschwerdewege angehalten werden, so dass die Eintragung eines Widerspruchs oder eine Löschung nach § 53 GBO mit einer Beschwerde begehrt werden kann (z. B. Demharter, GBO, 31. Aufl., § 71 GBO, Rn. 1).

2.

Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet. Eine Löschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO scheidet von vornherein aus, da, was hier nicht zweifelhaft ist, die beanstandeten Eintragungen ihrem Inhalt nach zulässig sind.

Aber auch die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO sind zu verneinen. Danach ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen, wenn sich ergibt, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. Dabei müssen beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Die Gesetzesverletzung durch das Grundbuchamt muss feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuchs zumindest glaubhaft sein (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 53 GBO, Rn. 28). Das Hauptargument des Beteiligten, er habe das Grundstückseigentum frei von selbständigen Rechten der Erzeugergemeinschaft F.    e.G. an dem Wohngebäude erworben, trägt nicht. Ebenso kann er sich nicht darauf berufen, dass sich die Grundschuld der T.    AG auch auf das Gebäudeeigentum bezieht. Hinsichtlich der Grundstücksfläche hat die T.    AG die Löschung der Grundschuld am 18. Mai 2007 bewilligt. Die lastenfreie Abschreibung der Grundstücke 4015 und 4018 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:

a)

Der Beteiligte zu 1. wendet sich gegen die Eintragung des Gebäudeeigentums in Abt. II unter lfd. Nr. 6, und die Einrichtung des Gebäudegrundbuchs von K.    , Blatt 1672.

Das Grundbuchamt hat mit der Anlegung des Gebäudegrundbuchs Blatt 1672 für die Erzeugergemeinschaft F.    e.G. auf Antrag des Gesamtvollstreckungsverwalters gemäß § 13 GBO eine inhaltlich zulässige Maßnahme durchgeführt. Das Antragsverfahren gemäß § 13 GBO – wie hier – ist ein einseitiges Verfahren, in dem das Grundbuchamt von Amts wegen die Eintragungsvoraussetzungen prüft (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl., Anhang zu § 13 GBO).

aa) Wie sich aus § 1 GGV ergibt, kann ein Gebäudegrundbuchblatt in den Fällen angelegt werden, in denen Gebäudeeigentum entstanden ist. Dies war nach dem DDR-Recht der Fall auf der Grundlage eines gem. §§ 287 ff. ZGB verliehenen Nutzungsrechts, nach Maßgabe der Bestimmungen betreffend die von einer LPG errichteten bzw. initiierten Bauwerke sowie gemäß § 459 ZGB für die von volkseigenen Betrieben errichteten Gebäude. Dieses Gebäudeeigentum besteht gemäß Art. 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB fort. Für Gebäudeeigentum, das wie hier gemäß Art. 233 § 2 b EGBGB entstanden ist, ist nach Art. 233 § 2 c Abs. 1 EGBGB auf Antrag des Nutzers ein Gebäudegrundbuchblatt anzulegen; nach Art. 233 § 2 c Abs. 1 EGBGB ist dieses Gebäudeeigentum auf Antrag im Grundbuch wie eine Belastung des betroffenen Grundstücks einzutragen (vgl. Münchner Kommentar-Holch, BGB, 4. Aufl., Art. 231 § 5 EGBGB, Rn. 14; KG Berlin, Urteil vom 13. März 2002 – 11 U 30/01 –, Rn. 36, juris).

Einen solchen Antrag hat der Gesamtvollstreckungsverwalter am 9. April 2003 nach Vorliegen des Bescheides des Oberfinanzpräsidenten der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 23. Juli 2002 gestellt (Bl. 12 Bd. II d.A.). Sowohl die Eintragung im verfahrensgegenständlichen Grundbuch als auch die Anlegung des Gebäudegrundbuchs erfolgten daher rechtmäßig.

bb) Der Eintragung des selbstständigen Gebäudeeigentums wie auch der Anlegung des Gebäudegrundbuchs stehen die Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht entgegen. Das selbstständige Gebäudeeigentum wurde ursprünglich durch die Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs, § 892 BGB, nicht beeinträchtigt (BGH, Beschluss vom 15. September 2011 – V ZR 246/10 –, Rn. 5; KG Berlin, Urteil vom 13. März 2002 – 11 U 30/01 –, Rn. 42, juris); das Gebäudeeigentum blieb auch gegenüber dem gutgläubigen Erwerber des Grundstücks, hier dem Beteiligten, bestehen, wobei insoweit dahinstehen kann, ob der Beteiligte angesichts des notariellen Kaufvertrages der Notarin W.    , A.    , vom 24. Februar 1994 zu deren UR.Nr. 225/1994 über das Gebäude und eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 3.000 m² gutgläubig war.

