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Notarhaftung für rechtsfehlerhaft gestaltete Urkunde

In einem Beschluss des OLG Hamm wurde ein Notar zur Verantwortung gezogen, weil er Urkunden rechtlich fehlerhaft gestaltet hatte, was zu einem Schaden für die Kläger führte. Der Notar hatte die Pflicht, Urkunden so zu erstellen, dass sie vollziehbar sind und den Willen der Beteiligten korrekt wiedergeben. Durch das Versäumnis, bestimmte Eintragungen möglich zu machen, und das Unterlassen der Überwachung des Vollzugs dieser Urkunden, verletzte der Notar seine Amtspflichten. Das Gericht sah in seinem Handeln eine fahrlässige Pflichtverletzung, die zu finanziellen Einbußen bei den Klägern führte, wofür der Notar nun Schadenersatz leisten muss.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-11 U 96/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Notar wurde für die fehlerhafte Gestaltung von Urkunden haftbar gemacht, die nicht vollziehbar waren.
  • Das OLG Hamm bestätigte, dass der Notar seine Amtspflichten verletzt hat, indem er nicht sicherstellte, dass die Urkunden den rechtlichen Anforderungen entsprechen.
  • Der Notar überwachte zudem nicht den Vollzug der Urkunden, was zu weiteren Rechtsverletzungen führte.
  • Die Kläger erlitten finanziellen Schaden durch die gezahlten Gerichtskosten, für die der Notar nun aufkommen muss.
  • Das Gericht sieht eine fahrlässige Pflichtverletzung des Notars, die zu den finanziellen Verlusten der Kläger geführt hat.

Rechtsfehler eines Notars führt zu Haftungsfall: Einblick in das Urteil des OLG Hamm

Im Zentrum des Falles steht die Verletzung der Amtspflichten durch einen Notar, der bei der Erstellung mehrerer Urkunden gravierende rechtliche Fehler beging. Diese Unachtsamkeit führte dazu, dass die Urkunden nicht vollziehbar waren, was die Grundlage der rechtlichen Auseinandersetzung bildete. Der Notar hatte die Aufgabe, nach gründlicher Ermittlung des Willens der Beteiligten und der Sachverhaltsklärung, die Urkunden so zu gestalten, dass die beurkundeten Rechtsgeschäfte tatsächlich durchgeführt werden konnten. Dies schloss die korrekte Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes gemäß § 47 Abs. 1 GBO mit ein, welcher die genaue Angabe von Anteilen der Berechtigten oder das maßgebende Gemeinschaftsverhältnis in der Eintragung erfordert.

Rechtliche Herausforderungen und Versäumnisse

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung sowie eines Nießbrauchs zugunsten mehrerer Berechtigter. Der Notar versäumte es, die notwendigen Angaben in den Urkunden zu machen, was eine entsprechende Eintragung im Grundbuch unmöglich machte. Weiterhin wurde dem Notar vorgeworfen, den Vollzug der von ihm erstellten Urkunden nicht überwacht zu haben, obwohl er diese beim Grundbuchamt eingereicht hatte. Dieses Versäumnis verstieß gegen seine Amtspflicht zur Überwachung des Vollzugs der Urkunden, insbesondere nachdem das Grundbuchamt auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der Urkunden hingewiesen hatte.

Die Entscheidung des OLG Hamm

Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass der Notar die ihm obliegenden Amtspflichten verletzt hat und somit den Klägern gegenüber haftbar ist. Diese Entscheidung basierte auf der Feststellung, dass der Notar nicht nur bei der Erstellung der Urkunden Fehler beging, sondern auch den Vollzug dieser Urkunden nicht im erforderlichen Maße überwachte. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wurde daher einstimmig zurückgewiesen. Das Gericht sah eine fahrlässige Verletzung der Amtspflichten durch den Notar, die einen direkten Schaden bei den Klägern verursachte, da diese für die nicht vollziehbaren Urkunden Gerichtskosten zahlen mussten.

