Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Vorkaufsrecht im Immobilienrecht: Herausforderungen der notariellen Beurkundung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche formalen Anforderungen gelten für die Ausübung eines Vorkaufsrechts bei Immobilien?
- Welche Rechtsfolgen hat eine fehlerhafte Ausübung des Vorkaufsrechts?
- Wie kann ein Vorkaufsrecht rechtssicher im Grundbuch eingetragen werden?
- Welche Rolle spielt der Notar bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts?
- Was kostet die notarielle Beurkundung eines Vorkaufsrechts und wer trägt die Kosten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Hamburg
- Datum: 13.07.2023
- Aktenzeichen: 334 O 119/23
- Verfahrensart: Zivilverfahren bezüglich der Durchsetzung eines Vorkaufsrechts und der daraus resultierenden Zahlungsansprüche
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, Kaufrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Mutter des Beklagten und Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes. Sie fordert die Zahlung des Kaufpreises für ein Grundstück, auf dem der Beklagte ein Vorkaufsrecht ausgeübt hat, nebst Verzugszinsen.
- Beklagter: Sohn der Klägerin. Er wohnt auf dem verhandelten Grundstück und hatte das ihm im Vergleich eingeräumte Vorkaufsrecht ausgeübt. Er bestreitet die Höhe des geforderten Kaufpreises und argumentiert mit einem Mangel betreffend eine fehlende Baugenehmigung an der Immobilie.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin machte nach der Ausübung eines Vorkaufsrechts durch ihren Sohn (den Beklagten) Ansprüche auf Zahlung des Kaufpreises für ein Grundstück geltend, das im Familienbesitz war. Der Beklagte war im Besitz eines Vorkaufsrechts, das im Rahmen eines früheren Vergleichs eingeräumt worden war.
- Kern des Rechtsstreits: Ob der Beklagte verpflichtet ist, den vollen Kaufpreis von € 550.000 zu zahlen oder ob er aufgrund einer angeblich fehlenden Baugenehmigung und weiterer Einwände (z.B. nicht berücksichtigter Maklerkosten) den Preis mindern kann.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin den vollständigen Betrag von € 550.000 nebst Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Auflassung des Grundstücks.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass das Vorkaufsrecht rechtmäßig ausgeübt wurde und der Beklagte durch den Vergleich zur Zahlung des ursprünglichen Kaufpreises verpflichtet ist. Seine Einwände bezüglich einer Preisabminderung wegen angeblichem Betrug oder baulichen Mängeln wurden zurückgewiesen, da keine arglistigen Täuschungen nachzuweisen waren und eine alte Baugenehmigung nach heutigem Recht unwesentlich sei. Eine Anfechtung oder Anpassung des Kaufvertrages seitens des Beklagten erfolgte nicht.
- Folgen: Der Beklagte muss den geforderten Betrag zahlen. Die Klage wurde in vollem Umfang anerkannt, und der Klägerin werden Prozesskosten zugesprochen. Das Urteil unterstreicht die Verpflichtung zur Vertragserfüllung nach Ausübung eines Vorkaufsrechts ohne nachträgliche Anpassungsansprüche, sofern keine vertraglichen oder gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind.
Vorkaufsrecht im Immobilienrecht: Herausforderungen der notariellen Beurkundung
Die Notarielle Beurkundung spielt eine zentrale Rolle im deutschen Immobilienrecht, insbesondere wenn es um das Vorkaufsrecht geht. Dieses Recht gibt bestimmten Personen oder Institutionen die Möglichkeit, ein Grundstück zuerst zu kaufen, bevor es einem anderen Käufer angeboten wird. Die Ausübung eines Vorkaufsrechts erfordert eine notarielle Urkunde, die im Beurkundungsprozess erstellt wird. Nur mit dieser Urkunde erhält der Käufer Rechte, die im Grundbuch eingetragen werden können und damit rechtsgültig sind.