Soweit diese Suspendierung des Gutglaubensschutzes zeitlich begrenzt war, wirkt sich diese Begrenzung hier nicht aus. Sie galt zunächst nur für eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 1996; diese Frist wurde letztlich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 verlängert. Ab dem 1. Januar 2001 ermöglicht Art. 231 § 5 Abs. 3 Satz 1 EGBGB das Erlöschen des nicht im Grundstücksgrundbuch wie eine Belastung eingetragenen Gebäudeeigentums durch gutgläubigen lastenfreien Erwerb des Grundstückseigentums (vgl. Münchner Kommentar-Holch, 4. Aufl., Art. 231 § 5 EGBGB, Rn. 28-30; Böhringer; Sicherung von Rechtspositionen durch Widerspruchseintragungen in ostdeutschen Grundbüchern, VIZ 1999, 569, 573; Böhringer, Das Zweite Eigentumsfristengesetz und die Suspendierung der Grundbuch-Publizität, VIZ 2000, 129, 130; KG Berlin, Urteil vom 13. März 2002 – 11 U 30/01 –, Rn. 42, juris).

Ein derartiger gutgläubiger lastenfreier Eigentumserwerb der verfahrensgegenständlichen Grundstücke ohne die Belastung mit dem Gebäudeeigentum an dem Wohnblock durch den Beteiligten liegt schon deshalb nicht vor, weil er die Grundstücke bereits mit notariellem Kaufvertrag vom 4. November 1993/28. Februar 1995 erworben hat.

cc) Die bestellte Grundschuld zugunsten der T.    AG erfasste entgegen der Ansicht des Beteiligten nicht das Gebäudeeigentum. Die Grundschuld lastete bei ihrer Bestellung nur auf dem Grundstück, nicht aber auch an dem Gebäudeeigentum der Erzeugergemeinschaft F.    e.G.. Dieses war vielmehr rechtlich selbständig. Der Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt weder das Nutzungsrecht noch das Gebäudeeigentum der Beklagten im Grundbuchblatt für das Grundstück eingetragen war, wirkte sich zu diesem Zeitpunkt nicht dahin aus, dass die Grundschuld auch auf dem Gebäudeeigentum lastet, weil dieses entgegen § 94 BGB nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks war. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs für das Grundstück umfasste seinerzeit – am 3. November 1993 – nicht auch das Nichtbestehen von dort nicht gebuchten Nutzungsrechten oder von dort nicht gebuchtem Gebäudeeigentum (BGH, Beschluss vom 15. September 2011 – V ZR 246/10 –, Rn. 5, juris), das ausweislich des Bescheides des Präsidenten der Oberfinanzdirektion vom 23. Juli 2002 gemäß Art. 233 § 2 b Abs. 1 und 2 EGBGB bereits bestand.

Gemäß Art 233 § 2c EGBGB ist der Erwerb dinglicher Rechte, mithin auch von Grundschulden, am Gebäude aufgrund der Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs nur möglich, wenn das Gebäudeeigentum auch bei dem belasteten Grundstück eingetragen ist, weil das immobiliarsachenrechtlich selbständige Gebäude gerade nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks war (§ 95 Abs.1 Satz 2 BGB), mit der Folge, dass Grundstückseigentum und Gebäudeeigentum auseinanderfallen (BFH, Urteil vom 29. März 1995 – X R 36/94 –, BFHE 178, 124, BStBl II 1995, 828, Rn. 23, juris). Grundschulden am Grundstück erstreckten sich daher nicht auf das Gebäude (§ 452 Abs. 1, 2 ZGB; Staudinger/Rauscher (2016) Artikel 231 § 5 EGBGB, Rn. 20; BGH, Beschluss vom 15. September 2011 – V ZR 246/10 –, Rn. 5, juris). Diese Rechtslage änderte sich erst mit dem Ablauf des 31. Dezember 2000 (Art. 231 § 5 Abs. 4 Satz 1 EGBGB; BGH, Beschluss vom 15. September 2011 – V ZR 246/10 –, Rn. 6, juris).