Schlüsselaspekte der Urteilsbegründung

In seiner Begründung unterstrich das OLG Hamm mehrere entscheidende Punkte. Zunächst wurde die fehlende Sorgfalt bei der Erstellung der Urkunden und die mangelnde Überwachung des Vollzugs durch den Notar als klare Amtspflichtverletzung identifiziert. Des Weiteren wurde betont, dass der Notar bei der Erfüllung seiner Aufgaben eine im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet hat, insbesondere indem er es versäumte, auf die Zwischenverfügung des Grundbuchamts angemessen zu reagieren. Dies führte zur Ablehnung der Eintragungsanträge und verursachte bei den Klägern finanzielle Schäden in Form von Gerichtskosten, für die der Notar nun aufkommen muss.

In dem Urteil, das die Bedeutung der notariellen Sorgfaltspflicht hervorhebt, bestätigte das OLG Hamm die Haftung eines Notars für die fehlerhafte Gestaltung von Urkunden und die daraus resultierenden finanziellen Verluste für die Kläger. Die Entscheidung unterstreicht die Verantwortung von Notaren, rechtliche Dokumente präzise und im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu erstellen und den Vollzug dieser Dokumente sorgfältig zu überwachen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was sind die Hauptpflichten eines Notars bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften?

Die Hauptpflichten eines Notars bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften umfassen verschiedene Aspekte, die darauf abzielen, die Rechtssicherheit und den Schutz der beteiligten Parteien zu gewährleisten. Zu den zentralen Aufgaben gehören:

  • Prüfungs- und Belehrungspflichten: Der Notar muss die rechtlichen Rahmenbedingungen des zu beurkundenden Rechtsgeschäfts prüfen und die Beteiligten über die rechtlichen Konsequenzen ihrer Erklärungen belehren.
  • Unterschrift der Urkunde: Die Unterschriften der beteiligten Parteien und des Notars sind erforderlich, um das Rechtsgeschäft rechtswirksam abzuschließen. Das Original der Urkunde verbleibt in der Regel beim Notar.
  • Gültigkeits-, Warn-, Beweis-, Beratungs- und Kontrollfunktion: Die notarielle Beurkundung dient der Rechtsgültigkeit des Geschäfts, warnt vor übereilten Entscheidungen, dient als Beweismittel, bietet eine sachkundige Beratung und ermöglicht eine behördliche Kontrolle.
  • Einsichtnahme in das Grundbuch: Bei Grundstücksgeschäften muss der Notar vorab das Grundbuch einsehen, um sich über den Grundbuchinhalt zu informieren. Er muss über Risiken aufklären, die sich aus nicht eingesehenen Grundakten ergeben könnten.
  • Erstellung und Vorlesen der Urkunde: Der Notar protokolliert die abgegebenen Erklärungen und erstellt dadurch eine Urkunde, die er den Beteiligten vorlesen muss. Dies dient der Transparenz und dem Verständnis aller Vertragsinhalte.
  • Unterschrift und Kosten: Die von Notar und Beteiligten unterschriebene Urkunde ist für die Rechtswirksamkeit des Geschäfts erforderlich. Für die Beurkundung fallen Kosten an, die sich nach dem Aufwand, Umfang und dem Geschäftswert richten.

Diese Pflichten stellen sicher, dass die beurkundeten Rechtsgeschäfte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und die Interessen aller Beteiligten gewahrt bleiben.

Wie wirkt sich eine fehlerhafte Urkundengestaltung auf die Vollziehbarkeit aus?

Eine fehlerhafte Urkundengestaltung durch den Notar kann erhebliche Auswirkungen auf die Vollziehbarkeit des beurkundeten Rechtsgeschäfts haben. Der Notar hat die Pflicht, den Inhalt der Urkunde so zu gestalten, dass das beurkundete Rechtsgeschäft auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Wenn eine notarielle Urkunde aus Gründen, die der Notar zu vertreten hat, inhaltlich fehlerhaft ist, muss der Notar den Eintritt eines Schadens möglichst durch umgehende Nachbesserung (Berichtigung, Ergänzung, notfalls Neubeurkundung) vermeiden.

