Nach einer Volljährigenadoption bestand das Standesamt auf die gesetzlich vorgeschriebene Namensänderung bei Volljährigenadoption, obwohl das Familiengericht die Beibehaltung des Geburtsnamens explizit angeordnet hatte. Ein drittes Gericht musste nun die Bindungswirkung klären und äußerte massive verfassungsrechtliche Bedenken gegen die geltende Norm.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Muss der Geburtsname bei einer Volljährigenadoption zwingend geändert werden?
- Was war der Auslöser für den Konflikt?
- Welche Gesetze prallten hier aufeinander?
- Warum das Gericht dem Standesamt nicht folgte: Eine Analyse der Entscheidung
- Was bedeutet dieses Urteil jetzt für Sie?
- Die Urteilslogik
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Muss ich meinen Geburtsnamen bei der Erwachsenenadoption zwingend ändern?
- Welche Rechte habe ich als volljährig Adoptierter, meinen Geburtsnamen zu behalten?
- Wie muss ich den Wunsch zur Namensbeibehaltung im Adoptionsantrag formulieren?
- Was mache ich, wenn das Standesamt die Namensänderung trotz Familiengerichtsbeschluss fordert?
- Welche Rolle spielt das Persönlichkeitsrecht bei der Namenswahl nach Volljährigenadoption?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 44 III 12/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Braunschweig – Personenstandsgericht
- Datum: 25.06.2024
- Aktenzeichen: 44 III 12/24
- Verfahren: Verfahren zur Folgebeurkundung im Personenstandsregister
- Rechtsbereiche: Personenstandsrecht, Adoptionsrecht, Verfassungsrecht
- Das Problem: Ein Mann wurde volljährig adoptiert, das Familiengericht erlaubte ihm aber die Beibehaltung seines Geburtsnamens. Das zuständige Standesamt sah dies als gesetzeswidrig an und forderte eine gerichtliche Anweisung zur Namensänderung in das Geburtenregister.
- Die Rechtsfrage: Muss der Name einer volljährig adoptierten Person im Geburtenregister zwingend geändert werden, obwohl das Familiengericht die Beibehaltung des ursprünglichen Namens erlaubt hat?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht untersagt dem Standesamt die beantragte Namensänderung. Die Entscheidung des Familiengerichts zur Namensbeibehaltung ist für das Standesamt bindend.
- Die Bedeutung: Bei der Adoption Erwachsener hat der Wunsch des Angenommenen auf Namenskontinuität Vorrang. Das Gericht stützt sich auch auf verfassungsrechtliche Zweifel an der bisherigen, starren gesetzlichen Regelung zur Namensänderung.
Muss der Geburtsname bei einer Volljährigenadoption zwingend geändert werden?
Ein volljähriger Mann wird adoptiert und möchte seinen Geburtsnamen behalten. Das Familiengericht stimmt diesem Wunsch im Adoptionsbeschluss ausdrücklich zu. Doch als das Standesamt den Geburtseintrag aktualisieren soll, weigert es sich. Es pocht auf den Buchstaben des Gesetzes, der eine Namensänderung als zwingende Folge vorsieht. Dieser Konflikt zwischen dem Willen der Betroffenen, einer gerichtlichen Entscheidung und der starren Auslegung einer Gesetzesnorm landete schließlich vor dem Amtsgericht Braunschweig. In seinem Beschluss vom 25. Juni 2024 (Az. 44 III 12/24) musste das Gericht eine grundlegende Frage klären: Wie viel Gewicht hat der Wille eines Erwachsenen bei der Gestaltung seiner eigenen Identität, wenn das Gesetz veraltet scheint?
Was war der Auslöser für den Konflikt?

Die Geschichte beginnt mit einem für alle Beteiligten erfreulichen Ereignis: Ein volljähriger, lediger Mann, dessen Geburtsname „F.“ lautet, wird von B. W. als Kind angenommen. Das zuständige Familiengericht in G. bestätigte diese Adoption am 16. August 2023 offiziell. In dem Beschluss wurde auf Wunsch des Adoptierten und des Annehmenden ein entscheidender Satz festgehalten: Der angenommene Mann führt als Geburtsnamen weiterhin den Namen „F.“.