Die korrekte Ausübung des Vorkaufsrechts, einschließend der rechtlichen Schritte, ist entscheidend, um mögliche Konflikte im Kaufrecht oder Vertragsrecht zu vermeiden. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der notariellen Beurkundung bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Vorkaufsrecht für Familienimmobilie führt zu Rechtsstreit zwischen Mutter und Sohn
Ein Streit um ein Hamburger Wohnhaus in der L. Straße beschäftigte das Landgericht Hamburg. Die Klägerin, Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes, verklagte ihren Sohn auf Zahlung von 550.000 Euro für die Immobilie, nachdem dieser sein Vorkaufsrecht ausgeübt hatte.
Familiärer Hintergrund und Vorgeschichte
Das betroffene Haus wurde ursprünglich von der gesamten Familie bewohnt. Nach mehreren Umbauten in den 1980er Jahren, bei denen der Beklagte und sein Bruder F. sich eigene Wohnbereiche ausbauten, lebte zuletzt nur noch der Beklagte mit seiner Ehefrau in dem Gebäude. Die Klägerin war bereits nach B. gezogen.
Vorkaufsrecht aus früherem Vergleich
Im Februar 2018 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, der dem Beklagten ein Vorkaufsrecht einräumte. Die Vereinbarung sah vor, dass bei einem konkreten Kaufinteressenten der Sohn das Grundstück zum gleichen Preis erwerben könne, wobei 23 Prozent des Kaufpreises für seinen Erbverzicht angerechnet werden sollten.
Ausübung des Vorkaufsrechts und entstehender Konflikt
Als die Immobilie im Juli 2020 für 550.000 Euro an einen Käufer verkauft werden sollte, übte der Beklagte fristgerecht sein Vorkaufsrecht aus. Er verweigerte jedoch die Zahlung des vollen Kaufpreises und forderte eine Minderung um 20 Prozent, da seiner Ansicht nach eine Baugenehmigung für frühere Umbaumaßnahmen fehlte.
Gerichtliche Entscheidung
Das Landgericht Hamburg gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung der vollen 550.000 Euro. Die Richter stellten fest, dass das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt wurde und keine Grundlage für eine Kaufpreisminderung bestand. Die Bauprüfabteilung hatte bestätigt, dass nach heutiger Rechtslage keine Baugenehmigung erforderlich sei und keine besonderen Verpflichtungen mehr bestünden. Der vereinbarte Abzug von 23 Prozent für den Erbverzicht komme erst zum Tragen, wenn der entsprechende notarielle Vertrag geschlossen sei.
Die Schlüsselerkenntnisse
Ein Vorkaufsrecht kann formlos und ohne notarielle Beurkundung durch einfache Erklärung ausgeübt werden. Zusätzliche Wünsche oder Anmerkungen bei der Ausübung (wie die Bitte um Aufnahme weiterer Personen in den Kaufvertrag) sind keine Bedingungen, die die Wirksamkeit der Ausübung beeinträchtigen. Bei fehlender Baugenehmigung für frühere Umbauten liegt kein Sachmangel vor, wenn die Baumaßnahmen nach aktueller Rechtslage genehmigungsfrei sind und keine behördlichen Auflagen drohen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie ein Vorkaufsrecht ausüben möchten, können Sie dies durch eine einfache schriftliche Erklärung tun – eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich. Sie können dabei auch zusätzliche Wünsche äußern, ohne dass diese die Wirksamkeit der Ausübung gefährden. Bei älteren Immobilien müssen Sie sich keine Sorgen um fehlende Baugenehmigungen für frühere Umbauten machen, solange diese nach heutigem Recht genehmigungsfrei sind und die Behörden keine Einwände erheben. Dies gibt Ihnen als Käufer mehr Rechtssicherheit und vereinfacht die praktische Handhabung von Vorkaufsrechten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche formalen Anforderungen gelten für die Ausübung eines Vorkaufsrechts bei Immobilien?
Die Ausübung eines Vorkaufsrechts bei Immobilien unterliegt strengen formalen Anforderungen, die sich nach der Art des Vorkaufsrechts richten.
Fristen und Benachrichtigungen
Der Verkäufer muss den Vorkaufsberechtigten unverzüglich über den Inhalt des mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrags informieren. Nach Erhalt dieser Information hat der Vorkaufsberechtigte bei Grundstücken eine gesetzliche Frist von zwei Monaten, um sein Vorkaufsrecht auszuüben. Diese Frist kann vertraglich angepasst werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.
