OLG Frankfurt – Az.: 4 U 98/17 – Urteil vom 11.07.2018
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.4.2017 (Az. 2-22 O 22/16) wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf insgesamt 59.379,72 €.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen Notarhaftung geltend.
Aufgrund eines am 30.6.2010 vom Beklagten als Notar beurkundeten Kaufvertrags (Ur. Nr. …/2010) erwarben die Klägerin und ihr Ehemann, der Zeuge Vorname1 Nachname1, einen Mit- und Sondereigentumsanteil an einer in Stadt1 gelegenen Immobilie (2-Zimmer Wohnung nebst Stellplatz) zu einem Kaufpreis von 56.606,00 €. Die Verkäuferin wurde hierbei von einem Herrn Nachname2, Mitarbeiter der A GmbH, als vollmachtlosen Vertreter vertreten.
In § 4 Nr. 2 des Kaufvertrages wurde geregelt:
„Der Kaufpreis ist zur Zahlung fällig am 31.8.2010.
Voraussetzung für die Zahlung des Kaufpreises ist, dass der amtierende Notar dem Käufer bestätigt hat, dass
- die Eintragung einer Eigentumsvormerkung im Grundbuch erfolgt ist und keine Belastungen vorgehen (…);
- die Löschung der nicht übernommenen Belastungen gemäß § 2 sichergestellt ist (…);
- die Genehmigungserklärung des Verkäufers in öffentlich beglaubigter Form vorliegt (…).
Unter § 15 Nr. 5 heißt es:
„Der Käufer erklärt nach Belehrung gemäß § 17 Abs. 2 a Ziffer Satz 2 BeurkG, dass er ausreichend Gelegenheit hatte – und zwar die vom Gesetzgeber geforderte Mindestfrist von 2 Wochen -, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen.“
Diese Klausel wurde von der Klägerin und ihrem Ehemann gesondert mit Unterschrift abgezeichnet.
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den beurkundeten Kaufvertrag (Anlage K 4) Bezug genommen.
In der Folgezeit vermittelte die – inzwischen wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöschte – Firma A GmbH der Klägerin zur Finanzierung der Immobilie und der Erwerbsnebenkosten ein Darlehen bei der X1-AG über insgesamt 35.000,00 € (Darlehensvertrag vom 15.9.2010) sowie ein Darlehen über 30.000,00 € bei der Bank1 GmbH & Co. KG (Darlehensvertrag vom 9.11.2010). Das bei der Allianz aufgenommene Darlehen wurde vollständig an die Verkäuferin ausbezahlt. Aus dem bei der Bank1 aufgenommenen Darlehen wurden 28.000,00 € an die Verkäuferin überwiesen.
Die monatliche Belastung der Klägerin betrug zunächst 501,21 €. Abzüglich der prospektierten Nettomiete von 180,86 € und der Steuervorteile verblieb eine Belastung von monatlich 234 €. Nunmehr steht die Wohnung wegen des Ablebens der Mieterin leer.
Mit Schreiben vom 01.07.2010 (Anlage B 1, Bl. 49 d.A.) übersandte der Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann zwei beglaubigte Abschriften des Kaufvertrages vom 30.06.2010 und teilte mit, für weitere Fragen jederzeit zur Verfügung zu stehen. Auch kündigte er an, sobald seitens der Verkäuferin die Genehmigungserklärung zum Kaufvertrag vorliege, der Klägerin eine beglaubigte Abschrift zu übersenden und die Abwicklung des Vertrages in die Wege zu leiten.
Mit Schreiben vom 02.08.2010 (Anlage B 2, Bl. 50 d.A.) übersandte der Beklagte – wie angekündigt – beglaubigte Abschriften der Genehmigungserklärung der Verkäuferin vom 16.7.2010 und informierte die Klägerin über den gestellten Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung.
Mit Schreiben vom 26.1.2011 (Anlage B 3, Bl. 51 d.A.) informierte der Beklagte die Klägerin über die erfolgte Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch und über die dadurch ausgelöste Fälligkeit der Kaufpreisforderung.
Am 16.02.2011 beurkundete der Beklagte zur Besicherung des bei der X1-AG aufgenommenen Darlehens eine Briefgrundschuld über 35.000 € auf dem erworbenen Grundstück und übersandte der Klägerin und ihrem Ehemann mit Schreiben vom 18.02.2011 (Anlage B 4, Bl. 52 d.A.) eine Kopie der Grundschuldbestellungsurkunde.
Schließlich suchten die Klägerin und ihr Ehemann am 09.04.2011 den Beklagten auf und ließen wegen der Darlehensforderung der Bank1 GmbH & Co. KG ein persönliches Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung in ihr gesamtes Vermögen beurkunden (Anlage B 5, Bl. 53 f. d.A.).
Die Verkäuferin lehnte die Forderung der Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrages ab. Die Klägerin erwirkte daraufhin am 13.2.2014 – auch gegenüber der Komplementärin der Vermieterin – ein rechtskräftiges klagestattgebendes Versäumnisurteil des Landgerichts Stadt2 (Az. …/13). Wegen der Einzelheiten wird auf das Versäumnisurteil (Anlage K 12) verwiesen.
Eine Vollstreckung dieses Urteils sowie des zugunsten der Klägerin ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 5.5.2014 über insgesamt 3.881,20 € konnte vor Löschung der Verkäuferin im Handelsregister nicht erfolgen. Die Komplementärin hat sich bislang der Zwangsvollstreckung entzogen.
Erstmals im Jahre 2016 nahm die Klägerin den Beklagten wegen der streitgegenständlichen Amtspflichtverletzungen in Anspruch. Bis dahin hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten keinerlei Bedenken gegen die Wirksamkeit des Kaufvertrages geäußert oder Vertragsreue gezeigt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, ihr Ehemann und sie seien im Juni 2010 vorgeblich wegen einer Umfrage zur Zufriedenheit der Bevölkerung hinsichtlich der aktuellen Steuerbelastung und zum Zwecke einer unverbindlichen Beratung über Steuersparmöglichkeiten und zur Altersvorsorge angerufen worden. Im Anschluss daran habe am 23.6.2010 ein Mitarbeiter der A GmbH namens Vorname4 Nachname4 die Klägerin und ihren Ehemann zu Hause in Stadt3 aufgesucht. Herr Nachname4 habe sich nach deren Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allgemeinen Lebenszielen erkundigt. Es sei ein weiteres, ebenfalls kostenloses Beratungsgespräch insbesondere zu Steuersparmöglichkeiten im Büro der A GmbH in Stadt4 für den 26.6.2010, einem Samstag, vereinbart worden.