Fehler in der Urkundengestaltung können dazu führen, dass bestimmte rechtliche Schritte, wie beispielsweise die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung oder eines Nießbrauchs im Grundbuch, nicht möglich sind. Dies kann die Durchführung des Rechtsgeschäfts erheblich verzögern oder sogar verhindern.

In solchen Fällen ist der Notar verpflichtet, die fehlerhafte Urkunde zu berichtigen. Die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach Grundbuchvollzug ist dabei zu unterscheiden von den materiell-rechtlichen Auswirkungen des Fehlers. Während § 44a BeurkG die technische Berichtigung der Urkunde regelt, bleiben die materiell-rechtlichen Fragen, also die Auswirkungen des Fehlers auf das materielle Recht, davon unberührt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Vollziehbarkeit eines Rechtsgeschäfts durch eine fehlerhafte Urkundengestaltung beeinträchtigt werden kann, was zu Verzögerungen und möglicherweise zu finanziellen Verlusten für die beteiligten Parteien führen kann. Daher ist die sorgfältige Erstellung und Prüfung der Urkunden durch den Notar von entscheidender Bedeutung, um solche Probleme zu vermeiden.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO: Regelung zum einstimmigen Beschluss, mit dem eine Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen werden kann, wenn das Gericht diese für offensichtlich unbegründet hält.
  • § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO: Grundlage der Notarhaftung, wonach Notare für den Schaden haften, der aus der Verletzung ihrer Amtspflichten entsteht.
  • § 17 Abs. 1 BeurkG: Verpflichtet den Notar, den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären und die Urkunde so zu gestalten, dass das beurkundete Rechtsgeschäft vollzogen werden kann.
  • § 47 Abs. 1 GBO: Bestimmtheitsgrundsatz im Grundbuchrecht, der fordert, dass Eintragungen so bestimmt sein müssen, dass über die Identität des Berechtigten oder über den Inhalt des Rechts kein Zweifel besteht.
  • § 53 BeurkG: Regelung zur Einreichung der Urkunden beim Grundbuchamt durch den Notar, impliziert jedoch keine Pflicht zur Überwachung des Vollzugs der Urkunden.
  • § 24 Abs. 1 BNotO: Ermächtigt den Notar, im Rahmen seiner Amtstätigkeit auch den Vollzug der beurkundeten Rechtsgeschäfte zu übernehmen, was eine fortlaufende Überwachung und Betreuung des Vollzugs einschließen kann.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-11 U 96/22 – Beschluss vom 10.02.2023

Der Senat weist nach Beratung darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 01.06.2022 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen (18 O 301/21) durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Auch eine mündliche Verhandlung, von der neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der gegen den Beklagten gerichteten Klage im tenorierten Umfang stattgegeben. Die mit der Berufung gegenüber dem angefochtenen Urteil erhobenen Einwände rechtfertigen weder die Feststellung, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO), noch ergeben sich daraus konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und eine erneute Feststellung gebieten. Die daher nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

Der Beklagte haftet den Klägern gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO.

1. Der Beklagte hat ihm gegenüber den Klägern obliegende Amtspflichten verletzt.

a) Der Beklagte hat zunächst die Pflicht zur Errichtung einer vollziehbaren Urkunde verletzt.

