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Notarkostenrechnung über Beurkundung eines Erbaurechtsvertrags

LG Münster – Az.: 5 OH 7/19 – Beschluss vom 29.05.2019

Die angefochtene Kostenberechnung wird dahingehend abgeändert, dass der Geschäftswert insgesamt 139.680,00 EUR beträgt, woraus sich ein Zahlbetrag von 1.045,05 EUR errechnet.

Eine Kostenentscheidung und eine Wertfestsetzung sind nicht veranlasst.

Gründe

I.

Der beteiligte Notar beurkundete am ##.##.2018 unter der Nummer ## seiner Urkundenrolle für 2018 einen Erbbaurechtsvertrag, an dem der Grundstückseigentümer D, die im Rubrum genannten Beteiligten zu 2) als Erbbauberechtigte und ein Vertreter der Stadt B beteiligt waren. Für das zugunsten der Erbbauberechtigten für die Errichtung eines Wohnhauses bestellte Erbbaurecht wurde in § 7 des Vertrages ein von den Erbbauberechtigten an den Grundstückseigentümer zu zahlender jährlicher Erbbauzins von 792,00 EUR vereinbart. In § 9 des Vertrages bestellte der Grundstückseigentümer dem jeweiligen Erbbauberechtigten ein dingliches Vorkaufsrecht für jeden Fall des Verkaufs des Grundstücks. In § 21 des Vertrages verpflichteten sich die Erbbauberechtigten, an die Stadt B insgesamt 27.527,18 EUR zu zahlen. (Bei diesem Betrag handelte es sich um den Kanalanschlussbeitrag, die Erschließungskosten, den Ablösebetrag für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz und die Kosten für die Herstellung von Hausanschlusskontrollschächten wie in der Entwässerungssatzung der Stadt B gefordert. Die Kosten waren zum Zeitpunkt der Beurkundung bereits angefallen und dem Grundstückseigentümer von der Stadt B bis zur Vergabe des Erbbaurechts gestundet worden.). In § 22 des Vertrages begründeten die Erbbauberechtigten und die Stadt B eine durch eine Reallast gesicherte Verpflichtung des jeweiligen Erbbauberechtigten, an das Grundstück angrenzende Grünflächen der Stadt B auf eigene Kosten zu pflegen und zu unterhalten. Die Kosten des Vertrages sollten gemäß § 16 die Erbbauberechtigten tragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde (Blatt 5 ff der Akte) verwiesen.

Unter dem ##.##.2018 stellte der Notar den Erbbauberechtigten seine Tätigkeit mit 1.205,71 EUR in Rechnung, wobei er seinen Gebühren einen Geschäftswert von insgesamt 166.927,18 EUR zugrunde legte, den er aus der Summe des kapitalisierten Erbbauzinses (15.840,00 EUR), des an die Stadt B zu zahlenden Betrages (27.527,18 EUR), des Wertes der Verpflichtung zur Pflege und Unterhaltung von Grünflächen (5.000,00 EUR) sowie des Wertes des Vorkaufsrechtes (118.560,00 EUR) bildete. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung (Blatt 3) und die Wertermittlung des Notars (Blatt 4) verwiesen.

Anlässlich der ordentlichen Geschäftsprüfung beanstandete der Bezirksrevisor den Kostenansatz des Notars dahingehend, dass der an die Stadt B zu zahlende Betrag und die gegenüber der Stadt übernommene Verpflichtung zur Grünflächenpflege nicht werterhöhend berücksichtigt werden dürften (Blatt 24 ff). Der Notar trat dem mit näherer Begründung entgegen, woraufhin ihn der Präsident des Landgerichts als seine vorgesetzte Dienstbehörde anwies, seine Kostenberechnung zur gerichtlichen Überprüfung der Kammer vorzulegen. Dem kam der Notar mit Schriftsatz vom 15.03.2019 nach. Nachdem der Präsident des Landgerichts seine Kostenberechnung als nicht formgerecht beanstandet hatte, ersetzte der Notar sie durch eine korrigierte Kostenberechnung vom 06.05.2019 (Blatt 53). Wegen der Einzelheiten der unterschiedlichen Rechtsauffassungen zur umstrittenen Kostenfrage wird auf die Ausführungen des Präsidenten des Landgerichts in seiner Anweisung vom 01.03.2019 (Blatt 37 ff) und seiner Stellungnahme vom 18.04.2019 (Blatt 46 ff) sowie auf die Ausführungen des Notars in seinen Schriftsätzen vom 15.03.2019 (Blatt 1 ff) und 26.02.2019 (Blatt 29 ff) verwiesen.

