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Nachtragsliquidation: Beschwerde von Kaufinteressenten – wann zulässig?

Ein Kaufinteressent bot in der Nachtragsliquidation einer gelöschten GmbH das höchste Gebot für ein Grundstück. Der Liquidator lehnte ab; doch die Richter stellten die grundlegende Frage nach der rechtlichen Befugnis des Bieters zur Beschwerde infrage.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 22 W 23/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Kammergericht Berlin
  • Datum: 19.06.2025
  • Aktenzeichen: 22 W 23/25
  • Verfahren: Beschwerdeverfahren in einer Unternehmensangelegenheit (Nachtragsliquidation)
  • Rechtsbereiche: Gesellschaftsrecht (Liquidation), Verfahrensrecht

  • Das Problem: Eine am Erwerb eines Grundstücks interessierte Firma (UG) bot den höchsten Kaufpreis, bekam das Grundstück aber nicht. Sie warf dem Nachtragsliquidator vor, seine Pflichten verletzt und das Grundstück unrechtmäßig an eine Stiftung verkauft zu haben. Die UG verlangte gerichtlich, dass dem Liquidator die Vertretung der Gesellschaft untersagt wird.
  • Die Rechtsfrage: Darf ein externer Bieter, der sich durch den Verkauf an Dritte benachteiligt fühlt, eine gerichtliche Entscheidung anfechten, die den Nachtragsliquidator im Amt bestätigt?
  • Die Antwort: Nein, die Beschwerde wurde als unzulässig verworfen. Ein bloßer Kaufinteressent ist durch die Entscheidungen des Liquidators nur mittelbar betroffen und hat keinen eigenen Rechtsanspruch, der eine solche Beschwerde begründen würde.
  • Die Bedeutung: Ein Liquidator muss zwar das Gesellschaftsvermögen bestmöglich verwerten, unterliegt aber der Vertragsfreiheit. Externe Interessenten können gerichtliche Entscheidungen zur Bestellung oder Abberufung des Liquidators nicht anfechten, selbst wenn sie behaupten, das höchste Gebot abgegeben zu haben.

Der Fall vor Gericht


Darf ein übergangener Kaufinteressent den Verwalter eines Grundstücks vor Gericht stoppen?

Man bietet mehr als alle anderen. Man legt sogar noch Geld nach. Man ist sich sicher, den Zuschlag für ein Grundstück zu bekommen. Und dann verkauft der Verwalter das Land an jemand anderen. Genau das passierte einer Unternehmergesellschaft in Brandenburg. Sie witterte ein Komplott, zog vor Gericht und wollte den Verkauf per einstweiliger Verfügung stoppen. Das Kammergericht Berlin stellte ihr eine ganz andere, viel grundlegendere Frage: Haben Sie überhaupt das Recht, sich hier zu beschweren?

Warum wurde überhaupt ein Verwalter für ein „Geisterunternehmen“ bestellt?

Der Nachtragsliquidator unterzeichnet den Kaufvertrag zur Verwertung des Restvermögens, ungeachtet der unzulässigen Beschwerde.
Kaufinteressent scheitert: Nur wer eigenes Recht verletzt sieht, hat Beschwerdebefugnis. | Symbolbild: KI

Die Geschichte beginnt mit einer Firma, die es offiziell gar nicht mehr gab. Eine GmbH war bereits 2004 wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht worden. Ein Problem blieb – die gelöschte Firma stand immer noch als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch. Ein „Geisterunternehmen“ mit echtem Besitz. Um dieses Restvermögen zu Geld zu machen, muss das Gericht einen sogenannten Nachtragsliquidator bestellen. Seine Aufgabe ist es, das verbliebene Vermögen im Interesse der Gläubiger und der früheren Gesellschafter zu verkaufen. Im Jahr 2023 wurde ein neuer Nachtragsliquidator eingesetzt, nachdem sein Vorgänger abberufen worden war. Dieser neue Verwalter sollte den Verkauf des Grundstücks endlich abschließen.

