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Notarkosten für die Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages – Übernahme Bauverpflichtung

LG Bonn – Az.: 6 OH 13/13 – Beschluss vom 14.02.2014

Die Rechtmäßigkeit der Kostenrechnung der Notare Dr. T und I2 aus T2 Nr. S …-RO in der Fassung vom 29.11.2013 wird festgestellt.

Die Kostenrechnung der Notare Dr. T und I2 aus T2 Nr. …S…-RO in allen Fassungen, zuletzt vom 29.11.2013, wird aufgehoben.

Die Notare T und I2 aus T2 haben die Kostenrechnung Nr. …S…-RO auf Basis eines Gesamtgeschäftswert i.H.v. 2.667.553,40 EUR neu zu erstellen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin beauftragte das Notariat der Antragsteller mit der Erstellung und Beurkundung eines Kaufvertrags über ein Grundstück, welches die Antragsgegnerin mit einem „Studentencampus“ zu bebauen beabsichtigte.

Der von den Antragstellern entworfene und beurkundete „Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtung“ vom 11.10.2012 enthält hierzu insbesondere auf Initiative der Veräußerin, welche wirtschaftlich betrachtet (allein bzw. maßgeblich) die Stadt B war, detaillierte Regelungen zu einer konkreten Bauverpflichtung der Erwerber; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den notariellen „Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtung“ vom 11.10.2012 Bezug genommen. Der Verkehrswert des Grundstücks entsprach unstreitig dem im Vertrag vereinbarten Kaufpreis i.H.v. 2.000.665,10 EUR.

Über diese Leistung rechneten die Antragsteller mit Kostenrechnung vom 29.08.2013, Nr. …S…-RO, gegenüber der Antragsgegnerin auf Basis eines Geschäftswerts von 8.600.665,10 EUR ab (Bl. … d.A.). Diese Rechnung ersetzten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 29.11.2013 durch die Rechnung vom 29.11.2013 (Bl. … d.A.).

Die Antragsteller sind der Ansicht, dass bei der Schätzung des Geschäftswerts für die im Kaufvertrag übernommene Bauverpflichtung gemäß § 30 Abs. 1 KostO 30% der Baukosten abzüglich des Gesamtveräußerungspreises des bebauten Grundstücks anzusetzen sei, wobei rechnerisch von 22 Mio. Euro für die Baukosten ausgegangen wurde. In der Rechnung ist als Erläuterung angeben, dass der Geschäftswert der Bauverpflichtung auf Basis von 30% der „Gesamtkaufpreise abzüglich Grundstückskaufpreis“ errechnet worden sei. Die Antragsteller argumentieren, dass ein Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf dessen Beschluss vom 24.11.2005, V ZB 103/05, vorliege, da das in Rede stehende Projekt trotz einer „Wohnbebauung“ aufgrund der Fluktuation der Bewohner eines Studentenwohnheims eher einer gewerblichen Nutzung entspreche. Für einen solchen Fall der Errichtung gewerblicher Objekte sei 30% der Baukosten angemessen, insbesondere angesichts des besonders hohen Interesses der Stadt B an der Sicherstellung der Durchführung der geplanten Bebauung zur Vermeidung einer „Bauruine“.

Die Antragsgegner wenden hiergegen ein, dass die Antragsteller schon nicht 30% der Baukosten, welche 10.978.047,50 EUR betragen, zur Grundlage seiner Berechnung gemacht habe, sondern 30% der (auf 22 Mio. Euro gerundeten) avisierten Gesamtveräußerungspreise (22.008.314,40 EUR). Zudem liege kein Ausnahmefall i.S.d. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor bzw. einer solchen Rechtsprechung sei im Hinblick auf den vorliegenden Fall nicht zu folgen, weil die Baukosten nicht im Interesse des Verkäufers des Grundstücks lägen. Es sei schlicht um die Behebung eines städtebaulichen Missstands gegangen, welches ein ideelles Interesse darstelle, gleichwohl der Bundesgerichtshof auch ein solches als ein wirtschaftliches Interesse anerkannt habe. Es sei zu berücksichtigen, dass der Stadt B durch die Bebauung keine Gewerbesteuereinnahmen zufließen werden und dass auch keine dauerhaften Arbeitsplätze geschaffen werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Errichtung des Studentenwohnheims entstehen. Folglich habe kein finanzielles Interesse der Stadt bestanden hinsichtlich der Bauverpflichtung. Jedenfalls habe der Bundesgerichtshof den von den Antragstellern propagierten Ausnahmefall nur unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgericht und des Oberlandesgerichts Zweibrücken angedeutet, während das Bayerische Oberlandesgericht nur 10% der voraussichtlichen Investitionskosten angesetzt habe, was hier nur ca. 1,1 Mio. Euro ausmache und nicht 6,6 Mio. Euro – wie nach der Berechnung der Antragsteller. Es spreche nichts dagegen, den Geschäftswert der Bauverpflichtung in Höhe von 2.000.665,10 EUR anzusetzen, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof die Diskrepanz zwischen Verkehrswert und Kaufpreis bzw. in Ermangelung dessen der „Wiederkaufpreis“ maßgeblich sei. Auch die Höhe der Vertragsstrafe für den Fall des Verstoßes gegen die Bauverpflichtung in Höhe von 100.000,00 EUR spreche gegen den von den Antragstellern angesetzten Geschäftswert. Es liege demnach ein Ermessensfehler der Antragsteller vor.

Die Antragsteller erstellten in Absprache mit der Antragsgegnerin, vertreten durch Herrn N, und mit dem Immobilienmakler I vom 04.03.2013 datierende „Hinweise für den Vertrieb“ hinsichtlich des „Objekts Studentencampus B“; hinsichtlich des Inhalts wird auf das entsprechende Dokument in der Notarakte Bezug genommen. Diese Vertriebshinweise wurden Herrn I und der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellt und in der Folgezeit noch mehrfach überarbeitet. Die vorangegangene und nachfolgende e-mail-Korrespondenz stellte sich auszugsweise folgendermaßen dar:

Am 04.11.2012 schrieb Herr I an Frau S, die zuständige Ansprechpartnerin im Notariat der Antragsteller, und bat um Mitteilung, wann mit „dem Entwurf“ gerechnet werden könne. Dies gelte auch für den „Musterkaufvertrag“. Am 19.11.2012 schrieb erneut Herr I an Frau S, dass „wir“ keine Mietgarantie gäben, sondern eine Vermietungsgarantie. Dies sei auch wichtig für den Kaufvertragsentwurf. Am 16.03.2013 schrieb die vertretungsberechtigte Mitarbeiterin der Antragsgegnerin L an Frau S u.A., dass „wir“ die „überlassenen Vertragsunterlagen erhalten, geprüft“ haben und „bestätigen, dass ihre Datei, mit heutige Fassung, Datum 16.03.2013. hiermit freigegeben ist.“ Herr N schrieb per e-mail am 09.07.2013 an Frau S und bat darum „die Unterlagen“ an die Kunden per mail zu versenden und führte u.A. aus, dass die „Personalisierung“ zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig sei. Am 24.07.2013 schrieb Herr N unter dem Betreff „Abtretung an Sparkasse Notarvertrag Studentencampus“ an Frau S, dass er „anbei die gewünschte Formulierung der Sparkasse zur Abtretung der Kaufpreisansprüche mit der Bitte um Berücksichtigung im Kaufvertrag“ übersende. Auf Grundlage der genannten Vertriebshinweise kam es zu zwei Beurkundungsterminen im Hause der Antragsteller. Die in der Notarakte enthaltene letzte Version des Kaufvertragsentwurfs, der nach Auffassung bzw. Behauptung der Antragsteller der beauftragte Serienentwurf sei, ist als „Bauträgerkaufvertrag über Wohnungseigentum nebst Mietverwaltungsvertrag“ bezeichnet.

Über diese Leistungen rechneten die Antragsteller mit Kostenrechnung vom 29.08.2013, Nr. S …-RO, gegenüber der Antragsgegnerin auf Basis eines Geschäftswerts von 5,1 Mio. Euro ab (Bl. … d.A.). Diese Rechnung ersetzten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 29.11.2013 durch die Rechnung vom 29.11.2013 (Bl. … d.A.), welche nunmehr von einem Geschäftswert von 22.008,314,40 EUR ausgeht.

Die Antragsteller sind der Ansicht, dass die Antragsgegnerin einen Serienentwurf für alle 172 zu veräußernden Einzelobjekte erfordert habe i.S.v. § 145 Abs. 1 KostO, deren Gesamtveräußerungspreis unstreitig 22.008.314,40 EUR ausmacht.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass sie keinen Serienentwurf erfordert habe. Allenfalls habe der Makler I einen solchen erfordert, wie insbesondere die e-mail vom 04.11.2012 zeigen dürfte. Herr I habe hierfür jedenfalls keine Vertretungsmacht seitens der Antragsgegnerin gehabt, zumal er auch nicht für die Antragsgegnerin aufgetreten sei, sondern für sich selber. Herr I habe als Makler auch Eigeninteressen verfolgt. Sie habe den Auftrag des Herrn I auch nicht genehmigt, insbesondere nicht durch die „Freigabe“ des Entwurfs in der e-mail vom 16.03.2013.

Die Antragsteller beantragen die Entscheidung des Landgerichts gemäß § 127 Abs. 1 S. 2 GNotKG. Sie begehren die Feststellung der Rechtmäßigkeit der beiden Kostenrechnungen in der letzten Fassung jeweils vom 29.11.2013.

II.

Auf den zulässigen Antrag der Notare gemäß § 127 Abs. 1 S. 1 GNotKG ist einerseits die Rechtmäßigkeit der Rechnung Nr. S …-RO in der Fassung vom 29.11.2013 festzustellen, und andererseits ist die Rechnung Nr. …S…-RO in der Fassung vom 29.11.2013 von den Antragstellern zu korrigieren.

Anwendbar ist für das Verfahren das GNotKG gemäß § 134 Abs. 1 GNotKG, da der Antrag bei Gericht nach dem 23.07.2013 eingereicht wurde.

Materiell ist hingegen noch die KostO anwendbar gemäß § 134 Abs. 2 GNotKG, da der Auftrag betreffend der in Rede stehenden Rechnungen jeweils vor dem 23.07.2013 erteilt worden ist.

Beide Kostenrechnungen sind formell nicht zu beanstanden. Insbesondere das Zitiergebot ist angesichts der Korrektur der Rechnungen gewahrt.

1. Kostenrechnung Nr. …S…-RO:

Der Gesamtgeschäftswert, der dieser Kostenrechnung zugrunde zu legen ist, beträgt abweichend von der Berechnung der Antragsteller 2.667.553,40 EUR und nicht 8.600.665,10 EUR.

Die Kammer vermag der Rechtsauffassung der Antragsteller und der Präsidentin des Landgerichts bzw. der Bezirksrevisorin des Landgerichts hinsichtlich der schätzweisen Bestimmung des Geschäftswerts für die Bauverpflichtung gemäß § 30 Abs. 1 KostO nicht zu folgen.

Zunächst ist der Antragsgegnerin darin zuzustimmen, dass die Berechnung der Antragsteller in der Kostenrechnung ungeachtet dessen, ob 30% der Baukosten für die Bauverpflichtung eine angemessene Schätzungsgrundlage darstellen können, diesem Maßstab jedenfalls tatsächlich nicht entspricht.

Die Antragsteller geben in der Kostenrechnung an, dass sie 30% der Gesamtkaufpreise – also der Endveräußerungspreise nach Bebauung – zugrunde gelegt hätten (abzüglich Grundstückskaufpreis). Allenfalls wäre also nach der eigenen Rechtsauffassung der Antragsteller ein Betrag von 3.293.414,25 EUR (= 10.978.047,50 EUR X 0,3) anzusetzen, da die geplanten Baukosten unstreitig nur 10.978.047,50 EUR betragen.

Aber selbst die angeblich – laut Erläuterung in der (korrigierten) Rechnung – vorgenommene Berechnung ergibt nicht den propagierten (Gesamt-)Geschäftswert von 8.600.665,10 EUR. 30% des von den Antragstellern auf 22 Mio. gerundeten „Gesamtverkaufpreises“ entspricht 6,6 Mio. Euro. Zuzüglich des Geschäftswerts für den Kaufvertrag (2.000.665,10 EUR) ergibt sich also der angegebene Geschäftswert von 8.600.665,10 EUR. Folglich haben die Antragsteller mitnichten von 30% des „Gesamtverkaufpreises“ den Grundstückskaufpreis abgezogen (und hierzu dann den Grundstückskaufpreis addiert, so dass der Gesamtgeschäftswert letztlich nur 6,6 Mio. Euro hätte betragen müssen), sondern die Antragsteller haben ohne Abzug des Grundstückkaufpreises 30% des „Gesamtverkaufpreises“ für die Ermittlung des Geschäftswerts der Bauverpflichtung angesetzt. Die Antragsteller haben also genau so gerechnet, wie in der ersten Rechnung vom 29.08.2013 (Bl. … d.A.) angegeben wurde und nicht etwa abzüglich des Grundstückkaufpreises, wie in der Antragsschrift behauptet wurde.

Die Kammer ist unabhängig von dieser bereits rechnerisch falschen bzw. auf Basis der eigenen Rechtsauffassung der Antragsteller falschen Berechnung anderer Auffassung als die Antragsteller – und im Ergebnis auch als die Antragsgegnerin. Zunächst stimmt die Kammer der Antragsgegnerin dahingehend zu, dass hier im Hinblick auf die Rechtsprechung des 2. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 24.11.2005, V ZB 103/05) kein Ausnahmefall vorliegt, der rechtfertigen könnte, 30% der Baukosten (und schon gar nicht der Endveräußerungspreise) anzusetzen, zumal der Bundesgerichtshof auch gar nichts dazu gesagt hat, dass in einem solchen Ausnahmefall 30% der Baukosten eine angemessene Schätzungsgrundlage wäre (was auch zu verneinen ist, s.u.). Die Kammer folgt der Argumentation der Antragsgegnerin, wonach der vorliegende Fall schon nicht mit der Errichtung einer Gewerbeimmobilie durch den Bauverpflichteten vergleichbar ist, in welchem Falle die betreffende Gemeinde auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse verfolgt durch die Generierung zusätzlicher Steuereinnahmen und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Dass hier die Stadt B ein erhebliches Interesse hatte, die Durchführung der Bebauung über eine allgemeine Bauverpflichtung hinaus besonders sicherzustellen zur Vermeidung einer Bauruine, ist entsprechend des Sachvortrags der Antragsteller durchaus nachvollziehbar – aber letztlich unerheblich. Das Interesse an der Vermeidung einer Bauruine hat jede Gemeinde bei der Vereinbarung einer Bauverpflichtung. Die Gemeinde B hat hier nur erhöhte Sicherungsmaßnahmen im Vertrag verankern lassen, um den Vertragspartner zur Vertragserfüllung konkret auf ein bestimmtes Projekt bezogen (Bau von Studentenwohnheimen) anzuhalten. Das Ausmaß der Sicherheiten ist für den Geschäftswert einer Leistung auch im Rahmen einer Schätzung gemäß § 30 Abs. 1 KostO aber in der Regel unerheblich. Es kommt allein auf das zu sichernde Interesse an, welches sich nicht durch das Maß erhöht, in welchem die Verwirklichung des Interesses abgesichert wird. Ebenso wenig wie sich der Geschäftswert des Grundstückskaufvertrags durch den Wert der (beidseitig) eingeräumten Sicherheiten (Grundschuld, Auflassungsvormerkung, etc.) erhöht, erhöht sich der Wert des Interesses der Gemeinde an einer Bauverpflichtung durch Vereinbarungen, die die konkrete Erfüllung der Bauverpflichtung regeln bzw. sichern sollen. Die Kammer ist der Auffassung, dass hier demnach der Standardfall entsprechend der Rechtsprechung des 2. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vorliegt, wonach der Wert der Bauverpflichtung durch Schätzung anhand des vereinbarten Kaufpreises bzw. des Rückkaufpreises zu bestimmen ist, wenn sich eine Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Verkehrswert des Grundstücks nicht aus dem Kaufvertrag oder sonstigen Umständen ergibt, wobei der Wert mit einem prozentualen Anteil des Kaufpreises unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmt werden kann und muss. Die Kammer ist dabei der Auffassung, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kaufpreis dem Verkehrswert des Grundstücks entspricht, wie hier der Fall ist. Der Bundesgerichtshof hatte zwar wohl hauptsächlich die Fälle im Blick, wo die Gemeinde einen irgendwie gearteten „Kaufpreisnachlass“ vom Verkehrswert gewährte und quasi als Gegenleistung die Bauverpflichtung vom Erwerber erhielt, während unbekannt ist, wie hoch die Differenz zwischen Kaufpreis und Verkehrswert ist. Der Bundesgerichtshof spricht aber allgemein davon, dass die Schätzung anhand des vereinbarten Kaufpreises (bzw. des Rückkaufpreises, der hier identisch ist) zu bestimmen ist, wenn sich eine Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Verkehrswert des Grundstücks nicht aus dem Kaufvertrag oder sonstigen Umständen ergibt. Letztere Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn es gar keine Differenz gibt. Ungeachtet dessen ob der Bundesgerichtshof so weitgehend, also auch für die vorliegende Fallkonstellation Ausführungen machen wollte, ist die Kammer der Ansicht, dass eine Schätzung anhand des vereinbarten Kaufpreises in der vorliegenden Fallkonstellation grundsätzlich auch die einzig sachgerechte Lösung ist. Die Baukosten als Grundlage der Schätzung erscheinen nicht sachgerecht. Die Gemeinde hätte alternativ zum Abschluss des Vertrags sicherlich nicht selbst das Projekt verwirklicht, also selber die Baukosten investiert, so dass nicht mit einer „Ersparnis“ dieser Kosten argumentiert werden kann bei der Bestimmung des Interesses der Gemeinde an der Bauverpflichtung. Zudem ist auch nicht zu übersehen, dass vielfach die konkreten Baukosten bei Kaufvertragsschluss noch gar nicht feststehen (wobei die Gemeinde der Höhe der Baukosten auch gleichgültig gegenüber steht, sondern nur am Ergebnis interessiert ist), so dass dies in vielen Fällen schon keine praktikable Schätzungsgrundlage wäre. Dass dies im vorliegenden Fall anders ist, weil zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kaufpreis exakt dem Verkehrswert des Grundstücks entspricht, rechtfertigt keine grundlegende Schätzung auf Basis der Baukosten. Es erscheint im Übrigen auch nicht sachgerecht, dass der Geschäftswert einer Zusatzleistung gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 KostO aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlage in der Regel deutlich über dem Geschäftswert der Hauptleistung liegen sollte. Dies wäre in der Mehrzahl der Fälle – wie auch hier – die praktische Auswirkung einer Schätzung auf Basis der Baukosten, da die Baukosten meist ein Vielfaches des Grundstückspreises betragen. Soweit man dagegen sicherlich argumentieren könnte, dass dies im Einzelfall dadurch korrigiert werden könnte, dass ein entsprechend niedrigerer Prozentanteil an den Baukosten im Einzelfall als angemessen angesehen werden könnte – wie etwa durch Ansatz von nur 10%, wie dies das Bayerische Oberlandesgericht in der oben genannten Entscheidung für eine Gewerbeimmobilie annahm – reicht dies als stichhaltiges Argument für eine Schätzung auf Basis der Baukosten nicht aus. Insgesamt erscheint ein Prozentsatz des Grundstückskaufpreises als die sowohl angemessenste als auch praktikabelste Schätzungsgrundlage für die Fälle eines sich nicht aus der Urkunde ergebenden „Kaufpreisnachlasses“, wobei im Einzelfall zu entscheiden wäre, welcher konkrete Prozentsatz angemessen ist. Jedenfalls ist der Wert der Zusatzleistung „Bauverpflichtung“ im Regelfall durch den Wert der Hauptleistung des Kaufvertrags „gedeckelt“.

Die Kammer ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall insbesondere aufgrund der stark konkretisierten Bauverpflichtung eine Schätzung des Geschäftswerts der Zusatzleistung „Bauverpflichtung“ gemäß §§ 20 Abs. 1 S. 1, 30 Abs. 1 KostO auf Basis von 1/3 des Grundstückskaufpreises angemessen ist. Der Kammer ist dabei durchaus bewusst, dass sie damit den Geschäftswert im Ergebnis sogar niedriger schätzt als dies der Auffassung der Antragsgegnerin entspricht, die ausführte, dass nichts dagegen spreche, den vollen Kaufpreis als Schätzungsgrundlage des Werts der Zusatzleistung „Bauverpflichtung“, also in Höhe von 2.000.665,10 EUR, anzusetzen. Die Kammer ist nicht daran gehindert, einen für die Antragsgegnerin noch günstigeren Gegenstandswert anzunehmen, als dies ihrer eigenen Auffassung entspricht, da der Geschäftswert durch die Kammer umfassend überprüfbar ist. Die Kammer ist entsprechend der obigen Ausführungen der Auffassung, dass 100% des Grundstückskaufpreises bzw. des Rückkaufpreises in der Regel den Maximalbetrag des Geschäftswerts einer solchen Zusatzleistung darstellen kann, wobei meist ein deutlich darunter liegender (prozentualer) Betrag – immer abhängig von den Umständen des Einzelfalls – angemessen ist.

Folglich ist hier im Ergebnis gemäß § 30 Abs. 1 KostO für die Bauverpflichtung ein isolierter Geschäftswert von schätzweise 666.888,36 EUR zu ermitteln gewesen. Der Gesamtgeschäftswert beträgt demnach 2.667.553,40 EUR (= 2.000.665,10 EUR + 666.888,36 EUR).

Die Kammer hat insoweit davon abgesehen, auf Basis dieses Gegenstandswerts die Kostenrechnung selbst neu zu berechnen; dies wird der Neuberechnung den Antragstellern auf Basis des festgestellten Gegenstandswerts von 2.667.553,40 EUR vorbehalten. Der Grundsatz, dass das mit Einwendungen gegen eine Notarkostenrechnung befasste Landgericht die Notargebühr selbst berechnen muss, wenn es vom Gegenstandswert der Kostenrechnung abweicht, gilt nicht, wenn der Wert nach § 30 Abs. 1 KostO geschätzt werden muss (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 24.11.1980, 3 W 168/80, JurBüro 1981, 1059; Hartmann Kostengesetze, 41. Auflage, § 156 KostO, Rn. 34). Dies ist hier der Fall.

2. Kostenrechnung Nr. S …-RO:

Diese Kostenrechnung ist rechtmäßig.

Auf Basis des beidseitigen Sachvortrags ist angesichts des Inhalts der Notarakte – insbesondere aufgrund des vorliegenden e-mail-Verkehrs zwischen den Beteiligten – als bewiesen anzusehen, dass die Antragsgegnerin einen Serienkaufvertragsentwurf für die Veräußerung der avisierten 172 Einzeleinheiten des Gesamtobjekts (Bauträgerkaufverträge) veranlasste i.S.v. § 145 Abs. 1 KostO.

Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen demjenigen, der als Kostenschuldner in Anspruch genommen wird, das als „Erfordern“ eines Entwurfs i.S. von § 145 Abs. 1 KostO gewertete Verhalten eines Dritten zuzurechnen ist, beurteilt sich nach den Grundsätzen der §§ 164 ff. BGB, auch wenn der Kostenanspruch des Notars dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist (LG Aachen, BWNotZ 2011,84; OLG Köln, Beschluss vom 03.04.1992 – 2 Wx 53/91. DNotZ 1992, 749). Ein danach erforderliches Handeln in fremdem Namen ergab sich vorliegend jedenfalls aus den Umständen: Die Antragsteller waren von dem Immobilienmakler I, der damals von der Antragsgegnerin in den (beabsichtigten) Vertrieb der Einzelobjekte eingebunden worden war, wie sich aus dem unbestrittenen Sachvortrag der Antragsteller ergibt (insbesondere aus den „Hinweisen für den Vertrieb“ und aus der e-mail vom 04.11.2012) mit der Fertigung eines Serienkaufvertragsentwurfs betreffend der avisierten Veräußerung der geplanten 172 Einzelobjekte mit einem geplanten Gesamtveräußerungspreis von 22.008.314,40 EUR beauftragt worden. Wird ein Notar von einem Immobilienmakler, der von Verkäuferseite beauftragt worden ist, zur Vorbereitung von späteren Kaufverträgen damit beauftragt, einen (Serien-)Kaufvertragsentwurf zu fertigen, so erfolgt dies in der Regel nicht in eigenem Namen, sondern für den Verkäufer (vgl. LG Wiesbaden, BauR 2013, 647; LG Aachen aaO; OLG Köln aaO). So liegt der Fall hier. Mithin handelte der Makler I nach dem Empfängerhorizont der Antragsteller bei der Beauftragung des Serienentwurfs im Namen der Antragsgegnerin (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der Makler I auch eigene Provisionsinteressen verfolgte; dies ist aber der Normalfall des Handelns eines Immobilienmaklers.

Ob Herr I dabei in wirksamer Vollmacht der Antragsgegnerin handelte, kann offen bleiben. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin das Handeln des Maklers I konkludent genehmigt (§ 177 Abs. 1 BGB). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine tatsächliche Benutzung des beauftragten und vom Notar erstellten Urkundsentwurfs (gegenüber Dritten) durch den Kostenschuldner als konkludente Genehmigung der Beauftragung des Dritten durch den Kostenschuldner anzusehen ist. Hierbei reicht schon aus, dass der Kostenschuldner den Notar bittet, den Kaufvertragsentwurf einem Dritten zu übersenden (LG Aachen aaO). Ein solcher Fall liegt hier vor. Jedenfalls durch die e-mails des die Antragsgegnerin unstreitig wirksam vertretenen Herrn N vom 09.07.2013 und vom 24.07.2013 an Frau S, durch die e-mail vom 16.03.2013 der ebenfalls in wirksamer Vollmacht der Antragsgegnerin handelnden Frau L sowie durch die unstreitige Verwendung des Serienentwurfs als Vorlage bei zwei durchgeführten Kaufvertragsbeurkundungen hat die Antragsgegnerin die Beauftragung des Serienentwurfs konkludent genehmigt. Mit der e-mail vom 09.07.2013 bat Herr N darum „die Unterlagen“ – womit ersichtlich der Serienentwurf gemeint war – an die Kunden per mail zu versenden und führte u.A. aus, dass die „Personalisierung“ zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig sei. Am 24.07.2013 schrieb Herr N unter dem Betreff „Abtretung an Sparkasse Notarvertrag Studentencampus“ an Frau S, dass er „anbei die gewünschte Formulierung der Sparkasse zur Abtretung der Kaufpreisansprüche mit der Bitte um Berücksichtigung im Kaufvertrag“ übersende. Folglich hat die Antragsgegnerin auch aktiv an der ständigen Anpassung des Serienentwurfs mitgewirkt und hat insoweit die maßgeblichen Vorgaben geliefert, wie dies die Antragstellerin vorträgt. Mit der e-mail vom 16.03.2013 wurde der Entwurf zudem explizit nach Prüfung „freigegeben“. Die sodann tatsächliche Verwendung des Serienkaufvertragsentwurfs durch die Antragsgegnerin als Vorlage bei zwei tatsächlich durchgeführten Kaufvertragsbeurkundungen (zugunsten der Antragsgegnerin als Verkäuferin), ließ den Willen der Antragsgegnerin, das Handeln des Herrn I zu genehmigen, deutlich zutage treten. Demzufolge haben die Antragsteller die Genehmigung des Serienentwurfs durch die Antragsgegnerin bewiesen.

