Skip to content

Notarielle Vollmacht gilt nach dem Tod: Grundbucheintrag ohne Erbschein?

Obwohl die notarielle Vollmacht zur Vermögensverwaltung explizit nach dem Tod der Eltern fortgelten sollte, weigerte sich das Grundbuchamt, die Immobilie umzuschreiben. Der Bevollmächtigte musste nun beweisen, dass eine scheinbar klare Klausel über Krankheit und Alter irrelevant für die tatsächliche Wirksamkeit war.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 W 15/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Bremen
  • Datum: 31.08.2023
  • Aktenzeichen: 3 W 15/23
  • Verfahren: Grundbuchbeschwerde
  • Rechtsbereiche: Vertretungsrecht, Grundbuchrecht, Erbrecht

  • Das Problem: Zwei Söhne wollten als Bevollmächtigte ihrer verstorbenen Eltern ein Grundstück im Grundbuch umschreiben lassen. Das Grundbuchamt weigerte sich. Es verlangte einen Erbschein, da es die Vollmacht wegen des Todes für erloschen hielt.
  • Die Rechtsfrage: Gilt eine notarielle Vollmacht, die primär zur Regelung von Vermögensfragen im Krankheitsfall diente, auch über den Tod der Vollmachtgeber hinaus? Dürfen Bevollmächtigte, die gleichzeitig Erben sind, die Vollmachtsurkunde im Grundbuchverfahren nutzen?
  • Die Antwort: Nein, das Eintragungshindernis besteht nicht. Die Vollmacht gilt für vermögensrechtliche Angelegenheiten auch nach dem Tod weiter. Das Grundbuchamt muss die Vollmacht akzeptieren und darf die Vorlage eines Erbscheins nicht zwingend verlangen.
  • Die Bedeutung: Notarielle Vollmachten, die Vermögensangelegenheiten regeln, werden grundsätzlich als über den Tod hinaus wirksam angesehen. Dies ermöglicht den Bevollmächtigten die reibungslose Regelung des Nachlasses, ohne dass sofort ein Erbschein vorgelegt werden muss.

Gilt eine notarielle Vollmacht auch nach dem Tod der Eltern?

Zwei Söhne möchten den Nachlass ihrer verstorbenen Eltern regeln. In den Händen halten sie eine notariell beurkundete Vollmacht, die sie zur Verwaltung des elterlichen Vermögens ermächtigt. Sie glauben, damit alle notwendigen Werkzeuge zur Hand zu haben.

Ein älterer Beamter zeigt einem deutlich jüngeren Mann (einem der Söhne oder seinem Vertreter) in einem amtlichen Büro auf eine präzise formulierte Klausel in einem großen, notariell beurkundeten Dokument.
Notarielle Vollmacht erlischt grundsätzlich mit dem Tod des Vollmachtgebers ohne Weitergeltungsklausel. Symbolbild: KI

Doch als sie ein Grundstück umschreiben lassen wollen, stellt sich das Grundbuchamt quer: Die Vollmacht sei mit dem Tod der Eltern erloschen, ein teurer und zeitaufwendiger Erbschein sei nun erforderlich. Dieser Konflikt landete schließlich vor dem Oberlandesgericht Bremen, das in seinem Beschluss vom 31. August 2023 (Az. 3 W 15/23) eine grundlegende Frage für die Nachlassplanung klären musste: Wann genau endet die Kraft einer Vollmacht – und wann wirkt sie über den Tod hinaus?

Was war der Auslöser für den Konflikt mit dem Grundbuchamt?

Die Geschichte beginnt im Jahr 2004. Ein Ehepaar erteilte seinen beiden Söhnen eine umfassende notarielle Vollmacht. Diese sollte es den Söhnen ermöglichen, alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten für die Eltern zu regeln. Die Urkunde enthielt jedoch eine auf den ersten Blick einschränkende Formulierung: Die Vollmacht solle „dann gelten, wenn wir beide durch Alter oder Krankheit daran gehindert sind, für uns selber zu sorgen.“

Fast zwei Jahrzehnte später, im Jahr 2022, verstarben beide Elternteile kurz nacheinander. Die Söhne, die laut einem handschriftlichen Testament auch die alleinigen Erben waren, wollten nun wie geplant den Nachlass verwalten und ein zum Erbe gehörendes Grundstück auf sich übertragen. Im Februar 2023 beauftragten sie einen Notar, der den Eigentümerwechsel beim Grundbuchamt beantragte und als Nachweis ihrer Handlungsbefugnis die notarielle Vollmacht aus dem Jahr 2004 vorlegte.