Damit schien die Sache geklärt. Doch die nächste Station war das Standesamt der Stadt B., wo der Mann geboren wurde. Dessen Aufgabe ist es, nach einer Adoption eine sogenannte Folgebeurkundung im Geburtenregister vorzunehmen – also den Eintrag zu aktualisieren. Hier kam der Prozess ins Stocken. Die Beamten des Standesamtes sahen sich im Widerspruch zum Gesetz. Sie argumentierten, dass die Beibehaltung des alten Geburtsnamens rechtlich nicht möglich sei und der Name zwingend in „W.“ geändert werden müsse.
Da das Standesamt unsicher war, wie es mit dem rechtskräftigen, aber aus seiner Sicht fehlerhaften Gerichtsbeschluss umgehen sollte, nutzte es ein spezielles juristisches Instrument: die Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 des Personenstandsgesetzes (PStG). Mit diesem Schritt bat es das Amtsgericht Braunschweig um eine verbindliche Anweisung. Konkret forderte das Standesamt, angewiesen zu werden, den Geburtsnamen des Mannes im Register von „F.“ auf „W.“ zu ändern. Der adoptierte Mann wehrte sich dagegen und forderte, die Anweisung zu unterlassen, da der Beschluss des Familiengerichts für alle bindend sei.
Welche Gesetze prallten hier aufeinander?
Um die Positionen beider Seiten zu verstehen, muss man sich das Spannungsfeld des deutschen Namensrechts bei Adoptionen ansehen. Hier standen sich mehrere Normen und Prinzipien gegenüber.
Die zentrale Vorschrift, auf die sich das Standesamt berief, ist § 1757 Abs. 1 BGB. Dieser Paragraph regelt den Namen des angenommenen Kindes und besagt unmissverständlich: „Das Kind erhält als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden.“ Für die Adoption von Erwachsenen verweist § 1767 Abs. 2 BGB grundsätzlich auf diese Regelung. Das Gesetz sieht also standardmäßig vor, dass die alte Namensidentität durch die neue ersetzt wird. Ausnahmen sind eng gefasst und trafen auf den vorliegenden Fall nicht zu.
Demgegenüber steht die Bindungswirkung gerichtlicher Entscheidungen. Ein rechtskräftiger Beschluss eines Gerichts – hier des Familiengerichts – ist für Behörden wie ein Standesamt grundsätzlich verbindlich. Er schafft Fakten und kann nicht einfach ignoriert werden, nur weil eine Behörde die Rechtslage anders interpretiert.
Als übergeordnetes Prinzip schwebt über dem gesamten Fall das allgemeine Persönlichkeitsrecht, verankert in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass der Name ein wesentlicher Teil der Identität einer Person ist und unter diesem Schutz steht. Ein staatlicher Eingriff in das Recht auf den eigenen Namen muss daher gut begründet sein.
Warum das Gericht dem Standesamt nicht folgte: Eine Analyse der Entscheidung
Das Amtsgericht Braunschweig wies die Forderung des Standesamtes zurück. Es entschied, dass keine Anweisung zur Änderung des Geburtsnamens erteilt wird. Die Begründung des Gerichts stützt sich auf zwei voneinander unabhängige, aber sich gegenseitig stärkende Argumentationslinien.
Die Bindungswirkung des ersten Urteils
Zunächst stellte das Gericht klar, dass der ursprüngliche Beschluss des Familiengerichts G. für das Standesamt bindend ist. Die darin getroffene Regelung, den Geburtsnamen „F.“ beizubehalten, war keine bloße Feststellung, sondern eine bewusste, gestaltende Entscheidung. Sie entsprach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten im Adoptionsverfahren.
Das Standesamt hatte im Kern argumentiert, dieser Teil des Beschlusses sei rechtlich unwirksam oder sogar „nichtig“, weil er dem Wortlaut des § 1757 BGB widerspreche. Diesem Argument erteilte das Amtsgericht Braunschweig eine klare Absage. Eine gerichtliche Entscheidung ist nur in extremen Ausnahmefällen nichtig – etwa, wenn sie auf keinerlei gesetzlicher Grundlage beruht oder eine Rechtsfolge schafft, die der deutschen Rechtsordnung völlig fremd ist.