Welche Vorwürfe erhob die Kaufinteressentin gegen den Liquidator?

Eine Unternehmergesellschaft (UG) hatte großes Interesse an dem Grundstück. Sie gab ein Kaufangebot über 120.000 Euro ab und erhöhte es später auf 130.000 Euro. Sie sah sich als Meistbietende. Der Liquidator verkaufte das Grundstück am Ende aber an eine neu gegründete Stiftung. Die UG war empört. Sie warf dem Liquidator vor, seine Pflicht zur bestmöglichen Verwertung des Vermögens verletzt zu haben, wie es das GmbH-Gesetz vorschreibt (§ 70 Satz 1 GmbHG).

Ihr Verdacht ging weiter. Sie vermutete eine Absprache zwischen dem Liquidator und der örtlichen Gemeinde. Man wolle gezielt verhindern, dass auf dem Gelände wieder eine Airsoft-Anlage betrieben wird – ein Interesse, das die UG und ihr Umfeld verfolgten. Die UG listete Indizien auf: ein angeblich rückdatiertes Kaufangebot des Ehemanns eines Gemeinderatsmitglieds und die ständige Einbeziehung der Gemeinde unter dem Vorwand eines Vorkaufsrechts. Dieses Vorkaufsrecht sei nur vorgeschoben, da die Gemeinde finanziell gar nicht in der Lage wäre, es auszuüben. Die UG beantragte beim Amtsgericht eine einstweilige Verfügung. Das Ziel: Dem Liquidator sollte verboten werden, die „Geister-GmbH“ weiter zu vertreten, bis über seine Abberufung entschieden ist. Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab. Die UG legte Beschwerde ein – der Fall landete beim Kammergericht Berlin.

Warum wies das Gericht die Beschwerde zurück, ohne die Vorwürfe zu prüfen?

Das Kammergericht tat etwas, das für die UG ernüchternd war. Es prüfte die ganzen Vorwürfe – die Mauschelei-Anschuldigungen, das höhere Gebot, das angebliche Komplott – gar nicht erst in der Sache. Die Richter stoppten das Verfahren an einer formalen Hürde. Sie erklärten die Beschwerde für unzulässig. Der Grund lag in einem juristischen Schlüsselbegriff: der Beschwerdebefugnis.

Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) regelt klar, wer sich beschweren darf. In unternehmensrechtlichen Verfahren ist das nur derjenige, der durch eine gerichtliche Entscheidung in seinen eigenen Rechten beeinträchtigt wird (§ 59 Abs. 1 FamFG). Nur ein Interesse am Ausgang des Verfahrens oder eine wirtschaftliche Betroffenheit reichen nicht aus. Man muss nachweisen, dass eine geschützte Rechtsposition direkt verletzt wurde.

Das Gericht stellte fest: Die UG war lediglich eine von mehreren Kaufinteressentinnen. Ihre Hoffnung auf den Kauf des Grundstücks ist ein rein wirtschaftliches Interesse. Sie ist keine Gläubigerin der alten GmbH, keine frühere Gesellschafterin und auch keine Mieterin oder Pächterin des Grundstücks. Ihr wurde durch die Entscheidung des Amtsgerichts – den Liquidator im Amt zu belassen – kein eigenes, verbrieftes Recht genommen. Sie war nur mittelbar betroffen. Das genügt nicht für eine Beschwerde.

Verpflichtet das höchste Gebot einen Liquidator nicht zum Verkauf?

Hier lag der Denkfehler der UG. Sie ging davon aus, dass ihr höchstes Angebot dem Liquidator eine Art Pflicht auferlegt, mit ihr einen Vertrag zu schließen. Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Ein Liquidator unterliegt zwar der Pflicht zur bestmöglichen Verwertung (§ 70 Satz 1 GmbHG), aber er ist kein Auktionator, der dem Höchstgebot den Zuschlag geben muss.