Hier jedoch stießen sie auf unerwarteten Widerstand. Das Grundbuchamt weigerte sich, die Eintragung vorzunehmen. Es erließ eine sogenannte Zwischenverfügung – eine formelle Mitteilung über ein Eintragungshindernis. Die Begründung des Amtes war klar und deutlich: Die Vollmacht sei mit dem Tod der Eltern erloschen. Die Bedingung, dass die Eltern „durch Alter oder Krankheit“ an der Selbstsorge gehindert sein müssten, könne nach deren Tod logischerweise nicht mehr eintreten. Ohne eine ausdrückliche Regelung, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gelten solle, sei sie unwirksam geworden. Das Amt forderte daher einen amtlichen Erbnachweis, in der Regel einen Erbschein.

Die Söhne legten gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Sie argumentierten, die Vollmacht sei gerade dafür gedacht gewesen, die Vermögensverwaltung nahtlos fortzusetzen und den Nachlass unkompliziert zu regeln. Die Klausel zu Alter und Krankheit sei lediglich eine interne Anweisung gewesen, ab wann sie von der Vollmacht Gebrauch machen sollten, aber keine zeitliche Befristung ihrer Gültigkeit nach außen.

Welche Gesetze spielten hier die entscheidende Rolle?

Um den Kern des Falles zu verstehen, müssen Sie das Zusammenspiel mehrerer rechtlicher Prinzipien kennen. Eine Vollmacht ist die Befugnis, für eine andere Person rechtsverbindlich zu handeln. Ihr Erlöschen richtet sich nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, meist einem Auftrag.

Grundsätzlich kann eine Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers enden (§ 168 BGB). Das Gesetz enthält jedoch eine wichtige Zweifelsregelung in § 672 BGB: Bestehen Zweifel, ob die Vollmacht durch den Tod erlöschen soll, gilt sie im Zweifel fort. Dies dient dem Schutz des Rechtsverkehrs und soll verhindern, dass die Verwaltung eines Vermögens mit dem Tod des Eigentümers abrupt stillsteht. Bevor diese Zweifelsregel greift, muss ein Gericht jedoch immer zuerst den konkreten Text der Vollmacht auslegen und den Willen der Vollmachtgeber ermitteln.

Eine entscheidende Rolle spielt zudem die sogenannte Legitimationswirkung einer Vollmachtsurkunde (§ 172 BGB). Wer eine schriftliche, notariell beurkundete Vollmacht im Original vorlegt, erzeugt damit gegenüber Dritten – wie einem Grundbuchamt – den starken Rechtsschein, tatsächlich handlungsbefugt zu sein. Dieser Dritte darf sich auf die Urkunde verlassen, solange er nicht weiß oder wissen muss, dass die Vollmacht erloschen ist.

Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?

Das Oberlandesgericht Bremen gab der Beschwerde der Söhne statt und wies das Grundbuchamt an, die Eintragung vorzunehmen. Die Richter zerlegten die Argumentation des Amtes Punkt für Punkt und kamen zu dem Ergebnis, dass die Vollmacht weiterhin gültig war. Ihre Analyse folgte einer klaren juristischen Logik.

Die entscheidende Klausel: Eine interne Anweisung, keine zeitliche Befristung

Das Herzstück der Auseinandersetzung war die Formulierung, die Vollmacht gelte, „wenn wir beide durch Alter oder Krankheit daran gehindert sind, für uns selber zu sorgen“. Das Grundbuchamt interpretierte dies als eine auflösende Bedingung: Mit dem Tod sei diese Bedingung nicht mehr erfüllbar, also erlösche die Vollmacht.