Am 26.6.2010 hätte ihnen der Berater Vorname3 Nachname3 erläutert, bei ihren Einkommensverhältnissen käme für sie als einzig interessante Steuersparmöglichkeit die Investition in eine Immobilie in Betracht. Herr Nachname3 habe unter Verwendung eines Verkaufsprospektes (Anlage K 1) als einziges Objekt die streitgegenständliche Immobilie (Straße1 … in Stadt1) als absolut sichere Kapitalinvestition angepriesen. Den Prospekt, der auch einen Blanko-Musterkaufvertrag zur Ansicht enthielt, hätten sie während des Beratungsgesprächs nur durchblättern können. Er sei ihnen erst zu einem späteren Zeitpunkt, nach erfolgter Beurkundung, per Post übersandt worden. Neben der Anpreisung als sicheres Renditeobjekt habe der Berater Nachname3 damit geworben, dass die Verkäuferfirma sogar eine 2-jährige Mietgarantie gewähren würde, die die Klägerin aber sicher nicht in Anspruch nehmen müsste, weil die Vermietung durch die große Nachfrage vollständig gesichert sei. Auf den Einwand der Klägerin, keinerlei Eigenkapital investieren zu wollen, habe der Berater auf Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung (Anlage K 2) – letztlich wahrheitswidrig – erwidert, durch die Steuerersparnis und die Mieteinnahmen würde sich die monatliche Belastung auf monatlich nur 103,00 € belaufen. Weiter habe der Berater Nachname3 behauptet, die Immobilie sei renditeträchtig und könne nach Ablauf von 10 Jahren garantiert mit einem Gewinn von mindestens 20.000,00 € verkauft werden. Auch über die Höhe der erzielbaren Steuervorteile sei unzutreffend informiert worden. Schließlich sei über das Risiko des Leerstandes nicht aufgeklärt worden. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Aussagen hätten die Klägerin und ihr Ehemann am 26.6.2010 der A GmbH einen Vermittlungsauftrag zu der streitgegenständlichen Immobilie erteilt.
Angeblich zur Abklärung der Finanzierung sei für den 30.6.2010 ein weiterer Termin mit Herrn Nachname3 vereinbart worden. Als die Klägerin am 30.6.2010 zusammen mit ihrem Ehemann vereinbarungsgemäß wieder bei der A GmbH erschienen seien, habe ihnen Herr Nachname3 erklärt, dass sie sofort zum Notar müssten, um sich die Immobilie zu sichern, sonst sei die Immobilie „weg“. Ihnen sei gesagt worden, der Notar lese rasch vor, man solle ihn möglichst nicht unterbrechen, damit man zügig vorankomme. Der Beklagte habe schließlich den ihnen unbekannten, zu beurkundenden Vertragstext ohne Umschweife rasch vorgelesen, ohne dass sie den Inhalt verstanden hätten. Insbesondere hätten sie nicht erfasst, dass sie sich zur Vorleistung verpflichtet, und sich gleichzeitig der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen haben. Entgegen § 15 Nr. 5 des Kaufvertrages hätten sie nicht nach Belehrung gemäß § 17 Abs. 2 a Ziffer Satz 2 BeurkG erklärt, vorab ausreichend Gelegenheit gehabt zu haben, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen. Der Beklagte habe vielmehr geäußert, es handele es sich um eine Formalie des Gesetzgebers, die er vorlesen müsse und die vom Käufer zu unterschreiben sei. Den konkreten Inhalt der Vorschrift des § 17 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 2 BeurkG habe der Beklagte dagegen nicht erläutert. Insbesondere hätten die Klägerin und ihr Ehemann weder 2 Wochen vor der Beurkundung ein Exemplar des zu beurkundenden Vertragstextes erhalten, noch habe der Beklagte danach gefragt.
Die Klägerin hat weiter behauptet, bei Beachtung der dem Beklagten obliegenden Warn- und Hinweispflichten hätten sie und ihr Ehemann die Wohnung nicht gekauft.
Wäre ihnen der Vertrag frühzeitig vor der Beurkundung überlassen worden, hätten sie den Vertrag nicht geschlossen. Dann wäre ihnen aufgefallen, dass sie sich ohne bestehende Finanzierung der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterwerfen mussten, dass sie vorleistungspflichtig waren und dass der Vertrag für sie wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen war.
Ihr Ehemann habe ihr mit Urkunde vom 25.7.2016 (Anlage K 16, Bl. 63 d.A.) etwaige Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten betreffend die streitgegenständliche Beurkundung abgetreten.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, eine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO bestünde nicht. Die Vermittlerin, die A GmbH, sei wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht worden, der Berater Nachname3 sei insolvent, und die Vollstreckung des gegenüber der Verkäuferin erwirkten Versäumnisurteils sei aufgrund deren Löschung im Handelsregister ohne Aussicht auf Erfolg.
Der Beklagte hat in der Eingangsinstanz die wirksame Abtretung der Ansprüche des Ehemannes an die Klägerin bestritten.
Der Beklagte hat vorgebracht, keine Kenntnis vom Inhalt der etwaigen Beratung durch die A GmbH gehabt zu haben.
Weiter hat der Beklagte behauptet, er habe der A GmbH wie auch dem Bauträger „lange vorher (…) einen Entwurf eines Wohnungseigentumskaufvertrages zur Verfügung gestellt“. Auf Befragen hätten die Klägerin und ihr Ehemann bekundet, den Vertragstext mehr als 2 Wochen vor dem Beurkundungstermin erhalten zu haben. Darüber hinaus habe er der Klägerin und ihrem Ehemann vor der separaten Abzeichnung des § 15 Nr. 5 des Kaufvertrages Inhalt und Zweck des § 17 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 2 BeurkG erläutert.
Des Weiteren hat er behauptet, die Klägerin und ihr Ehemann hätten den Vertrag selbst dann abgeschlossen, wenn ihnen zwei Wochen vor der Beurkundung der Vertragstext überlassen worden wäre. Dies ergäbe sich aus dem vertraglichen Nachverhalten. Die Tatsache, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt auf die angebliche Überrumpelung Bezug genommen habe und trotz zwischenzeitiger Kenntnis des Inhalts des Kaufvertrages keine Vertragsreue gezeigt habe, spreche dafür, dass die Klägerin den Vertrag auch im Falle der frühzeitigen Überlassung des Vertragstextes abgeschlossen hätte.
Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.4.2017 Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage auf Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten Zug um Zug gegen Rückübertragung der Wohnung, Feststellung des Annahmeverzuges und der Ersatzpflicht etwaiger künftiger Schäden stattgegeben.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stünde gegen den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht die zuerkannten Schadensersatzansprüche aus § 19 BNotO zu. Nach Vorlage der Abtretungserklärung habe der Beklagte auf die behauptete Abtretung nicht weiter erwidert, so dass davon auszugehen sei, dass er sein vorheriges einfaches Bestreiten der Abtretung nicht mehr aufrecht erhalten habe.
Es könne, so das Landgericht weiter, letztlich dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten ein Verstoß gegen § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG vorgeworfen werden könne. Zumindest habe der Beklagte gegen seine Pflichten aus § 17 Abs. 1 BeurkG verstoßen. Aus § 4 Nr. 2 des Kaufvertrags ergebe sich, dass die Käufer sich bereit erklärt haben, den Kaufpreis als Vorleistung unmittelbar auf ein Konto der Verkäuferin zu leisten und sich sogar in § 11 wegen dieser Kaufpreiszahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwarfen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte auf diese Risiken hingewiesen und Möglichkeiten aufgezeigt habe, die Klägerin gegen diese Risiken abzusichern. Bei einer solchen ungesicherten Vorleistung hätte der Notar jedoch über die möglichen Folgen belehren und Wege zur Risikovermeidung aufzeigen müssen, etwa die Möglichkeit der Stellung einer Bankbürgschaft durch die Verkäuferin. Dass die Möglichkeit der Zahlung auf ein Notaranderkonto im Vertrag angesprochen wird, genüge nicht, da der Beklagte zumindest hätte deutlich machen müssen, dass dies zwar ein Sicherungsmittel sein könne, aber dadurch besondere Kosten auf die Klägerin zukämen.