Das Kammergericht betonte den Grundsatz der Vertragsfreiheit. Der Liquidator ist frei in seiner Entscheidung, mit wem er einen Kaufvertrag abschließt. Er muss dabei zwar die Interessen der Gesellschaft wahren, kann aber auch andere Kriterien als nur den reinen Kaufpreis berücksichtigen – zum Beispiel die Bonität des Käufers, die Seriosität des Konzepts oder die Geschwindigkeit der Abwicklung. Ein Anspruch eines Bieters, den Vertrag zu bekommen, entsteht allein durch das höchste Gebot nicht. Ohne einen solchen Anspruch gibt es auch kein verletztes Recht, das eine Beschwerdebefugnis begründen könnte.

Hätten die Mauschelei-Vorwürfe nicht doch eine Rolle spielen müssen?

Die UG hatte argumentiert, dass das Verhalten des Liquidators rechtswidrig sei und dadurch die Interessen der „Geister-GmbH“ geschädigt würden – was wiederum ihre eigene Chance auf einen fairen Kaufprozess zunichtemache. Das Gericht ließ auch dieses Argument nicht gelten. Selbst wenn der Liquidator seine Pflichten verletzt haben sollte, begründet das einen Anspruch für die Gesellschaft selbst oder ihre Gläubiger – aber nicht automatisch für einen außenstehenden Dritten wie die UG.

Die erhobenen Vorwürfe waren aus Sicht des Gerichts nicht geeignet, eine eigene Rechtsverletzung der UG zu belegen. Dass der Liquidator möglicherweise mit der Gemeinde zusammenarbeitet oder ein anderer Bieter bevorzugt wird, mag den Verkaufsprozess intransparent erscheinen lassen. Es schafft aber für die UG kein Subjektives Recht, die Abberufung des Liquidators zu erzwingen. Die Tür zum Gerichtssaal blieb für sie verschlossen, weil sie den falschen Schlüssel hatte. Sie klagte aus der Position einer enttäuschten Käuferin – nicht aus der Position einer Inhaberin eines verletzten Rechts. Das Kammergericht verwarf ihre Beschwerde als unzulässig.

Die Urteilslogik

Die Hoffnung auf ein Geschäft begründet noch keine rechtlich geschützte Position, die es außenstehenden Dritten erlaubt, in interne Liquidationsprozesse eines Unternehmens einzugreifen.

  • Beschwerdebefugnis verlangt eigene Rechtsverletzung: Wer eine gerichtliche Entscheidung in Unternehmensverfahren anfechten will, muss nachweisen, dass diese seine eigenen, unmittelbar geschützten Rechte verletzt; ein bloß wirtschaftliches Interesse oder die Verärgerung über einen ungünstigen Verkauf genügen hierfür nicht.
  • Vertragsfreiheit in der Verwertung: Die gesetzliche Pflicht des Nachtragsliquidators zur bestmöglichen Verwertung des Gesellschaftsvermögens verpflichtet ihn nicht, automatisch das höchste Kaufangebot anzunehmen; er darf die Vertragsfreiheit nutzen, um neben dem Preis auch die Seriosität, Bonität oder die Geschwindigkeit der Abwicklung in seine Verkaufsentscheidung einzubeziehen.
  • Kein subjektiver Anspruch des Bieters: Ein Kaufinteressent erwirbt selbst durch das höchste Gebot keinen Anspruch auf den Vertragsabschluss und kann die Abberufung des Liquidators nicht erzwingen, da vermutete Pflichtverletzungen primär die Gesellschaft oder deren Gläubiger betreffen.

Der Zugang zu den Gerichten in Unternehmensverfahren bleibt somit eng auf diejenigen beschränkt, deren verbriefte Rechte unmittelbar auf dem Spiel stehen.