Das Gericht sah das fundamental anders. Es stufte diese Klausel nicht als eine Beschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, ein. Stattdessen wertete es sie als eine reine Weisung im Innenverhältnis zwischen den Eltern und ihren Söhnen. Die Eltern wollten damit festlegen, ab welchem Zeitpunkt die Söhne aktiv werden sollten – nämlich erst dann, wenn sie selbst nicht mehr handeln konnten. Diese Anweisung sollte die Söhne disziplinieren, aber nicht die Wirksamkeit der Vollmacht gegenüber der Außenwelt einschränken. Für diese Auslegung sprach laut den Richtern der gesamte Aufbau der Urkunde, die ansonsten eine umfassende und unbeschränkte Vertretungsmacht in Vermögensfragen vorsah.

Der Zweck der Vollmacht: Vermögensverwaltung statt persönlicher Sorge

Ein weiteres zentrales Argument des Gerichts war der Zweck der Vollmacht. Die Richter stellten fest, dass die Urkunde ausschließlich vermögensrechtliche Angelegenheiten regelte – also den Umgang mit Bankkonten, Verträgen und Immobilien. Sie enthielt keinerlei Befugnisse für höchstpersönliche Entscheidungen, wie etwa die Zustimmung zu medizinischen Behandlungen.

Dies ist eine entscheidende Weichenstellung: Vollmachten, die stark auf die Person des Vollmachtgebers zugeschnitten sind (z.B. eine reine Vorsorgevollmacht für Gesundheitsfragen), erlöschen typischerweise mit dem Tod, da ihr Zweck dann erfüllt ist. Eine Vollmacht zur Vermögensverwaltung hingegen dient oft gerade dem Ziel, eine reibungslose Übergabe und Verwaltung des Nachlasses zu sichern. Das Gericht schloss daraus, dass die Eltern mit der Vollmacht eine nahtlose Regelung ihrer finanziellen Angelegenheiten über ihren Tod hinaus sicherstellen wollten.

Die Rolle als Erben: Warum die Vollmacht nicht automatisch erlosch

Das Grundbuchamt hatte indirekt argumentiert, dass die Söhne als Erben ohnehin in die Rechtsposition der Eltern eintreten und daher als Erben handeln müssten – wofür sie einen Erbschein bräuchten. Juristisch gibt es die Figur der „Konfusion“, bei der eine Vollmacht erlischt, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe wird, da er sich nicht selbst vertreten kann.

Das OLG Bremen umging dieses Problem jedoch elegant. Es betonte, dass die Söhne zwar behaupteten, Erben zu sein, und ein handschriftliches Testament vorlegten. Dies sei aber kein amtlicher Nachweis. Für das Grundbuchamt war also rechtlich nicht zweifelsfrei geklärt, ob die Söhne tatsächlich die Erben sind. Solange die Erbenstellung nicht durch einen Erbschein nachgewiesen ist, muss sich das Grundbuchamt an die vorgelegte Vollmachtsurkunde halten. Ihre Legitimationswirkung (§ 172 BGB) bleibt bestehen. Die Söhne handelten also formell nicht als Erben, sondern weiterhin als Bevollmächtigte ihrer verstorbenen Eltern. Dies schützt den Rechtsverkehr, da sich Geschäftspartner auf die Urkunde verlassen können müssen, ohne erst komplexe erbrechtliche Fragen klären zu müssen.

Was bedeutet dieses Urteil jetzt für Ihre eigene Vorsorgeplanung?

Der Beschluss des OLG Bremen ist eine wichtige Erinnerung daran, dass Klarheit und Präzision bei der Gestaltung von Vollmachten entscheidend sind, um spätere Konflikte mit Behörden oder Banken zu vermeiden. Wenn Sie sicherstellen wollen, dass Ihre Bevollmächtigten nach Ihrem Tod handlungsfähig bleiben, ohne auf einen Erbschein warten zu müssen, sollten Sie die folgenden Punkte beachten.