Durch die Pflichtverletzung des Beklagten sei der Klägerin auch ein kausaler Schaden entstanden. Hinsichtlich der Kausalität komme der Klägerin die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute. Die Klägerin habe insoweit vorgetragen, dass sie bei ordnungsgemäßer Belehrung und einem Warnhinweis von der Beurkundung des Kaufvertrages am 30.06.2010 abgesehen hätte. Ihr und ihrem Ehemann komme daher die Vermutung des beratungsgerechten Verhaltens zugute. Zu ihren Gunsten sei daher zu unterstellen, dass sie bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den Beklagten über die Gefahren der ungesicherten Vorleistungspflicht und der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung die vom Beklagten vorzuschlagenden weiteren Sicherungsmittel gefordert, und im Falle der Ablehnung der Verkäuferin von dem Vertragsschluss gänzlich abgesehen hätten.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei auch noch nicht verjährt. Der für die Voraussetzungen des Fristbeginns für die Verjährung darlegungspflichtige Beklagte habe nicht dargelegt, dass die Klägerin vor 2013 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hatte. Bei der Notarhaftung gem. § 19 BNotO sei die nicht gegebene anderweitige Ersatzmöglichkeit eine Anspruchsvoraussetzung, von der die Klägerin erst nach Durchführung des Prozesses gegen die Verkäuferin und Kenntniserlangung der mangelnden Vollstreckbarkeit des erwirkten Titels im Jahre 2014 Kenntnis gehabt habe.
Gegen das ihm am 07.04.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 28.04.2017 Berufung eingelegt und diese binnen ihm verlängerter Frist am 07.07.2017 begründet. Mit der Berufung verfolgt er sein erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiter und rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Zu Unrecht habe das Landgericht einen Verstoß gegen die Aufklärungs- und Belehrungspflicht des § 17 Abs. 1 BeurkG angenommen. Die Vereinbarungen im Kaufvertrag gewährleisteten einen gesicherten Leistungsaustausch und stellten keineswegs eine Benachteiligung der Klagepartei dar. Da Notaranderkonten nur für solche Fälle eingerichtet werden sollten, in denen eine komplizierte Abwicklung bevorstehe, entspreche es dem von der Dienstaufsicht und Notarkammer gewollten Standard, die Abwicklung eines Immobilienkaufvertrages ohne Notaranderkonto vorzunehmen. Zwangsläufig müsse eine der Parteien in Vorleistung treten, was in diesem Falle die Zahlung des Kaufpreises vor Besitzübergang bedeute. Zur Sicherung der Klägerin sei allerdings im § 4 Nr. 2 des streitgegenständlichen Kaufvertrages vereinbart worden, dass der Kaufpreis erst dann zur Zahlung fällig werde, wenn die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch erfolgt ist, keine Belastungen vorgehen, die Löschung der nicht übernommenen Belastungen sichergestellt ist und die Genehmigungserklärung des Verkäufers in öffentlich beglaubigter Form vorliegt. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten den Kaufpreis somit erst dann zu zahlen gehabt, als ihr zukünftiges Eigentum lastenfrei sichergestellt war. Die Sicherung des Besitzes der Klägerin und ihres Ehemannes sei durch § 11 Nr. 3 und 4 des Kaufvertrags geregelt, worin festgeschrieben sei, dass sich der Verkäufer hinsichtlich seiner Verpflichtung zur Übergabe des Kaufgegenstandes der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat.
Auch eine Verletzung der Pflicht des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG sei ihm nicht vorzuwerfen. Insoweit wiederholt und vertieft der Beklagte sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Klägerin und ihr Ehemann § 15 Nr. 5 des Kaufvertrags erst nach erfolgter Belehrung und Bestätigung, den Vertragstext zumindest 2 Wochen vor der Beurkundung erhalten zu haben, abgezeichnet hätten. Eine Amtspflichtverletzung liege auch nicht deshalb vor, weil der Text des Kaufvertragsentwurfs nicht „personalisiert“ gewesen sei. Derartiges sei weder von Rechtsprechung und Literatur im Zeitpunkt der Beurkundung als notwendig erachtet noch vom Gesetzgeber gefordert worden.
Ferner rügt der Beklagte, das Landgericht habe zu Unrecht die Kausalität zwischen – unterstellter – Amtspflichtverletzung und geltend gemachtem Schaden angenommen. In einer Fallkonstellation wie der vorliegenden trage der Geschädigte für den notwendigen Kausalzusammenhang die volle Darlegungs- und Beweislast. Zu berücksichtigen sei, dass die Klägerseite sich offensichtlich bereits vor Abschluss des Vertrages vom 30.06.2010 im Vertrauen auf die Richtigkeit der Zusagen des Beraters Nachname3 für den Kauf der konkret beurkundeten Immobilie entschieden haben müsse. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Beklagte sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Klägerin und ihr Ehemann in der Folgezeit nach der Beurkundung keine Bedenken gegen den Vertragsschluss geäußert hätten.
Erstmals mit der Berufung tritt der Beklagte dem Vorbringen der Klägerin zur Subsidiarität entgegen. Seiner Auffassung nach bestünde ein eigenständiger Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Berater Nachname3 aus unerlaubter Handlung. Insoweit komme es nicht darauf an, ob dieser bei der A GmbH angestellt gewesen sei, da er nach der Behauptung der Klägerin nicht nur diese, sondern auch die A GmbH getäuscht habe.
Ferner vertieft der Beklagte seine erstinstanzlich erhobene Verjährungseinrede.
Der Beklagte beantragt sinngemäß, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.4.2017 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Entgegen der Auffassung des Beklagten und mit dem Landgericht sei ein gesicherter Leistungsaustausch gerade nicht gewährleistet gewesen. Über die daraus resultierenden Risiken habe der Beklagte die Klägerin weder belehrt, noch Wege zur Risikovermeidung aufgezeigt.
Ferner wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen zu einer ihrer Auffassung nach ebenso gegebenen Amtspflichtverletzung nach § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG.
Der Senat hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 20.12.2017 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Vorname1 Nachname1 und hat die Klägerin sowie den Beklagten informatorisch angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 9.5.2018 Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen Notarhaftung gemäß § 19 BNotO zu. Das Landgericht hat zwar im Ergebnis zutreffend eine Amtspflichtverletzung des Beklagten angenommen, allerdings zu Unrecht diese als kausal für den geltend gemachten Schaden, den Abschluss der Darlehensverträge, angesehen.
Das Landgericht hat zutreffend die Aktivlegitimation der Klägerin auch hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche Ihres Ehemanns, des Zeugen Nachname1, festgestellt. Der Würdigung des Landgerichts, der Beklagte habe den auf Vorlage der Abtretungsvereinbarung vom 25.7.2016 beruhenden substantiierten Klägervortrag zur Abtretung etwaiger Ansprüche an die Klägerin nicht hinreichend bestritten, ist der Beklagte mit der Berufung nicht entgegengetreten.
