KG Berlin – Az.: 9 W 63/16 – 64/16 – Beschluss vom 11.12.2017
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 27. Juni 2016 (82.OH.65-66/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht sowie des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.375,90 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen zwei Kostenrechnungen der Antragsgegnerin vom 30. Januar 2014:
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Nr. … über 920,52 Euro für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren bzgl. eines Kaufvertrages,
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Nr. … über 455,38 Euro für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren bzgl. der Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld der Antragsteller.
Die Antragsteller beabsichtigten den Kauf eines Grundstückes. Ein Herr K…, der – wie sich später herausstellte – für das von den Verkäufern beauftragte Maklerbüro tätig war, teilte der Antragsgegnerin am 16. Dezember 2013 per Mail mit, dass die Antragsteller die Vorbereitung eines Vertragsabschlusses zum Kauf einer Immobilie wünschten. Daraufhin fertigte die Antragsgegnerin einen ersten Entwurf, den sie den Antragstellern am 27. Dezember 2013 übersandte. In der Folgezeit wandten sich die Antragsteller per Mail vom 6. Januar 2014 an die Antragsgegnerin und übermittelten dieser zur Vorbereitung des Beurkundungstermins ihre Änderungswünsche.
Darüber hinaus gab die Antragstellerin zu 1) im Büro der Antragsgegnerin die Unterlagen der den Kaufpreis finanzierenden Bank zur Bestellung einer Grundschuld ab. Den Entwurf für die Grundschuldbestellungsurkunde fertigte die Antragstellerin am 6. Januar 2014.
Mit Mail vom 10. Januar 2014 teilten die Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass der Kaufvertrag nicht geschlossen werde.
Die Antragsteller machen geltend, sie hätten dem Makler weder einen entsprechenden Auftrag erteilt, noch diesen bevollmächtigt, einen Beurkundungsauftrag gegenüber der Antragsgegnerin auszulösen. Der Auftrag an die Antragsgegnerin sei vielmehr von den Verkäufern bzw. dem in ihrem Auftrag handelnden Makler erteilt worden.
Das Landgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, wogegen sich die Beschwerde der Antragsteller richtet.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller rechtfertigt keine andere Entscheidung, denn die Antragsteller sind sowohl bezüglich der Kostenberechnung Nr. … über 920,52 Euro für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren bzgl. des beabsichtigten Grundstückskaufvertrages (a) als auch bezüglich der Kostenberechnung Nr. … über 455,38 Euro für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren bzgl. der Bestellung der Finanzierungsgrundschuld der Antragsteller (b) Kostenschuldner im Sinne von § 29 Nr. 1 GNotKG.
a) Die Antragsteller sind gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG bezüglich des auf Abschluss des Grundstückskaufvertrages gerichteten Beurkundungsverfahrens Kostenschuldner, weil sie der Antragsgegnerin im Sinne dieser Vorschrift einen Beurkundungsauftrag erteilt haben.
Allerdings hat das Landgericht bei seiner Entscheidung allein darauf abgestellt, ob sich die Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin “zu einer Beurkundung entschlossen” gezeigt haben. Darauf kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 – V ZB 79/16 -, Rn. 6 ff., juris) nicht an.
aa) Danach ist Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG, wer dem Notar den Auftrag erteilt oder den Antrag gestellt hat. Unter dem Begriff des Auftrags ist jedes an den Notar gerichtete Ansuchen zu verstehen, das auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet ist. Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es nicht. Der Beurkundungsauftrag kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Maßgeblich ist, ob das Verhalten für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt; dies kann nur unter Heranziehung und Wertung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
Einen Auftrag erteilt regelmäßig jedenfalls derjenige, der durch sein Ansuchen unmittelbar die notarielle Amtstätigkeit veranlasst, etwa indem er den Notar um die Fertigung eines Entwurfs oder erstmals um einen Beurkundungstermin bittet. Ein Auftrag kann aber auch anzunehmen sein, wenn bereits durch einen anderen Kostenschuldner ein Beurkundungsauftrag erteilt worden ist.
So kann die Amtstätigkeit des Notars auch allein dadurch veranlasst werden, dass ein weiterer Beteiligter den Notar um Änderungen an dem Entwurf eines zu beurkundenden Vertrages bittet (BGH, a.a.O., Rn. 7, juris). Der Umstand, dass bereits ein Beurkundungsauftrag erteilt ist, steht der Annahme eines weiteren Auftrags nicht entgegen. Mehrere Auftraggeber desselben Geschäfts sind dann jeweils Kostenschuldner und haften dem Notar nach § 32 Abs. 1 GNotKG als Gesamtschuldner.
Soweit der Senat bislang davon ausgegangen ist, dass dem Verhalten eines Beteiligten in einer Situation, in der sämtliche Beteiligten das Bewusstsein besitzen, dass dem Notar bereits ein Beurkundungsauftrag erteilt ist, nur dann eine Auftragungsqualität im Sinne des § 29 GNotKG zukommen könne, wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, die erkennbar den Schluss zulassen, der Beteiligte wolle einen zweiten, daneben stehenden Beurkundungsauftrag erteilen oder einem bereits bestehenden Auftrag beitreten (Beschluss vom 22. November 2016 – 9 W 30/16 -, Rn. 10, juris), hält er angesichts der Entscheidung des Bundesgerichtshofes daran nicht mehr fest.
bb) Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Antragsteller Kostenschuldner gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG, weil sie dem Notar im Sinne dieser Vorschrift einen Beurkundungsauftrag erteilt haben.
Nachdem die Antragsteller von der Antragsgegnerin 27. Dezember 2013 per Mail einen ersten Kaufvertragsentwurf erhalten hatten, übersandten sie der Antragsgegnerin per Mail Änderungswünsche, die die Antragsgegnerin bei der Vorbereitung des vereinbarten Beurkundungstermins berücksichtigen sollte. Dieses Handeln der Antragsteller war auf die Herbeiführung der notariellen Tätigkeit der Antragsgegnerin im Rahmen der Vorbereitung einer Beurkundung gerichtet. Hierdurch haben sie unmittelbar eine notarielle Amtstätigkeit, nämlich eine Überarbeitung des Entwurfes aufgrund der formulierten Änderungswünsche, veranlasst, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einen eigenen Beurkundungsauftrag darstellt.
Unerheblich ist nach dieser Rechtsprechung demgegenüber, dass zuvor am 16. Dezember 2013 ein Herr K…, der – wie sich später herausstellte – für das von den Verkäufern beauftragte Maklerbüro tätig war, der Antragsgegnerin per Mail mitteilte, dass die Antragsteller die Vorbereitung eines Vertragsabschlusses zum Kauf der Immobilie wünschten. Ebenso kann offen bleiben, ob der Makler von den Antragstellern beauftragt oder bevollmächtigt worden ist.
b) Die Antragsteller sind auch bezüglich des Beurkundungsverfahrens zur Bestellung der Finanzierungsgrundschuld Kostenschuldner gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG, weil sie der Antragsgegnerin hierzu einen Auftrag erteilt haben.
Die Antragsteller haben sich insoweit an die Antragsgegnerin mit der Bitte um Beurkundung gewandt. So hat die Antragstellerin zu 1) im Büro der Antragsgegnerin die Unterlagen der finanzierenden Bank zur Bestellung einer Grundschuld abgegeben. Die Verkäufer oder Makler haben sich insoweit nicht an die Antragsgegnerin gewandt.
2.
a) Die Kostenentscheidung des Landgerichts war zu berichtigen.
Die Kostenentscheidung des Landgerichts gemäß § 81 FamFG kann der Senat zwar nur eingeschränkt darauf überprüfen, ob das Landgericht die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten oder sein Ermessen sonst fehlerhaft ausgeübt hat ( BGH, Beschluss vom 18.11.2005 zu IV ZB 35/15 – juris, Rn. 17 Senat, Beschluss vom 25. März 2015 – 9 W 42 – 46/14 -, Rn. 7, juris). Dies ist jedoch vorliegend der Fall, weil das Landgericht für die Ermessensentscheidung maßgebliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 – XII ZB 165/06 -, Rn. 15, juris). Der Senat hat daher eine Ermessensentscheidung gemäß § 81 Absatz 1 FamFG in Verbindung mit § 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG zu treffen. Es entspricht der Billigkeit im Sinne dieser Vorschrift, auch die Kosten des gerichtlichen Verfahrens erster Instanz den Antragstellern aufzuerlegen.
Auch in gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen entspricht es regelmäßig der Billigkeit im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Kostenentscheidung am Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten zu orientieren, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände eine abweichende Kostenentscheidung rechtfertigen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. März 2015 – 9 W 42 – 46/14 -, Rn. 26 ff., juris). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Billigkeitsgründe, die gegen eine Kostenlast der Antragsteller sprechen, sind nicht ersichtlich.
b) Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 84 FamFG in Verbindung mit § 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG.
c) Die Rechtsbeschwerde war nach § 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit § 70 Absatz 1 und 2 FamFG nicht zuzulassen.
d) Für die Festsetzung des Geschäftswertes erster (insoweit gemäß § 79 Absatz 2 Nr. 2 GNotKG in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts) wie auch zweiter Instanz (§ 61 Absatz 1 GNotKG) war das Interesse der Antragsteller maßgeblich, die Notarkosten in Höhe von insgesamt 1.375,90 Euro nicht tragen zu müssen.
Hierbei war ein einheitlicher Verfahrenswert festzusetzen, da vorliegend nur ein gerichtliches Verfahren in Notarkostensachen durchgeführt worden ist. Es gab nur eine Antragsschrift. Es wurden ein einheitliches Verfahren mit nur einer Akte geführt und eine einheitliche Entscheidung des Landgerichts getroffen. Dass für dieses Verfahren mehrere Aktenzeichen vergeben worden sind, ist unerheblich.