Experten Kommentar

Oft wird angenommen, wer am meisten bietet, hat automatisch das Recht auf den Zuschlag – dieser Trugschluss wurde der frustrierten Bieterin hier zum Verhängnis. Das Kammergericht hat die Position des Liquidators massiv gestärkt: Er ist kein Auktionator, der dem Höchstgebot folgen muss, sondern genießt Vertragsfreiheit, solange er die Verwertungsinteressen der Gesellschaft wahrt. Für alle Kaufinteressenten ist die Konsequenz klar: Ein bloß wirtschaftliches Interesse am Kauf reicht nicht aus, um gerichtliche Entscheidungen in der Nachtragsliquidation anzufechten. Die Schwelle für eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung liegt extrem hoch; ohne die Stellung als Gläubiger oder Gesellschafter bleibt die Tür zum Gericht verschlossen.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss der Verwalter mein höchstes Kaufangebot annehmen oder hat er freie Wahl?

Der Liquidator ist nicht verpflichtet, das finanziell höchste Kaufangebot anzunehmen, auch wenn Sie sich als Meistbietender sehen. Diese juristische Annahme ist ein weit verbreiteter Irrtum. Der Verwalter handelt nicht wie ein Auktionator, der dem Meistbietenden automatisch den Zuschlag erteilen muss. Er genießt stattdessen den wichtigen Grundsatz der Vertragsfreiheit.

Zwar unterliegt der Liquidator der gesetzlichen Pflicht zur bestmöglichen Verwertung des Gesellschaftsvermögens, wie es § 70 Satz 1 GmbHG vorschreibt. Diese Pflicht gibt ihm jedoch einen entscheidenden Ermessensspielraum bei der Auswahl des Vertragspartners. Der Preis ist dabei nur ein Kriterium von mehreren. Der Verwalter darf weitere Faktoren gewichten, etwa die Bonität des potenziellen Käufers, die Seriosität des Konzepts oder die zugesagte Geschwindigkeit der gesamten Abwicklung.

Allein die Abgabe des höchsten Gebots begründet keinen rechtlichen Anspruch auf den Abschluss eines Kaufvertrages. Juristisch entsteht kein subjektives Recht des Bieters auf den Zuschlag. Konkret: Liegt ein niedrigeres Angebot vor, das eine schnellere und risikofreiere Abwicklung verspricht, darf der Liquidator dieses Angebot im Interesse der Gläubiger und Gesellschafter bevorzugen. Gerichte akzeptieren dies als legitime Ausübung des Ermessens, solange der Verkauf nicht grob fahrlässig unter dem tatsächlichen Marktwert stattfindet.

Fordern Sie vom Liquidator eine schriftliche Begründung an, in der dargelegt wird, welche nicht-monetären Kriterien die Annahme des niedrigeren Angebots rechtfertigten.


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Habe ich als enttäuschter Kaufinteressent die juristische Befugnis, den Verkauf gerichtlich zu stoppen?

Die einfache Antwort lautet: Nein, als bloßer Kaufinteressent können Sie den Verkauf in aller Regel nicht gerichtlich stoppen. Ihr Wunsch, das Grundstück zu erwerben, stellt lediglich ein nicht geschütztes rein wirtschaftliches Interesse dar. Gerichte weisen eine Beschwerde ab, wenn Sie nicht durch die Entscheidung in Ihren eigenen, verbrieften Rechten beeinträchtigt werden. Die Hoffnung auf den Kauf des Grundstücks ist kein geschütztes Recht.

Die gerichtliche Prüfung stoppt bereits an der formalen Hürde der Beschwerdebefugnis. Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG darf nur derjenige eine Beschwerde einlegen, dessen eigene Rechtsstellung unmittelbar verletzt wurde. Da Sie keinen Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages haben, liegt keine solche Verletzung vor. Die Richter prüfen die Vorwürfe gegen den Liquidator – selbst bei offensichtlicher Mauschelei – nicht, wenn diese formale Voraussetzung fehlt.