Als Notar oblag dem Beklagten die Pflicht, nach Erforschung des Willens der Beteiligten und Klärung des Sachverhalts im Sinne von § 17 Abs. 1 BeurkG den Inhalt der errichteten Urkunde so zu gestalten, dass das beurkundete Rechtsgeschäft auch tatsächlich durchgeführt werden konnte (vgl. Ganter, in: Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 5. Auflage 2023, Kapitel 3 Rn. 924). Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt, da auf Grundlage der von ihm errichteten Urkunden Nr. N01, N02, N03 und N04 weder die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung gemäß § 9 der Urkunde Nr. N01 noch die Eintragung eines Nießbrauchs gemäß der Urkunde Nr. N02 möglich war. Sollen nämlich – wie im vorliegenden Falle – Rückauflassungsvormerkung und Nießbrauch zugunsten mehrerer Berechtigter – hier bezüglich beider Kläger – eingetragen werden, sind zur Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes gemäß § 47 Abs. 1 GBO in der Eintragung die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen anzugeben oder das für die Gemeinschaft maßgebende Gemeinschaftsverhältnis zu bezeichnen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22.07.2016 – 15 W 566/15 Rn. 8; Reetz, in: Hügel, BeckOK GBO, 48. Edition Stand 02.01.2023, § 47 Rn. 1 m. w. N.). Da diese Angaben in den vom Beklagten errichteten Urkunden fehlten, konnte eine entsprechende Eintragung allein auf ihrer Grundlage nicht erfolgen.

b) Der Beklagte hat weiter die ihm obliegende Pflicht zur Überwachung des Vollzugs der von ihm errichteten Urkunden verletzt.

Zwar hat der Beklagte die Urkunden gemäß § 53 BeurkG beim Grundbuchamt eingereicht. Allerdings hat er den Vollzug der Urkunden amtspflichtwidrig nicht überwacht. Zwar wird die weitere Betreuung des Urkundenvollzugs nicht mehr vom Wortlaut des § 53 BeurkG erfasst (Regler, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK, Stand 01.12.2022, § 53 BeurkG Rn. 44). Allerdings war der Beklagte zu einer entsprechenden Betreuung des Vollzugs hier aufgrund freiwilliger Übernahme gemäß § 24 Abs. 1 BNotO verpflichtet. Ein entsprechendes Ansuchen ergibt sich aus § 7 der Urkunde Nr. N01, wodurch der Beklagte in seiner Eigenschaft als Notar mit dem Vollzug des Rechtsgeschäfts beauftragt wurde. Hierbei handelt es sich um einen selbstständigen Vollzugsauftrag im Sinne von § 24 Abs. 1 BNotO. Zwar traf den Beklagten keine Pflicht zur Übernahme dieses Auftrags, da insbesondere § 15 BNotO, der die Pflicht zur Amtsausübung regelt, insoweit keine Anwendung findet (Ganter, in: Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 5. Auflage 2023, Kapitel 4 Rn. 505). Allerdings ist hier davon auszugehen, dass der Beklagte den Auftrag jedenfalls konkludent angenommen hat, indem er am 31.01.2019 einen Eintragungsantrag beim Grundbuchamt gestellt hat und die Kläger hierüber unter anderem mit dem von den Klägern als Anlage K 9 vorgelegten Schreiben vom 04.02.2019 unterrichtet hat mit dem Bemerken, nach entsprechender Mitteilung des Grundbuchamts auf den Vorgang zurückzukommen. Damit hat der Beklagte jedenfalls den Anschein erweckt, dass ihm angetragene Amtsgeschäft auszuführen, sodass die in rechtlichen Angelegenheiten unerfahrenen Kläger davon ausgehen konnten, der Beklagte werde sich um den tatsächlichen Vollzug des beurkundeten Rechtsgeschäfts bemühen.