Checkliste für eine über den Tod hinaus wirksame Vollmacht:

  • Formulieren Sie unmissverständlich: Nehmen Sie ausdrücklich den Satz auf, dass die Vollmacht „über den Tod hinaus“ gelten soll. Auch wenn das Gesetz im Zweifel von einer Fortgeltung ausgeht, beseitigt eine klare Regelung alle Unklarheiten von vornherein.
  • Vermeiden Sie missverständliche Bedingungen: Seien Sie vorsichtig mit Formulierungen, die den Beginn der Vollmacht an Ereignisse wie „Krankheit“ oder „Pflegebedürftigkeit“ knüpfen. Wie der Fall zeigt, können solche Klauseln als zeitliche Befristung missinterpretiert werden. Wenn Sie eine solche Regelung wünschen, stellen Sie klar, dass es sich um eine Anweisung für das Innenverhältnis handelt (z.B. „Im Innenverhältnis sollen die Bevollmächtigten von der Vollmacht erst Gebrauch machen, wenn…“).
  • Trennen Sie Vermögen und Person: Wenn Sie sowohl vermögensrechtliche als auch gesundheitliche Angelegenheiten regeln wollen, kann es sinnvoll sein, dies in getrennten Dokumenten (Generalvollmacht und Vorsorgevollmacht) oder zumindest in klar abgegrenzten Abschnitten zu tun. Das erleichtert die Auslegung.
  • Befreien Sie von § 181 BGB: Erlauben Sie dem Bevollmächtigten ausdrücklich, Rechtsgeschäfte mit sich selbst abzuschließen. Dies ist unerlässlich, wenn der Bevollmächtigte – wie im Fall der Söhne – auch Erbe ist und Vermögenswerte auf sich selbst übertragen soll.
  • Setzen Sie auf notarielle Beurkundung: Insbesondere bei Immobiliengeschäften ist eine notariell beurkundete Vollmacht unerlässlich. Sie genießt bei Grundbuchämtern, Banken und Gerichten das höchste Vertrauen und entfaltet die stärkste Legitimationswirkung.

Die Urteilslogik

Präzise formulierter Wille in einer Vollmacht sichert die Handlungsfähigkeit über den Tod hinaus und überwindet bürokratische Hürden bei der Nachlassabwicklung.

  • Zweck der Vollmacht definiert ihre Gültigkeit: Eine Vollmacht zur Regelung reiner Vermögensangelegenheiten gilt über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fort, da sie darauf abzielt, die nahtlose Übergabe und Verwaltung des Nachlasses zu sichern, sofern ihr Inhalt dem nicht explizit widerspricht.
  • Interne Nutzungsbedingungen binden Dritte nicht: Formulierungen, welche die Nutzung einer Vollmacht an innere Zustände des Vollmachtgebers (wie Krankheit oder Alter) knüpfen, definieren lediglich den Zeitpunkt des Tätigwerdens im Innenverhältnis und beschränken nicht die Gültigkeit der Vollmacht gegenüber der Außenwelt.
  • Notarielle Vollmacht legitimiert gegenüber Dritten: Solange keine amtliche Klarheit über die Erbenstellung besteht, muss das Grundbuchamt eine vorgelegte notarielle Vollmacht als wirksamen Nachweis der Handlungsbefugnis akzeptieren und darf die Eintragung nicht wegen eines fehlenden Erbscheins verweigern.

Die Abgrenzung zwischen dem tatsächlichen Zweck der Vollmacht und internen Anweisungen entscheidet darüber, ob Bevollmächtigte den Nachlass ohne kostspieligen und zeitintensiven Erbnachweis regeln können.


Experten Kommentar

Viele setzen eine Vollmacht auf, um ihren Hinterbliebenen später den Gang zum Grundbuchamt zu erleichtern – und genau dieser Plan geht hier auf. Das Gericht bestätigt konsequent: Wenn die notarielle Vollmacht Vermögensgeschäfte regelt, muss die Behörde deren starke Legitimationswirkung anerkennen, selbst wenn der teure Erbschein noch fehlt. Entscheidend ist die juristische Feinarbeit, denn die Richter stuften die Klausel zur Aktivierung der Vollmacht als reine interne Anweisung ein, die ihre Gültigkeit im Außenverhältnis nicht einschränkt. Dieses Urteil ist damit ein starkes Signal, dass eine präzise Generalvollmacht der beste Schutz vor Verzögerungen bei der Nachlassabwicklung von Immobilien ist.


