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Notarieller Ehevertrag – Abtretungserklärung Eigentümerrechte an Grundpfandrechten

OLG München – Az.: 34 Wx 82/16 – Beschluss vom 13.12.2016

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 2. Februar 2016 aufgehoben.

Gründe

I.

Die in Gütergemeinschaft verheirateten Eheleute B. waren im Grundbuch als Eigentümer von Grundbesitz eingetragen. Am 22.1.2010 schlossen sie einen notariellen Ehevertrag mit Getrenntlebens- und Scheidungsfolgenvereinbarung; darin enthalten ist die Aufhebung und Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft im Weg der Realteilung ohne Ausgleichszahlung. Nach der Vorbemerkung zum Vertrag ist Sinn und Zweck der Vereinbarung die endgültige Entflechtung der vermögensrechtlichen Beziehungen.

In Ziffer V. 1. einigten sich die Eheleute dergestalt, dass bestimmte Teile ihres Grundbesitzes auf die Ehefrau, andere auf den Ehemann übergehen. Hinsichtlich der Übernahme von Grundpfandrechten wird jeweils auf Ziffer VI. der Urkunde verwiesen. Dort vereinbarten die Eheleute, wer von ihnen jeweils im Hinblick auf die Auseinandersetzung gemäß Ziffer V. 1. im Weiteren genau aufgelistete Kredite und grundbuchrechtliche Belastungen übernimmt.

Zudem heißt es in Ziffer VI. 6. (Umschuldungserklärungen / Haftungsfreistellung):

… Zur Durchführung der Haftungsfreistellung wird unter anderem folgendes vereinbart: Frau … B. verpflichtet sich, Herrn … B. bis … eine Erklärung der Raiffeisenbank K. vorzulegen, dass die beiden Briefgrundschulden … ausschließlich für … (Herrn B.) zur Verfügung stehen oder die Raiffeisenbank K. diese Grundschulden löschen lässt bzw. an die Genossenschaftsbank M. in notarieller Form abtritt.

Frau B. ist bewusst, dass hierfür ggf. Ersatzsicherheiten an die Raiffeisenbank K. zu stellen sind.

Alle etwaigen Eigentümerrechte an den Grundpfandrechten sowie sämtliche Rückgewährungsansprüche werden ab heute an den jeweiligen künftigen Eigentümer der belasteten Immobilie übertragen. Die entsprechende Umschreibung im Grundbuch wird bewilligt.

Nach Ziff. V. 1. 4. vereinbarten die Ehegatten den Eigentumsübergang an dem gegenständlichen Anwesen auf Frau B. allein. Im Grundbuch sind in Abteilung III unter lfd. Nrn. 16, 17 und 18 jeweils noch Grundschulden zu ………….DM (umgerechnet je …………. €) für die Eheleute C. und K. B. in Gütergemeinschaft eingetragen.

Am 25.3.2010 trat Frau B. die drei Grundschulden an die Raiffeisenbank K. ab. Mit Urkunde vom 6.3.2015 trat diese die Grundschulden wiederum an die Raiffeisenbank M. (die Beteiligte) ab. Die Beteiligte hat unter dem 30.4.2015 die Eintragung der Abtretung an sich beantragt und dazu neben den genannten Abtretungserklärungen auszugsweise den Ehevertrag sowie jeweils die Grundschuldbriefe vorgelegt.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt am 2.2.2016 als Hindernis den fehlenden Nachweis der Verfügungsberechtigung der Raiffeisenbank K. bezeichnet. An diese habe nur Frau B. abgetreten, nicht auch Herr B., der im Grundbuch ebenfalls noch als Gläubiger eingetragen sei. Aus dem auszugsweise vorgelegten Ehevertrag ergebe sich nicht die Abtretung der Gläubigerrechte an Frau B., da nur etwaige „Eigentümerrechte an den Grundpfandrechten sowie sämtliche Rückgewährsansprüche“ genannt seien, nicht jedoch Eigentümergrundschulden. Der Passus könne auch nicht so ausgelegt werden.

Dagegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, jedenfalls die Auslegung des notariellen Ehevertrags im Hinblick auf den vereinbarten Zweck führe dazu, dass der Ehemann seine Berechtigung an den fraglichen Grundschulden an Frau B. abgetreten habe, nachdem sich die Ehegatten über den ihnen gemeinsam gehörenden Grundbesitz auseinandergesetzt hätten. Vor dem Hintergrund der mit der Urkunde beabsichtigten Vermögenstrennung sei es eher abwegig, dass nicht auch „originäre“ Eigentümergrundschulden abgetreten werden sollten.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beteiligte hat auf einen Hinweis des Senats im Beschwerdeverfahren den Ehevertrag vollständig in beglaubigter Abschrift nachgereicht.