dd) Der Beteiligte kann sich insoweit nicht auf die Bestimmung des Art. 231 § 5 Abs. 3 und 4 EGBGB berufen. Gemäß Art. 231 § 5 Abs. 3 EGBGB erlischt das Gebäudeeigentum dann, wenn nach dem 31. Dezember 2000 das Eigentum am Grundstück übertragen wird, es sei denn, dass das Nutzungsrecht oder das selbstständige Gebäudeeigentum nach Art. 233 § 2 b Abs. 2 S. 3 EGBGB im Grundbuch des veräußerten Grundstücks eingetragen ist oder dem Erwerber das nicht eingetragene Recht bekannt war. Mit dem Erlöschen des Gebäudeeigentums wird das Gebäude gemäß den §§ 94, 93 BGB wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Dies gilt gemäß Art. 231 § 5 Abs. 4 EGBGB entsprechend für dingliche Belastungen (Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 6. Februar 2013 – 7 U 560/12 –, Rn. 5, juris). Eine derartige Eigentumsübertragung an dem Grundstück hat nicht stattgefunden.

ee) Der Beteiligte kann sich auch nicht auf Grundsätze des Gutglaubensschutzes stützen. Nur dann gälte das Gebäude für die Inhaberin der Grundschuld als Bestandteil des Grundstücks. Das nicht eingetragene Gebäudeeigentum würde bestehen bleiben, aber zugunsten des Erwerbers des beschränkten dinglichen Rechts von diesem mitbelastet (BGH, Beschluss vom 15. September 2011 – V ZR 246/10 –, Rn. 6, juris; Staudinger/Rauscher (2016) Artikel 231 § 5 EGBGB, Rn. 84).

Ein gutgläubiger Erwerb der Grundschuld durch die T.    AG auch hinsichtlich des Gebäudes war hier jedoch ausgeschlossen. Zwar war das Gebäudeeigentum der Erzeugergemeinschaft F.    e.G. bei Eintragung der Grundschuld nicht nach Maßgabe von Art. 233 § 2c Abs. 1 EGBGB wie eine Belastung des Grundstücks in das Grundbuch für das Grundstück eingetragen. Es gilt deshalb nach Art. 231 § 5 Abs. 4 Satz 1 EGBGB gegenüber gutgläubigen Erwerbern von Belastungen an dem Grundstück als dessen Bestandteil. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Erwerb des Rechts an dem Grundstück nach dem 31. Dezember 2000 erfolgt. Daran fehlt es hier, weil die Grundschuld für die Beklagte am 21. Januar 1999 eingetragen wurde (BGH, Urteil vom 12. Januar 2007 – V ZR 268/05 –, Rn. 18, juris).

ff) Die Grundschuld erstreckt sich auch nicht infolge des Zusammenfallens von Grundstücks- und Gebäudeeigentum auf das Gebäudeeigentum, weil die L.    AG zwischenzeitlich sowohl Teile des Grundstückes als auch das Gebäude erworben hat. Eine wirksame Aufgabe des Gebäudeeigentums ist nicht ersichtlich.

b) Die Ls.    AG hat sowohl das selbständige Gebäudeeigentum als auch die Flurstücke 4015 und 4018 der Flur 2 erworben und ist daher zu Recht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden.

aa) Insoweit gilt die Vermutungswirkung des § 892 BGB für das Gebäude- und Grundstückseigentum der L.    AG.

bb) Entgegen der Ansicht des Beteiligten ist der Grundstückskaufvertrag der Notarin Dr. Le.    , H.    , vom 11. Dezember 2018 hinsichtlich der Flurstücke 4015 und 4018 mangels ordnungsgemäßer Vertretung nicht unwirksam, so dass die Vermutungswirkung des § 892 BGB für die Richtigkeit des Grundbuchs insoweit nicht erschüttert ist.

Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beteiligten: Die Eintragung des Eigentumswechsels an den Flurstücken 4015 und 4018 setzt nach § 873 BGB die dingliche Einigung des Beteiligten mit der L.    AG und deren Nachweis in der in §§ 20, 29 GBO vorgeschriebenen Form voraus.

Diese erforderliche dingliche Einigung ergibt sich aus den Urkunden der Notarin Dr. Le.    i.V.m. dem Beschluss im Vermittlungsverfahren vom 12. Dezember 2009 nach § 96 Abs. 2 SachenRBerG in Verbindung mit dem notariellen Vermittlungsvorschlag vom 8. Januar 2009.

Gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 SachenRBerG hat der Gebäudeeigentümer ein Wahlrecht, ob er die Bestellung eines Erbbaurechtes verlangen oder das Grundstück ankaufen will. Bei dem insoweit erforderlichen notariellen Vermittlungsverfahren handelt es sich um ein streitiges Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß den §§ 92 und 96 SachenRBerG (Vossius, Kommentar zum Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 2.Aufl., § 89, Rn. 4; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 9. Januar 2003 – 5 W 1/02 –, Rn. 25, juris).