Entgegen der Würdigung des Landgerichts hat der Beklagte zwar nicht gegen die Prüfungs- und Belehrungspflicht des § 17 Abs. 1 BeurkG verstoßen, dafür aber gegen die Hinwirkungspflicht des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG a.F.
Gem. § 17 Abs. 1 BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Dabei soll er darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden. Daraus wird abgeleitet, dass für den Fall, dass ein Urkundsbeteiligter eine ungesicherte Vorleistung zu erbringen hat, die als solche nicht ohne weiteres erkennbar ist, dem Notar eine doppelte Belehrungspflicht obliegt. Er hat zum einen über die Folgen zu belehren, die im Falle der Leistungsunfähigkeit des durch die Vorleistung Begünstigten eintritt. Zum anderen hat er Wege aufzuzeigen, wie diese Risiken vermieden werden können (vgl. BGH, Urteil 24.1.08, Az. III ZR 156/07, NJW 08, 1319; BGH, Urteil 6.10.88, Az. IX ZR 142/87, DNotZ 89, 449). Eine solche belehrungspflichtige ungesicherte Vorleistungspflicht liegt dann vor, wenn einem Vertragspartner angesonnen wird, seine Leistung zu erbringen, ohne dass sichergestellt ist, dass er die vom Vertragspartner geschuldete Gegenleistung erhält. Diese Gefahr besteht für den Käufer eines Grundstücks dann, wenn der Kaufpreis bereits mit Besitzübergabe des Grundstücks fällig wird, allerdings der Verkäufer bis zur Vollendung des Eigentumserwerbs durch Eintragung in das Grundbuch noch die Möglichkeit hat, über das Eigentum zu verfügen. Diesem Risiko kann mit der Eintragung einer Auflassungsvormerkung, d.h. einer Eigentumserwerbsvormerkung im Sinne des § 883 BGB, begegnet werden, worauf der Notar hinzuweisen hat (vgl. BGH, Urteil 24.1.08, Az. III ZR 156/07, NJW 08, 1319; BGH, Urteil 6.10.88, Az. IX ZR 142/87, DNotZ 89, 449).
Danach bestand vorliegend für die Klägerin keine solche ungesicherte Vorleistungspflicht. Ausweislich § 4 Nr. 2 des Kaufvertrages verpflichteten sich die Klägerin und ihr Ehemann zwar, den Kaufpreis zum 31.8.2010 zu begleichen, und damit ggf. vor Abschluss des Eigentumsübergangs des Grundstückes. Der Anspruch der Klägerin (als Käuferin) auf Übereignung war jedoch gemäß § 4 Nr. 2 des Kaufvertrages dadurch gesichert, dass der Kaufpreis erst nach Eintragung einer Eigentumsvormerkung im Grundbuch und nach Vorlage der Löschungsbewilligung etwaiger Belastungen fällig werden sollte. Die Klägerin lief nicht Gefahr, einerseits den Kaufpreis vorab zahlen zu müssen, ohne zugleich einen gesicherten Anspruch auf lastenfreie Übereignung zu erhalten. Lediglich für den Fall, dass der Anspruch des Käufers auf Übereignung – anders als vorliegend – nicht bereits gesichert ist, trifft den Notar die Pflicht, diesem Risiko durch den Hinweis auf die Möglichkeit der Eintragung einer Vormerkung zu begegnen.
Die vom Landgericht zitierte Entscheidung des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8.3.17 (Az. 4 U 176/16) betraf einen anderen, nicht vergleichbaren Sachverhalt. Der dort zugrundeliegende Grundstückskaufvertrag sah eine Besitzübergabe an die Käuferin vor Kaufpreiszahlung vor. Dadurch war die Käuferin in der Lage, schon vor Erbringung des Kaufpreises bestehende Gebäude abzureißen und Baumaßnahmen auf dem Grundstück durchzuführen, und damit den Verkäufer – trotz dessen fortbestehender formaler Eigentümerstellung – zu schädigen. Anders als vorliegend die Klägerin (als Käuferin) war in diesem Fall der Verkäufer tatsächlich ungesichert vorleistungspflichtig.
Einer zusätzlichen Sicherheit, etwa die Möglichkeit der Zahlung auf ein Notaranderkonto, bedurfte es danach nicht mehr. Insoweit kann dahinstehen, ob der Beklagte über die bloße Feststellung in § 4 Nr. 2 des Kaufvertrages, dass der Notar auf die „Möglichkeit der Hinterlegung des Kaufpreises auf (ein) Notaranderkonto“ hingewiesen habe, hinaus gesondert über die dafür zusätzlich anfallenden Kosten hätte hinweisen müssen.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt auch die Tatsache, dass im Zeitpunkt der Beurkundung die Finanzierung noch nicht gesichert war, nicht zur Notwendigkeit eines zusätzlichen Risikohinweises. Soweit § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG vom Notar fordert, den Willen der Beteiligten zu erforschen, ist damit nicht die Erforschung der wirtschaftlichen Beweggründe gemeint. Steht – wie vorliegend – der Geschäftswille fest, braucht der Notar nicht zu klären, ob das Geschäft wirtschaftlich durchführbar oder sinnvoll ist (vgl. Ganter, in Ganter/Hertel/Wöstmann, Hdb. Notarhaftung, 3. Aufl. 2014, Rn. 841 m.w.N.).
Allerdings steht nach Durchführung der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte gegen seine Pflicht aus § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG verstoßen hat. Nach § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG (in der bis zum 30.09.2013 gültigen Fassung) hat der Notar bei Verbraucherverträgen darauf hinzuwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen. Bei Verbraucherverträgen, die der Beurkundungspflicht nach § 311 b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterliegen – so wie vorliegend einem Grundstückskaufvertrag -, erfordert dies im Regelfall, dass dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestellt wird.
Die Klägerin konnte den Beweis führen, dass ihr der beabsichtigte Text des Kaufvertrages nicht zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung stand.
Soweit die Klägerin selbst vorgetragen hat, ihr sei der Prospekt überlassen worden, in dem auch ein Blanko-Musterkaufvertrag enthalten war, entlastet dies den Beklagten nicht. Unabhängig von der Frage, ob dieses allgemeine Vertragsmuster als der „beabsichtigte Text“ i.S.d. § 17 Abs. 2 a S. 2 Nr. 2 BeurkG (a.F.) anzusehen war, wurde der Prospekt – von dem Beklagten nicht bestritten – erst nach erfolgter Beurkundung, d.h. in keinem Fall 2 Wochen vor der Beurkundung, per Post zugesandt.
