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Niederschriftsheilung ohne Unterschrift des Notars nach § 35 BeurkG

Ein tiefer Riss ging durch eine Familie, als nach dem Tod der Mutter ein erbitterter Streit um den Nachlass entbrannte. Im Kern ging es um die Frage, ob ein älterer, bindender Erbvertrag oder ein späteres Testament über das Erbe entscheiden sollte. Brisant dabei: Die Notarunterschrift, die den älteren Vertrag sichern sollte, fand sich lediglich auf dessen Umschlag. Das Oberlandesgericht Bremen musste nun klären, welche letztwillige Verfügung tatsächlich Bestand hat.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 W 4/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Bremen
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren im Erbrecht
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Beurkundungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Ehemann der Verstorbenen, der einen Erbschein beantragte, der ihn als alleinigen und unbeschränkten Erben ausweisen sollte.
  • Beklagte: Die beiden Töchter der Verstorbenen, die durch einen früheren notariellen Vertrag als Nacherben eingesetzt waren und dem Erbscheinantrag des Ehemanns entgegenstanden.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Nach dem Tod der Erblasserin beantragte ihr Ehemann einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte, gestützt auf ein gemeinschaftliches Testament von 2021. Dies stand im Widerspruch zu einem früheren notariellen Vertrag von 2012, in dem die Eheleute sich gegenseitig als Vorerben und ihre Töchter als Nacherben eingesetzt hatten. Ein Kernproblem war zudem die formelle Wirksamkeit des Erbvertrags von 2012, da der Notar die Urkunde selbst nicht, sondern nur den Umschlag unterzeichnet hatte.
  • Kern des Rechtsstreits: Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob ein notarieller Erbvertrag aus dem Jahr 2012, der eine gegenseitige Vorerbschaft mit Nacherbenbestimmung für die Töchter vorsah, weiterhin bindend war. Insbesondere ging es darum, ob dieser Vertrag durch ein späteres gemeinschaftliches Testament von 2021 wirksam aufgehoben wurde und ob der Erbvertrag von 2012 trotz fehlender Notarunterschrift auf der Urkunde selbst formgültig war.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht Bremen wies die Beschwerde des Ehemanns gegen die Entscheidung des Amtsgerichts als unbegründet zurück. Damit blieb es bei der ablehnenden Entscheidung des Amtsgerichts, den vom Ehemann beantragten Erbschein auszustellen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens musste der Ehemann tragen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Vereinbarung von 2012 ein bindender Erbvertrag war, der nicht durch das spätere Testament von 2021 aufgehoben werden konnte, da die Töchter als Nacherben Rechte erlangt hatten und nicht an der späteren Testamentserrichtung beteiligt waren. Zudem war der Erbvertrag von 2012 trotz der fehlenden Notarunterschrift auf der Urkunde formwirksam, da die Unterschrift auf dem verschlossenen Umschlag diesen Mangel heilen konnte.
  • Folgen: Infolge des Urteils ist der Ehemann der Verstorbenen nicht deren alleiniger und unbeschränkter Erbe. Vielmehr bleibt die bindende Regelung aus dem Erbvertrag von 2012 gültig, wodurch er Vorerbe und die Töchter Nacherben sind.

Der Fall vor Gericht


Oberlandesgericht Bremen: Früherer Erbvertrag mit Vorerbschaft und Nacherbfolge bleibt trotz späterem Testament bindend – Notarunterschrift auf Umschlag formgültig

Ein komplexer Erbfall beschäftigte das Oberlandesgericht (OLG) Bremen. Im Kern ging es um die Frage, ob ein notarieller Erbvertrag aus dem Jahr 2012, der eine gegenseitige Einsetzung der Eheleute als Vorerben und ihre gemeinsamen Töchter als Nacherben vorsah, weiterhin Bestand hatte. Oder ob dieser durch ein späteres gemeinschaftliches Testament aus dem Jahr 2021, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben einsetzten, wirksam aufgehoben wurde.

Eine wichtige Nebenfrage betraf die formelle Wirksamkeit des Erbvertrages von 2012, insbesondere weil die Unterschrift des Notars sich nicht auf der Urkunde selbst, sondern auf dem verschlossenen Umschlag befand. Das Gericht entschied zugunsten der Töchter und bestätigte die Bindungswirkung des Erbvertrages.

Die Ausgangslage: Zwei widersprüchliche letztwillige Verfügungen nach dem Tod der Ehefrau

Nach dem Tod der Ehefrau und Mutter am 10. August 2023 beantragte ihr hinterbliebener Ehemann einen Erbschein, der ihn als alleinigen und unbeschränkten Erben ausweisen sollte. Er stützte seinen Anspruch auf ein notarielles gemeinschaftliches Testament, das er gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau am 08. September 2021 errichtet hatte. In diesem Testament hatten sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt.

Dem standen jedoch die beiden gemeinsamen Töchter des Ehepaares gegenüber. Sie verwiesen auf eine frühere notarielle Vereinbarung vom 19. Oktober 2012. An dieser Vereinbarung waren nicht nur die Eheleute, sondern auch die beiden Töchter beteiligt. Kernstück dieser Urkunde waren Regelungen zur Erbfolge: Die Eheleute setzten sich gegenseitig zu Vorerben ein, während die Töchter als Nacherben bestimmt wurden. Dies bedeutet, dass der überlebende Ehegatte zunächst Erbe wird, aber in seiner Verfügungsgewalt über das Erbe beschränkt ist, da es nach seinem Tod an die Nacherben (hier die Töchter) fallen soll.