Das war hier nicht der Fall. Das Familiengericht hatte lediglich von der starren gesetzlichen Standardfolge abgewichen, um den Besonderheiten einer Volljährigenadoption und dem Willen der Beteiligten gerecht zu werden. Eine solche Abweichung, so das Gericht, mache einen Beschluss nicht automatisch nichtig. Damit war die Sache im Grunde schon entschieden: Das Standesamt ist an die Entscheidung des Familiengerichts gebunden und muss sie umsetzen – ohne Namensänderung.
Die Verfassung im Nacken: Warum das Gesetz selbst auf dem Prüfstand steht
Das Gericht ging jedoch noch einen entscheidenden Schritt weiter. Es legte dar, dass es dem Standesamt selbst dann keine Anweisung zur Namensänderung erteilen würde, wenn der Beschluss des Familiengerichts fehlerhaft gewesen wäre. Der Grund hierfür liegt in erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Regelung selbst.
Das Gericht verwies auf einen wegweisenden Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. Mai 2020 (Az. XII ZB 427/19). In diesem Verfahren hatte der BGH das Bundesverfassungsgericht angerufen, um zu klären, ob die starre Regelung in §§ 1767, 1757 BGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der BGH äußerte damals die Überzeugung, dass die Vorschrift verfassungswidrig sein könnte. Sie greife unverhältnismäßig in das Persönlichkeitsrecht volljähriger Adoptierter ein, indem sie ihnen die Möglichkeit nimmt, ihren bisherigen, identitätsstiftenden Namen beizubehalten.
Zusätzlich hat der Gesetzgeber das Problem bereits erkannt und gehandelt. Ein neues Gesetz zur Änderung des Namensrechts wurde bereits beschlossen und tritt am 1. Mai 2025 in Kraft. Die Neufassung des § 1767 BGB wird es volljährig Adoptierten dann ausdrücklich ermöglichen, ihren bisherigen Geburtsnamen zu behalten, wenn sie der Namensänderung widersprechen.
Angesichts dieser Entwicklungen – der schwebenden verfassungsrechtlichen Prüfung und der bevorstehenden Gesetzesänderung – wäre es laut Amtsgericht Braunschweig widersprüchlich und rechtlich nicht vertretbar, das Standesamt jetzt zur Durchsetzung einer Regelung zu zwingen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig ist und in Kürze ohnehin abgeschafft wird.
Warum die Argumente des Standesamts nicht überzeugten
Das zentrale Argument des Standesamtes war die strikte Treue zum Wortlaut des Gesetzes. Es sah sich als reine Vollzugsbehörde, die § 1757 BGB buchstabengetreu anwenden muss. Diese Position scheiterte aus zwei Gründen:
- Sie verkannte die Bindungswirkung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung, die Vorrang vor der eigenen Gesetzesauslegung der Behörde hat.
- Sie ignorierte den verfassungsrechtlichen Kontext. Eine rein mechanische Anwendung eines einfachen Gesetzes ist nicht mehr geboten, wenn dessen Vereinbarkeit mit dem höherrangigen Grundgesetz von höchsten Gerichten ernsthaft infrage gestellt wird.
Was bedeutet dieses Urteil jetzt für Sie?
Diese Entscheidung stärkt die Rechte und den Willen von volljährigen Personen, die eine Adoption in Erwägung ziehen. Sie zeigt, dass die Gerichte zunehmend bereit sind, die starren Fesseln des alten Namensrechts im Lichte des Persönlichkeitsrechts und der individuellen Lebensgestaltung zu interpretieren. Für Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, ergeben sich daraus konkrete Handlungsempfehlungen.
Checkliste: Namensführung bei der Volljährigenadoption
- Klären Sie den Namenswunsch frühzeitig: Besprechen Sie vor dem Adoptionsantrag klar mit allen Beteiligten, ob der bisherige Geburtsname behalten oder geändert werden soll.