Form der Ausübungserklärung
Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch eine empfangsbedürftige Erklärung gegenüber dem Verkäufer. Bei einem dinglichen Vorkaufsrecht ist eine notarielle Beurkundung der Ausübungserklärung erforderlich. Beim schuldrechtlichen Vorkaufsrecht genügt grundsätzlich die schriftliche Form.
Übernahme der Kaufbedingungen
Bei Ausübung des Vorkaufsrechts müssen Sie die identischen Bedingungen des ursprünglichen Kaufvertrags übernehmen. Dies bedeutet:
- Der vereinbarte Kaufpreis gilt unverändert
- Alle Nebenbestimmungen des Kaufvertrags werden übernommen
- Zusätzliche Vereinbarungen können nicht einseitig hinzugefügt werden
Besondere Anforderungen nach Vorkaufsrechtsart
Bei einem dinglichen Vorkaufsrecht muss die Eintragung im Grundbuch vorliegen. Ein öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht der Gemeinde erfordert einen dem Allgemeinwohl dienenden Grund und muss innerhalb der zweimonatigen Frist ausgeübt werden. Bei einem Vorkaufsrecht für Mieter muss die Umwandlung in Eigentumswohnungen nach Mietbeginn erfolgt sein.
Welche Rechtsfolgen hat eine fehlerhafte Ausübung des Vorkaufsrechts?
Eine fehlerhafte Ausübung des Vorkaufsrechts führt zur Unwirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung. In diesem Fall bleibt der ursprüngliche Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Erstkäufer bestehen.
Typische Fehler bei der Ausübung
Formfehler können die Ausübung des Vorkaufsrechts unwirksam machen. Dazu gehören insbesondere die Nichteinhaltung der Schriftform oder eine mangelhafte Ermessensentscheidung. Wenn Sie beispielsweise die vorgeschriebene Frist von zwei Monaten zur Ausübung des Vorkaufsrechts versäumen, erlischt Ihr Vorkaufsrecht automatisch.
Konsequenzen für die Beteiligten
Der Verkäufer ist bei einer fehlerhaften Vorkaufsrechtsausübung verpflichtet, den ursprünglichen Kaufvertrag mit dem Erstkäufer zu erfüllen. Wurden bereits Leistungen an den Vorkaufsberechtigten erbracht, können diese zurückgefordert werden.
Bei einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht kann der Vorkaufsberechtigte bei Umgehung seines Rechts Schadensersatzansprüche gegen den Verkäufer geltend machen. Der Eigentümer der Immobilie bleibt in diesem Fall jedoch der Käufer.
Rechtliche Überprüfung
Die Rechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtsausübung kann im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens überprüft werden. Ein Ermessensfehler liegt beispielsweise vor, wenn die Entscheidung auf einer unzureichenden Tatsachenbasis getroffen wurde oder sachfremde Erwägungen eine Rolle spielten. Stellt das Gericht die Rechtswidrigkeit fest, wird der entsprechende Verwaltungsakt aufgehoben.
Wie kann ein Vorkaufsrecht rechtssicher im Grundbuch eingetragen werden?
Die Eintragung eines dinglichen Vorkaufsrechts in das Grundbuch erfolgt in Abteilung II und erfordert mehrere formale Schritte.
Voraussetzungen für die Eintragung
Zunächst muss ein Vorkaufsrechtsvertrag zwischen dem Eigentümer und dem Vorkaufsberechtigten geschlossen werden. Dieser Vertrag muss notariell beurkundet werden und folgende wesentliche Bestandteile enthalten:
- Name und Anschrift des Vorkaufsverpflichteten und des Vorkaufsberechtigten
- Detaillierte Beschreibung der Immobilie bzw. des Grundstücks
- Festlegung der Vertragsdauer
- Bestimmungen zur Vererbbarkeit des Vorkaufsrechts
- Informationspflichten des Eigentümers
- Ausübungsfristen für den Vorkaufsberechtigten
Eintragungsverfahren
Der Antrag auf Eintragung wird beim zuständigen Grundbuchamt gestellt. Hierfür sind erforderlich:
- Der notariell beurkundete Vorkaufsrechtsvertrag
- Eine Eintragungsbewilligung des Eigentümers
- Die Einigung über die Eintragung zwischen den Parteien gemäß § 873 BGB
Rechtliche Wirkung
Nach erfolgreicher Eintragung wirkt das Vorkaufsrecht als absolute Verfügungssperre. Das bedeutet, dass bei einem Verkauf der Vorkaufsberechtigte nicht übergangen werden kann. Die Eintragung dient als Vormerkung und sichert den Anspruch des Vorkaufsberechtigten.