Der Erbvertrag von 2012: Gegenseitige Vorerbschaft und Nacherbfolge der Töchter als vertragsmäßige Verfügung

Die notarielle Urkunde vom 19. Oktober 2012 enthielt in Ziffer II § 1 und § 2 die besagte Regelung zur Vorerbschaft des überlebenden Ehegatten und zur Nacherbfolge der gemeinsamen Töchter. Von entscheidender Bedeutung war jedoch Ziffer II § 4 dieser Urkunde. Dort wurde ausdrücklich festgelegt, dass sämtliche vorstehenden Verfügungen als vertragsmäßige Verfügungen im Sinne von § 2278 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anzusehen seien. Solche vertragsmäßigen Verfügungen sind typisch für einen Erbvertrag und entfalten eine hohe Bindungswirkung, die nicht ohne Weiteres einseitig oder durch ein späteres Testament aufgehoben werden kann. Im Rahmen derselben Urkunde hatten die Töchter zudem einen Pflichtteilsverzicht erklärt, was oft im Zusammenhang mit einer gesicherten Erberwartung durch einen Erbvertrag geschieht.

Ein potenzieller Schwachpunkt der Urkunde von 2012 war ein formeller Aspekt: Der beurkundende Notar hatte die Urkunde selbst nicht unterzeichnet. Seine Unterschrift befand sich jedoch auf dem Umschlag, mit dem die Urkunde verschlossen und versiegelt worden war.

Der Streit um die Wirksamkeit: Erbvertrag oder widerrufliches Testament? Formfehler bei der Notarunterschrift?

Der Ehemann vertrat die Ansicht, die Urkunde von 2012 sei lediglich ein gemeinschaftliches Testament gewesen, dessen Regelungen durch das spätere Testament von 2021 wirksam widerrufen worden seien. Er argumentierte, in familiären Gesprächen sei stets nur von einem gemeinschaftlichen Testament die Rede gewesen, und eine erbvertragliche Bindung sei nicht beabsichtigt gewesen. Zudem zweifelte er die formelle Wirksamkeit der Verfügung von 2012 an, da die Unterschrift des Notars nicht auf der Urkunde selbst, sondern nur auf dem Umschlag prangte. Er behauptete ferner, die Unterschrift auf dem Umschlag sei möglicherweise bereits vor dessen Verschließung erfolgt, was die Heilung eines Formmangels ausschließen würde.

Familienmoment im dunklen Arbeitszimmer mit Testament, Umschlag und Beobachterinnen
Erbvertrag vs. Testament: Familienerbe, Umschlag, Unterschrift – wer erbt wirklich nach Tod der Mutter? | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Amtsgericht – Nachlassgericht – Bremen-Blumenthal folgte dieser Argumentation nicht und wies den Antrag des Ehemannes auf Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins mit Beschluss vom 26. November 2024 zurück. Gegen diesen Beschluss legte der Ehemann Beschwerde ein. Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 31. Januar 2025 nicht ab und legte die Sache dem Oberlandesgericht Bremen zur Entscheidung vor.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bremen: Erbvertrag von 2012 ist bindend und formgültig

Das Oberlandesgericht Bremen wies die Beschwerde des Ehemannes als unbegründet zurück. Die Richter bestätigten damit die Entscheidung des Amtsgerichts. Der Ehemann ist somit nicht Alleinerbe geworden, sondern die Erbfolge richtet sich nach dem Erbvertrag von 2012, der ihn zum Vorerben und die Töchter zu Nacherben bestimmt. Der Ehemann hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Gegenstandswert des Verfahrens wurde auf 50.000 Euro festgesetzt. Eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

Die Begründung des Gerichts: Klare Regelung zur Vertragsmäßigkeit und Heilung des Formmangels

Das Oberlandesgericht begründete seine Entscheidung ausführlich und setzte sich dabei mit den beiden zentralen Streitpunkten auseinander: der Natur der Vereinbarung von 2012 und der Frage der formellen Wirksamkeit.

Eindeutige vertragliche Bindung durch den Erbvertrag von 2012 schließt spätere einseitige Änderung aus

Das Gericht stellte klar, dass die Verfügungen von Todes wegen in der Urkunde vom 19. Oktober 2012 zutreffend als vertragsmäßige Verfügungen im Sinne von § 2278 BGB zu werten sind. Dies ergebe sich unzweifelhaft aus der ausdrücklichen Regelung in Ziffer II § 4 der Urkunde. Dort wurde explizit festgehalten, dass alle erbrechtlichen Anordnungen – und damit auch die Einsetzung als Vorerben und Nacherben – mit erbvertraglicher Wirkung erfolgen sollten.

Für eine abweichende Auslegung, wie sie der Ehemann vortrug, sah das Gericht keine Anhaltspunkte in der Urkunde. Die Behauptung, es sei lediglich ein gemeinschaftliches Testament und keine bindende erbvertragliche Regelung gewollt gewesen, wurde als nicht stichhaltig zurückgewiesen. Der klare Wortlaut der Urkunde lasse keinen anderen Schluss zu.

Aus der Feststellung, dass es sich um einen Erbvertrag handelt, folgt dessen erhebliche Bindungswirkung gemäß den §§ 2290 und 2292 BGB. Diese Paragraphen regeln, unter welchen Voraussetzungen von einem Erbvertrag abgewichen werden kann. Entscheidend ist hierbei, dass erbvertragliche Verfügungen, die mit Zustimmung aller Vertragsparteien getroffen wurden, nicht einfach durch ein späteres einseitiges oder gemeinschaftliches Testament einer oder mehrerer Parteien aufgehoben werden können, wenn dadurch in Rechte anderer Vertragspartner eingegriffen wird.