Auch soweit der Notar im Rahmen eines solchen selbständigen Vollzugsauftrags tätig wird, handelt er in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von § 1 BNotO (vgl. BGH, Urteil vom 25.03.1983 – V ZR 168/81, juris Rn. 22 m. w. N.). Im Rahmen der Erledigung des Auftrags obliegt dem Notar auch die Überwachung des Vollzugs der von ihm errichteten Urkunde, da er den Auftrag anderenfalls nicht sachgerecht erledigen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2008 – III ZR 15/08, juris Rn. 17). Im Rahmen dieser Überwachungspflicht hat sich der Notar insbesondere darum zu bemühen, Auflagen in Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes zu erfüllen und hierzu erforderlichenfalls um Fristverlängerung nachzusuchen (Ganter, in: Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 5. Auflage 2023, Kapitel 4 Rn. 587).

Nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 12.02.2019 unter anderem darauf hingewiesen, dass bezüglich der Gemeinschaftsverhältnisse der Kläger noch eine Ergänzung der Urkunde in der Form von § 29 GBO notwendig sei. Diese Auflage ist inhaltlich nicht zu beanstanden, da die fehlende Angabe zu den Gemeinschaftsverhältnissen der Kläger im Sinne von § 47 Abs. 1 GBO nur in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nachgeholt werden kann (Schöner/Stöber, in: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, Rn. 257).

Nachdem eine Ergänzung nicht erfolgt ist, hat das Amtsgericht sodann ebenfalls zu Recht mit Beschluss vom 22.07.2019 den vom Beklagten gestellten Eintragungsantrag zurückgewiesen.

Soweit der Beklagte einwendet, die Kläger hätten die erforderlichen Mitwirkungshandlungen in diesem Punkt nicht vorgenommen, kann er hiermit nicht gehört werden. Die Kläger machen insoweit geltend, der Beklagte habe auf diverse Anrufversuche oder E-Mails der Kläger nicht reagiert. Im Hinblick auf den vom Beklagten übernommenen selbstständigen Vollzugsauftrag im Sinne von § 24 Abs. 1 BNotO war hier zunächst der Beklagte gehalten, nach Erhalt der Zwischenverfügung vom 12.02.2019 die Kläger hierüber zu informieren und ihnen zugleich Möglichkeiten zur Behebung der darin enthaltenen Auflagen aufzuzeigen, sie insbesondere über die Möglichkeiten einer Ergänzung der errichteten Urkunden im Hinblick auf die gemäß § 47 Abs. 1 GBO erforderlichen Angaben zu den Gemeinschaftsverhältnissen in Kenntnis zu setzen. Ist nämlich eine notarielle Urkunde aus Gründen inhaltlich fehlerhaft, die der beurkundende Notar zu vertreten hat, so hat dieser den Eintritt eines Schadens möglichst durch umgehende Nachbesserung (Berichtigung, Ergänzung, notfalls Neubeurkundung) zu vermeiden (BGH, Urteil vom 17.01.2002 – IX ZR 434/00, juris Rn. 17; Ganter, in: Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 5. Auflage 2023, Kapitel 3 Rn. 932). Soweit der Beklagte geltend macht, die Kläger hätten es an jedweder Mitwirkungshandlung diesbezüglich fehlen lassen, ist dieser Vortrag bereits unzureichend. Der Beklagte hat schon nicht näher dargelegt, dass er überhaupt nach dem Erhalt der Zwischenverfügung vom 12.02.2019 in irgendeiner Weise mit den Klägern Kontakt aufgenommen, sie über die Bedeutung der Zwischenverfügung aufgeklärt und über die Möglichkeit informiert hätte, durch eine Ergänzung der notariellen Urkunden eine Vollziehbarkeit der Urkunde noch herbeizuführen und damit die gewünschte Eintragung im Grundbuch zu bewirken. Da der Sachvortrag des Beklagten in diesem Punkt bereits unzureichend ist, war auch seinem diesbezüglichen Beweisantritt nicht nachzugehen, weshalb letztlich auch offenbleiben kann, auf welche Partei sich der Antrag des Klägers auf Parteivernehmung im Schriftsatz vom 17.01.2022 (Blatt 70 der LG-Akte) überhaupt bezieht. Damit hat der Beklagte die ihm obliegenden Amtspflichten im Rahmen der Überwachung des Urkundenvollzugs verletzt.

c) Schließlich hat der Beklagte die ihm obliegenden Amtspflichten dadurch verletzt, dass er gegen den Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 22.07.2019, mit dem der von ihm gestellte Eintragungsantrag vom 31.01.2019 zurückgewiesen wurde, ohne Rücksprache mit den Klägern Beschwerde eingelegt und diese auch nicht begründet hat.