FAQ Notar: Illustration für notarielle Angelegenheiten - häufig gestellte Fragen mit Waage, Adler und BGB-Buch.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss ich trotz notarieller Vollmacht einen Erbschein beantragen, um den Nachlass zu regeln?

Nein, Sie müssen nicht zwingend einen Erbschein beantragen. Eine notarielle Vollmacht, deren Gültigkeit explizit über den Tod hinaus festgelegt wurde, hat eine starke Legitimationswirkung. Sie dient als ausreichender Nachweis Ihrer Handlungsbefugnis gegenüber Banken und Behörden. Das erspart Ihnen oft die Monate Wartezeit und die hohen Kosten für den langwierigen Erbschein.

Diese Legitimationswirkung ist in § 172 BGB verankert. Solange Sie die notariell beurkundete Originalurkunde vorlegen, muss das Grundbuchamt Ihre Vertretungsmacht formal anerkennen. Der Bevollmächtigte handelt dann formell weiter im Namen des Verstorbenen und nicht in der Rolle des Erben. Das ist entscheidend: Ist die Erbenstellung nicht juristisch zweifelsfrei durch einen Erbschein geklärt, schützt die Vollmachtsurkunde den Rechtsverkehr und muss von Dritten akzeptiert werden.

Ein Erbschein wird erst notwendig, wenn die Vollmacht juristisch unwiderlegbar mit dem Tod des Vollmachtgebers endet oder wenn die Erben die Vollmacht formal widerrufen. Auch bei Immobiliengeschäften ist die notarielle Form der Vollmacht zwingend erforderlich, da eine privatschriftliche Urkunde unzureichend wäre. Beachten Sie, dass Ihr privatschriftliches Testament allein für das Grundbuchamt nicht als Nachweis der Erbenstellung gilt.

Legen Sie bei der Umschreibung die Originalvollmacht vor und verweisen Sie bei Problemen mit dem Grundbuchamt dezidiert auf die fortbestehende Legitimationswirkung nach § 172 BGB.


zurück zur FAQ Übersicht

Ist meine Generalvollmacht ausreichend für die Umschreibung eines Grundstücks nach dem Todesfall?

Ja, Ihre Generalvollmacht ist für Immobiliengeschäfte nach dem Tod des Vollmachtgebers grundsätzlich ausreichend, wenn sie zwei zentrale formelle Anforderungen erfüllt. Entscheidend ist die notariell beurkundete Form des Dokuments und die explizite Befugnis zur Regelung von Grundbesitz. Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann die Vollmacht den teuren und langwierigen Erbschein im Grundbuchverfahren ersetzen.

Das Grundbuchamt stellt sehr strenge Anforderungen an alle Nachweise, die eine Eigentümerumschreibung legitimieren. Für die Eintragung eines neuen Eigentümers ist die öffentliche Beurkundung oder Beglaubigung der Vollmacht nach § 29 GBO zwingend vorgeschrieben. Eine lediglich privatschriftliche Vollmacht wird für diesen sensiblen Bereich des Grundbuchverkehrs nicht akzeptiert. Die Generalvollmacht muss zudem klar regeln, dass sie über den Tod hinaus gilt (postmortale Geltung), um die Handlungsfähigkeit des Bevollmächtigten zu sichern.

Ein weiteres häufiges Hindernis ergibt sich, wenn der Bevollmächtigte gleichzeitig Erbe ist und das geerbte Grundstück auf sich selbst übertragen möchte. Ohne eine ausdrückliche Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) können Sie juristisch nicht in der Rolle des Vertreters und des Begünstigten gleichzeitig handeln. Eine korrekte Vorsorgeplanung muss diese Befreiung explizit enthalten. Das ermöglicht Ihnen die Umschreibung des Eigentums, ohne dass das Grundbuchamt einen amtlichen Erbschein von Ihnen verlangt.