Im vorliegenden Fall waren die Töchter ebenfalls Vertragsparteien der Vereinbarung von 2012. Sie hatten durch die Regelung als Nacherben eine gesicherte Rechtsposition erlangt und im Gegenzug auf ihren Pflichtteil verzichtet. Da die Töchter an der Errichtung des späteren gemeinschaftlichen Testaments von 2021, das ihre Nacherbenstellung beseitigen sollte, nicht beteiligt waren und auch nicht zugestimmt hatten, konnte dieses Testament die bindenden Regelungen des Erbvertrages von 2012 nicht aufheben.

Formmangel der Notarunterschrift durch § 35 Beurkundungsgesetz wirksam geheilt

Auch hinsichtlich der formellen Wirksamkeit des Erbvertrages von 2012 folgte das Oberlandesgericht der Auffassung des Amtsgerichts. Die Tatsache, dass die Unterschrift des Notars nicht auf der Urkunde selbst, sondern nur auf dem verschlossenen Umschlag angebracht war, führte nicht zur Unwirksamkeit des Erbvertrages.

Das Gericht verwies auf die Vorschrift des § 35 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG). Diese Regelung sieht eine Heilungsmöglichkeit für bestimmte Formfehler bei notariellen Urkunden vor. Demnach kann eine fehlende Unterschrift des Notars auf der Urkunde selbst dadurch geheilt werden, dass die Urkunde in einem verschlossenen Umschlag verwahrt wird und der Notar eine Aufschrift auf diesem Umschlag, die den Inhalt als die betreffende letztwillige Verfügung kennzeichnet, unterzeichnet. Genau dies war hier geschehen.

Die Behauptung des Ehemannes, die Unterschrift des Notars auf dem Umschlag sei möglicherweise schon vor der Verschließung desselben erfolgt, wertete das Gericht als unbeachtliche Spekulation („ins Blaue hinein vorgetragen“), für die es keinerlei Anhaltspunkte gab.

Entscheidend sei, so das OLG, dass § 35 BeurkG lediglich vorschreibe, dass die Aufschrift auf dem verschlossenen Umschlag vom Notar unterschrieben worden ist. Das Gesetz treffe aber keine explizite Aussage darüber, ob diese Unterschrift zwingend erst nach der endgültigen Verschließung des Umschlags erfolgen müsse. Das Gericht stützte sich hierbei auf die herrschende Meinung in der juristischen Fachliteratur.

Die vom Ehemann angeführte Gegenauffassung, die eine strikte Reihenfolge – erst Verschließung, dann Unterschrift – fordern würde, überzeugte das Gericht nicht. Eine solch enge Auslegung würde nach Ansicht des OLG die vom Gesetzgeber mit § 35 BeurkG beabsichtigte Heilungswirkung für Formmängel faktisch unterlaufen. Denn die genaue zeitliche Abfolge von Verschließung und Unterschrift wäre in einem späteren Streitfall kaum noch praktisch nachweisbar. Der Schutz des letzten Willens und die Aufrechterhaltung einer formal ordnungsgemäß beurkundeten Verfügung stehen hier im Vordergrund.

Somit blieb der Erbvertrag aus dem Jahr 2012 wirksam und bindend. Die Erbfolge richtet sich nach dessen Bestimmungen, wonach der Ehemann Vorerbe und die Töchter Nacherbinnen sind. Der Antrag auf einen Alleinerbschein wurde zu Recht zurückgewiesen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Der Fall zeigt, dass ein notarieller Erbvertrag mit klar formulierter Bindungswirkung (hier: Vorerben-/Nacherbenregelung zugunsten der Töchter) nicht einfach durch ein späteres Testament aufgehoben werden kann – selbst wenn beide Ehepartner dieses spätere Testament errichten. Die Unterschrift eines Notars auf dem verschlossenen Umschlag statt auf der Urkunde selbst reicht für die Formgültigkeit aus, da das Beurkundungsgesetz solche Mängel heilt. Besonders wichtig ist die Erkenntnis, dass bei erbvertraglichen Vereinbarungen, an denen mehrere Parteien beteiligt sind (hier Eltern und Töchter), alle Beteiligten einer späteren Änderung zustimmen müssen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Niederschriftsheilung“ im Zusammenhang mit notariellen Urkunden?

Die „Niederschriftsheilung“ ist ein wichtiger Grundsatz im deutschen Notarrecht. Sie bedeutet, dass bestimmte formelle Fehler in einer notariellen Urkunde unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich korrigiert werden können, ohne dass die gesamte Urkunde unwirksam wird. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen wichtigen Vertrag notariell beurkunden lassen – etwa den Kauf eines Hauses. Trotz der sorgfältigen Arbeit des Notars kann es vorkommen, dass sich kleine, eher technische Fehler in die Niederschrift des Vorgangs einschleichen. Die Niederschriftsheilung bietet hier eine Art „Rettungsanker“, um die Wirksamkeit der Urkunde zu erhalten.

Warum gibt es die Niederschriftsheilung?

Notarielle Urkunden sind rechtlich besonders bedeutsam und unterliegen strengen Formvorschriften. Diese Formvorschriften sollen sicherstellen, dass wichtige Rechtsgeschäfte klar und eindeutig dokumentiert werden und die beteiligten Personen umfassend über die Tragweite ihrer Entscheidungen aufgeklärt sind. Gleichzeitig soll vermieden werden, dass eine Urkunde wegen jeder kleinen Unregelmäßigkeit sofort unwirksam wird. Die Niederschriftsheilung dient der Rechtssicherheit und dem Schutz des Rechtsverkehrs, indem sie es erlaubt, geringfügige Mängel zu beheben, ohne dass das gesamte Rechtsgeschäft scheitert. Sie ist im § 32 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG) geregelt.

Welche Arten von Fehlern sind heilbar?