Soweit die Antragsgegnerin meint, dass kein Serienvertragsentwurf beauftragt bzw. genehmigt worden sei, sondern allenfalls Einzelkaufvertragsentwürfe, ist dem nicht zu folgen. Im Rahmen von § 145 Abs. 1 KostO ist im Einzelfall – auch in Abgrenzung zu § 147 Abs. 2 KostO, wonach hierunter ein Vertragsmuster fallen kann (vgl. Hartmann Kostengesetze, 41. Auflage, § 147 KostO, Rn. 42) – zu prüfen, ob der Notar lediglich mit der Erstellung eines Kaufvertragsentwurfs für einen oder mehrere Einzelfälle beauftragt worden sein sollte oder ob er mit der Erstellung eines Serienvertragsentwurfs für eine bestimmte Zahl von Fällen beauftragt wurde; falls keine bestimmte Zahl von Fällen absehbar war, spricht Einiges für ein Vertragsmuster, welches unter § 147 Abs. 2 KostO fiele. Im vorliegenden Fall gingen sowohl der Antragsteller, als auch der Makler I und die Antragsgegnerin davon aus, dass der vom Notar zu erstellende Kaufvertragsentwurf, der zur Veräußerung durch die Antragsgegnerin an die „Endkunden“ dienen sollte, potentiell als Vorlage für die Veräußerung sämtlicher geplanter 172 Einzeleinheiten dienen sollte. Dies ergibt sich aus der e-mail-Korrespondenz und dem beidseitigen Sachvortrag. Zum Zeitpunkt der Beauftragung durch den Makler I und auch noch zum Zeitpunkt der Genehmigung durch die Antragsgegnerin (spätestens im Juli 2013) gingen dabei alle Beteiligten noch davon aus, dass sämtliche 172 Kaufverträge bei den Antragstellern beurkundet werden sollten – die Antragstellerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Antragsgegnerin erst danach ihren Vertrieb neu aufstellte (und wohl auch nicht mehr exklusiv mit Herrn I zusammenarbeitete), was wohl erst dazu führte, dass die Antragsgegnerin nunmehr die Kaufverträge (auch) bei anderen Notaren beurkunden ließ – ob insoweit der Serienentwurf als Vorlage dient(e), ist unbekannt, aber jedenfalls unerheblich. Maßgeblich ist für das Erfordern eines Serienentwurfs gemäß § 145 Abs. 1 KostO der Inhalt des Auftrags zum Zeitpunkt der Beauftragung bzw. zum Zeitpunkt der Genehmigung. Diesen Auftrag haben die Antragsteller auch erfüllt durch Erstellung des entsprechenden in der Notarakte enthaltenen Serienentwurfs mit der Überschrift „Bauträgerkaufvertrag über Wohnungseigentum nebst Mietverwaltungsvertrag“.

Der Geschäftswert für einen Serienentwurf ermittelt sich aus der Summe der Einzelwerte der in Aussicht genommenen Verträge (BGH MDR 2009, 55; Schleswig-Holsteinisches OLG, JurBüro 1994, 287). Folglich ist der Geschäftswert von den Antragstellern zutreffend auf Basis des avisierten Gesamtveräußerungserlöses der 172 Einzeleinheiten i.H.v. 22.008.314,40 EUR bestimmt worden – entsprechend der letzten Fassung der Kostenrechnung.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 130 Abs. 2 S. 3 GNotKG, § 81 Abs. 1 u. 2 FamFG).

Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst, da keine Gerichtsgebühr anfällt.

 

 

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