Überprüfen Sie umgehend das Original Ihrer Generalvollmacht, ob der Vermerk „notariell beurkundet“ und die Befreiung nach § 181 BGB vorhanden sind.


zurück zur FAQ Übersicht

Wie formuliere ich eine Vollmacht, damit sie unzweifelhaft über den Tod hinaus gültig ist?

Um Auslegungsstreitigkeiten vor Gericht und mit Behörden zu vermeiden, müssen Sie die Fortgeltung der Vollmacht nach dem Todesfall explizit regeln. Verwenden Sie dafür die klare Formulierung einer transmortalen Vollmacht. Diese Erklärung überwindet die gesetzliche Zweifelsregelung des § 672 BGB und stellt sicher, dass der Bevollmächtigte sofort handlungsfähig bleibt. Nur eine unmissverständliche Willenserklärung garantiert die Akzeptanz bei Banken und Grundbuchämtern.

Juristisch gesehen erlischt das zugrunde liegende Auftragsverhältnis grundsätzlich mit dem Tod des Vollmachtgebers. Zwar sieht § 672 BGB vor, dass die Vollmacht im Zweifel fortbesteht, doch diese Auslegungsregel führt oft zu langwierigen gerichtlichen Verfahren, da der Wille der Verstorbenen ermittelt werden muss. Die präziseste Formulierung eliminiert diese Zweifel von vornherein. Nehmen Sie deshalb den genauen Satz auf, dass die Vollmacht „über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fortbestehen und erst durch Widerruf der Erben erlöschen“ soll.

Achten Sie unbedingt darauf, dass interne Anweisungen keine zeitliche Beschränkung für Dritte darstellen. Eine Klausel, die beispielsweise festlegt, dass der Bevollmächtigte nur bei Krankheit oder Alter handeln soll, darf nicht als Beendigungsgrund nach dem Tod interpretiert werden. Gerichte sehen solche Passagen oft nur als interne Weisungen an. Formulieren Sie klar, dass die Vollmacht im Außenverhältnis gegenüber Dritten unbeschränkt gilt, unabhängig von internen Bedingungen, wann der Bevollmächtigte aktiv werden soll.

Prüfen Sie Ihre bestehende Vollmacht auf den exakten Wortlaut „über den Tod hinaus“; fehlt dieser, ist ein notarieller Nachtrag zur Absicherung ratsam.


zurück zur FAQ Übersicht

Wie wird eine Vollmacht interpretiert, die nur für den Fall von Krankheit oder Alter gelten soll?

Solche einschränkenden Formulierungen führen häufig zu Verwirrung bei Dritten, etwa dem Grundbuchamt. Die Rechtsprechung interpretiert Klauseln, die eine Gültigkeit nur bei Krankheit oder Alter festlegen, in der Regel nicht als Beschränkung der Vollmacht selbst. Gerichte stufen diese Bedingungen stattdessen als reine interne Weisungen an den Bevollmächtigten ein.

Diese juristische Unterscheidung zwischen dem Innen- und Außenverhältnis ist entscheidend. Die Anweisung betrifft lediglich das Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem. Sie legt fest, ab welchem Zeitpunkt der Bevollmächtigte aktiv werden soll, diszipliniert ihn aber nur intern. Die grundsätzliche Vertretungsmacht gegenüber Behörden und Geschäftspartnern bleibt davon meist unberührt. Oft interpretieren Behörden solche Passagen jedoch fälschlicherweise als eine auflösende Bedingung, die mit dem Tod nicht mehr erfüllt werden kann.

War die Vollmacht primär auf die reine Vermögensverwaltung ausgerichtet, wird ihre Fortgeltung über den Tod hinaus leichter angenommen. Die Richter erkennen hier den eigentlichen Zweck der Vorsorge: Die Vermögensverwaltung soll auch bei Handlungsunfähigkeit oder nach dem Tod des Vollmachtgebers nahtlos fortgeführt werden. Die Klausel zu Alter oder Krankheit soll sicherstellen, dass der Bevollmächtigte nicht vorschnell handelt, aber nicht die Wirksamkeit der Vollmacht nach außen aufhebt.