Die Erbbauberechtigten hatten im Kostenprüfungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Der Kostenprüfungsantrag ist zulässig. Es handelt sich um ein Verfahren nach § 127 GNotKG, das der Notar auf Anweisung des Landgerichtspräsidenten nach § 130 Abs. 2 Satz 1 GNotKG beantragt hat. Gegenstand des Kostenprüfungsverfahrens ist die Kostenberechnung in der korrigierten Fassung vom 06.05.2019, die den gesetzlichen Formerfordernissen des § 19 GNotKG entspricht und die ursprüngliche Kostenberechnung vom 20.03.2018 ersetzt.

III.

Da im Kostenprüfungsverfahren das Gericht an die Anträge und den Umfang der Beanstandung der Kostenberechnung gebunden ist und über das hinaus, was konkret beanstandet wird, eine gerichtliche Überprüfung nicht zu erfolgen hat, ist im vorliegenden Fall ausschließlich zu prüfen, ob der an die Stadt B zu zahlende Betrag und die gegenüber der Stadt übernommene Verpflichtung zur Grünflächenpflege bei der Ermittlung des Geschäftswertes werterhöhend berücksichtigt werden dürfen.

Diese Frage ist nach Auffassung der Kammer zu verneinen mit der Folge, dass die Kostenberechnung wie tenoriert abzuändern ist.

Wird – wie hier – bei der Bestellung eines Erbbaurechts als Entgelt ein Erbbauzins vereinbart, so sind für die Ermittlung des Geschäftswertes gemäß § 43 GNotKG der nach § 52 GNotKG zu bestimmende Wert (also der kapitalisierte Erbbauzins zuzüglich sonstiger geldwerter Leistungen des Erbbauberechtigten) und der in § 49 Abs. 2 GNotKG genannte Wert (also 80% des Grundstückswerts einschließlich bereits aufstehender Gebäude, aber ohne die Bebauung) einander gegenüberzustellen; maßgebend ist der höhere Wert.

Die vertraglich vereinbarte Übernahme der Erschließungskosten und auch der Grünflächenpflege stellt sich nach Auffassung der Kammer nicht als sonstige geldwerte Leistung der Erbbauberechtigten dar, die gebührenrechtlich gesondert zu berücksichtigen wäre, sondern lediglich als Ausgestaltung des dinglichen Inhalts des Erbbaurechts, die gebührenrechtlich bereits von dem nach § 43 GNotKG zu bestimmenden Wert mitumfasst ist. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde:

Das GNotKG ist an die Stelle der früheren KostO getreten. Die Vorschrift des § 43 GNotKG entspricht inhaltlich § § 21 Abs. 1 S. 1 und 3 KostO (vgl. BT-Drucksache 17/11471 S. 166). Sowohl in § 43 S. 1 GNotKG als auch in § 21 Abs. 1 S. 1 KostO heißt es einleitend „bei der Bestellung eines Erbbaurechts“. Das Oberlandesgericht Hamm hat in seiner vom Präsidenten des Landgerichts zitierten Entscheidung vom 30.10.1967 (DNotZ 1967, 621) zutreffend darauf hingewiesen, dass der amtlichen Begründung der Regierungsvorlage zu § 21 KostO (abgedruckt bei Rohs/Wedewer, KostO, 2. Auflage, S. 17) zufolge der Gesetzgeber mit dieser Formulierung „bei der Bestellung eines Erbbaurechts“ zum Ausdruck bringen wollte, dass sich der Geschäftswert des Erbbaurechts nicht dadurch erhöht, dass bei dessen Bestellung Bestimmungen über den Inhalt des Rechts getroffen werden.

Das Oberlandesgericht hat daraus vor dem Hintergrund, dass es ursprünglicher Hauptzweck des Erbbaurechts war, auch dem Teil der Bevölkerung, dessen finanzielle Kapazitäten beschränkt sind, den Eigenheimbau zu ermöglichen, aus Sicht der Kammer ebenfalls zutreffend den Schluss gezogen, dass mit der Regelung des § 21 KostO (jetzt § 43 GNotKG) die Bewertung der Erbbaurechtsbestellung nicht nur vereinfacht, sondern auch verbilligt werden sollte und dass darum mit dem nach § 21 Abs. 1 KostO (jetzt § 43 GNotKG) auf der Grundlage entweder des Grundstückswerts oder der Höhe des Erbbauzinses berechneten Geschäftswert alle Vereinbarungen der Vertragsparteien abgegolten werden, durch die diese den gesetzlichen Inhalt des Erbbaurechts ändern oder ergänzen, indem sie z.B. dem Erbbauberechtigten neben der Leistung des Erbbauzinses noch weitere Verpflichtungen auferlegen.