Kosten und Gebühren
Die Eintragungskosten müssen zwischen Eigentümer und Vorkaufsberechtigtem vertraglich geregelt werden. Sie setzen sich zusammen aus:
- Notarkosten für die Beurkundung
- Grundbuchamtsgebühren für die Eintragung
- Eventuellen Bearbeitungsgebühren
Welche Rolle spielt der Notar bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts?
Der Notar übernimmt bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts mehrere zentrale Funktionen. Nach Abschluss eines Kaufvertrags mit einem Dritten muss er den Vorkaufsberechtigten über den Inhalt des Vertrags informieren und eine auszugsweise Ausfertigung des Kaufvertrags übersenden.
Informations- und Prüfungspflichten
Der Notar weist den Vorkaufsberechtigten auf die gesetzliche Ausübungsfrist von zwei Monaten hin und informiert darüber, dass die Ausübung durch formloses Schreiben an den Verkäufer erfolgen kann. Er prüft auch das Grundbuch auf eingetragene Vorkaufsrechte und holt bei gesetzlichen Vorkaufsrechten die erforderlichen Negativatteste oder Verzichtserklärungen ein.
Beurkundungserfordernisse
Die Ausübungserklärung des Vorkaufsrechts selbst bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Allerdings muss der später aufgrund der Vorkaufsrechtsausübung abzuschließende Kaufvertrag notariell beurkundet werden. Bei einem dinglichen Vorkaufsrecht überwacht der Notar zudem die Eintragung im Grundbuch.
Vollzugskontrolle
Der Notar prüft die Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung und erteilt einen Vorbescheid, wenn das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt wurde. Er koordiniert den gesamten Prozess und stellt sicher, dass alle erforderlichen Unterlagen und Genehmigungen vorliegen, bevor er den Kaufvertrag vollzieht.
Was kostet die notarielle Beurkundung eines Vorkaufsrechts und wer trägt die Kosten?
Die notarielle Beurkundung eines Vorkaufsrechts verursacht Gebühren nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG), die sich nach dem Geschäftswert des Vorkaufsrechts richten.
Höhe der Notarkosten
Wenn das Vorkaufsrecht als eigenständiger Beurkundungsgegenstand behandelt wird, fällt eine 2,0-Gebühr nach dem GNotKG an. Bei einem separaten Vorkaufsrecht ohne Zusammenhang mit einem Kaufvertrag wird der volle Gebührensatz berechnet.
Wird das Vorkaufsrecht hingegen im Rahmen eines Kaufvertrags vereinbart, erfolgt die Berechnung anders: Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts durch denselben Notar, der auch den ursprünglichen Kaufvertrag beurkundet hat, fällt nur eine 0,5-Gebühr nach KV-Nr. 21101 Nr. 2 GNotKG an. Bei einem anderen Notar wird eine 1,0-Gebühr nach Nr. 21102 Nr. 1 fällig.
Kostentragung
Die Kostentragung kann zwischen den Parteien vertraglich frei vereinbart werden. Ohne besondere Vereinbarung gilt:
Der Vorkaufsberechtigte muss dem ursprünglichen Käufer die bereits gezahlten Notarkosten erstatten, wenn er sein Vorkaufsrecht ausübt. Dies basiert auf dem Grundsatz, dass derjenige die Kosten tragen soll, der den Nutzen aus der notariellen Leistung zieht.