Nicht jeder Fehler in einer notariellen Urkunde kann geheilt werden. Grundsätzlich gilt:

  • Heilbare Fehler sind in der Regel geringfügige Formfehler oder redaktionelle Ungenauigkeiten, die den Inhalt und den tatsächlichen Willen der Beteiligten nicht berühren. Dies können beispielsweise Tippfehler, Zahlendreher, unvollständige Angaben zu formalen Schritten (die aber tatsächlich erfolgt sind) oder kleine Abweichungen in der Formulierung sein, die die Bedeutung nicht verändern. Entscheidend ist, dass der wahre Wille der Parteien aus der Urkunde und den Umständen eindeutig erkennbar ist.
  • Nicht heilbare Fehler betreffen hingegen wesentliche Bestandteile der Urkunde oder des Beurkundungsvorgangs, die den Kern des Rechtsgeschäfts ausmachen oder grundlegende Schutzvorschriften verletzen. Dazu gehören zum Beispiel:
    • Fehler, die den Willen der Parteien nicht mehr zweifelsfrei erkennen lassen. Wenn unklar ist, was genau gewollt war (z.B. welcher Kaufpreis oder welches Grundstück gemeint war), kann dies nicht geheilt werden.
    • Mängel bei der Identität der Vertragsparteien oder des Notars.
    • Fehlende Unterschriften der Parteien oder des Notars.
    • Das Fehlen einer notwendigen Belehrung durch den Notar, wenn dies den Willen der Parteien maßgeblich beeinflusst haben könnte.
    • Das Fehlen der erforderlichen notariellen Form für einen wesentlichen Teil des Rechtsgeschäfts selbst. Wenn also ein gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil nicht notariell beurkundet wurde, kann dies nicht nachträglich „hinzu geheilt“ werden.

Voraussetzungen für die Niederschriftsheilung

Damit ein Fehler geheilt werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Der Mangel muss in der Niederschrift (dem schriftlichen Protokoll des Notarvorgangs) liegen, nicht im eigentlichen Rechtsgeschäft selbst.
  2. Es muss zweifelsfrei feststehen, was die Parteien wirklich gewollt haben und dass dies durch die ursprüngliche Urkunde abgedeckt war.
  3. Die Berichtigung oder Ergänzung des Mangels muss durch eine weitere notarielle Urkunde erfolgen. Das bedeutet, dass der Notar einen weiteren Termin mit den Beteiligten ansetzt, in dem die Korrektur förmlich in einer neuen Urkunde festgehalten wird. Erst mit dieser neuen Urkunde ist der ursprüngliche Mangel „geheilt“.

Für Sie als Laie bedeutet das: Ein kleiner Formfehler in einer notariellen Urkunde muss nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit des gesamten Dokuments führen. Das deutsche Recht bietet hier Mechanismen zur Fehlerbehebung, sofern die grundlegenden Absichten der Parteien und die wesentlichen Inhalte des Rechtsgeschäfts von Anfang an klar waren und korrekt zustande gekommen sind.


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Welche Rolle spielt die Unterschrift des Notars bei der Gültigkeit eines Erbvertrages?

Die Unterschrift des Notars ist für die Gültigkeit eines Erbvertrages absolut entscheidend. Ohne die ordnungsgemäße Unterschrift des Notars, die den Abschluss des Beurkundungsvorgangs bestätigt, ist ein Erbvertrag rechtlich unwirksam und hat keine bindende Kraft.

Warum die notarielle Beurkundung so wichtig ist

Ein Erbvertrag muss in Deutschland zwingend notariell beurkundet werden, damit er überhaupt gültig ist. Dies ist eine sehr strenge Formvorschrift, die das Gesetz (insbesondere § 2276 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit dem Beurkundungsgesetz) vorschreibt. Die notarielle Beurkundung ist mehr als nur eine Unterschriftensammlung; es ist ein komplexer Prozess, der sicherstellt, dass:

  • Die Ernsthaftigkeit des Willens: Die Vertragsparteien ihre weitreichenden Entscheidungen bezüglich des Erbes nicht überstürzt treffen. Es soll kein Zweifel am Willen der Beteiligten bestehen.
  • Rechtliche Beratung und Aufklärung: Der Notar die Beteiligten umfassend über die rechtlichen Folgen und Gestaltungsmöglichkeiten des Erbvertrages aufklärt und berät. Er sorgt dafür, dass alle den Inhalt und die Tragweite ihrer Erklärungen verstehen.
  • Klare und eindeutige Formulierung: Der Inhalt des Vertrages juristisch präzise und unmissverständlich formuliert ist, um spätere Streitigkeiten über die Auslegung zu vermeiden.
  • Beweiskraft: Der beurkundete Vertrag als sicheres Beweismittel dient, da er den genauen Inhalt und die Erklärungen der Beteiligten amtlich festhält.

Die Unterschrift des Notars bestätigt, dass dieser gesamte Prozess ordnungsgemäß abgelaufen ist: Der Notar hat den Vertragstext entworfen, den Beteiligten vorgelesen, sich von deren Verständnis und Willen überzeugt und den Vertrag in seiner Anwesenheit von allen Beteiligten unterschreiben lassen. Erst mit der eigenen Unterschrift des Notars unter dem beurkundeten Dokument ist der Akt der Beurkundung vollständig und damit der Erbvertrag gültig.

Was passiert, wenn die Unterschrift fehlt oder fehlerhaft ist?