Nehmen wir an, Sie sind davon überzeugt, dass der Liquidator Unrecht getan hat. Ihre Überzeugung oder die Existenz eines höheren Gebots verleiht Ihnen jedoch kein klagbares subjektives Recht. Um den Status eines bloßen Kaufinteressenten zu verlassen, müssten Sie eine geschützte Rechtsposition nachweisen. Dies wäre der Fall, wenn Sie beispielsweise ein Gläubiger oder ein früherer Gesellschafter der liquidierten Gesellschaft wären.

Konzentrieren Sie Ihre juristische Recherche daher darauf, ob Sie einen versteckten Anspruch als Gläubiger der liquidierten GmbH haben.


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Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um mich gegen Entscheidungen eines Liquidators beschweren dürfen?

Um eine Beschwerde gegen eine Liquidatorentscheidung vor Gericht durchzusetzen, benötigen Sie einen „juristischen Schlüssel“. Sie müssen nachweisen, dass Sie durch die gerichtliche Entscheidung unmittelbar in einem eigenen, verbrieften Recht verletzt wurden. Nur der Status als direkter Anspruchsinhaber der liquidierten Gesellschaft, etwa als Gläubiger oder früherer Gesellschafter, begründet die notwendige Beschwerdebefugnis. Ein rein wirtschaftliches Interesse am Kauf des Vermögens reicht nicht aus.

Das Gesetz verlangt zwingend die Inhaberschaft einer geschützten Rechtsposition gemäß § 59 Abs. 1 FamFG. Diese formale Hürde stellt sicher, dass Gerichte nur Verfahren von Personen prüfen, deren subjektive Rechte direkt angetastet wurden. Wer lediglich hofft, den Zuschlag für einen Kauf zu erhalten, gilt juristisch nur als Kaufinteressent. Ein Interessent ist allenfalls mittelbar betroffen, selbst wenn der Liquidator angeblich seine Pflichten zur bestmöglichen Verwertung verletzt. Die fehlende unmittelbare Betroffenheit verhindert, dass das Gericht die sachlichen Vorwürfe überhaupt prüft.

Der Status als potenzieller Bieter zählt explizit nicht zu den juristisch geschützten Rechtspositionen. Nehmen wir an, Sie sind weder Gläubiger der aufgelösten GmbH noch Mieter oder Pächter des betroffenen Grundstücks. In diesem Fall verweigert Ihnen das Gericht den Zugang zur Sachentscheidung. Nur wenn Ihre Rechte aus einer bereits bestehenden Rechtsbeziehung zur Gesellschaft selbst oder zur Immobilie stammen, sind Sie beschwerdebefugt. Die Vorwürfe der Pflichtverletzung des Liquidators bleiben dann irrelevant, weil die Beschwerde von vornherein unzulässig ist.

Sammeln Sie alle Dokumente, die eine bestehende Rechtsbeziehung zur Immobilie oder zur liquidierten Gesellschaft (wie offene Forderungen) belegen, um Ihren Status vom bloßen Interessenten zum Rechtsinhaber zu verschieben.


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Was kann ich tun, wenn ich beweisen kann, dass der Liquidator seine Pflicht zur Verwertung verletzt hat?

Selbst wenn Sie eindeutige Beweise für eine Pflichtverletzung des Liquidators besitzen, führen diese Beweise für Sie als externen Bieter nicht automatisch zum gewünschten Kaufvertrag. Sie als außenstehender Dritter haben keinen subjektiven Anspruch auf den Abschluss eines Vertrages gewonnen. Die Verletzung der Pflicht zur bestmöglichen Verwertung des Vermögens schädigt primär die Interessen der liquidierten Gesellschaft selbst oder ihrer Gläubiger.