Wenn der Beklagte tatsächlich der A GmbH, der Vermittlerin, einen allgemeinen Entwurf eines Wohnungseigentumskaufvertrages zur Verfügung gestellt haben sollte, der zumindest 2 Wochen vor der Beurkundung der Klägerin ausgehändigt worden wäre, hätte der Beklagte seine Pflicht aus § 17 Abs. 2 a Ziffer Satz 2 BeurkG (a.F.) nicht schuldhaft verletzt. Mittlerweile ist zwar anerkannt, dass ein Vertragsmuster, das unvollständig ist, weil es noch nicht sämtliche vertragswesentlichen Elemente enthält, etwa den letztlich vereinbarten Kaufpreis und die persönlichen Daten der Vertragsparteien, nicht als „beabsichtigter Text des Rechtsgeschäfts“ i.S.d. § 17 Abs. 2 a S. 2 Nr. 2 BeurkG angesehen werden kann (vgl. BGH, Urteil 24.11.2014, Az. NotSt (Brfg) 3/14, DNotZ 15, 314 ). Bei dem von dem Beklagten angeblich der Vermittlerin für eine Vielzahl von Beratungen übergebenen Vertragsmuster handelte es sich um einen solchen – notwendigerweise – allgemeinen Entwurf. Allerdings existierte zum Zeitpunkt der Beurkundung, im Jahre 2010, weder höchstrichterliche Rechtsprechung, noch eindeutige Literaturmeinungen, wonach die Überlassung eines allgemeinen, noch nicht personalisierten Musters zur Erfüllung der Pflicht aus § 17 Abs. 2 a S. 2 Nr. 2 BeurkG nicht ausreichend gewesen wäre (vgl. etwa Sorge, „die Ergänzung des § 17 Abs. 2 a BeurkG“, DNotZ 02, 593; BeckOK BGB/Litzenburger, 45. Edition, BeurkG § 17, Rn. 40 m.w.N.).
Allerdings konnte die für das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung beweisbelastete Klägerin zur Überzeugung des Senats beweisen, 2 Wochen vor dem Beurkundungstermin am 30.6.2010 keinen solchen Entwurf des Kaufvertrages von der A GmbH erhalten zu haben.
Der Zeuge Nachname1 und die Klägerin, informatorisch angehört, bekundeten glaubhaft, vor der Beurkundung kein Exemplar des später beurkundeten Vertragstextes erhalten zu haben. Die Aussagen waren detailreich und stimmten im Kerngeschehen überein, ohne dass Anhaltspunkte für eine abgesprochene Aussage bestanden. Der Zeuge und die Klägerin machten einen ruhigen und besonnenen Eindruck. Zweifel an der Glaubwürdigkeit kamen nicht auf. Glaubhaft bekundeten sie auch, vom Beklagten nicht gefragt worden zu sein, ob sie den Vertragstext bereits erhalten haben, und dies nicht bejaht zu haben.
Die Glaubhaftigkeit der Aussagen wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass sie § 15 Nr. 5 des beurkundeten Kaufvertrages, wonach festgestellt wurde, dass sie „nach Belehrung gemäß § 17 Abs. 2 a Ziffer Satz 2 BeurkG, (…) ausreichend Gelegenheit hatte(n) – und zwar die vom Gesetzgeber geforderte Mindestfrist von 2 Wochen -, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen“, gesondert abzeichnet hatten. Diese Bestätigung steht nicht im Wiederspruch zu den Aussagen der Klägerin und des Zeugen Nachname1, den Vertragstext nicht 2 Wochen vor der Beurkundung erhalten zu haben. Mit der Abzeichnung des § 15 Nr. 5 wurde gerade nicht bestätigt, den Text erhalten zu haben, sondern lediglich, Gelegenheit gehabt zu haben, sich mit dem „Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen“. Aus Sicht eines objektiven Empfängers setzt dies nicht zwingend die vorherige Überlassung einer Abschrift des letztlich zu beurkundenden Vertragstextes voraus. Vielmehr hätte dafür auch das vorangehende Beratungsgespräch unter Verwendung eines im Prospekt abgedruckten Mustervertrages genügen können.
Der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Klägerin und des Zeugen Nachname1 stehen auch die Bekundungen des informatorisch angehörten Beklagten nicht entgegen. Gegen Ende seiner Anhörung bekundete der Beklagte zwar, die Klägerin und den Zeugen Nachname1 befragt zu haben, ob sie 2 Wochen vor der Beurkundung den Vertragsentwurf, den er zuvor der Vermittlerin für eine Vielzahl von Beratungen überlassen habe, erhalten hatten, was diese bejaht hätte. An der Glaubhaftigkeit dieser Aussage bestehen jedoch Zweifel. Der Beklagte wurde bereits zu Beginn der Anhörung konkret befragt, ob er die Klägerin und den Zeugen Nachname1 befragt hatte, ob diese den Vertragsentwurf erhalten hätten. Darauf erwiderte der Beklagte zunächst ausweichend, es sei zunächst über das Objekt und die Daten gesprochen worden, sodann sei über die Bedeutung der Klausel in § 15 Nr. 5 des Vertrages gesprochen worden, woraufhin die Klägerin und der Zeuge Nachname1 die Klausel abgezeichnet hätten. „Weil (…) über die Bedeutung der Klausel gesprochen“ wurde, und nicht etwa, weil die Klägerin und der Zeuge Nachname1 vorab einen Vertragsentwurf erhalten hatten, habe der Beklagte sich die Klausel abzeichnen lassen. Der Beklagte hat nicht etwa bekundet, im Zuge der Erläuterung der Klausel konkret nach dem Erhalt des Vertragsentwurfs gefragt zu haben. Auch seine Bekundung, auf Befragen nach der Bedeutung der Klausel in § 15 Nr. 5 des Vertrages habe er die Bedeutung erläutert „auch dahingehend, dass es auf die Wirksamkeit des Vertrages keinen Einfluss hat, die Nichtbeachtung der Frist höchstens für den Notar zum Problem werden könnte“, spricht dafür, dass der Vertragstext gerade nicht 2 Wochen vorher übergeben worden war. Wenn der Beklagte ausdrücklich nach dem Erhalt des Vertragstextes gefragt hätte und dies ihm bestätigt worden wäre, wäre es überflüssig gewesen, über die Rechtsfolgen der Nichtbeachtung der Frist zu belehren.
Auch auf wiederholte Nachfrage des Senats, ob der Beklagte nach einer vorherigen Aushändigung des Vertragstextes gefragt hatte, bekundete er zunächst, dies nicht mehr genau zu wissen. Er „meinte“ lediglich, dass seine Frage „in die Richtung ging, ob die Eheleute Nachname1 auf der Grundlage des Vertragstextes Gelegenheit hatten, 2 Wochen lang die Sache zu überdenken“. Dies setzt jedoch nicht zwingend die Übergabe des Vertragstextes voraus, so wie es § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG als Regelfall fordert. Lediglich „ging (er) davon aus, dass die Käufer ein Exemplar erhalten hätten“. Damit bekundete der Beklagte selbst, keine konkrete Erinnerung daran zu haben, ob er die Klägerin und den Zeugen Nachname1 konkret nach dem Erhalt des Vertragstextes gefragt hatte, und ob dies bejaht wurde. Erst am Ende der Anhörung erklärte er dagegen, die Eheleute Nachname1 nach dem Erhalt des Vertrages gefragt zu haben, was diese bejaht hätten. Der Senat erachtet die zunächst abgegebene, spontane Äußerung allerdings als glaubwürdiger.
