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Notarkosten – Notar kann nicht ohne Entgelt tätig werden

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 154/11 – Beschluss vom 26.11.2012

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Beschwerdeverfahren nicht statt.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 30.563,96 EUR.

Gründe

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Kostenschuldner und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) im Mai 2007 am Erwerb von vier Immobilien in Stadt1 und Stadt2 interessiert. Mit Fax-Schreiben vom 29.05.2007 erteilte danach der Zeuge A von der Firma A & Partner …gesellschaft mbH (im Folgenden: Firma A & Partner) dem Kostengläubiger und Antragsgegner (im Folgenden: Antragsgegner) namens und in Vollmacht von Verkäufer und Käufer den Auftrag, auf Kosten des Käufers schnellstmöglich einen Kaufvertragsentwurf zu erstellen und an ihn zu übersenden. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass der Entwurf zur weiteren Besprechung mit den Vertragsparteien und zur Weitergabe an die steuerlichen und rechtlichen Berater der Parteien zur Überprüfung benötigt werde. Der Antragsgegner erstellte den gewünschten Entwurf und übersandte diesen mit E-Mails vom 29.05.2007 sowohl an die Firma A & Partner als auch an den Antragsteller. Später fanden zwischen dem Antragsgegner und dem Antragsteller sowie dem Makler diverse telefonische Kontakte statt, in dem es um die zu erwerbenden Immobilien und die umsatzsteuerliche Behandlung von Zubehör ging. Nach einer Besprechung des entworfenen Vertrags am 05.06.2007 übersandte der Antragsgegner mit E-Mails vom gleichen Tag einen geänderten Entwurf an den Antragsteller und den Zeugen A. Mit E-Mails vom 10.06.2007 fragte der Antragsgegner sowohl beim Antragsteller als auch beim Zeugen A wegen der Terminierung der beabsichtigten Beurkundung an. Am 13.06.2007 übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller eine aktualisierte Entwurfsfassung. Zu einer Beurkundung des Vertrages kam es nicht, weil der Antragsteller die Finanzierungsmittel nicht aufbringen konnte.

Der Antragsgegner erstellte dem Antragsteller am 16.06.2009 eine Kostenberechnung über eine 20/10-Entwurfsgebühr nach § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO in Höhe von insgesamt 30.563,96 EUR (Bl. 11 ff. d. A.).

Gegen diese Kostenberechnung hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und behauptet, die Firma A & Partner sei von ihm nicht bevollmächtigt gewesen, den Kaufvertragsentwurf vom Antragsgegner erstellen zu lassen. Nachdem er im Jahr 1997 nach einer mehrere Wochen dauernden Ausbildung bei der Firma A & Partner deren Stadt3 Büro zugeteilt worden sei, sei er nach einer Stadtrundfahrt zusammen mit den Büroleitern B und C zu einem Besuch zu dem Antragsgegner, der der „Haus- und Hofnotar“ der Firma gewesen sei, gefahren. Anlässlich dieses Besuchs habe der Antragsgegner mitgeteilt, dass für Kaufvertragsentwürfe keine Kosten berechnet würden, wenn es nicht zur Beurkundung käme. Dies mache er gerne kostenfrei, da er im Gegenzug eine ganze Menge Beurkundungen durch die Firma A& Partner vermittelt bekomme. Dies sei dann auch über Jahre hinweg in hunderten Fällen so praktiziert worden. In dem hier konkret vorliegenden Fall sei vor der Entwurfstätigkeit des Antragsgegners mit diesem vereinbart worden, dass dieser einen Grobentwurf fertige und dafür – wie seit vielen Jahren üblich – nichts gezahlt werde. Eine Berufung des Antragsgegners auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung der Kostenfreiheit für Entwürfe wäre rechtsmissbräuchlich, weil er diese Vereinbarung mit jedem Vertragsentwurf, für die keine Kosten erhoben worden seien, bestätigt habe.

Der Antragsgegner hat die Kostenberechnung verteidigt und vorgetragen, ihm sei ein kostenauslösender Entwurfsauftrag erteilt worden. Der Antragsteller habe den Zeugen A bevollmächtigt, den Kaufvertragsentwurf vom Antragsgegner erstellen zu lassen. Die vom Antragsteller aufgestellten Behauptungen zur Kostenfreiheit seien unzutreffend. Dafür spreche insbesondere auch, dass der Antragsteller auf die streitgegenständliche Kostenberechnung am 09.07.2009 eine Teilzahlung von 650,07 EUR geleistet habe. Dass er die Kostenberechnung erst am 16.06.2009 erstellt habe, hänge damit zusammen, dass sich der Antragsteller nachhaltig in Zahlungsschwierigkeiten befunden habe.

Das Landgericht hat die Handakte des Antragsgegners beigezogen und den Präsidenten des Landgerichts Wiesbaden gemäß § 156 Abs. 1 Satz 2 KostO mit dem aus seiner Stellungnahme vom 06.07.2010 (Bl. 102 ff. d. A.) ersichtlichen Ergebnis angehört. Es hat sodann Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen A sowie der informatorischen Anhörung der hiesigen Beteiligten.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 222 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass der Antragsteller Kostenschuldner der Gebühren für den vom Antragsgegner am 29.05.2007 gefertigten Vertragsentwurf geworden sei. Er habe diesen Kaufvertragsentwurf vom Antragsgegner erfordert. Nach den Gesamtumständen sei davon auszugehen, dass auch bei Vorliegen eines Beurkundungsauftrags die 20/10-Entwurfsgebühr des § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO angefallen sei. Für die Entscheidung über den Antrag des Antragstellers gegen die Kostenberechnung könne dahinstehen, ob zwischen den Beteiligten vereinbart worden sei, dass für Entwürfe generell keine Gebühren gezahlt und ob diese Abrede für den streitgegenständlichen Entwurf nochmals ausdrücklich getroffen worden sei. Eine solche Vereinbarung sei nach § 140 Satz 2 KostO unwirksam. Es sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, dass der Antragsgegner gleichwohl auf der Begleichung seiner Gebührenansprüche bestehe.

Gegen diesen am 11.02.2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am 11.03.2011 eingegangenem Schriftsatz (Bl. 233 ff. d. A.) vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt, mit der er die Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses und die Aufhebung der verfahrensgegenständlichen Kostenberechnung begehrt. Er vertieft seine Rechtsauffassung, dass das Verhalten des Antragsgegners eine unzulässige Rechtsausübung darstelle. Er habe darauf vertraut, dass die Vorgehensweise des Antragsgegners rechtens sei. Von einem Verbot der Gebührenvereinbarung sei ihm zuvor nichts bekannt gewesen. Das Erfordern der Notargebühren stelle wegen der Verletzung eigener Pflichten des Antragsgegners, wegen unredlichen Erwerbs dieser Rechtsstellung und wegen grob widersprüchlichen Verhaltens eine unzulässige Rechtsausübung dar. Durch Beschluss vom 15.03.2011 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Antragstellers wird auf den genannten Schriftsatz, sowie diejenigen vom 19.04.2011 (Bl. 262 ff. d. A.), 04.05.2011 (Bl. 267 ff. d. A. und Bl. 275 ff. d. A.), 06.05.2011 (Bl. 280 ff. d. A.), 26.05.2011 (Bl. 285 ff. d. A.) und 08.07.2011 (Bl. 294 ff. d. A.) verwiesen. Der Antragsgegner tritt dem Rechtsmittel ausweislich seiner Schriftsätze vom 31.03.2011 (Bl. 256 ff. d. A.), 06.06.2011 (Bl. 287 ff. d. A.) und 04.08.2011 (Bl. 310 ff. d. A.) entgegen.

II.

Die (Erst-)Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 156 Abs. 3 KostO n. F. statthaft. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 18.07.2011, 20 W 94/11, zitiert nach juris) und des Bundesgerichtshofs (FGPrax 2012, 42) unterliegt das Rechtsmittel, wie schon der erste Rechtszug dieses gerichtlichen Verfahrens dem neuen Verfahrensrecht, da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung erst nach dem 31.08.2009 eingegangen ist. Darauf, ob die notarielle Tätigkeit bereits vor dem 01.09.2009 beendet war, kommt es insoweit nicht an. Insoweit geht die spezielle Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG der allgemeinen Übergangsvorschrift des § 161 KostO vor. Die Beschwerde ist auch ansonsten zulässig, so insbesondere fristgerecht eingelegt worden.

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen hat.

Die aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und der informatorischen Anhörung des Antragstellers getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts auf Seite 3 des angefochtenen Beschlusses dahingehend, dass der Antragsteller den am 29.05.2007 gefertigten Kaufvertragsentwurf vom Antragsgegner erfordert hatte, tragen die diesbezügliche landgerichtliche Entscheidung. Darauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Entwurf in der Folge sogar noch vom Antragsgegner geändert worden ist. Einwendungen hiergegen werden denn auch von der Beschwerde nicht erhoben. Gleiches gilt für den Umstand, dass bei der vorliegenden Sachlage, wie sie vom Landgericht festgestellt worden ist, eine 20/10-Entwurfsgebühr nach § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO angefallen ist. Es ist rechtlich zutreffend und entspricht auch der Rechtsprechung des Senats, dass zwar für die Anwendung dieser Kostenvorschrift grundsätzlich der Auftrag nur oder wenigstens zunächst nur auf den Entwurf lauten muss, nicht nur auf eine Beurkundung, der Gebührentatbestand aber darüber hinaus dann anwendbar ist, wenn zuvor eine Beurkundung „im Raum steht“, der Entwurf jedoch benötigt wird, um mit dem Vertragspartner Einigung über wesentliche Punkte zu erzielen oder den Vertrag von anderer Seite überprüfen zu lassen und somit eine selbständige Bedeutung entfaltet (vgl. dazu Beschluss vom 06.09.2001, Az. 20 W 330/01, und Beschluss vom 23.10.2003, Az. 20 W 75/03, zitiert nach juris; vgl. zur Abgrenzung zu § 145 Abs. 3 KostO auch die Nachweise bei Notarkasse, Streifzug durch die Kostenordnung, 9. Aufl., Rz. 463). Davon durfte das Landgericht hier ausgehen, zumal sich dies bereits aus dem Inhalt der Anhörung des Antragstellers ergibt. Auch dies wird von der Beschwerde nicht konkret angegriffen.

Zu Recht ist das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass der Antragsteller sich nicht auf sein bestrittenes Vorbringen berufen kann, zwischen den Beteiligten sei vereinbart worden, dass für die Fertigung von (Kaufvertrags-)Entwürfen keine Gebühren an den Antragsgegner zu zahlen seien. Dies gilt zum einen für die in erster Instanz behauptete und dargelegte generelle Abrede mindestens seit dem Jahr 1997 zwischen dem Maklerunternehmen, der Firma A & Partner, und dem offensichtlich erst im Jahr 2006 zum Notar bestellten Antragsgegner, die sich offensichtlich auf alle denkbaren und zukünftig in Betracht kommenden Entwurfskostenschuldner hätte beziehen sollen, die von diesem Unternehmen dem Antragsgegner zur Beurkundung „vermittelt“ würden, und die mit dem Schreiben des Zeugen A vom 29.05.2007 („auf Kosten“) nicht in Einklang steht. Dies gilt zum anderen für direkte Abreden zwischen dem seinerzeit in dem bezeichneten Unternehmen tätigen Antragsteller mit dem Antragsgegner zu Gunsten dessen Geschäftskunden oder auch zu eigenen bzw. privaten Grundstücksgeschäften des Antragstellers, insbesondere für die hier behauptete nochmalige und den sodann erstellten Entwurf betreffende ausdrückliche Vereinbarung.

Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, kann gemäß § 140 Satz 2 KostO nicht wirksam vereinbart werden, dass der Notar ohne Entgelt tätig wird. Eine wirksame Erlassvereinbarung kann mithin hier nicht vorliegen. Ein Kostenanspruch des Notars ist vielmehr öffentlich-rechtlicher Natur, § 17 Abs. 1 BNotO. Der Notar nimmt seine Amtsgeschäfte aufgrund seiner Eigenschaft als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege wahr. Das Rechtsverhältnis, in dem er zu den Beteiligten steht, ist kein privatrechtlicher Vertrag. Dementsprechend wird der öffentlich-rechtliche Charakter der dem Notar zustehenden Gebühren auch durch das Verbot der Gebührenvereinbarung und durch die Möglichkeit der vereinfachten Titulierung gemäß § 155 KostO hervorgehoben. Wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters sind die Kosten des Notars – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – nach § 140 Satz 2 KostO jeglicher Vereinbarung entzogen, die sich auf die Höhe auswirkt. Die Vorschrift statuiert nicht nur eine – gegebenenfalls disziplinarrechtlich sanktionierte – Amtspflicht des Notars, von derartigen Kostenvereinbarungen abzusehen, sondern begründet unmittelbar deren Unwirksamkeit. Irgendwelche Vereinbarungen über die Höhe der Kosten und erst recht über das „Ob“ der Kosten ist wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters dieser Kosten und der Pflicht des Notars zur Erhebung der gesetzlichen Vergütung schlechthin verboten und nichtig. Gleichwohl getroffene Kostenvereinbarungen befreien den Kostenschuldner mithin nicht von der Pflicht zur Kostenzahlung und den Notar nicht von der Pflicht zur Erhebung der gesetzlich vorgeschriebenen Kosten (vgl. hierzu zuletzt OLG Celle ZNotP 2012, 158; KG FGPrax 2011, 251, je zitiert nach juris; vgl. auch BGH NJW 1986, 2576; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 17 Rz. 45; Tiedtke/Sikora in Würzburger Notarhandbuch, 3. Aufl., Teil 1 Kap. 5 Rz. 10 ff.; Tiedtke ZNotP 2012, 159, und DNotZ 2012, 645, 663).

Vor diesem Hintergrund können die Einwendungen der Beschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung nicht durchgreifen. Wegen des dargelegten öffentlich-rechtlichen Charakters dieser Gebühren bestehen bereits Bedenken daran, die auf einen Rechtsmissbrauch abstellenden Grundsätze, die die Beschwerde auf die Anspruchsgeltendmachung durch den Antragsgegner anwendet, für die vorliegende Sachverhaltsgestaltung ohne weiteres auf den Gebührenanspruch des Notars zu übertragen. Die Amtspflicht der Notare, die gesetzlich bestimmten Kosten gleichheitlich und ausnahmslos für die gesamte Amtstätigkeit im Sinne der §§ 20 bis 24 BNotO zu erheben, ist nämlich eine wesentliche Grundlage für die unabhängige, unparteiische und unbefangene Amtsführung der Notare und für das allgemeine Vertrauen in deren Amtsführung. Damit wird das Notaramt auch aus dem sonst üblichen gewerblichen Wettbewerb ausgenommen. Die zutreffende Anwendung der KostO und die korrekte Erhebung der gesetzlich vorgeschriebenen Kosten (Gebühren und Auslagen) wird in regelmäßigen Abständen im Rahmen der dienstaufsichtlichen Amtsprüfung der Notare (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 3 BNotO) überprüft. Werden unzutreffende Kostenberechnungen festgestellt, wird der Notar zur Berichtigung aufgefordert, zu wenig erhobene Gebühren müssen nachgefordert, zu hohe Gebühren zurückgezahlt werden. Die Dienstaufsichtsbehörde kann dem Notar im Rahmen der Kostenprüfung zwar keine kostenrechtlichen Weisungen erteilen, ggf. aber diesbezügliche Anweisungen zur Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung erteilen (Tiedtke ZNotP 2012, 159, und DNotZ 2012, 645, 663; vgl. auch Rohs, KostO, Stand August 2012, § 140 Rz. 13). Dieser im Aufsichtswege durchsetzbaren Verpflichtung des Notars zur Erhebung der gesetzlich geregelten Vergütung kann nicht ohne weiteres ein – wenn auch elementarer – Verstoß gegen Dienstpflichten des Notars unter bewusster Missachtung gesetzlicher Vorschriften (vgl. dazu OLG Celle NdsRpfl 2005, 115) entgegengehalten werden, wie ihn der Antragsteller hier behauptet. Diese Fragen mögen allenfalls im Rahmen etwaiger – vom Landgericht bei der Dienstaufsicht bereits angeregter – dienstrechtlicher Ermittlungen gegen den Notar von Bedeutung sein und dort geklärt werden. Das gleiche gilt auch für die vom Antragsgegner während des hiesigen Beschwerdeverfahrens initiierten „Einigungsversuche“ gegenüber dem Antragsteller, die dieser behauptet. Die Erfüllung gesetzlich geregelter und ggf. im Aufsichtswege durchsetzbarer Verpflichtungen kann dadurch aber nicht rechtsmissbräuchlich werden. So hat denn auch das OLG Celle (in ZNotP 2012, 158) etwa die Annahme einer Verwirkung der Gebührenforderung im Falle einer unwirksamen Erlassvereinbarung wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters ausgeschlossen, weil damit die gesetzliche Verpflichtung des Notars zur Erhebung der gesetzlichen Gebühren konterkariert würde. Ähnlich ist es – unter Zugrundelegung des Antragstellervorbringens – im vorliegenden Fall.

Selbst wenn man – wie offensichtlich das Landgericht unter Hinweis auf die von ihm zitierte Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 22.07.1977, 9 W 60/77 – insoweit anderer Auffassung wäre und die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kostenvereinbarung bzw. eines Kostenerlasses durch den Notar im jeweiligen Einzelfall als rechtsmissbräuchlich ansehen wollte mit der Folge, dass gesetzlich entstandene Gebührenansprüche dann nicht durchgesetzt werden könnten, wäre die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nur unter Zugrundelegung strenger Anforderungen möglich, die das Landgericht zu Recht nicht angenommen hat. Der von der Beschwerde gerügte Gesichtspunkt, entgegen den auf seinem Vorbringen in erster Instanz beruhenden Feststellungen des Landgerichts sei dem Antragsteller das bezeichnete Verbot der Gebührenvereinbarung zuvor unbekannt gewesen, genügt hierzu ebenso wenig wie die weiteren von der Beschwerde in diesem Zusammenhang vorgebrachten Umstände. Dies gilt etwa für den behaupteten Verstoß gegen die gesetzliche Vorschrift des § 140 KostO, abgesehen davon, dass der Antragsteller – jedenfalls in objektiver Hinsicht – an dem Verstoß beteiligt war. Entsprechendes gilt für die Erwägung, der Antragsgegner habe seine „Rechtsstellung“ – die Gebührenansprüche – durch unredliches bzw. widersprüchliches Verhalten erworben. All dies mag – das Vorbringen als wahr unterstellt – Rechtsverstöße des Antragsgegners als Notar begründen, die dienstrechtlich zu ahnden wären, die Wahrnehmung der gesetzlichen Verpflichtung zur Geltendmachung der aufgrund seiner Amtstätigkeit entstandenen Kosten aber nicht rechtsmissbräuchlich macht. Letztendlich ist darauf hinzuweisen, dass auch bei einer unzulässigen Rechtsausübung öffentliche Interessen in die erforderliche Abwägung eingehen, so dass auch ein etwa arglistiges Verursachen der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes dennoch unbeachtlich bleibt, wenn die Interessen, die hinter der die Nichtigkeit anordnenden Norm stehen, überwiegen (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB, Neubearbeitung 2009, § 242 Rz. 225; Münchener Kommentar/Roth/Schubert, BGB, 6. Aufl., § 242 Rz. 212). Vergleichbare Erwägungen müssten auch hier gelten, wo der Notar für den jeweiligen Kostenschuldner gerade nicht auf privatrechtlicher Grundlage tätig wird und auch der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Kostenschuldner eine maßgebliche Rolle spielt (vgl. dazu Tiedtke/Sikora in Würzburger Notarhandbuch, a.a.O., Teil 1 Kap. 5 Rz. 9). Damit bedarf es einer diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung des zwischen den Beteiligten streitigen Vorbringens des Antragstellers nicht, auch nicht der rechtlichen Bedeutung der hier vom Antragsteller auf die Kostenberechnung geleisteten Teilzahlung. Es kann deshalb offen bleiben, ob einem – wie sich aus dem Akteninhalt ergibt – bereits seit dem Jahr 1997 für etliche Jahre in einem großen Maklerunternehmen tätigen Mitarbeiter, der darüber hinaus in offensichtlich nicht unerheblichem Umfang selber mit Grundstückgeschäften befasst war, dieses Verbot wirklich verborgen geblieben sein kann, wie der Antragsteller in der Beschwerdeinstanz nun vorträgt. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch der vom Antragsteller beantragten Beiziehung der Akten betreffend das gegen den Antragsgegner geführte Ermittlungsverfahren wegen eines Dienstvergehens nicht.