Wenn Sie diese Klausel in Ihrer Urkunde haben, stellen Sie durch einen notariellen Nachtrag klar, dass sie nur eine Anweisung im Innenverhältnis und keine externe Beschränkung der Wirksamkeit darstellt.


zurück zur FAQ Übersicht

Welche rechtlichen Klauseln muss ich in die Vollmacht aufnehmen, um Konflikte mit dem Grundbuchamt zu verhindern?

Um einen reibungslosen Ablauf bei Immobiliengeschäften nach dem Tod zu gewährleisten, sind drei zentrale Anforderungen unverzichtbar. Sie müssen die Vollmacht erstens in notarieller Form erstellen lassen. Zweitens benötigen Sie eine explizite Geltung über den Tod hinaus. Die wichtigste inhaltliche Ergänzung ist drittens die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB). Diese rechtlichen Vorkehrungen stellen sicher, dass das Grundbuchamt die Vollmacht als Legitimationsnachweis akzeptiert.

Die notarielle Beurkundung ist die zwingende Formvoraussetzung, da das Grundbuchamt gemäß § 29 GBO nur öffentlich beurkundete Dokumente für die Eintragung von Eigentümerwechseln akzeptiert. Eine privatschriftliche Vollmacht reicht für die Umschreibung eines Grundstücks in keinem Fall aus. Stellen Sie zudem sicher, dass die Vollmacht unmissverständlich als Transmortale Vollmacht wirkt. Nehmen Sie den genauen Satz auf, dass die Vollmacht über das Ableben des Vollmachtgebers hinaus fortbestehen soll, um jegliche Auslegungsfragen zu vermeiden.

Konflikte entstehen häufig durch das sogenannte Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB. Diese Regel verbietet dem Bevollmächtigten, Rechtsgeschäfte mit sich selbst abzuschließen. Nehmen wir an, der Bevollmächtigte ist zugleich der Erbe und möchte die Immobilie des Nachlasses auf seinen Namen umschreiben. Ohne die explizite Befreiungsklausel lehnt das Grundbuchamt die Umschreibung ab, da der Bevollmächtigte formal als Vertreter des Verstorbenen agiert und das Geschäft mit sich selbst abschließt.

Nehmen Sie die Klausel „Der Bevollmächtigte ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit“ in den Entwurf Ihrer Vollmacht auf, um teure und langwierige Erbscheinverfahren zu umgehen.


zurück zur FAQ Übersicht

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar Notar: Aufgeschlagenes Buch mit dem Titel : Fachbegriffe einfach erklärt, dazu Notarsiegel, Feder und Waage.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Außenverhältnis / Innenverhältnis

Juristen unterscheiden hier zwischen dem Außenverhältnis, welches die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten gegenüber Dritten (wie Behörden oder Banken) regelt, und dem Innenverhältnis, das die internen Anweisungen und Pflichten zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem festlegt. Das Gesetz zieht diese Grenze, um externe Geschäftspartner zu schützen, denn diese sollen sich auf die nach außen gezeigte Vertretungsmacht verlassen können, selbst wenn interne Weisungen missachtet werden.

Beispiel: Im vorliegenden Fall stufte das Gericht die Klausel zur Gültigkeit bei Alter oder Krankheit als reine interne Weisung im Innenverhältnis ein, weshalb sie die unbegrenzte Vertretungsmacht im Außenverhältnis nicht einschränkte.

Zurück zur Glossar Übersicht

Legitimationswirkung

Die Legitimationswirkung, geregelt in § 172 BGB, ist die starke Vermutungswirkung einer schriftlichen oder notariell beurkundeten Vollmacht, die gegenüber Dritten (Gläubigern, Behörden) den Rechtsschein erzeugt, dass der Inhaber tatsächlich zur Vornahme des Geschäfts befugt ist. Dieses Prinzip schützt den Rechtsverkehr, indem es Dritten ermöglicht, sich auf das Originaldokument zu verlassen, ohne stets die tatsächliche Wirksamkeit der Vollmacht im Detail prüfen zu müssen.

Beispiel: Solange die Söhne die notarielle Originalvollmacht vorlegten, musste das Grundbuchamt deren Legitimationswirkung anerkennen, selbst wenn die Erbenstellung nicht juristisch zweifelsfrei durch einen Erbschein geklärt war.