Die Pflicht zur bestmöglichen Verwertung ist in § 70 Satz 1 GmbHG festgeschrieben. Diese Regel schützt direkt die Vermögensinteressen der Gesellschaft und deren Anspruchsinhaber, nicht aber enttäuschte Kaufinteressenten. Konzentrieren Sie sich als Bieter ausschließlich auf die Pflichtverletzung, ignorieren Sie die Gerichte die formalen Voraussetzungen, die eine gerichtliche Prüfung erst ermöglichen. Wenn Ihnen die Beschwerdebefugnis fehlt, prüft das Gericht die sachlichen Mauschelei-Vorwürfe gar nicht erst.

Die Beweise einer unlauteren Verwertung, wie etwa Indizien für rückdatierte Kaufangebote, sind jedoch nicht völlig nutzlos. Sie können die gesammelten Unterlagen nutzen, um auf eine mögliche Abberufung des Liquidators hinzuweisen. Eine schwere Pflichtverletzung rechtfertigt die Amtsenthebung durch das zuständige Registergericht. Fassen Sie daher alle Indizien in einem Dossier zusammen und legen Sie diese Unterlagen dem Gericht vor, welches den Liquidator ursprünglich bestellt hat, um die zuständigen Stellen auf die Missstände aufmerksam zu machen.


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Wann spielt die vermutete Pflichtverletzung eines Liquidators für externe Dritte wie mich gar keine Rolle?

Die mutmaßlichen Pflichtverletzungen eines Liquidators, wie etwa eine schlechte Verwertung oder Mauschelei, spielen für außenstehende Dritte in dem Moment keine Rolle mehr, in dem das Gericht die formale Unzulässigkeit der Beschwerde feststellt. Entscheidend ist der Mangel an einer Beschwerdebefugnis des Antragstellers. Sobald diese formale Hürde nicht genommen wurde, muss das Gericht die sachlichen Vorwürfe gegen den Liquidator gar nicht erst prüfen.

Selbst wenn Sie stichhaltige Beweise für ein Komplott oder die Nichteinhaltung des § 70 GmbHG vorlegen, sind diese Argumente nachrangig. Deutsche Gerichte prüfen im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuerst die Prozessvoraussetzungen. Fehlt Ihnen eine eigene, verbriefte Rechtsposition, die durch die Entscheidung des Liquidators verletzt wurde, sind Sie nicht beschwerdebefugt gemäß § 59 Abs. 1 FamFG. Ihre Vorwürfe zur Verwertungspflicht können daher die Tür zum Gericht nicht öffnen.

Das Kammergericht Berlin demonstrierte diesen Mechanismus in einem Fall, in dem eine enttäuschte Bieterin massive Vorwürfe erhob. Das Gericht urteilte, dass das bloße Interesse am Kauf eines Grundstücks nur ein rein wirtschaftliches Interesse darstellt. Wer nur mittelbar von einer Entscheidung betroffen ist – etwa durch entgangene Geschäftschancen –, kann keine eigene Rechtsverletzung geltend machen. Die vorgebrachten Indizien, selbst ein höheres Gebot, wurden deshalb komplett ignoriert.

Achten Sie bei zukünftigen Beschwerden unbedingt darauf, dass Ihr Antrag präzise darlegt, welches eigene verbriefte Recht Ihnen entzogen wurde, anstatt nur wirtschaftliche Nachteile zu beschreiben.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Beschwerdebefugnis

Juristen definieren die Beschwerdebefugnis als die formelle Voraussetzung, dass man von einer gerichtlichen Entscheidung in den eigenen Rechten unmittelbar betroffen sein muss, um dagegen überhaupt gerichtlich vorgehen zu dürfen. Das Gesetz (hier: FamFG) zieht damit eine klare Grenze, um zu verhindern, dass Dritte, die nur ein mittelbares oder rein wirtschaftliches Interesse haben, Gerichtsverfahren blockieren.

Beispiel: Das Kammergericht wies die Beschwerde der Unternehmergesellschaft zurück, weil ihr als bloßer Bieterin die notwendige Beschwerdebefugnis fehlte, um die Abberufung des Liquidators zu beantragen.