Mithin steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte die Pflicht aus § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG (a.F.), der Klägerin den beabsichtigten Vertragstext zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung zu stellen, verletzt hat.
Insoweit kann dahinstehen, ob der Beklagte tatsächlich – wie in § 5 Nr. 5 des Kaufvertrages festgehalten und abgezeichnet – anlässlich der Beurkundung über Inhalt und Tragweite des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG (a.F.) belehrt hatte, und ob die Klägerin gleichwohl bereit war, die Beurkundung fortzusetzen. Dies würde die Pflichtverletzung rückwirkend nicht mehr heilen. § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG bezweckt den Schutz der Verbraucher vor unüberlegtem Handeln. Dies wird regelmäßig nur dadurch erreicht, wenn er sich zeitlich vor der Beurkundung mit dem Gegenstand des zu beurkundenden Vertrages hinreichend auseinanderzusetzen konnte. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist dafür eine Überlegungsfrist von 2 Wochen erforderlich. Zwar kann eine Verkürzung dieser Schutzfrist ausnahmsweise dann gerechtfertigt sein, wenn dafür ein sachlicher Grund besteht und der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz auf andere Weise als durch die Einhaltung der Regelfrist gewährleistet ist. Dagegen steht die Einhaltung der Pflicht als solche nicht zur Disposition der Beteiligten. Regelmäßig wird sich jemand, der sich überhastet zu einem Grundstückskaufvertrag überreden und unmittelbar die Beurkundung durchführen lässt, ohne hinreichend mit dem Gegenstand des Vertrags vertraut zu sein, auch dazu drängen lassen, auf die Einhaltung der Pflichten des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG zu verzichten. Dem Gesetzgeber stand bei der Neuregelung des § 17 Abs. 2 a S. 2 BeurkG vor Augen, dass die Möglichkeiten der Aufklärung durch den Notar anlässlich der Beurkundung selbst nicht ausreichend genutzt werden, wenn Verbraucher unvorbereitet zum Notartermin erscheinen. Der Notar darf die Beurkundung selbst dann nicht vornehmen, wenn der Verbraucher trotz Belehrung über Inhalt und Tragweite des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG auf die Einhaltung der Frist verzichtet und auf eine sofortige Beurkundung besteht. Allenfalls eine Verkürzung der 2-wöchigen Überlegungsfrist kann im Einzelfall durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein. Wenn jedoch dem Verbraucher vor der Beurkundung der zu beurkundende Text noch gar nicht vorlag, d.h. dieser noch gar keine Gelegenheit hatte, sich vor der Beurkundung mit dem Vertragstext auseinanderzusetzen, handelt es sich nicht um eine – im Ausnahmefall zulässige – Abweichung von der Regelfrist, sondern um einen generell unzulässigen Verzicht des Verbrauchers auf den Übereilungs- und Überlegungsschutz (vgl. BGH, Urteil 25.6.15, Az. III ZR 292/14, BGHZ 206, 112; BGH, Urteil 7.2.13, Az. III ZR 121/12, DNotZ 13, 552).
Auch vorliegend ist die Abzeichnung des § 5 Nr. 5 des Kaufvertrages und der daraus abzuleitende Wunsch, trotz – zu Gunsten des Beklagten unterstellter – erfolgter Belehrung über Inhalt und Tragweites des § 17 Abs. 2 a S. 2 Nr. 2 BeurkG die Beurkundung fortzusetzen, als unzulässiger Verzicht auf den Übereilungs- und Überlegungsschutz auszulegen.
Ungeachtet dessen, dass auch eine erst anlässlich des Beurkundungstermins erfolgte inhaltliche Belehrung über § 17 Abs. 2 a S. 2 Nr. 2 BeurkG an der infolge der unterlassenen Übergabe des Vertragstextes begangenen Pflichtverletzung nichts ändern würde, konnte der Beklagte darüber hinaus auch nicht zur Überzeugung des Senats beweisen, die Klägerin und den Zeugen Nachname1 hinreichend über Inhalt und Tragweite des § 17 Abs. 2 a S. 2 Nr. 2 BeurkG belehrt zu haben. Wie bereits dargelegt, ist die Nichteinhaltung der 2-Wochen-Frist nur dann ausnahmsweise unschädlich, wenn der bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz anderweitig gewährleistet ist. Nach dem allgemeinen, auch im Notarhaftungsrecht geltenden Grundsatz, dass derjenige, der sich auf einen Ausnahmefall beruft, dafür die Beweislast trägt, d.h. der Notar zu beweisen hat, dass eine grundsätzlich erforderliche Amtspflicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich war, weil die Beteiligten über die Tragweite ihrer Erklärungen bereits vollständig informiert waren (vgl. BGH, Urteil 27.10.94, Az. IX ZR 12/94, NJW 95, 330), oblag vorliegend dem Beklagten die Beweislast dafür, dass die Klägerin auch ohne Überlassung des Vertragstextes vor den Gefahren einer übereilten Beurkundung geschützt war.
Dieser Beweis ist ihm jedoch nicht gelungen. Zwar bekundete er, § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG und dessen Zweck, Verbraucher vor übereilten Vertragsabschlüssen zu schützen, erläutert zu haben. Dem stehen jedoch die glaubhaften Bekundungen der Klägerin und des Zeugen Nachname1 gegenüber, wonach der Beklagte die Bedeutung des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG nicht nur nicht erläutert, sondern den Übereilungs- und Überlegungsschutz als reine Formalität abgetan, und vorgegeben habe, sie seien kraft Gesetzes verpflichtet, den Passus zu unterzeichnen. Verbleibende Zweifel gegen insoweit zu Lasten des beweisbelasteten Beklagten.
Allerdings konnte der Beklagte den Beweis erbringen, dass die Pflichtverletzung nicht kausal gewesen war für den streitgegenständlichen Schaden.
Zwischen der Verletzung der Amtspflicht aus § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG, d.h. der Durchführung der Beurkundung trotz unterlassener frühzeitiger Übersendung des beabsichtigten Textes, und dem Schaden, dem Abschluss des Kaufvertrages und der Darlehensverträge, besteht zwar notwendigerweise ein kausaler Zusammenhang. Allerdings kann sich der Notar darauf berufen, der Käufer hätte, selbst wenn der Notar die Beurkundung zunächst abgelehnt hätte, diese dennoch nach Ablauf der 2-wöchigen Bedenkzeit genauso wie geschehen vornehmen lassen. Für diesen hypothetischen Verlauf trägt der Notar die Darlegungs- und Beweislast. Allerdings gilt insoweit das herabgesetzte Beweismaß des § 287 ZPO (vgl. BGH, Urteil 25.6.15, Az. III ZR 292/14, BGHZ 206, 112). An das zu Überzeugungsbildung erforderliche Beweismaß werden gegenüber dem grundsätzlich erforderlichen Vollbeweis geringere Anforderungen gestellt. Nach dem Beweismaß des § 287 ZPO genügt es, wenn die (fehlende) Kausalität überwiegend wahrscheinlich bzw. deutlich wahrscheinlicher ist (vgl. BGH, Urteil 8.6.04, Az. VI ZR 230/03, NJW 04, 2828; BGH, Urteil 12.7.16, Az. KZR 25/14, NJW 16, 3527).