II.

Gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts (§ 18 Abs. 1 GBO) ist die unbeschränkte Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG; § 71 Abs. 1 GBO). Sie ist auch zulässig erhoben (§ 73 GBO).

In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Es führt zur ersatzlosen Aufhebung der angegriffenen Zwischenverfügung. Dass die fraglichen Eigentümerrechte in dem Ehevertrag an Frau B. abgetreten sind, ergibt sich aus der vorgelegten Urkunde. Damit war diese allein verfügungsberechtigt und konnte ihrerseits die Grundschulden wirksam an die Raiffeisenbank K. übertragen.

1. Für die Eintragung der Abtretung von Briefrechten, zu der die gegenständlichen Grundschulden gehören, ist mit dem Antrag (§ 13 GBO) der jeweilige Brief (siehe §§ 41, 42 GBO) sowie entweder eine Bewilligung des Berechtigten oder stattdessen die Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers (§ 26 Abs. 1 GBO) in der Form des § 29 GBO vorzulegen (Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 26 Rn. 34). Bisheriger Gläubiger ist (u. a.) der eingetragene Berechtigte oder der nach § 1155 BGB ihm Gleichstehende (Kohler in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 26 Rn. 55). War der bisherige Gläubiger nicht eingetragen, ergibt sich das Gläubigerrecht des Besitzers des Grundschuldbriefs nach § 1192 Abs. 1 mit § 1155 BGB nur aus einer zusammenhängenden, auf einen eingetragenen Gläubiger zurückführenden Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen.

2. Die Abtretungserklärung des Herrn B. an seine Ehefrau liegt in beglaubigter Abschrift und damit formgerecht (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO) vor. Denn aus dem nachgereichten und daher im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigenden (§ 74 GBO) vollständigen Ehevertrag vom 22.1.2010 ergibt sich hinreichend die Übertragung der Berechtigung an den drei Eigentümergrundschulden von Herrn B. auf seine Ehefrau allein.

a) Allerdings enthält der Vertrag keine ausdrückliche Erklärung über die Abtretung dieser Rechte. Seine Auslegung ergibt jedoch, dass in Ziffer VI. 6. mit der Übertragung „etwaiger Eigentümerrechte an den Grundpfandrechten“ auf den jeweiligen künftigen Eigentümer der belasteten Immobilie auch die Abtretung der Berechtigung an den Eigentümergrundschulden erfasst ist.

b) Für die Auslegung gilt § 133 BGB entsprechend; jedoch ist zu berücksichtigen, dass der das Grundbuchverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen der Auslegung durch das Grundbuchamt Grenzen setzen (BayObLGZ 1984, 122/124). Auf die Auslegung darf nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt. Bei der Auslegung ist auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt; außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (st. Rechtspr.; z. B. BGHZ 113, 374/378; BGH ZWE 2013, 402/403; Demharter GBO 30. Aufl. § 19 Rn. 28). Auf das, was die Vertragsparteien gewollt haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. Demharter § 19 Rn. 28 a. E.).

c) Soweit das Grundbuchamt in der Zwischenverfügung Bedenken äußert, ob die Übertragung aller etwaigen Eigentümerrechte an den Grundpfandrechten sowie sämtlicher Rückgewähransprüche auch die Abtretung der Rechte an den Grundschulden umfasst, weil diese sich nicht als in Eigentümergrundschulden umgewandelte Pfandrechte darstellten, ergibt jedenfalls der Vertrag im Übrigen, dass damit auch die Abtretung der Berechtigung an den Eigentümergrundschulden des Herrn B. auf seine Ehefrau umfasst ist. Sinn und Zweck des Ehevertrags war die Aufhebung und Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft im Weg der Realteilung ohne Ausgleichszahlung. Die Vorbemerkung führt als Vertragsziel zudem eine endgültige Entflechtung der vermögensrechtlichen Beziehungen auf. Eine solche kann nur erreicht werden, wenn die Eheleute nicht mehr Gesamtberechtigte der Eigentümergrundschulden sind. Nach dem Ehevertrag war den Ehegatten zudem bewusst, dass Frau B. der Raiffeisenbank K. wegen Überlassung zweier Kreditsicherheiten an ihren Ehemann voraussichtlich Ersatzsicherheiten würde leisten müssen (Ziff. VI. 6.). Die erfolgte Abtretung der Eigentümergrundschulden an die Bank in zeitlicher Nähe zum Ehevertrag spricht dafür, dass die in der gleichen Ziffer des Ehevertrags genannten Eigentümergrundschulden als Sicherheit vorgesehen waren.

Hinweise im Ehevertrag, dass gerade die Eigentümerhypotheken noch beiden Eheleuten zustehen sollen, ergeben sich auch in den sonstigen Regelungen nicht.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

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