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Bestmögliche Verwertung (Pflicht zur)

Die Pflicht zur bestmöglichen Verwertung (§ 70 Satz 1 GmbHG) bedeutet, dass ein Liquidator das verbliebene Vermögen einer aufgelösten Gesellschaft so verkaufen muss, dass der höchstmögliche Nutzen für die Gläubiger und Gesellschafter erzielt wird. Diese Regel soll sicherstellen, dass fiktive oder gelöschte Unternehmen ihr Restvermögen nicht verschleudern, sondern dessen Wert im Sinne der ursprünglichen Eigentümer und Schuldeninhaber maximieren.

Beispiel: Obwohl der Liquidator der Pflicht zur bestmöglichen Verwertung unterlag, durfte er das höhere Angebot der Kaufinteressentin ablehnen, wenn andere, nicht-monetäre Kriterien wie die schnelle Abwicklung eine größere Rolle spielten.

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Nachtragsliquidator

Ein Nachtragsliquidator ist eine vom Registergericht bestellte Person, die beauftragt wird, die Liquidation einer Gesellschaft fortzuführen, wenn sich nach ihrer Löschung aus dem Handelsregister noch Restvermögen (wie ein Grundstück) findet. Weil die ehemals vertretungsberechtigten Organe (Geschäftsführer) nicht mehr handeln dürfen, benötigt die „Geisterfirma“ eine neutrale juristische Hand, um diesen letzten Vermögenswert rechtlich einwandfrei zu veräußern.

Beispiel: Im vorliegenden Fall musste der Nachtragsliquidator das im Grundbuch eingetragene Grundstück der wegen Vermögenslosigkeit gelöschten GmbH veräußern, um die gesamte Abwicklung endlich abschließen zu können.

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Subjektives Recht

Ein subjektives Recht ist eine dem Einzelnen zugewiesene, klagbare Rechtsposition, die unmittelbar aus der Rechtsordnung stammt und die man gerichtlich gegen andere oder den Staat durchsetzen kann. Dieses Konzept unterscheidet einen bloßen Wunsch oder ein wirtschaftliches Interesse von einem tatsächlichen, geschützten Anspruch, dessen Verletzung eine gerichtliche Überprüfung legitimiert.

Beispiel: Die Unternehmergesellschaft besaß lediglich die Hoffnung auf einen Kaufvertrag, was kein subjektives Recht darstellt und ihr somit nicht die Möglichkeit gab, die Entscheidung des Liquidators anzufechten.

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Vertragsfreiheit

Die Vertragsfreiheit ist ein fundamentaler rechtlicher Grundsatz, der jedem erlaubt, selbst zu bestimmen, mit wem, worüber und zu welchen Konditionen er einen Vertrag schließen möchte. Sie garantiert die Autonomie der Wirtschaftsteilnehmer und stellt klar, dass niemand, nicht einmal der Höchstbietende, einen Anspruch auf den Abschluss eines Vertrages hat.

Beispiel: Aufgrund der Vertragsfreiheit konnte der Nachtragsliquidator das Grundstück an die Stiftung verkaufen, auch wenn ein anderes Kaufangebot monetär höher war, da er die Seriosität der Abwicklung gewichten durfte.

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Vermögenslosigkeit

Juristisch liegt Vermögenslosigkeit vor, wenn das gesamte Aktivvermögen einer Gesellschaft nicht mehr ausreicht, um die anstehenden Verfahrenskosten der Liquidation oder die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu decken. Wenn keine Mittel mehr vorhanden sind, wird die Gesellschaft normalerweise aus dem Handelsregister gelöscht; findet sich aber später doch noch ein Vermögensrest, muss ein Liquidator nachbestellt werden.

Beispiel: Die ursprüngliche GmbH wurde 2004 wegen festgestellter Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht, obwohl der Besitz des unentdeckten Grundstücks später die Bestellung eines Nachtragsliquidators erforderlich machte.

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Das vorliegende Urteil


KG Berlin – Az.: 22 W 23/25 – Beschluss vom 19.06.2025


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