Bei der Beweiswürdigung ist vor allem das nachvertragliche Verhalten des Käufers zu berücksichtigen. Wenn etwa ein Käufer von einem ihm vertraglich eingeräumten Rücktrittsrecht nicht zeitnah nach Vertragsschluss Gebrauch macht, spricht dies dafür, dass er auch im Falle der frühzeitigen Überlassung des Vertragstextes den Vertrag abgeschlossen hätte (vgl. BGH, Urteil 25.6.15, Az. III ZR 292/14, BGHZ 206, 112). Gleiches gilt hinsichtlich eines Verstreichenlassens einer vertraglichen Widerrufsfrist (vgl. OLG Dresden, Urteil 30.3.15, Az. 17 U 1717/14, NotBZ 15, 311 ). Für mangelnde Kausalität kann auch der Umstand sprechen, dass dem Käufer vorgespiegelt wird, er müsse den Kaufvertrag umgehend beurkunden lassen, da ansonsten die Veräußerung an einen anderen Interessenten drohe. In einem solchen Verhalten kommt ein bereits endgültig gefasster Kaufentschluss zum Ausdruck (vgl. KG, Beschluss 27.6.08, Az. 9 W 133/07, DNotZ 09, 47).
Vorliegend hat der Beklagte die mangelnde Kausalität eingewandt. Verfahrensfehlerhaft hat das Landgericht diesen Einwand unberücksichtigt gelassen und infolgedessen die erforderliche Durchführung einer Beweisaufnahme unterlassen.
Nach der vom Senat nachgeholten Beweisaufnahme ist er davon überzeugt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 den Kaufvertrag in gleicher Weise wie letztlich geschehen abgeschlossen hätten, wenn ihnen zwei Wochen zuvor der Vertragstext überlassen worden wäre.
Dafür spricht ganz wesentlich die Tatsache, dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 gegenüber dem Beklagten zunächst keine Vertragsreue gezeigt haben und nicht versucht haben, die endgültige Wirksamkeit des Kaufvertrages zu verhindern, nachdem sie mit Schreiben vom 01.07.2010 vom Beklagten beglaubigte Abschriften des Kaufvertrages vom 30.06.2010 erhalten hatten. Nachdem für die Verkäuferin ein vollmachloser Vertreter aufgetreten war, hing die Wirksamkeit des Vertrages von der Genehmigung der Verkäuferin ab, § 177 Abs. 1 BGB. Bis zur Genehmigung des Vertrages waren die Klägerin und der Zeuge Nachname1 berechtigt, ihre Willenserklärungen zu widerrufen, § 178 BGB. Darüber wurden diese auch im Schreiben des Beklagten vom 01.07.2010 unterrichtet. Schließlich bestätigte die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung auch, realisiert zu haben, dass bis zur Abgabe der Genehmigungserklärung der Vertrag noch nicht gültig war. Falls der Inhalt des Vertrages für die Klägerin und den Zeugen Nachname1 tatsächlich von wesentlicher Bedeutung gewesen wäre, hätte es nahegelegen, den Vertrag nunmehr intensiv zu studieren und vor Eingang der Genehmigungserklärung der Verkäuferin ihre Willenserklärungen zu widerrufen. Sie hätten auch die vom Gesetzgeber als ausreichend erachtete Bedenkzeit von 2 Wochen gehabt, da die Käuferin erst am 16.07.2010 den Kaufvertrag genehmigt hat, worüber die Klägerin und der Zeuge Nachname1 mit Schreiben vom 02.08.2010 informiert wurden. Der vorliegende Fall der Nichtausübung eines Widerrufsrechts ist vergleichbar mit dem Fall der Nichtausübung eines Rücktrittsrechts, welcher nach Auffassung des BGH ein Indiz dafür darstellt, dass der Vertrag auch im Falle der frühzeitigen Überlassung des Vertragstextes abgeschlossen worden wäre (vgl. BGH, Urteil 25.6.15, Az. III ZR 292/14, BGHZ 206, 112).
Auch die Tatsache, dass die Klägerin nach ihrer eigenen Aussage dem schließlich am 01.07.2010 zugesandten Kaufvertrag „keine Beachtung geschenkt“ hat, spricht dafür, dass sie diesen auch im Falle der Überlassung vor der Beurkundung nicht eingehend studiert hätte. Vielmehr vertrauten die Klägerin und der Zeuge Nachname1 offensichtlich der vom Berater Nachname3 zugesagten, vermeintlichen Risikolosigkeit bzw. Sicherheit der Kapitalanlage und sahen keine Notwendigkeit, die Richtigkeit der Versprechungen und Zusagen anhand des Vertragstextes zu überprüfen. Die Klägerin selbst bekundete, den Beratern „vertraut zu haben, dass schon alles richtig läuft“. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 vor Vertragsschluss nach eigenen Aussagen das Objekt kein einziges Mal besichtigt hatten und der Anweisung des Beraters Nachname3 unreflektiert folgten, auch nach Vertragsschluss die Immobilie nicht anzuschauen oder dort vorbeizufahren. Auch die Tatsache, dass sie der Aufforderung des Beraters, sofort zum Notar zu fahren, weil die Immobilie anderenfalls „weg“ sei, und den Notar nicht zu unterbrechen, quasi „blind“ folgten, belegt, dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 bereits infolge der vermeintlich hinreichenden und zutreffenden Beratung durch den vertrauenswürdigen Berater Nachname3 den Entschluss gefasst hatten, das Objekt zu erwerben und eine Überprüfung des Vertragstextes für entbehrlich hielten. Darüber hinaus begründete die Klägerin die erst im Jahr 2013 erfolgte Besichtigung der erworbenen Immobilie damit, dass der Immobilienkauf im Grunde als Steuersparmodell gedacht gewesen sei. Dies belegt, dass es der Klägerin und dem Zeugen Nachname1 weniger auf die Details des Kaufvertrags angekommen war, so dass sie diesem auch bei hypothetischer Aushändigung 2 Wochen vor der Beurkundung wahrscheinlich keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hätten.
Dafür spricht auch die Tatsache, dass sich die Klägerin und der Zeuge Nachname1 noch nicht einmal im Februar 2011, d.h. zu dem Zeitpunkt, als sie nach eigenem Bekunden den Vertrag letztlich durchgelesen, und sich mit ihm beschäftigt hatten, an den Beklagten wandten, um die – zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollzogene – Umschreibung im Grundbuch zu verhindern. Spätestens jetzt, nach eingehender Lektüre des Vertrages, hätte es nahegelegen, eine etwaige Überrumpelung bzw. die – entgegen § 5 Nr. 5 des Vertrages – angeblich nicht erfolgte Belehrung über § 17 Abs. 2a BeurkG geltend zu machen. An den Beklagten haben sie sich jedoch erst ca. 5 Jahre später gewandt. Anstatt den Beklagten mit dem angeblich in dieser Form nicht gewollten Kaufvertrag zu konfrontieren, nahmen sie die am 16.02.2011 erfolgte Beurkundung einer Briefgrundschuld über 35.000 € auf dem erworbenen Grundstück zu Gunsten der X2-AG klaglos hin. Vor allem aber haben sie am 09.04.2011 den Beklagten persönlich aufgesucht, um zur Sicherung der Darlehensforderung der Bank1 GmbH & Co. KG ein persönliches Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung beurkunden zu lassen. Wenn die Klägerin und der Zeuge Nachname1 mit dem Inhalt des Kaufvertrages nicht einverstanden gewesen wären, hätte eine Beschwerde nahe gelegen und der Versuch, die Abgabe des Schuldanerkenntnisses und die Unterwerfung der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu verhindern.
Dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 den Vertrag auch bei Einhaltung der 2-wöchigen Bedenkzeit abgeschlossen hätten, belegt auch die Bekundung des Zeugen Nachname1, „Misstrauen“ sei erst im Juni 2011, als die ersten Raten zur Rückzahlung der Darlehen anstanden, aufgekommen; die monatlichen Raten seien wesentlich höher gewesen als der vom Berater Nachname3 zugesagte Betrag über 103 €. Auch die Klägerin bekundete, der wesentliche Grund für Ihren Versuch, den Kauf gegenüber der Verkäuferin rückabzuwickeln, sei neben dem äußeren Eindruck des Gebäudes die Höhe der monatlichen Raten gewesen. Dies sind jedoch keine Umstände, die sich aus dem Kaufvertrag ergeben, d.h. keine Umstände, die bei frühzeitiger Überlassung des Kaufvertrages zum Nichtabschluss des Vertrages geführt hätten.
Der Zustand des Objekts, und damit die Angemessenheit des Kaufpreises und die Werthaltigkeit des Investments, ergaben sich nicht aus der Vertragsurkunde selbst. Dort war lediglich der Kaufpreis vermerkt. Erst die zeitlich spätere Inaugenscheinnahme des Objekts und etwaige Medienberichte führten bei der Klägerin zu der Erkenntnis, dass der Kaufpreis überhöht gewesen sei. Durch eine Überlassung des Vertragstextes zwei Wochen vor Beurkundung wäre der Klägerin dies nicht aufgefallen. Da sie selbst bekundete, auf Anraten des Beraters Nachname3 das Objekt weder vor Abschluss des Vertrages noch unmittelbar danach in Augenschein genommen zu haben, ist davon auszugehen, dass sie dies auch nicht während der gesetzlichen vorgeschriebenen 2-wöchigen Bedenkzeit des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG getan hätte.
Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Darlehensraten. Diese ergab sich ausschließlich aus den zeitlich nach dem Kaufvertrag abgeschlossenen Darlehensverträgen. Im Kaufvertrag selbst wurde lediglich festgehalten, dass der Kaufpreis teilweise fremdfinanziert werde. Die Notwendigkeit der Fremdfinanzierung war der Klägerin und dem Zeugen Nachname1 dagegen bereits vor Abschluss des Kaufvertrages hinlänglich bekannt. Dass die vom Berater Nachname3 berechnete Höhe der monatlichen Belastungen unzutreffend war, ergab sich dagegen aus dem Kaufvertrag nicht. Dies bedeutet, dass wesentlich für den Abschluss des Kaufvertrages die Zusagen bzw. Berechnungen des Beraters Nachname3 waren, nicht jedoch der konkrete Inhalt des beurkundeten Kaufvertrages.
Soweit die Klägerin bekundete, dass neben der Höhe der Darlehensraten und dem optischen Eindruck des Objekts auch die Vorleistungspflicht, die Regelung über die Sachmängel sowie die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung für den Abschluss des Kaufvertrages mitentscheidend gewesen seien, führen auch diese Erwägungen nach Auffassung des Senats nicht zu dem Ergebnis, dass es wahrscheinlicher gewesen wäre, dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 den Kaufvertrag bei Einhaltung der 2-wöchigen Bedenkzeit nicht abgeschlossen hätten.
Wie bereits dargelegt, handelt es sich vorliegend nicht um eine ungesicherte Vorleistungspflicht. Bei Aufwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt wäre der Klägerin – gegebenenfalls nach anwaltlicher Beratung – aufgefallen, dass sie erst nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet war, d.h. dass sie nicht Gefahr lief, den Kaufpreis zahlen zu müssen, ohne im Gegenzug Eigentum und Besitz an der erworbenen Immobilie zu erhalten.
Auch der in § 10 des Kaufvertrages geregelte Haftungsausschluss für Sachmängel führt nicht zu der Annahme, dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 bei unterstellter frühzeitiger Kenntnis den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätten. Dagegen spricht, dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 die erworbene Immobilie erst im Jahre 2013, und damit ca. 3 Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages, besichtigt hatten, und dass der Erwerb als Steuersparmodell und Renditeobjekt angedacht war. Für die Klägerin war wesentlich, dass ihr monatlicher Aufwand lediglich ca. 103 € betrug. Ausweislich der vom Berater Nachname3 vorgenommenen Berechnung und des Prospekts beruhte die Berechnung auf einer kalkulierten monatlichen Mieteinnahme i.H.v. 4,40 € pro m2 vermieteter Wohnfläche. Ausweislich § 8 Nr. 2 des Kaufvertrages übernahm die Verkäuferin eine Mietgarantie in Höhe eben dieser 4,40 € pro m2. Mithin war für das Konzept des Immobilienkaufs als Steuersparmodell bzw. Kapitalanlage weniger der Wert der Immobilie, und damit die Frage der Sachmängelhaftung, sondern mehr die Höhe der Darlehensraten, der monatlichen Mieteinnahmen sowie der Steuervorteile von Relevanz. Auf diese Parameter hatte der Ausschluss der Sachmängelhaftung keinen Einfluss.
Schließlich hätten die Klägerin und der Zeuge Nachname1 auch bei vorheriger Kenntnis von der in § 11 des Kaufvertrages geregelten Unterwerfung der sofortigen Zwangsvollstreckung wegen der Kaufpreisschuld höchstwahrscheinlich den Vertrag ebenso abgeschlossen. Zum einen war die Gefahr der Vollstreckung vorliegend nahezu ausgeschlossen, da der Kaufpreis durch zwei Darlehen aufgebracht werden sollte, sodass die Zahlung des Kaufpreises praktisch sichergestellt war. Zum anderen belegt die Tatsache, dass die Klägerin und ihr Ehemann am 09.04.2011 zur Sicherung der Darlehensforderung der Bank1 GmbH & Co. KG nach eingehender Belehrung ein persönliches Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung in ihr gesamtes Vermögen beurkunden ließen, dass sie bereit waren, das Risiko einer Zwangsvollstreckung bewusst in Kauf zu nehmen.
Festzuhalten bleibt, dass es der Senat für wahrscheinlicher hält, dass die Klägerin und der Zeuge Nachname1 den Kaufvertrag auch dann abgeschlossen hätten, wenn ihnen entsprechend § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG (a.F.) zwei Wochen vor der Beurkundung der beabsichtigte Vertragstext überlassen worden wäre, mit der Folge, dass die Amtspflichtverletzung nicht kausal war für den streitgegenständlichen Schaden, den Abschluss der zur Finanzierung der Immobilie aufgenommenen Darlehensverträge.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts für die Berufungsinstanz folgt aus §§ 47, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO.