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Notar – Formularzwang beim Vollstreckungsauftrag bezüglich eigener Kostenrechnung

AG Bretten – Az.: M 138/21 – Beschluss vom 08.03.2021

1. Auf die Erinnerung des Gläubigers vom 04.02.2021 wird der Obergerichtsvollzieher (…) in der Vollstreckungssache DR II 1183/20 angewiesen, die Vollstreckungsaufträge des Gläubigers vom 16.12.2020 (UR-Nr. …) auch ohne Vorlage der Formulare gemäß § 1 Abs. 1 GVFV durchzuführen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Gläubiger ist Notar. Mit Schreiben vom 16.12.2020 erteilte er beim Amtsgericht Bretten einen Vollstreckungsauftrag bezüglich seiner Kostenrechnungen (…) und verwendete hierfür nicht das gemäß § 753 ZPO, § 1 Abs. 1 GVFV vorgesehen Formular. Mit Schreiben vom 03.02.2021 lehnte der Obergerichtsvollzieher (…) die Durchführung des Auftrages ab, da der Gläubiger nicht das zu nutzende Formular für den Vollstreckungsauftrag benutzt hat. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei der Forderung des Gläubigers um keine öffentlich-rechtliche Forderung handele, nicht ersichtlich sei, ob es sich um einen freien Notar oder einen wie früher in Baden üblichen (Staats)Notar handele und dass § 89 GNOTKG aussage, dass nach den Vorschriften der ZPO vollstreckt würde.

Mit Schreiben vom 04.02.2021 legte der Gläubiger gegen die Entscheidung der Obergerichtsvollziehers ein und beantragte, den Obergerichtsvollzieher anzuweisen, die Vollstreckungsaufträge auch ohne Formular durchzuführen. Der Obergerichtsvollzieher hielt an seiner Auffassung fest.

Der Gläubiger meint im Wesentlichen, als Notar falle er unter den Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs. 2 S. 2 GVFV, da er eine öffentlich-rechtliche Forderung beitreibe, so dass er nicht dem Formularzwang unterliege. Dies ergäbe sich auch aus der Amtseigenschaft des Notars gemäß § 1 BNotG und der Regelungen in § 89 GNotKG sowie §§ 127 ff. GNotKG.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird insbesondere auf die Schreiben des Gläubigers vom 04.02.2021 und 25.02.2021 (in dem der Gläubiger auch klargestellt hat, dass er, soweit es bei dem Auftrag an den Gerichtsvollzieher – auch – um die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigungen  der Notarkostenrechnungen geht, um einen separaten Auftrag handelt sowie dem Schreiben des Obergerichtsvollziehers vom  Gerichtsvollzieherin vom 10.02.2021 Bezug genommen.

II.

Die Erinnerung ist zulässig und begründet – der Gläubiger ist als Notar von dem Formularzwang befreit:

Nach § 1 Absatz 2 Satz 2 GVFV sind Vollstreckungsaufträge zur Beitreibung von öffentlich-rechtlichen Forderungen vom Formularzwang ausgenommen; ebenfalls besteht gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 GVFV kein Formularzwang, soweit sich der Auftrag rein in der Zustellung von Schriftstücken erschöpft.

Nachdem der Gläubiger zuletzt klargestellt hatte, dass er, soweit es bei dem Auftrag vom 16.12.2020 (auch) um die Zustellungen der vollstreckbaren Ausfertigungen seiner Rechnungen geht, um separate Aufträge handelt, besteht gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 GVFV ohnehin kein Formularzwang (mehr).

Des Weiteren war/ist der Gläubiger aber gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 GVFV vom Formularzwang ausgenommen, sodass bereits der ursprüngliche Auftrag (aus dem nicht ersichtlich war, ob die Zustellung der Rechnungen ggfs. als separater Auftrag behandelt werden sollten), vom Formularzwang ausgenommen war/ist:

Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift sind erfüllt; bei dem Kostenanspruch des Notars handelt es sich – unabhängig davon, ob es sich um einen freien Notar oder einen Staatsnotar handelt, um eine öffentlich-rechtliche Forderung (BGH, Urteil vom 13.07.1989, Az. III ZR 64/88; AG Rastatt, Beschluss vom 01.02.2017, Az. 3 M 7249/16). Für die öffentlich-rechtliche Natur der Notarkostenforderung spricht zum einen der Umstand, dass der Gläubiger nach § 1 BNotO als hauptberuflicher Notar i. S. d. § 3 Abs. 1 BNotO Träger eines öffentlichen Amtes ist und eine öffentlich-rechtliche Amtstätigkeit ausübt. Des Weiteren wird der öffentlich-rechtliche Charakter der dem Notar zustehenden Gebühren durch die gesetzlich festgelegten Gebührensätze und das Verbot der Gebührenvereinbarung sowie durch die Möglichkeit einer vereinfachten Titulierung gemäß §§ 89, 19 GNotKG hervorgehoben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 – III ZR 64/88). Schließlich spricht auch der nach §§ 127 ff. GNotKG gesetzlich geregelte Rechtsbehelf gegen die Kostenberechnung des Notars für den öffentlich-rechtlichen Charakter der notariellen Kostenforderung, da ein entsprechender Rechtsbehelf für privatrechtliche Forderungen nicht gegeben ist. Dies hat sich durch die Abschaffung des Staatsnotariats nicht geändert. Für die Einordnung der Kostenforderung als öffentlich-rechtlich ist es auch unschädlich, dass der Notar einen Kammerberuf ausübt und es sich um keine „Behörde“ handelt, da es nicht auf die Frage der „Rechtsnatur“ des Gläubigers als „öffentlich-rechtlich“ ankommt, sondern allein auf die Rechtsnatur der zu vollstreckenden Forderung ankommt (vgl. hierzu auch AG Schöneberg, Beschluss vom 06.03.2017, Az. 33 M 8130/16).

Dabei hat der BGH im bereits zitierten Urteil vom 13.07.1989 ausgeführt, dass „der Kostenanspruch des Notars öffentlich-rechtlicher Natur ist. […] Dies gilt nicht nur für die Urkundstätigkeit, sondern auch für die sonstige Amtstätigkeit […]“

Dem schließt sich das erkennende Gericht auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass in Baden kein Staatsnotariat (mehr) existiert, an.

An diesem Ergebnis ändert auch nichts die – zutreffende – Ausführung des Obergerichtsvollziehers, dass die Vollstreckung gemäß § 89 GNOTKG nach den Vorschriften der ZPO zu erfolgen hat: Der durch die GVFV vorgesehene Formularzwang sowie die Ausnahmevorschrift haben ihren Rechtsgrund in § 753 Absatz 3 ZPO. Formularzwang sowie Ausnahme von demselben beruhen von daher auf Vollstreckungsvorschriften der ZPO. Dann jedoch resultiert aus der Bestimmung in § 89 GNOTKG nicht, dass es sich bei Kostenforderungen des Notars nicht um öffentlich-rechtliche Forderungen handelt.

Folglich ist der Gläubiger als Notar vom Formularzwang des § 1 Absatz 1 GVFV gemäß § 1 Absatz 2 Satz 2 GVFV ausgenommen, da er eine öffentlich-rechtliche Forderung beitreibt.

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