OLG Jena, Az.: 7 W 340/12, Beschluss vom 01.09.2014
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden den Kostenschuldnern auferlegt.
III. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
V. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 545,44 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Kostenschuldner wenden sich gegen eine Notarkostenrechnung des Kostengläubigers vom 13.07.2011. Das Landgericht hat ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 27.01.2012 zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kostenschuldner mit der Beschwerde.
Die Kostenschuldner beabsichtigten, ihr Hausgrundstück in E., L.-weg …, an den Kaufinteressenten S. T. aus Sch. zum Kaufpreis von 250.000 EUR zu verkaufen. In einer privatschriftlichen Vollmachtsurkunde vom 06.05.2011 ermächtigten beide – Kostenschuldner und Kaufinteressent – die Maklerin B. C. dazu, dem Kostengläubiger einen Auftrag zur Vorbereitung einer notariellen Kaufvertragsurkunde zu erteilen. In der Vollmacht heißt es:
„Kommt es nicht zur Unterzeichnung der vorbereiteten Urkunde, ist die Vertragspartei zur Übernahme etwaiger Notariatsgebühren verpflichtet, die die Unterzeichnung unterlässt.“
Die Vollmacht trägt die Unterschriften von Kostenschuldner und Kaufinteressent.
Der Kostengläubiger erstellte einen entsprechenden Grundstückskaufvertragsentwurf vom 18.05.2011, Az. 11-1305-he, der an diesem Tag beurkundet werden sollte.
Zu dem Beurkundungstermin kam es nicht, da der Kaufinteressent sein Kaufinteresse zurücknahm.
Der Kostengläubiger rechnete mit Kostenrechnung vom 13.07.2011 seine Gebühren wie folgt ab:
– Vertragsentwurf mit Beurkundungsauftrag § 145 III Kostenordnung, Wert: 250.000,00 EUR 432,00 EUR
– Dokumentenpauschale, § 136Abs. 1 Nr. 1,Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, 152 Abs. 1 KostO 22,00 EUR
– Auslagen §§ 152Abs. 2, 137 Abs. 1 Nr. 2 KostO 4,35 EUR
– Zwischensumme: 458,35 EUR
– 19 % Mehrwertsteuer gemäß § 151a Abs. 1 KostO 87,09 EUR
– Summe: 545,44 EUR
Die Kostenschuldner haben hiergegen mit Schreiben vom 27.01.2012, eingegangen am gleichen Tag, Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Landgericht Erfurt gestellt. Sie haben geltend gemacht, aufgrund der Vereinbarung mit dem Kaufinteressenten in der Vollmachtsurkunde nicht zur Bezahlung der Kostenrechnung verpflichtet zu sein.
Das Landgericht hat eine Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 30.03.2012 und eine Stellungnahme der Bezirksrevisorin des Landgerichts Erfurt vom 08.05.2012 eingeholt und – ihnen folgend – den Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch Beschluss vom 30.05.2012 zurückgewiesen. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.
Gegen den ihnen am 01.06.2012 zugestellten Beschluss haben die Kostenschuldner mit Schreiben vom 03.06.2012, eingegangen am gleichen Tag, Beschwerde eingelegt. Sie halten an ihrer Ansicht fest, wonach nicht sie, sondern der Kaufinteressent T. zur Bezahlung der Notarkosten verpflichtet sei.
Das Landgericht hat der Beschwere durch Beschluss vom 29.06.2012 nicht abgeholfen und sie dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Senat hat eine weitere Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 27.08.2012 eingeholt.
II.
1.) Die Beschwerde der Kostenschuldner ist zulässig. Sie ist gemäß § 156 Abs. 3 KostO statthaft. Nach dieser Vorschrift findet gegen die Entscheidung des Landgerichts ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes die Beschwerde statt. Sie ist seit 01.09.2009 nicht mehr an eine Zulassung durch das Landgericht gebunden (Bengel/Tiedtke, in: Korintenberg, Lappe u.a., KostO, 18. Aufl. 2010, § 156 Rn. 67a, 70). Sie ist auch form- und fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Landgerichts eingelegt worden (§ 156 Abs. 5 S. 3 KostO i.V.m. § 63 Abs. 1, 3, 64 Abs. 2 FamFG). Ein Anwaltszwang besteht nicht (Bengel/ Tiedtke, in: Korintenberg, Lappe u.a., KostO, 18. Aufl. 2010, § 156 Rn. 20, 77).
2.) Die Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Denn der angefochtene Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 30.05.2012 ist rechtmäßig. Die Kostenschuldner sind nach §§ 141, 2 Nr. 1 KostO verpflichtet, die Kostenrechnung vom 13.07.2011 zu bezahlen. Denn sie haben zusammen mit dem Kaufinteressenten T. mittels Vollmacht vom 06.05.2011 die Maklerin C. schriftlich angewiesen, beim Kostengläubiger einen Vertragsentwurf in Auftrag zu geben. Diesen Auftrag hat die Maklerin dem Kostengläubiger vollmachtsgemäß erteilt. Die Kostenschuldner sind daher Auftraggeber eines Vertragsentwurfs und schulden infolgedessen die entsprechenden Notargebühren (vgl. zum Vertragsentwurf: Lappe, in: Korintenberg, Lappe u.a., KostO, 18. Aufl. 2010, § 2 Rn. 46).
§ 5 Abs. 1 S. 1 KostO ordnet bei mehreren Auftraggebern eine Gesamtschuldnerschaft an. Das bedeutet, dass der Notar seine Gebühren zwar nur einmal bekommen kann, sie aber nach seinem Belieben von jedem der Gesamtschuldner komplett einfordern darf (s. Wortlaut des § 421 BGB). So ist es im vorliegenden Fall geschehen. Die Kostenschuldner sind verpflichtet, die gesamte Kostenrechnung des Notars zu begleichen. Diese gesetzliche Regelung kann nicht durch eine Absprache zwischen den Auftraggebern ausgehebelt werden. Die hier in der Vollmachtsurkunde getroffene Absprache zwischen den Beschwerdeführern und dem Kaufinteressenten gestattet es den Beschwerdeführern möglicherweise, den Kaufinteressenten in Regreß zu nehmen. Darüber wäre ggf. in einem gesonderten Regreßklageverfahren gegen den Kaufinteressenten zu entscheiden, nicht aber im vorliegenden Beschwerdeverfahren.
Dem Kostengläubiger kann mittels der Vollmachtsurkunde kein bestimmter Kostenschuldner schuldrechtlich vorgegeben werden. Denn durch die Beauftragung eines Notars kommt kein Vertrag mit dem Notar zustande, dessen Vertragsinhalt frei vereinbart werden könnte. Wenn auch einzelne Vorschriften des Schuldrechts entsprechende Anwendung finden, wie z. B. § 278 BGB, oder auch der Mandant des Notars oft als „Auftraggeber” bezeichnet wird (§ 19 Abs. 1 BNotO), ferner das Notarverhältnis als „vertragsähnlich” angesehen wird, so kommt doch mit dem Notar kein Vertrag zustande, sondern nur eine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung (Haug/Zimmermann, Die Amtshaftung des Notars, 3. Aufl. 2011, RdNr. 1 ff.; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl. 1998, RdNr. II 2; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl. 2012, § 24 RdNr. 3; Wöstmann, in: Ganter/Hertel/Wöstmann, Hdb. d. Notarhaftung, 3. Aufl. 2014, Rn. 296). Dies gilt sogar bei betreuender Tätigkeit im Sinne von § 24 BNotO (Arndt/Lerch/Sandkühler, a.a.O.; Wöstmann, a.a.O.). Dementsprechend haftet ein Notar bei Pflichtverletzungen nicht aus Vertrag, sondern ausschließlich aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO. Man spricht insoweit von „Amtspflichtverletzung“, nicht von „Vertragspflichtverletzung“. Ein Notar ist insoweit kein Vertragspartner, sondern eine Amtsperson.
Die Gebührenhöhe ist zutreffend berechnet und wird mit der Beschwerde nicht angegriffen. Kostengläubiger ist bei einer Notarsozietät nur der beurkundende Notar (Bengel/ Tiedtke, in: Korintenberg, Lappe u.a., KostO, 18. Aufl. 2010, § 154 Rn. 6).
3.) Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf §§ 156Abs. 5 S. 3, 6 Satz 2 KostO, 84 FamFG. Von einer Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten sieht der Senat nach §§ 156 Abs. 5 S. 3 KostO, 81Abs. 1 S. 1, 84 FamFG ab, da solche nicht entstanden sind (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 04.06.2013, 20 W 232/11).
4.) Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof scheidet aus, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§§ 156 KostO Abs. 5 S. 3 KostO, 70 Abs. 2 FamFG). Der Senat weicht nicht von einer anderen höchstrichterlichen Entscheidung ab. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsanwendung, noch erfordert sie eine Fortbildung des Rechts.
5.) Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 156Abs. 6 Satz 2, 131 Abs. 4,30 Abs. 1 KostO.