Im Hinblick auf die vom Beklagten im Rahmen des selbständigen Vollzugsauftrags übernommenen Verpflichtungen wäre der Beklagte zunächst gehalten gewesen, nach Erhalt des Beschlusses vom 22.07.2019 die Kläger über diese Entscheidung, die möglichen Rechtsbehelfe und hierbei zu beachtenden Fristen in Kenntnis zu setzen und ihnen darüber hinaus aufzuzeigen, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsbehelf mit Erfolg eingelegt werden kann. Dass eine derartige Unterrichtung der Kläger hier tatsächlich erfolgt ist, ist aber weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Dieses Verhalten des Beklagten erweist sich als amtspflichtwidrig, da dem Beklagten bekannt gewesen sein muss, dass ohne eine Ergänzung der von ihm errichteten Urkunden im Hinblick auf die Erklärungen zu den Gemeinschaftsverhältnissen der Kläger im Sinne von § 47 Abs. 1 GBO die von ihm eingelegte Beschwerde keinen Erfolg haben konnte.

Es ist auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass hier ausnahmsweise die Einlegung der Beschwerde auch ohne vorherige Rücksprache mit den Klägern geboten war. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 22.07.2019, mit dem der Antrag vom 31.01.2019 gemäß § 18 Abs. 1 S. 2 GBO zurückgewiesen wurde, konnte insbesondere nicht in materielle Rechtskraft erwachsen, sodass der Antrag vom 31.01.2019 nach Beseitigung sämtlicher mit Zwischenverfügung vom 12.02.2019 aufgezeigte Eintragungshindernisse erneut hätte gestellt werden können (vgl. Zeiser, in: Hügel, BeckOK GBO, 48. Edition Stand 02.01.2023, § 18 Rn. 29).

d) Auf die Ausführungen des Beklagten zu einem im November 2018 erlittenen Herzinfarkt und anschließenden medizinischen Behandlungen kommt es hier letztlich nicht an. Unabhängig von der Tatsache, dass gemäß § 38 S. 1 BNotO eine derartige Verhinderung aus tatsächlichen Gründen, durch die der Notar länger als eine Woche an der Ausübung des Amtes gehindert ist, unverzüglich der Aufsichtsbehörde anzuzeigen ist, woraufhin gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 BNotO die Bestellung eines Vertreters in Betracht kommt, hätte die Möglichkeit bestanden, die Frist zur Stellungnahme zur Zwischenverfügung des Amtsgerichts ausreichend verlängern zu lassen. Dass dies im vorliegenden Fall – aus welchen Gründen auch immer – nicht möglich gewesen sein soll, ist nicht erkennbar.

2. Die durch den Beklagten verletzten Amtspflichten oblagen diesem auch gegenüber den Klägern als seinen Auftraggebern (vgl. Ganter, in: Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 5. Auflage 2023, Kapitel 3 Rn. 1188 und Kapital 4 Rn. 520 und 594).

3. Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Ihm ist insoweit jedenfalls Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB vorzuwerfen. Denn bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Beklagte von Anfang an die Urkunde in einer Art und Weise errichtet, die den Vollzug des beurkundeten Rechtsgeschäfts ermöglicht hätte. Jedenfalls aber hätte er auf die Zwischenverfügung des Grundbuchamts reagiert und sich um die Erfüllung der Auflagen des Grundbuchamts bemüht. Bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte der Beklagte auch nicht ohne Rücksprache mit den Klägern ein – im Ergebnis erfolglos gebliebenes – Rechtsmittel gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 22.07.2019 eingelegt.