Praktische Gestaltung
Bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts entstehen zusätzliche Kosten für die notarielle Beurkundung der Ausübungserklärung. Diese Kosten trägt üblicherweise der Vorkaufsberechtigte. Die dingliche Einigung über die Bestellung eines Vorkaufsrechts und dessen Eintragung im Grundbuch muss seit der neueren BGH-Rechtsprechung nicht mehr notariell beurkundet werden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Notarielle Beurkundung
Ein formeller Vorgang bei einem Notar, bei dem Rechtsgeschäfte wie Immobilienkäufe oder Vorkaufsrechte offiziell dokumentiert und beglaubigt werden. Der Notar erstellt dabei eine rechtsgültige Urkunde, die den Inhalt des Geschäfts genau festhält. Diese Form ist nach § 311b BGB bei Grundstücksgeschäften zwingend vorgeschrieben. Ohne notarielle Beurkundung ist ein Immobilienkaufvertrag nichtig. Beispiel: Beim Hausverkauf müssen Verkäufer und Käufer gemeinsam zum Notar, der den Kaufvertrag verliest und von allen Beteiligten unterschreiben lässt.
Vorkaufsrecht
Ein gesetzlich geregeltes Recht (§§ 463-473 BGB), das einer Person die Möglichkeit gibt, eine Immobilie vorrangig vor anderen Interessenten zu erwerben. Wird aktiviert, wenn der Eigentümer die Immobilie verkaufen möchte. Der Vorkaufsberechtigte kann dann in einen bereits ausgehandelten Kaufvertrag zu gleichen Konditionen eintreten. Im Unterschied zur Kaufoption muss erst ein konkretes Verkaufsangebot an einen Dritten vorliegen.
Erbverzicht
Eine notariell zu beurkundende Vereinbarung (§ 2348 BGB), durch die ein potenzieller Erbe auf sein künftiges gesetzliches Erbrecht verzichtet. Meist gegen eine Abfindung oder andere Gegenleistung. Der Verzichtende verliert dadurch seinen Pflichtteilsanspruch. Beispiel: Ein Kind verzichtet zu Lebzeiten der Eltern auf sein Erbe, erhält dafür aber eine Immobilie oder Geldzahlung als Ausgleich.
Grundbuch
Ein öffentliches Register (§ 3 GBO), in dem alle relevanten Rechte an Grundstücken und Immobilien dokumentiert sind. Enthält Informationen über Eigentumsverhältnisse, Hypotheken, Grundschulden und andere Rechte wie Vorkaufsrechte. Wird vom Amtsgericht geführt und ist für die rechtssichere Übertragung von Immobilien unerlässlich. Nur eingetragene Rechte gelten gegenüber Dritten als rechtlich durchsetzbar.
Gerichtlicher Vergleich
Eine Einigung zwischen Streitparteien vor Gericht (§ 794 ZPO), die einen Rechtsstreit ganz oder teilweise beendet. Hat die gleiche Wirkung wie ein Gerichtsurteil und ist vollstreckbar. Oft enthält er gegenseitige Zugeständnisse der Parteien. Beispiel: Statt eines langwierigen Prozesses einigen sich die Parteien auf eine Zahlung in bestimmter Höhe oder bestimmte Rechte.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 464 Abs. 1 BGB: Diese Bestimmung regelt die Ausübung des Vorkaufsrechts. Demnach kann der Berechtigte sein Vorkaufsrecht durch eine einfache Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausüben, ohne dass hierfür die formellen Anforderungen eines Kaufvertrags, wie eine notarielle Beurkundung, erfüllt sein müssen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin erklärt, ihr Vorkaufsrecht auszuüben, was von der Kammer als wirksam anerkannt wurde.
- § 138 BGB (Sittenwidrigkeit): Dieser Paragraph befasst sich mit der Sittenwidrigkeit von Verträgen. Ein Vertrag, der gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. Da das Urteil in einem familiären Umfeld stattfand, könnte die Frage nach der Sittenwidrigkeit des Vergleichs und den vereinbarten Bedingungen relevant sein, insbesondere im Hinblick auf familiäre Beziehungen und mögliche Übervorteilung des Beklagten.