- Formulieren Sie einen eindeutigen Antrag: Stellen Sie sicher, dass Ihr Wille bezüglich des Namens im Adoptionsantrag an das Familiengericht klar und unmissverständlich formuliert ist.
- Bestehen Sie auf einer expliziten Regelung im Beschluss: Achten Sie darauf, dass das Familiengericht Ihren Namenswunsch nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern ihn, wie im vorliegenden Fall, ausdrücklich in den Tenor seines Beschlusses aufnimmt. Dies schafft maximale Rechtssicherheit.
- Verweisen Sie auf die aktuelle Rechtsentwicklung: Sollte ein Standesamt dennoch Zweifel äußern, können Sie auf diesen Beschluss des AG Braunschweig (Az. 44 III 12/24) sowie den Vorlagebeschluss des BGH (Az. XII ZB 427/19) verweisen, um die verfassungsrechtlichen Bedenken zu untermauern.
- Informieren Sie sich über die neue Rechtslage ab Mai 2025: Ab dem 1. Mai 2025 wird das Recht, den eigenen Geburtsnamen zu behalten, gesetzlich verankert. Dies wird Ihre Position gegenüber den Behörden nochmals erheblich stärken.
Die Urteilslogik
Das Namensrecht der Volljährigenadoption räumt der Bindung an gerichtliche Beschlüsse und dem Persönlichkeitsrecht des Einzelnen Vorrang vor dem starren Buchstaben des Gesetzes ein.
- Selbstbestimmung des Namens: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt volljährigen Adoptierten das Recht, ihre identitätsstiftende Namenskontinuität gegen starre gesetzliche Namensvorschriften zu verteidigen, besonders wenn diese Vorschriften als verfassungswidrig gelten.
- Bindung an Gerichtsbeschlüsse: Eine Verwaltungsbehörde muss die gestaltende Entscheidung eines rechtskräftigen Familiengerichtsbeschlusses zwingend umsetzen, da die Behörde nicht befugt ist, die Rechtswirksamkeit des Urteils nachträglich in Zweifel zu ziehen.
- Verfassungskonforme Rechtsanwendung: Gerichte vermeiden die Durchsetzung einfacher Gesetzesnormen, wenn deren Verfassungsmäßigkeit höchstrichterlich ernsthaft infrage steht und eine bevorstehende Gesetzesreform die beanstandete Rechtslage zeitnah korrigiert.
Die Identität des volljährig Angenommenen bestimmt der eigene Wille, gestützt durch die gerichtliche Entscheidungsgewalt.
Experten Kommentar
Wenn ein volljähriger Mensch adoptiert wird, geht es um Familie und Identität, nicht um die mechanische Abarbeitung alter Paragraphen. Dieses Urteil ist ein wichtiges Signal gegen Standesämter, die sich stur auf den alten Wortlaut des BGB berufen und den Wunsch des Adoptierten ignorieren. Das Gericht macht klar, dass man sich nicht auf eine Gesetzesnorm berufen kann, die von höchsten Gerichten bereits als verfassungswidrig eingestuft wurde und sowieso bald geändert wird. Die strategische Konsequenz ist eindeutig: Bis das neue Namensrecht 2025 greift, liefert dieser Beschluss die nötige juristische Munition, um den Geburtsnamen konsequent beizubehalten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Muss ich meinen Geburtsnamen bei der Erwachsenenadoption zwingend ändern?
Nein, Sie müssen Ihren Geburtsnamen bei der Erwachsenenadoption nicht zwingend ändern, obwohl das Gesetz formal die Annahme des Namens des Annehmenden vorsieht (§ 1757 BGB). Die starre Anwendung dieser Vorschrift bei Volljährigen verstößt häufig gegen höherrangiges Recht. Ihr Wunsch nach Namensbeibehaltung hat Vorrang, sofern er im gerichtlichen Adoptionsverfahren klar dokumentiert wurde.
Deutsche Gerichte erkennen den Schutz des Namens als elementaren Bestandteil der Identität volljähriger Menschen an. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 GG) sorgt dafür, dass ein staatlicher Zwang zur Namensänderung bei Erwachsenen oft als unverhältnismäßig gilt. Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und das Namensrecht bereits reformiert; ab Mai 2025 wird die Beibehaltung des bisherigen Namens offiziell gesetzlich verankert sein.