Zurück zur Glossar Übersicht

Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB)

Das Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) verhindert, dass ein Vertreter in seiner Funktion Rechtsgeschäfte mit sich selbst abschließt, sei es im eigenen Namen oder als Vertreter einer dritten Person. Das Gesetz schützt damit den Vertretenen vor potenziellen Interessenkonflikten: Der Vertreter soll das Geschäft nicht zu seinem eigenen Vorteil oder zum Nachteil des Vollmachtgebers gestalten können.

Beispiel: Wäre die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nicht in der Vollmacht enthalten gewesen, hätten die Söhne das geerbte Grundstück nicht als Bevollmächtigte auf sich selbst umschreiben dürfen, da sie dann formal auf beiden Seiten des Geschäfts gestanden hätten.

Zurück zur Glossar Übersicht

Transmortale Vollmacht

Eine Transmortale Vollmacht ist eine Vorsorgevollmacht, deren Geltung ausdrücklich so festgelegt ist, dass sie über den Todeszeitpunkt des Vollmachtgebers hinaus fortbesteht. Mit dieser Formulierung beseitigen Vollmachtgeber alle Zweifel und sorgen dafür, dass ihre Bevollmächtigten sofort handlungsfähig bleiben, ohne lange auf einen amtlichen Erbschein warten zu müssen.

Beispiel: Da die Vollmacht der Eltern nicht explizit als transmortale Vollmacht bezeichnet wurde, musste das Oberlandesgericht Bremen den genauen Willen der Verstorbenen durch eine juristische Auslegung des Dokuments ermitteln.

Zurück zur Glossar Übersicht

Zwischenverfügung

Juristen bezeichnen als Zwischenverfügung eine formelle Mitteilung des Grundbuchamtes, die dem Antragsteller ein behebbares Eintragungshindernis mitteilt und ihm eine Frist zur Beseitigung dieses Mangels einräumt. Dieses behördliche Instrument dient der Verfahrensökonomie, da der Antrag so nicht sofort abgewiesen werden muss, sondern der Bürger die Chance zur Nachbesserung erhält.

Beispiel: Das Grundbuchamt erließ eine Zwischenverfügung, weil es die notarielle Vollmacht als mit dem Tod der Eltern erloschen ansah und stattdessen einen amtlichen Erbschein zur Umschreibung des Grundstücks forderte.

Zurück zur Glossar Übersicht

Zweifelsregelung (§ 672 BGB)

Die Zweifelsregelung in § 672 BGB besagt, dass eine Vollmacht im Zweifel ihre Gültigkeit behält, auch wenn das zugrundeliegende Auftragsverhältnis mit dem Tod des Vollmachtgebers erloschen ist. Diese gesetzliche Auslegungsregel dient primär dem Schutz des Rechtsverkehrs und soll verhindern, dass die Verwaltung eines Nachlasses oder Vermögens mit dem Tod des Eigentümers plötzlich stillsteht.

Beispiel: Bevor das Gericht die Zweifelsregelung des Paragraphen 672 des Bürgerlichen Gesetzbuches anwenden konnte, musste es zunächst mittels Auslegung ermitteln, ob die Eltern die Fortgeltung der Vollmacht nach ihrem Tod bewusst ausschließen wollten.

Zurück zur Glossar Übersicht



Das vorliegende Urteil


OLG Bremen – Az.: 3 W 15/23 – Beschluss vom 31.8.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Wie können wir Ihnen helfen?

Gerne können uns Ihr Anliegen in einem persönlichen Gespräch in unseren Kanzleiräumen in Kreuztal, bei einem Hausbesuch bei Ihnen, in einem persönlichen Telefonat oder auch per E-Mail schildern.

Möchten Sie einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt und Notar Dr. Gerd Christian Kotz vereinbaren? Sie können mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserer Kanzlei Beurkundungstermine oder Besprechungstermine per Email, Telefon oder Telefax vereinbaren.

Notar Dr. Kotz - Beratung

Rechtstipps und Ratgeber

Interessante Urteile mit notarieller Relevanz

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!