- § 929 BGB (Einigung und Übergabe): Dieser Paragraph regelt die Übertragung des Eigentums an Grundstücken. Eigentum wird durch Einigung und Übergabe übertragen. Das Urteil besagt, dass die Klägerin Zug um Zug gegen die Auflassung (Übergabe) des Grundbesitzes die Zahlung des Kaufpreises verlangen kann, was die Notwendigkeit der Einigung betont.
- § 8 Abs. 1 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Dieses Gesetz regelt das Wohnungseigentum und die gemeinschaftlichen Eigentumsverhältnisse in einer Wohnanlage. Auch wenn der Fall primär um das Grundstück der Klägerin geht, könnte das WEG von Bedeutung sein, falls das übergeordnete Grundstück oder Teile davon in einem gemeinschaftlichen Eigentum stehen sollten, was Folgen für das Vorkaufsrecht haben könnte.
- § 12 BGB (Rechtsgeschäftliche Fristen und Termine): Dieser Paragraph behandelt die rechtlichen Aspekte von Fristen und Terminen in einem Rechtsgeschäft. Im vorliegenden Fall wurde eine Frist für die Erklärung der Vorkaufsrechtsausübung gesetzt, die für die Klägerin entscheidend war. Die Einhaltung dieser Frist ist unerlässlich, um die Wirksamkeit der Erklärung sicherzustellen.
Weitere Beiträge zum Thema
- Notarkosten – Beurkundung Auflassung nach Ausübung eines dinglichen Vorkaufsrechts
Das Oberlandesgericht Hamm entschied am 13. Juni 2018 (Az.: I-15 W 74/15), dass bei der Beurkundung eines Kaufvertrags nach Ausübung eines dinglichen Vorkaufsrechts die Notarkosten auf Basis des Kaufpreises berechnet werden. Im vorliegenden Fall wurde ein Grundstück für 440.000 € verkauft, was zu einer Notargebühr von 1.670 € führte. Die Antragsteller beanstandeten die Höhe der Gebühren, doch das Gericht bestätigte deren Angemessenheit. → → Rechtliche Grundlagen der Notarkosten bei Vorkaufsrecht - Kaufvertrag Bewertung: Notargebühren bei Vorkaufsrecht
Das Oberlandesgericht Hamm stellte im September 2015 klar, dass ein Vorkaufsrecht in einem Grundstückskaufvertrag nicht automatisch als eigenständiger Beurkundungsgegenstand gilt. Dient es lediglich der Absicherung anderer vertraglicher Verpflichtungen, darf es bei der Gebührenberechnung nicht separat berücksichtigt werden. Diese Entscheidung hat Auswirkungen auf die notarielle Praxis und die korrekte Gebührenberechnung bei Grundstückskaufverträgen mit Vorkaufsrecht. → → Einfluss des Vorkaufsrechts auf Notargebühren - Vorkaufsrecht – Notarkostenerstattungsanspruch des Erstkäufers gegen den Vorkaufsberechtigten
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied am 3. Dezember 2010 (Az.: 2-5 O 276/10), dass ein Erstkäufer keinen Anspruch auf Erstattung der Notarkosten vom Vorkaufsberechtigten hat, wenn dieser sein Vorkaufsrecht ausübt. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger die Notarkosten für den Kaufvertrag beglichen, bevor die Beklagte ihr Vorkaufsrecht ausübte. Das Gericht befand, dass die Kostentragungsregelung des ursprünglichen Kaufvertrags weiterhin gilt und kein Erstattungsanspruch besteht. → → Rechtslage zur Kostenerstattung bei Vorkaufsrechten - Ausübung Vorkaufsrecht durch Gemeinde
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein entschied am 13. Juli 2015, dass eine Gemeinde ihr Vorkaufsrecht an einem Grundstücksteil ausüben kann, wenn dies dem Wohl der Allgemeinheit dient. Im vorliegenden Fall ging es um einen 29 m² großen Grundstücksteil, den die Gemeinde für öffentliche Zwecke erwerben wollte. Die Eigentümer widersprachen, doch das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtsausübung durch die Gemeinde. → → Gemeindliches Vorkaufsrecht für öffentliche Projekte
Das vorliegende Urteil
LG Hamburg – Az.: 334 O 119/23 – Urteil vom 13.07.2023
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