Der von der Beschwerde im oben abgehandelten rechtlichen Zusammenhang als fehlend gerügte Hinweis des Antragsgegners auf das Verbot des Gebührenerlasses wäre – was das Landgericht am Ende des angefochtenen Beschlusses zu Recht der Sache nach abgehandelt hat – unter Zugrundelegung des Sachvorbringens des Antragstellers ggf. als Amtspflichtverletzung anzusehen, so dass der Antragsteller als Kostenschuldner dem vom Antragsgegner als Notar geltend gemachten Anspruch mit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches aus Amtspflichtverletzung begegnen könnte (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.07.1977, 9 W 60/77, zitiert nach juris; OLG Zweibrücken DNotZ 1977, 57). Die Frage, ob davon ausgegangen werden könnte, dass der Antragsteller entsprechende Rechte im vorliegenden Verfahren im Wege der Aufrechnung überhaupt geltend gemacht hätte, kann offen bleiben. Ebenfalls dahinstehen kann, ob der Antragsgegner als Notar ohne weiteres verpflichtet gewesen wäre, den Antragsteller als Kostenschuldner bei Vereinbarung eines Gebührenverzichtes darüber aufzuklären, dass ein solcher Verzicht unzulässig und darum unwirksam ist, wovon das Landgericht offensichtlich ausgeht. Allerdings mag die Unterlassung dieser Aufklärungspflicht eine Amtspflichtsverletzung darstellen, aus der sich ein Schadensersatzanspruch des Kostenschuldners ergeben kann (vgl. OLG Zweibrücken DNotZ 1977, 57, allerdings für eine deutlich anders gelagerte Sachverhaltsgestaltung). Selbst wenn man dies zu Gunsten des Antragstellers unterstellt, hat das Landgericht aber zu Recht darauf abgestellt, dass der Antragsteller die gesetzlichen Gebühren auch bei entsprechender Aufklärung durch den Antragsgegner als Notar hätte zahlen müssen, entweder beim Antragsgegner oder einem anderen Notar. Dem ist die Beschwerde denn auch nicht entgegen getreten. Vergleichbare Erwägungen gelten, wollte man in der behaupteten Zusage des Antragsgegners zur Kostenfreiheit seiner Tätigkeit eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne der §§ 141, 16 Abs. 1 KostO sehen. Dann würden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Dass das hier kostenpflichtige Geschäft bei einer zutreffenden Belehrung gänzlich unterblieben wäre, ist nicht konkret dargetan. Der Antragsteller hat vielmehr in seiner Anhörung vor dem Landgericht erklärt, dass der Entwurf benötigt worden sei. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Antragsteller auch von ihm Gebrauch gemacht. Aber nur für den oben genannten und hier nicht gegebenen Fall wären die Gebühren bei richtiger Sachbehandlung bzw. amtspflichtgemäßem Verhalten nicht angefallen (vgl. dazu etwa KG KGR 2004, 271, zitiert nach juris unter Hinweis auf BayObLG, JurBüro 1980, 914, und m. w. N.; vgl. auch Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 18. Aufl., § 140 Rz. 4; Rohs/Waldner, KostO, Stand August 2012, § 16 Rz. 32).

Einer ausdrücklichen Gerichtskostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da sich diese aus dem Gesetz ergibt, §§ 156 Abs. 6 Satz 2, 131 Abs. 1 KostO.

Veranlassung dazu, die Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren anzuordnen, §§ 156 Abs. 5 Satz 3 KostO, 84 FamFG, besteht allerdings bei der vorliegenden Sachlage nicht, ungeachtet der Frage, ob auf Seiten des Antragsgegners, der als Notar im Beschwerdeverfahren lediglich seine Kostenberechnung verteidigt, überhaupt außergerichtliche Kosten angefallen sind.

Die Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 131 Abs. 4, 30 KostO.

Gründe dafür, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, §§ 156 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 3 KostO, 70 FamFG, hat der Senat nicht gesehen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Es geht um die Anwendung allgemein anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall und deren Bewertung.

Vorsorglich bemerkt der Senat, dass mit dieser abschließenden Hauptsacheentscheidung der Beschluss vom 29.03.2011, mit der die aufschiebende Wirkung der Beschwerde angeordnet worden war, außer Kraft tritt, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf.

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