Die in einem notariellen Vermittlungsvorschlag enthaltenen dinglichen Erklärungen wirken wie eine dingliche Einigung gemäß § 925 BGB, wenn sie an der Feststellungswirkung nach § 96 Abs. 5 S. 2 SachenRBerG teilnehmen (BGH, Beschluss vom 13. Mai 2015 – V ZB 66/14 –, Rn. 5 für § 106 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG, juris).

cc) Ein Vermittlungsverfahren konnte gemäß § 96 SachenRBerG auch ohne Mitwirkung des Beteiligten durchgeführt werden. Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen (Vermittlungsvorschlag, Zustellung, Beurkundung des Vermittlungsvorschlages) liegen vor, wobei mindestens ein Beteiligter – hier ein Vertreter der L.    AG – erschienen sein muss. In diesem Fall beurkundet der Notar auf Antrag eines erschienenen Beteiligten den Vermittlungsvorschlag als vertragliche Vereinbarung (vgl. Vossius, a.a.O., § 96, Rn. 23).

Der Grundstückskaufvertrag wurde hier am 1. Dezember 2009 nach Vorliegen des Vermittlungsvorschlages nach Säumnis des Beteiligten beurkundet. Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Der gemäß § 96 Abs. 5 S. 2 und 5 SachenRBerG erforderliche Bestätigungsbeschluss des ohne Mitwirkung eines der Beteiligten geschlossene Vertrag (vgl. hierzu Bl. 142 R und 143 Bd. II d.GA) kommt in seinen Wirkungen der materiellen Rechtskraft eines Urteils gleich (Vossius, a.a.O., § 96, Rn. 36). Nach Vorliegen des Vermessungsergebnisses konnte die L.    AG aufgrund der Vollmachterteilung in § 2 des Vertrages vom 1. Dezember 2009 die Auflassung auch für den Beteiligten in der Urkunde der Notarin Le.    vom 11. Dezember 2018 erklären. Aufgrund des entsprechenden Eintragungsantrages ist die Eintragung erfolgt. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.

c) Die Löschung der Grundschuld zugunsten der T.    AG auf den beiden Grundstücken 4015 und 4018 erfolgte aufgrund ihrer notariellen Löschungsbewilligung vom 18. Mai 2017 (Bl. 117 Bd. III d.A.). Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Widerspruchs liegen auch insoweit nicht vor.

Nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO ist von Amts wegen ein Widerspruch im Grundbuch einzutragen, wenn sich ergibt, dass das Grundbuchamt eine Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. Zwar hat das Grundbuchamt die lastenfreie Abschreibung der Grundstücke unter Verletzung der §§ 41, 42 GBO vorgenommen, weil entgegen der Formulierung in dem notariellen Kaufvertrag der Grundschuldbrief dem Grundbuchamt nicht vorlag. Gemäß §§ 41, 42 GBO soll eine Eintragung bei einem Briefgrundpfandrecht nur vorgenommen werden, wenn der Brief vorgelegt wird. Soweit § 41 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht als zwingende, sondern als Ordnungsvorschrift gefasst ist, bedeutet das nicht etwa, dass das Grundbuchamt nach freiem Belieben von der Vorlage absehen kann, sondern stellt lediglich klar, dass eine vom Grundbuchamt ohne Vorlage des Briefes vorgenommene Eintragung im Grundbuch deren Wirksamkeit nicht berührt, sofern die sachliche Legitimation des Betroffenen zur Zeit der Eintragung tatsächlich bestand (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juli 1994 – 3 Wx 444/94 –, Rn. 11; OLG Hamm, Beschluss vom 16. Mai 2002 – 15 W 104/02 –, Rn. 12, juris). Das ist hier der Fall, weil die T.    AG insoweit die Löschungsbewilligung erklären konnte. Ein Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO könnte nur eingetragen werden, wenn glaubhaft gemacht ist, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs zur Zeit der Eintragung des Amtswiderspruchs fortbesteht (Demharter, a.a.O., § 53, Rn. 28; OLG Hamm, Beschluss vom 16. Mai 2002 – 15 W 104/02 –, Rn. 14, juris). Solches ist nicht glaubhaft gemacht.

4.

Im Hinblick auf die unter lfd. Nr. 1 in Abteilung 3 eingetragene Grundschuld macht der Beteiligte geltend, die Pfändung sei unrechtmäßig erfolgt. Eine solche Pfändung ergibt sich nicht aus den Grundakten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 53 Abs. 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

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