Entscheidend ist die juristische Kraft Ihres Adoptionsbeschlusses. Wenn das Familiengericht Ihrem Wunsch zur Beibehaltung des Geburtsnamens explizit zustimmt, entfaltet dieser eine verbindliche Wirkung. Das Amtsgericht Braunschweig bestätigte 2024, dass die im Beschluss festgehaltene Namensbeibehaltung gegenüber einem Standesamt, das auf den Wortlaut des BGB pocht, umzusetzen ist.
Überprüfen Sie Ihren Adoptionsantrag und stellen Sie sicher, dass Ihr Wunsch zur Beibehaltung des Geburtsnamens als explizite Anordnung in den Gerichtsbeschluss aufgenommen wird.
Welche Rechte habe ich als volljährig Adoptierter, meinen Geburtsnamen zu behalten?
Ihr wichtigstes Recht zur Beibehaltung des Geburtsnamens ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses ist im Grundgesetz verankert (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und schützt den Namen als wesentlichen Bestandteil Ihrer Identität. Starre gesetzliche Namensänderungen, wie sie das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 1757 BGB) vorsieht, stellen bei volljährig Adoptierten einen unverhältnismäßigen Eingriff in dieses Grundrecht dar.
Der Name genießt den höchsten juristischen Schutz, weshalb staatliche Eingriffe eine sehr gute Begründung erfordern. Wichtiger als der reine Wortlaut des § 1757 BGB ist die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Familiengerichtsbeschlusses. Hat das Familiengericht die Beibehaltung Ihres Geburtsnamens explizit im Beschlusstenor angeordnet, muss das Standesamt diese gestaltende Entscheidung zwingend umsetzen. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte die Verfassungsmäßigkeit der automatischen Zwangsnorm bereits 2020 infrage (Az. XII ZB 427/19).
Konkret: Das Amtsgericht Braunschweig bestätigte in einem Beschluss vom Juni 2024 (Az. 44 III 12/24), dass eine erzwungene Namensänderung unzulässig ist, wenn sie das Persönlichkeitsrecht verletzt. Die juristische Position des Adoptierten ist heute stark, da der Gesetzgeber die starre Regelung erkannt hat. Ab dem 1. Mai 2025 wird die Beibehaltung des Geburtsnamens für Volljährige ohnehin gesetzlich verankert. Diese bevorstehende Gesetzeskorrektur stärkt Ihre Rechtsposition schon heute.
Sammeln Sie alle Dokumente, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die relevanten Gerichtsbeschlüsse zitieren, um Ihren Antrag argumentativ zu untermauern.
Wie muss ich den Wunsch zur Namensbeibehaltung im Adoptionsantrag formulieren?
Um Konflikte mit nachfolgenden Behörden von vornherein auszuschließen, müssen Sie Ihren Wunsch nach Namensbeibehaltung juristisch präzise und zwingend formulieren. Es reicht nicht aus, den Wunsch lediglich in der Begründung des Adoptionsantrags zu erwähnen. Sie müssen aktiv fordern, dass das Familiengericht die Beibehaltung Ihres Geburtsnamens ausdrücklich in den Tenor des Adoptionsbeschlusses aufnimmt. Nur diese gestaltende Entscheidung des Gerichts entfaltet eine zwingende Bindungswirkung gegenüber dem Standesamt.
Stellen Sie sicher, dass die Formulierung über die reine Kenntnisnahme hinausgeht und eine klare Rechtsfolge festschreibt. Eine unklare oder passive Formulierung, welche den Namenswunsch nur in der Begründung nennt, erlaubt es nachgeordneten Behörden, sich auf den Standardparagraphen § 1757 BGB zu berufen. Wenn der Gerichtsbeschluss hingegen eine aktive Anordnung zur Abweichung vom Gesetz enthält, muss das Standesamt diese umsetzen.
Fügen Sie dem Adoptionsantrag oder einem separaten Schriftsatz einen Absatz hinzu, der diese Forderung fixiert. Eine juristisch belastbare Formulierung lautet: „Die Annahme als Kind erfolgt mit der Maßgabe, dass der Angenommene den bisherigen Geburtsnamen weiterhin führt.“ Ergänzen Sie dies idealerweise mit einer kurzen Begründung, die auf Ihr Persönlichkeitsrecht (Art. 2 GG) und die unverhältnismäßige Zwangsänderung verweist.
Klären Sie den Namenswunsch vor der Antragstellung unbedingt mit dem Annehmenden ab, um dem Familiengericht einen übereinstimmenden Willen präsentieren zu können.
Was mache ich, wenn das Standesamt die Namensänderung trotz Familiengerichtsbeschluss fordert?
Wenn das Standesamt einen rechtskräftigen Adoptionsbeschluss ignoriert, handeln Sie sofort und mit einem formellen Antwortschreiben. Senden Sie der Behörde dieses Schreiben zu und bestehen Sie auf der Bindungswirkung der Entscheidung des Familiengerichts. Standesämter dürfen die Rechtslage nicht selbst anders auslegen, da das Gericht die Beibehaltung Ihres Geburtsnamens bereits explizit angeordnet hat. Fügen Sie unbedingt das Aktenzeichen des rechtskräftigen Beschlusses bei, um diesen Anspruch zu untermauern.
Der Familiengerichtsbeschluss ist für das Standesamt grundsätzlich zwingend umzusetzen, da er eine bewusste, gestaltende Entscheidung ist. Eine gerichtliche Anordnung gilt nur in extremen Ausnahmefällen als nichtig und kann nicht wegen bloßer Abweichung vom Buchstaben des § 1757 BGB ignoriert werden. Sollte die Behörde dennoch unsicher bleiben und die Umsetzung verweigern, nutzt sie möglicherweise das juristische Instrument der Zweifelsvorlage gemäß § 49 Abs. 2 des Personenstandsgesetzes (PStG).
Bei einer solchen Zweifelsvorlage bittet das Standesamt das zuständige Amtsgericht um eine verbindliche Anweisung. Dieses Verfahren dürfen Sie nicht passiv hinnehmen. Treten Sie dort aktiv als Beteiligter auf und bekräftigen Sie Ihren Standpunkt. Verweisen Sie auf die aktuelle Rechtsprechung, wie den Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig, der eine Zwangsänderung ablehnte. Argumentieren Sie, dass die erzwungene Namensänderung im Lichte des Persönlichkeitsrechts (Art. 2 GG) unverhältnismäßig ist.
Suchen Sie frühzeitig juristischen Rat, um Ihre Identität aktiv gegen die drohende Zwangsänderung zu verteidigen.
Welche Rolle spielt das Persönlichkeitsrecht bei der Namenswahl nach Volljährigenadoption?
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) stellt die höchste juristische Autorität bei der Namenswahl dar. Es schützt den Namen als einen zentralen Kernbestandteil Ihrer Identität. Obwohl das einfache Gesetz (§ 1757 BGB) eine starre Namensänderung vorsieht, bewerten Gerichte diesen Zwang als unverhältnismäßigen Eingriff. Das übergeordnete Grundgesetz steht damit über den starren Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Bei einer Kollision zwischen dem einfachen Namensrecht und dem höherrangigen Grundgesetz (GG) setzt sich Letzteres durch. Der Staat darf nur mit triftiger Begründung in die freie Gestaltung der eigenen Identität eingreifen. Bei volljährig Adoptierten, deren Identität bereits durch den Geburtsnamen gefestigt wurde, ist der staatliche Zwang zur Namensänderung nicht mehr durch legitime Adoptionszwecke gedeckt. Gerichte erkennen diese Unverhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung zunehmend an.
Diese juristische Schwäche des Gesetzes stärkt die Position Adoptierter maßgeblich. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte 2020 fest, dass die starre Vorschrift verfassungswidrig sein könnte. Er rief daher das Bundesverfassungsgericht an, um die Verfassungskonformität von § 1757 BGB prüfen zu lassen. Solche Präzedenzwirkungen zeigen, dass das oberste Zivilgericht die Gefahr eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das geschützte Grundrecht erkennt.
Nutzen Sie diese Argumentation und zitieren Sie den Vorlagebeschluss des BGH (Az. XII ZB 427/19), wenn Sie mit Familiengerichten oder Standesämtern kommunizieren.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, verankert in unserem Grundgesetz (Art. 2 Abs. 1 GG), schützt die individuelle Lebensgestaltung und die Würde jedes Einzelnen vor unverhältnismäßigen staatlichen Eingriffen.
Dieses Grundrecht gewährleistet, dass jede Person selbst über ihre Darstellung in der Öffentlichkeit und über fundamentale Aspekte ihrer Identität, wie etwa den eigenen Namen, frei bestimmen kann.
Beispiel: Das Amtsgericht Braunschweig stützte seine Entscheidung wesentlich darauf, dass eine Zwangsumbenennung des volljährig Adoptierten einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen würde.
Bindungswirkung
Die Bindungswirkung beschreibt das juristische Prinzip, dass ein einmal rechtskräftig gefällter Gerichtsbeschluss für alle am Verfahren Beteiligten sowie für nachgeordnete Behörden zwingend und unumstößlich ist.
Juristen nennen dies materielle Rechtskraft; das Gesetz schafft damit Rechtssicherheit und verhindert, dass Entscheidungen von Standesämtern oder anderen Stellen ständig neu hinterfragt oder ignoriert werden.
Beispiel: Weil der Adoptionsbeschluss des Familiengerichts die Beibehaltung des Geburtsnamens explizit festlegte, musste das Standesamt die Bindungswirkung dieses gestaltenden Beschlusses grundsätzlich akzeptieren.
Folgebeurkundung
Eine Folgebeurkundung ist der administrative Akt, bei dem das Standesamt nach einer wesentlichen Änderung des Personenstandes – beispielsweise infolge einer Adoption – den ursprünglichen Geburtseintrag entsprechend im Register aktualisiert.
Diese amtliche Änderung dient der Nachvollziehbarkeit und der Gewährleistung der öffentlichen Richtigkeit von Personenstandsdaten, indem sie den neuen Sachstand offiziell dokumentiert.
Beispiel: Obwohl das Standesamt verpflichtet war, nach der Volljährigenadoption eine Folgebeurkundung vorzunehmen, weigerte es sich, den Geburtsnamen des Mannes ohne die aus seiner Sicht gesetzlich vorgeschriebene Namensänderung festzuhalten.
Tenor (des Beschlusses)
Der Tenor eines gerichtlichen Beschlusses ist der Kerninhalt der Entscheidung selbst, in dem das Gericht kurz und präzise die konkreten Rechtsfolgen, Anordnungen und Regelungen festschreibt.
Der Tenor stellt den allein rechtlich verbindlichen Teil des Urteils oder Beschlusses dar, im Gegensatz zur Begründung, die lediglich die Herleitung der Entscheidung erläutert.
Beispiel: Nur weil die Beibehaltung des Geburtsnamens ausdrücklich in den Tenor des Adoptionsbeschlusses aufgenommen wurde, konnte der volljährige Adoptierte seine Namensführung erfolgreich gegenüber der Auffassung des Standesamtes verteidigen.
Zweifelsvorlage
Als Zweifelsvorlage bezeichnen Juristen das spezielle Verfahren nach § 49 Abs. 2 PStG, bei dem eine Behörde, die sich im Vollzug eines Gesetzes unsicher ist, die rechtsverbindliche Klärung durch ein zuständiges Gericht erbittet.
Dieses Instrument dient dazu, die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung und die Rechtssicherheit bei komplexen Personenstandsfragen sicherzustellen, bevor die Behörde einen möglicherweise fehlerhaften Eintrag vornimmt.
Beispiel: Das Standesamt nutzte die juristische Zweifelsvorlage, um vom Amtsgericht Braunschweig eine verbindliche Anweisung zu erhalten, ob es den Geburtsnamen des Mannes gegen den Wortlaut des ursprünglichen Familiengerichtsbeschlusses ändern müsse.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht Braunschweig – Az.: 44 III 12/24 – Beschluss vom 25.06.2024
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