Fehlt die Unterschrift des Notars oder wurde der Beurkundungsprozess nicht korrekt durchgeführt, zum Beispiel weil eine gesetzlich vorgeschriebene Formvorschrift nicht eingehalten wurde, hat dies schwerwiegende Folgen: Der Erbvertrag ist in diesem Fall nichtig. Das bedeutet, er wird rechtlich so behandelt, als sei er nie geschlossen worden. Alle darin enthaltenen Regelungen zur Erbfolge sind dann unwirksam, und es tritt die gesetzliche Erbfolge ein, oder es gelten andere letztwillige Verfügungen, die möglicherweise existieren. Für Sie bedeutet das, dass die von Ihnen gewollte Erbfolge nicht eintritt und die Mühe sowie die Kosten des Vertrags umsonst gewesen wären.


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Was ist der Unterschied zwischen einem Erbvertrag und einem gemeinschaftlichen Testament und welche Bindungswirkung haben sie?

Sowohl ein Erbvertrag als auch ein gemeinschaftliches Testament sind Wege, um festzulegen, wer Ihr Vermögen nach Ihrem Tod erhalten soll. Obwohl beide ähnliche Ziele verfolgen, unterscheiden sie sich grundlegend in ihrer Form, den beteiligten Personen und vor allem in ihrer Bindungswirkung. Dies ist für Sie relevant, um zu verstehen, welche Gestaltungsmöglichkeit in Ihrer Situation am besten zu Ihren Vorstellungen passt.

Der Erbvertrag: Eine verbindliche Vereinbarung

Ein Erbvertrag ist eine zweiseitige oder mehrseitige Vereinbarung zwischen mindestens zwei Personen, die sich gegenseitig oder Dritte als Erben einsetzen oder Vermächtnisse zuwenden.

  • Form: Ein Erbvertrag muss immer notariell beurkundet werden. Das bedeutet, Sie müssen persönlich bei einem Notar erscheinen, der den Vertrag aufsetzt und bestätigt. Diese strenge Formvorschrift unterstreicht die hohe Verbindlichkeit des Vertrages.
  • Beteiligte Personen: Anders als das gemeinschaftliche Testament kann ein Erbvertrag zwischen beliebigen Personen geschlossen werden, also nicht nur zwischen Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern. Es können auch nicht miteinander verwandte Personen, Geschäftspartner oder zukünftige Erben sein.
  • Bindungswirkung: Der Erbvertrag hat eine sehr starke Bindungswirkung. Er ist vergleichbar mit einem herkömmlichen Vertrag, der nicht einfach einseitig geändert oder widerrufen werden kann. Eine Änderung oder Aufhebung ist grundsätzlich nur im Einvernehmen aller Vertragspartner und ebenfalls wieder durch einen Notar möglich. Die einseitige Möglichkeit, einen Erbvertrag durch ein normales Testament zu ändern oder aufzuheben, ist in der Regel ausgeschlossen. Stellen Sie sich vor, Sie haben jemandem ein festes Versprechen gegeben, das nur gemeinsam wieder gelöst werden kann. Nur unter sehr engen, gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen, zum Beispiel bei grobem Undank des Begünstigten, kann eine Partei vom Vertrag zurücktreten.

Das gemeinschaftliche Testament: Die Regelung für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner

Ein gemeinschaftliches Testament ist eine besondere Form des Testaments, die speziell für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner geschaffen wurde.

  • Form: Es kann entweder notariell beurkundet werden oder, was oft genutzt wird, eigenhändig errichtet werden. Bei der eigenhändigen Errichtung schreibt ein Ehepartner oder Lebenspartner den gesamten Text handschriftlich nieder, und beide Ehepartner oder Lebenspartner unterschreiben das Dokument. Ort und Datum müssen ebenfalls angegeben werden.
  • Beteiligte Personen: Ein gemeinschaftliches Testament kann ausschließlich von Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden.
  • Bindungswirkung: Die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments ist komplexer und flexibler als die eines Erbvertrages. Es gibt zwei Phasen:
    • Zu Lebzeiten beider Ehepartner/Lebenspartner: Grundsätzlich kann jeder der Partner seine im Testament enthaltenen Verfügungen einseitig widerrufen. Allerdings muss dieser Widerruf dann notariell beurkundet und dem anderen Partner mitgeteilt werden. Ohne diese Mitteilung bleibt die Verfügung wirksam. Wenn beide Partner das Testament ändern oder aufheben wollen, können sie dies jederzeit gemeinsam tun, zum Beispiel durch ein neues Testament oder indem sie das alte Testament vernichten.
    • Nach dem Tod des ersten Ehepartners/Lebenspartners: Hier entfaltet das gemeinschaftliche Testament seine stärkere Bindung. Haben sich die Partner gegenseitig als Erben eingesetzt (was häufig der Fall ist, oft als sogenanntes „Berliner Testament„), sind die sogenannten wechselbezüglichen Verfügungen – also die Anordnungen, die ein Partner nur getroffen hat, weil der andere Partner auch eine entsprechende Anordnung getroffen hat – nach dem Tod des ersten Partners grundsätzlich bindend für den überlebenden Partner. Der überlebende Partner kann diese Verfügungen dann nicht mehr einseitig ändern oder aufheben, es sei denn, das Testament sieht dies ausdrücklich vor oder der überlebende Partner schlägt das Erbe aus. Dies soll den gemeinsamen letzten Willen schützen.

Die Bindungswirkung im Überblick

Der Erbvertrag schafft eine sehr hohe und starre Bindung. Er ist schwer zu ändern oder aufzuheben, da er eine vertragliche Vereinbarung darstellt, die das Einverständnis aller Vertragspartner erfordert. Dies gibt den Beteiligten ein hohes Maß an Sicherheit, dass die getroffenen Regelungen auch in Zukunft Bestand haben werden.

Das gemeinschaftliche Testament ist zu Lebzeiten der Partner flexibler zu gestalten, da ein Widerruf unter Beachtung der Formvorschriften (notarielle Beurkundung und Mitteilung) möglich ist. Nach dem Tod des ersten Partners entfaltet es jedoch für die wechselbezüglichen Verfügungen eine ähnlich starke Bindungswirkung wie ein Erbvertrag, um den gemeinsamen letzten Willen zu wahren. Die Wahl zwischen diesen beiden Formen hängt also stark davon ab, wie viel Flexibilität Sie sich für die Zukunft wünschen und welche Personen Sie in Ihre letztwillige Verfügung einbeziehen möchten.


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Was bedeuten die Begriffe „Vorerbe“ und „Nacherbe“ und welche Rechte und Pflichten sind damit verbunden?

Vorerbschaft und Nacherbschaft sind spezielle Anordnungen in einem Testament oder Erbvertrag, die es ermöglichen, die Erbfolge in zwei zeitlich aufeinanderfolgende Phasen zu teilen. Stellen Sie sich vor, der Erblasser möchte, dass sein Vermögen zunächst einer bestimmten Person zugutekommt, aber später automatisch an eine andere Person übergeht. Genau das regelt die Vorerbschaft und Nacherbschaft.

Was bedeutet Vorerbschaft und Nacherbschaft?

Der Vorerbe ist die Person, die das Erbe zuerst erhält. Er wird Erbe und darf die geerbten Gegenstände nutzen und die Erträge daraus ziehen, ähnlich wie ein Eigentümer. Er ist jedoch kein „voller“ Eigentümer im üblichen Sinne, denn seine Rechte sind eingeschränkt. Die Erbschaft ist für ihn quasi ein „Erbe auf Zeit“.

Der Nacherbe ist die Person, die das Erbe später erhält. Der Übergang vom Vorerben auf den Nacherben, der sogenannte Nacherbfall, tritt in der Regel mit dem Tod des Vorerben ein, kann aber auch an ein anderes Ereignis oder einen bestimmten Zeitpunkt geknüpft sein (z.B. Erreichen eines bestimmten Alters des Nacherben). Wenn der Nacherbfall eintritt, geht das Erbe automatisch und direkt vom Vorerben auf den Nacherben über.

Rechte und Pflichten des Vorerben

Der Vorerbe ist zwar Erbe, seine Verfügungsgewalt über die Erbschaft ist jedoch zum Schutz des Nacherben gesetzlich eingeschränkt. Das bedeutet:

  • Nutzung und Erträge: Der Vorerbe darf die Erbschaft nutzen und die Erträge daraus behalten (z.B. Mieteinnahmen aus einer geerbten Immobilie oder Zinsen aus geerbtem Kapital).
  • Beschränkungen bei der Verfügung: Der Vorerbe kann über bestimmte Nachlassgegenstände (insbesondere Grundstücke) nicht frei verfügen, ohne die Zustimmung des Nacherben oder die Erlaubnis des Erblassers in dessen Testament. Er darf die Erbschaft nicht verschwenden oder so verändern, dass der Nacherbe benachteiligt wird. Er kann beispielsweise ein geerbtes Grundstück nicht einfach verkaufen oder mit einer Hypothek belasten. Solche Verfügungen wären bei Eintritt des Nacherbfalls unwirksam gegenüber dem Nacherben.
  • Erhaltungspflicht: Der Vorerbe ist verpflichtet, die Erbschaft ordnungsgemäß zu verwalten und so zu erhalten, dass sie dem Nacherben bei Eintritt des Nacherbfalls in einem guten Zustand übergeben werden kann.

Eine wichtige Ausnahme bildet der sogenannte „befreite Vorerbe“: Der Erblasser kann im Testament anordnen, dass der Vorerbe von bestimmten gesetzlichen Beschränkungen befreit ist (§ 2136 BGB). Dies bedeutet, dass der Vorerbe dann beispielsweise Grundstücke auch ohne Zustimmung des Nacherben verkaufen oder belasten darf. Eine solche Befreiung ist jedoch nicht umfassend; der Vorerbe ist auch als befreiter Vorerbe nicht befugt, die Erbschaft unentgeltlich (z.B. durch Schenkung) an Dritte weiterzugeben, da dies die Rechte des Nacherben untergraben würde.

Die Rolle und die Rechte des Nacherben

Der Nacherbe ist derjenige, der das Erbe endgültig erhalten soll. Bis zum Nacherbfall hat er eine Art Anwartschaftsrecht. Das bedeutet:

  • Schutz vor Benachteiligung: Der Nacherbe hat Rechte, die sicherstellen sollen, dass der Vorerbe die Erbschaft nicht zum Nachteil des Nacherben verwaltet oder veräußert. Er kann beispielsweise Auskunft über den Bestand der Erbschaft verlangen oder die Erstellung eines Inventars.
  • Übergang des Erbes: Wenn der Nacherbfall eintritt (meist der Tod des Vorerben), wird der Nacherbe automatisch zum Alleinerben der gesamten Vorerbschaft. Die Erbschaft geht direkt vom Vorerben auf den Nacherben über, ohne dass das normale Erbrecht des Vorerben (z.B. dessen eigene Erben) betroffen wäre.

Diese Konstruktion ist eine Möglichkeit für den Erblasser, die Vermögensnachfolge über Generationen hinweg zu steuern und zum Beispiel sicherzustellen, dass Vermögen zunächst dem Ehepartner zugutekommt, aber letztlich bei den gemeinsamen Kindern oder Kindern aus einer früheren Beziehung landet.


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Kann ein Erbvertrag durch ein späteres Testament aufgehoben werden?

Ein Erbvertrag kann grundsätzlich nicht einseitig durch ein späteres Testament aufgehoben werden. Er unterscheidet sich hierin grundlegend von einem Testament, das jederzeit vom Erblasser allein geändert oder widerrufen werden kann.

Der bindende Charakter eines Erbvertrags

Ein Erbvertrag ist, wie der Name schon sagt, ein Vertrag. Er wird von mindestens zwei Personen geschlossen und entfaltet daher eine verbindliche Wirkung für die Vertragsparteien. Stellen Sie sich einen Erbvertrag wie eine gemeinsame Vereinbarung vor, die man nicht einfach im Alleingang rückgängig machen kann. Wenn Sie beispielsweise mit jemandem einen Kaufvertrag abschließen, können Sie den Kauf nicht einseitig aufheben, nur weil Sie es sich anders überlegt haben. Ähnlich verhält es sich mit dem Erbvertrag im Bereich des Erbrechts.

Durch den Erbvertrag legen die Vertragsparteien fest, wie ihr Erbe nach ihrem Tod verteilt werden soll. Diese Festlegungen sind für die vertragsschließende Person, die eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis in diesem Vertrag vorgenommen hat, bindend. Das bedeutet, dass sie diese Regelungen nicht mehr ohne Weiteres ändern kann, auch nicht durch ein später erstelltes Testament. Ein späteres Testament, das im Widerspruch zu den Bestimmungen eines bestehenden Erbvertrages steht, wäre in Bezug auf die vertragsmäßigen Verfügungen unwirksam.

Wege zur Aufhebung oder Änderung eines Erbvertrags

Da ein Erbvertrag bindend ist, sind die Möglichkeiten zur Aufhebung oder Änderung begrenzt:

  • Gemeinsamer Aufhebungsvertrag: Der häufigste Weg ist, dass alle Vertragsparteien gemeinsam einen neuen Vertrag schließen, in dem sie den alten Erbvertrag aufheben oder ändern. Dieser neue Vertrag muss wie der ursprüngliche Erbvertrag notariell beurkundet werden.
  • Rücktritt vom Erbvertrag: Ein Rücktrittsrecht besteht nur, wenn dies ausdrücklich im Erbvertrag vereinbart wurde oder wenn bestimmte gesetzliche Voraussetzungen vorliegen (z.B. bei schwerem Fehlverhalten des Vertragspartners gegenüber dem Erblasser).
  • Anfechtung des Erbvertrags: Ein Erbvertrag kann unter bestimmten, sehr engen Voraussetzungen angefochten werden. Das ist der Fall, wenn beim Abschluss des Vertrags ein Irrtum vorlag, eine Täuschung stattfand oder eine Drohung ausgeübt wurde. Eine Anfechtung muss innerhalb bestimmter Fristen erfolgen.

Bedeutung von Öffnungsklauseln im Erbvertrag

Es gibt eine wichtige Ausnahme, bei der ein späteres Testament Auswirkungen auf einen Erbvertrag haben kann: Wenn der Erbvertrag selbst Öffnungsklauseln enthält. Das sind spezielle Formulierungen im Vertrag, die es einer Vertragspartei erlauben, bestimmte Regelungen durch ein späteres Testament zu ändern oder aufzuheben. Solche Klauseln müssen eindeutig und klar im Erbvertrag festgelegt sein. Fehlen solche Öffnungsklauseln, bleibt die Bindungswirkung des Erbvertrags bestehen, und ein späteres Testament kann ihn nicht einseitig außer Kraft setzen.

Für Sie bedeutet das: Ein Erbvertrag bietet eine hohe Sicherheit und Planbarkeit für die Erbfolge, da er nicht einfach durch den Willen einer einzelnen Person im Nachhinein geändert werden kann. Deshalb ist es wichtig, die genauen Formulierungen eines Erbvertrags genau zu kennen und zu verstehen, besonders wenn es um mögliche spätere Anpassungen geht.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erbvertrag

Ein Erbvertrag ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen mindestens zwei Personen, in der diese sich gegenseitig oder Dritte als Erben einsetzen oder Vermächtnisse zuwenden. Er muss zwingend notariell beurkundet werden und entfaltet eine starke Bindungswirkung, die eine einseitige Änderung durch späteres Testament grundsätzlich ausschließt (§§ 2276, 2278 BGB). Anders als ein Testament ist der Erbvertrag ein Vertrag zwischen mehreren Parteien, der nur mit Zustimmung aller Beteiligten geändert oder aufgehoben werden kann. Beispiel: Zwei Ehepartner schließen einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig als Erben einsetzen und die Kinder als Nacherben bestimmen – diese Regelung gilt verbindlich und kann nicht einseitig durch ein späteres Testament geändert werden.


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Vorerbe und Nacherbe

Der Vorerbe erhält das Erbe zunächst und darf darüber verfügen, unterliegt jedoch bestimmten Beschränkungen zum Schutz des Nacherben, der das Erbe nach dem Eintritt des Nacherbfalls (meist Tod des Vorerben) erhält. Der Vorerbe darf das Vermögen nutzen und Erträge behalten, aber nicht frei darüber verfügen und muss die Erbschaft erhalten (§§ 2100 ff. BGB). Der Nacherbe hat das Recht, das unversehrte Erbe nach dem Nacherbfall zu erhalten und genießt einen gesicherten Anwartschaftsanspruch. Beispiel: Ein Ehepartner erbt als Vorerbe eine Immobilie und darf die Mieteinnahmen behalten, darf das Haus aber ohne Zustimmung der Nacherben (Kinder) nicht verkaufen.


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Vertragsmäßige Verfügung (§ 2278 BGB)

Eine vertragsmäßige Verfügung ist eine letztwillige Regelung, die in einem Erbvertrag getroffen wird und für die Vertragsparteien bindend ist. Gemäß § 2278 BGB sind solche Verfügungen Teil eines notariell beurkundeten Vertrags, der nicht ohne Einverständnis aller Betroffenen geändert werden kann. Das bedeutet, ein späteres Testament kann diese Verfügungen nicht einseitig aufheben oder ändern, wenn dadurch Rechte der anderen Vertragspartner verletzt würden. Beispiel: Wenn Eltern und Kinder in einem Erbvertrag vereinbaren, dass die Kinder Nacherben sein sollen, kann ein spätere Testament eines Elternteils diese vertragliche Bindung nicht einseitig aufheben.


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Formmangel und Heilung nach § 35 Beurkundungsgesetz (BeurkG)

Ein Formmangel liegt vor, wenn eine notwendige Formvorschrift bei der Beurkundung, etwa die Unterschrift des Notars auf der Urkunde, nicht exakt eingehalten wird. § 35 BeurkG erlaubt in bestimmten Fällen die Heilung solcher Formmängel, wenn die Urkunde in einem verschlossenen Umschlag verwahrt wird, der vom Notar unterschrieben ist und der Inhalt eindeutig zugeordnet werden kann. So bleibt die Urkunde trotz des Mangels wirksam, um den letzten Willen zu schützen und unnötige Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Beispiel: Ist die Notarunterschrift nur auf dem verschlossenen Umschlag, aber nicht auf der Urkunde selbst, wird die Formgültigkeit der Urkunde unter den Voraussetzungen von § 35 BeurkG angenommen.


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Bindungswirkung eines Erbvertrags (§§ 2290, 2292 BGB)

Die Bindungswirkung beschreibt, dass ein Erbvertrag von den Vertragsparteien grundsätzlich nicht einseitig geändert oder aufgehoben werden kann. Nach §§ 2290 und 2292 BGB wirkt ein Erbvertrag wie ein Vertrag, der nur mit Zustimmung aller Beteiligten verändert werden darf. Diese Wirkung ist besonders stark bei vertragsmäßigen Verfügungen, die die Erbfolge verbindlich regeln und die mit einfachen Testamenten nicht mehr aufgehoben werden können. Beispiel: Wenn die Töchter als Nacherben in einem Erbvertrag festgelegt wurden, können die Eltern diese Regelung ohne Zustimmung der Töchter nicht durch ein späteres Testament ändern.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2278 BGB (vertragsmäßige Verfügung von Todes wegen): Diese Vorschrift regelt, dass Verfügungen von Todes wegen als Erbvertrag ausgestaltet sein können, wodurch hohe Bindungswirkung und besondere Formvorschriften gelten. Erbverträge können nicht einseitig widerrufen werden, wenn dadurch Rechte anderer Vertragspartner beeinträchtigt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die notarielle Vereinbarung von 2012 stellt einen solchen Erbvertrag dar, wodurch die darin enthaltenen Vorerbschafts- und Nacherbschaftsregelungen bindend sind und nicht durch ein späteres Testament verändert werden können.
  • § 2290 BGB (Abänderung und Aufhebung von Erbverträgen): Diese Norm regelt, unter welchen Bedingungen ein Erbvertrag modifiziert oder aufgehoben werden kann; in der Regel ist hierfür die Zustimmung aller Vertragsparteien erforderlich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Töchter als Vertragsparteien den Erbvertrag mitgestaltet und auf Pflichtteilsansprüche verzichtet haben, können der Ehemann und die verstorbene Ehefrau den Erbvertrag nicht durch ein späteres Testament zu ihrem alleinigen Vorteil ändern.
  • § 35 Beurkundungsgesetz (Heilung von Formmängeln bei notariellen Urkunden): Diese Vorschrift ermöglicht die Wirksamkeit einer notariellen Urkunde, auch wenn die Unterschrift des Notars nicht direkt auf der Urkunde, sondern auf dem verschlossenen Umschlag angebracht ist, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die vom Notar auf dem verschlossenen Umschlag angebrachte Unterschrift heilte den manifesten Formmangel und bestätigte die Wirksamkeit des Erbvertrags von 2012 trotz fehlender Unterschrift auf der Urkunde selbst.
  • § 2292 BGB (Wirkung der Zustimmungspflicht bei Erbverträgen): Diese Vorschrift sichert die Rechte der anderen Vertragsparteien bei Erbverträgen, indem es ihnen die Zustimmung zur Änderung oder Aufhebung vorbehalten wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Töchter, als Nacherben und Vertragsparteien, mussten der Änderung durch das spätere Testament zustimmen, was sie nicht taten; dadurch bleibt die ursprüngliche erbvertragliche Regelung verbindlich.
  • § 1937 BGB (Vorerbschaft und Nacherbschaft): Diese Vorschrift regelt die beschränkte Verfügungsbefugnis des Vorerben, während die Nacherben erst nach Ablauf der Vorerbschaft das Erbe erhalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die 2012 im Erbvertrag vereinbarte Vorerbschaft des Ehemanns und Nacherbschaft der Töchter ist nach seinem Tod und der Wirksamkeit des Vertrags maßgeblich für die Erbfolge.
  • gemeinschaftliches Testament (§§ 2265 ff. BGB): Gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten sind einseitig widerruflich oder änderbar, sofern nicht besondere bindende Vereinbarungen getroffen wurden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das spätere gemeinschaftliche Testament von 2021 konnte den Erbvertrag von 2012 nicht aufheben, da dieser aufgrund der Vertragsform und Beteiligung der Töchter bindend wirkt und besonderen Schutz genießt.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Bremen – Az.: 1 W 4/25 – Beschluss vom 09.05.2025


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