4. Der Anspruch der Kläger ist nicht gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO ausgeschlossen. Soweit der Beklagte eine ihm obliegende Pflicht aus einem selbstständigen Vollzugsauftrag im Sinne von § 24 Abs. 1 BNotO verletzt hat, greift der genannte Haftungsausschluss nach dem Wortlaut der Norm ohnehin nicht ein. Im Übrigen ist aber eine anderweitige Ersatzmöglichkeit auch nicht erkennbar.

5. Der Anspruch der Kläger ist auch nicht gemäß § 19 Abs. 1 S. 3 BNotO in Verbindung mit § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Der insoweit darlegungsbelastete Beklagte hat schon keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, dass die Kläger schuldhaft den Gebrauch eines Rechtsmittels unterlassen hätten. Solches ist auch im Übrigen nicht erkennbar.

6. Die Pflichtverletzung des Beklagten ist für den entstandenen Schaden in Form der von den Klägern gezahlten Gerichtskosten auch kausal. Insoweit kommt es maßgeblich darauf an, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten genommen hätten und wie sich in diesem Fall die Vermögenslage der Kläger darstellen würde, wobei die Darlegungs- und Beweislast den Klägern als Anspruchstellern obliegt (vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2002 – IX ZR 266/00, juris Rn. 17).

Bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten hätte bereits das Amtsgericht dem Eintragungsantrag vom 31.01.2019 stattgegeben und das durch den Beklagten beurkundete Rechtsgeschäft wäre damit tatsächlich durchgeführt worden. Demgegenüber haben die Amtspflichtverletzungen des Beklagten im Zusammenhang mit der Errichtung der Urkunde und der fehlerhaften Überwachung ihres Vollzugs im Verfahren vor dem Amtsgericht dazu geführt, dass das Amtsgericht den Antrag vom 31.01.2019 zurückgewiesen und die Kläger die hierfür erhobenen Kosten in Höhe von 606,00 Euro gezahlt haben. Die durch den Beklagten weiter amtspflichtwidrig eingelegte Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, die durch das Oberlandesgericht zurückgewiesen wurde, hat weiter dazu geführt, dass die Kläger auch die insoweit erhobenen Kosten in Höhe von weiteren 735,00 Euro gezahlt haben.

Damit können die Kläger vom Beklagten als Schadenersatz die Zahlung von insgesamt 1.341,00 Euro beanspruchen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass auch im Falle pflichtgemäßen Verhaltens des Beklagten und einer sich daraus ergebenden tatsächlichen Durchführung des beurkundeten Rechtsgeschäfts ebenfalls Gerichtskosten für das Verfahren vor dem Amtsgericht entstanden wären. Denn in diesem Fall hätten die Kläger auch eine Kompensation in Form der beantragten Eintragung erlangt. Demgegenüber steht den von den Klägern tatsächlich gezahlten Kosten keine solche Kompensation gegenüber.

Der Annahme eines Schadens steht schließlich auch nicht § 11 der Urkunde Nr. N01 entgegen, wonach die Kosten der Durchführung des beurkundeten Rechtsgeschäfts von der Tochter der Kläger zu zahlen sind. Denn Kostenschuldner im Verhältnis zur Staatskasse ist gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 S. 1 GBO derjenige, der die Eintragung beantragt hat. Dies sind hier jedenfalls auch die Kläger die gemäß § 6 der Urkunde Nr. N01 gemeinsam mit ihrer Tochter die Eintragung beantragt haben. Sie haften damit gemäß § 32 Abs. 1 GNotKG neben ihrer Tochter als Gesamtschuldner, weshalb sie berechtigt und verpflichtet waren, die angeforderten Gerichtskosten zu zahlen und diesen Vermögenseinbuße nunmehr als Schadenersatz gegenüber dem Beklagten geltend machen können.

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