Für überzeugend hält die Kammer auch die Argumentation des Oberlandesgerichts, dass das insbesondere u.a. für die in § 2 ErbbauVO (jetzt § 2 ErbbauG) genannten Vereinbarungen über die Tragung von öffentlichen und privatrechtlichen Lasten und Abgaben gelten muss, die kraft Gesetzes zum vertragsmäßigen Inhalt des Erbbaurechts gehören, woraus folgt, dass die Übernahme von Abgaben, Steuern, Straßenbaukosten und Anliegerbeiträgen, was die Notarkosten betrifft, wertmäßig außer Betracht zu bleiben hat. Denn wenn nach der amtlichen Begründung neben dem Erbbauzins sonstige laufende Leistungen des Erbbauberechtigten nicht zu berücksichtigen sind, muss das nach dem Sinn des Gesetzes umso mehr für einmalige Leistungen gelten, so dass die Übernahme von Anliegerbeiträgen oder Straßenbaukosten nicht besonders zu bewerten ist und Vereinbarungen über die von den Gemeinden nach § 127 BBauG zu erhebenden Erschließungsbeiträge und Abgaben, die zu den öffentlichen Lasten gehören, bei der Bewertung des Erbbaurechtsbestellungsvertrag unberücksichtigt bleiben.

Die Kammer stimmt dem Oberlandesgericht auch darin zu, dass es gebührenrechtlich nicht entscheidend darauf ankommen kann, ob sich der Erbbauberechtigte vertraglich zur Übernahme künftiger Lasten und Abgaben, die an sich den Grundstückseigentümer treffen würden, verpflichtet oder ob er Erschließungskosten übernimmt, die dem Grundstückseigentümer bereits entstanden sind. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Bewertung dieser Fallkonstellationen ist nicht ersichtlich. Eine unterschiedliche Bewertung würde zudem, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 21 Abs. 1 KostO (jetzt § 43 GNotKG), nämlich die Bewertung der Erbbaurechtsbestellung zu vereinfachen und aus sozialen Gründen zu verbilligen, widersprechen.

Mit dem Oberlandesgericht geht auch die Kammer davon aus, dass es darauf, ob die Stadt, an die die übernommenen Kosten zu zahlen sind, am Vertrag beteiligt wird, ebenfalls nicht ankommen kann. Das Oberlandesgericht stellt insoweit nach Auffassung der Kammer zu Recht auf den tatsächlichen Ursprung der übernommenen Kosten und nicht auf die rechtliche Ausgestaltung der Übernahme ab.

Die hier im Anschluss an die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm vertretene Auffassung steht in Einklang mit der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts – 9 W 121/97 – vom 31.10.1997 und der vom Präsidenten des Landgerichts zitierten Kommentarliteratur.

Soweit der Notar seine gegenteilige Auffassung auf einen Beitrag des Notars Dr. Krauß „Das Erbbaurecht“ stützt, vermag er damit nicht zu überzeugen, weil in dem Beitrag die Annahme, die Erstattung bereits angefallener Erschließungskosten in bestimmter Höhe sei werterhöhend zu berücksichtigen, nicht näher begründet wird.

Daraus, dass es in der vom Notar in Bezug genommenen Kommentierung Tiedkes in Korintenberg § 49 GNotKG Randnummer 18 und im Streifzug durch das GNotKG in Randnummer 802 heißt, mit dem nach § 43 GNotKG festgesetzten Wert seien auch künftige Erschließungskosten erfasst, folgt nicht zwingend, dass im Umkehrschluss bereits angefallene Erschließungskosten nicht mit erfasst seien; schon gar nicht wird eine Begründung für eine etwaige unterschiedliche Behandlung künftiger Erschließungskosten einerseits und  bereits angefallener Erschließungskosten andererseits gegeben.

Soweit es in der vom Notar zitierten Kommentierung Tiedkes in Korintenberg § 49 GNotKG Randnummer 13 heißt, von § 49 GNotKG seien nur Verpflichtungen der Erbbauberechtigten untereinander oder dem Eigentümer, nicht aber Dritten gegenüber umfasst, woraus der Notar offenbar den Schluss ziehen möchte, dass sich schon wegen der Beteiligung der Stadt Vreden am Vertrag die Übernahme der Erschließungskosten und der Grünflächenpflege werterhöhend auswirken müssten, überzeugt das vorliegend nicht, weil dieser Aspekt lediglich die rechtliche Ausgestaltung betrifft und nicht den tatsächlichen Ursprung der übernommenen Kosten. Dass Vereinbarungen darüber, wer im Verhältnis zur Stadt die Erschließungskosten trägt, Inhalt eines Erbbaurechts sind, folgt schon aus der Regelung des § 2 Nr. 3 ErbbauRG.

Für den vorliegenden Fall bedeutet das im Ergebnis zum einen, dass der an die Stadt V. zu zahlende Betrag von 27.527,18 EUR bei der Ermittlung des Geschäftswertes außer Betracht zu bleiben hat.

Zum anderen geht die Kammer davon aus, dass die Überlegungen zur wertmäßigen Berücksichtigung übernommener Erschließungskosten auch für die von den Erbbauberechtigten übernommene Grünflächenpflege gelten. Auch mit den dazu getroffenen Vereinbarungen wird lediglich der Inhalt des Erbbaurechts näher ausgestaltet. Dass auch Grünanlagen in § 127 Abs. 2 Nr. 4 BbauG zu den Erschließungsanlagen gezählt werden, für die Erschließungsbeiträge erhoben werden, rechtfertigt es nach Ansicht der Kammer, die übernommene Grünflächenpflege gebührenrechtlich wie übernommene Erschließungsbeiträge zu behandeln, was vorliegend dazu führt, dass auch der insoweit angesetzte Betrag von 5.000,00 EUR nicht mit in die Ermittlung des Geschäftswerts einfließt.

Der nach § 52 GNotKG zu berechnende Wert beträgt demnach im vorliegenden Fall entsprechend dem kapitalisierten Erbbauzins 15.840,00 EUR, während der nach § 49 Abs. 2 GNotKG zu berechnende Wert wie vom Notar unbeanstandet angenommen 21.120,00 EUR beträgt und damit als der höhere Wert gemäß § 43 GNotKG maßgeblich ist. Zusätzlich ist das Vorkaufsrecht wie vom Notar unbeanstandet angenommen mit 118.560,00 EUR in Ansatz zu bringen mit der Folge, dass der Kostenberechnung des Notars ein Geschäftswert von insgesamt 139.680,00 EUR zugrunde zu legen ist.

Ausgehend von diesem Geschäftswert ergibt sich folgende Berechnung:

KV 21100 Beurkundungsverfahren §§ 35 Abs. 1, 97 GNotKG Geschäftswert 139.680,00 EUR 654,00 EUR

KV 22200 Betreuungsgebühr §113 GNotKG Geschäftswert 139,680,00 EUR 163,50 EUR

KV 32001 Dokumentenpauschale 23,70 EUR

KV 32004 Post- und Telekommunikationsentgelte 35,00 EUR

KV 32011 Abrufgebühr für elektronische Grundbucheinsicht 2,00 EUR

Zwischensumme netto 878,20 EUR

KV 32014 Umsatzsteuer 19% 166,85 EUR

zu zahlender Betrag als Gesamtschuldner 1.045,05 EUR

bereits gezahlt 1.205,71 EUR

Überzahlung 160,65 EUR

IV.

Einer Kostenentscheidung und Wertfestsetzung bedarf es nicht. Im Kostenprüfungsverfahren auf Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde entstehen keine Gerichtskosten (Wudy, in: Leipziger-Gerichts- & Notarkosten-Kommentar 2013, § 130 Rn 54). Außergerichtliche Kosten eines Beteiligten sind ersichtlich nicht angefallen.

V.

Gegen diese Entscheidung findet ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes die Beschwerde statt, die binnen einer Frist von einem Monat ab schriftlicher Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens seit dem Ablauf von fünf Monaten seit seinem Erlass, beim Landgericht Münster einzulegen ist. Die Einlegung der Beschwerde kann auch zum Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts geschehen, wobei zur Fristwahrung der rechtzeitige Eingang der weitergeleiteten Beschwerde beim Landgericht Münster erforderlich ist. Anwaltszwang besteht nicht. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Die Beschwerde ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde soll begründet werden.

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