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Nacherhebung von Notarkosten nach Kostenüberprüfung

LG Gera – Az.: 6 OH 37/16 – Beschluss vom 08.06.2018

1. Der Antrag der Antragsteller vom 10.08.2016 gegen die Kostenberechnungen der Antragsgegnerin vom 08.07.2016 zu den Rechnungsnummern 16/07874a-re (Ur-Nr. 126/15 v. 05.03.2015) und 16/07874b-re (Ur-Nr. 126/15 v. 05.03.2015) wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Gerichtsauslagen werden nicht erhoben; eine Erstattung entstandener außergerichtlicher Auslagen der Beteiligten findet nicht statt.

Gründe

I.

Gegenstand des Kostenüberprüfungsverfahrens sind Gebührenansprüche aus notarieller Tätigkeit aus dem Jahr 2015. Die Beteiligten streiten über die Nacherhebung von Notarkosten im Rahmen der Beurkundung und des Vollzugs eines Grundstückkaufvertrags in S.

Die Antragsgegnerin beurkundete am 05.03.2015 einen Grundstückskaufvertrag (URNr. 126/2015) über ein in S. gelegenes Grundstück. Käufer waren die Antragsteller zu je ½. Die Verkäuferin trat in der Urkunde einen Kaufpreisanteil in Höhe von 130.000 € an ihren Sohn ab. Unter „XI Abschriften, Kosten“ hatten die Kaufvertragsparteien im Vertrag vom 05.03.2015 vereinbart: „Alle durch diese Urkunde und ihren Vollzug veranlassten Kosten, die Kosten der Genehmigung und die Grunderwerbssteuer trägt der Käufer“.

Die ursprüngliche Kostenberechnung der Antragsgegnerin vom 13.04.2015 wurde von den Antragstellern am 19.04.2015 zum Ausgleich gebracht. Die Abrechnung berücksichtigte die Abtretung des Kaufpreisanteils nicht.

Mit Schreiben vom 15.06.2015 (Bl. 26 d.A.) teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass die Grundbucheintragung nunmehr erfolgt sei und führte im Weiteren aus: „Damit ist die Angelegenheit abgeschlossen“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 15.06.2015 Bezug genommen (Bl. 26 d.A.).

Bei einer Kostenrevision der Ländernotarkasse Leipzig am 09. und 10.03.2016 beanstandete der Kostenrevisor die unterlassene Bewertung der Abtretung im Rahmen der Kostenabrechnung vom 13.04.2015. Daraufhin berechnete die Antragsgegnerin entsprechend der Vorgaben der Ländernotarkasse die Gebühren erneut und übersandte den Antragsgegnern eine Neuberechnung, die einen jeweiligen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 371,88 € auswies. Auf die Kostenberechnungen vom 08.07.2016 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen (Bl. 4, 5 d.A.).

Die Antragsgegner lehnen die Zahlung des nachgeforderten Betrags ab. Zur Begründung führen sie aus, dass der Anspruch verwirkt sei unter Hinweis auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.06.2015. Danach habe nicht mehr mit einer Nachforderung gerechnet werden müssen.

Zudem rechnen sie gegen die Nachforderung in Gesamthöhe von 743,76 € mit einem Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung in gleicher Höhe auf. Die Antragsgegnerin habe sie nicht darüber aufgeklärt, dass durch die Abtretung der Verkäuferin an ihren Sohn weitere Kosten entstünden. Hätten die Parteien um die Kostenbelastung gewusst, hätten sie für die Abtretung keine Kostenübernahme erklärt.

Die Antragsgegnerin hält ihre Forderungen gegenüber den Antragstellern aufrecht.

Die Kammer hat eine Stellungnahme der Ländernotarkasse Leipzig eingeholt. Auf die Stellungnahme vom 07.03.2017 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen (Bl. 28 ff. d.A.).

II.

Der Kostenüberprüfungsantrag der Antragsteller ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 127 Abs. 1, 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG i.V.m. §§ 23 ff. FamFG.

Der Kostenüberprüfungsantrag ist jedoch nicht begründet.

Insofern waren die Kostenrechnungen der Antragsgegnerin vom 08.07.2016 aufrecht zu erhalten. Die Forderungen der Antragsgegnerin sind zur Zahlung fällig.

Der Anspruch der Antragsgegnerin ist insbesondere nicht verwirkt.

Nach herrschender Meinung entfaltet eine Kostenberechnung des Notars keine materielle Bestandskraft (vgl. nur: OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.01.2004, 10 W 107/03 mwN). Vielmehr ist der Notar, wenn er feststellt, dass die zunächst in Rechnung gestellten Gebühren nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, zur Nachberechnung berechtigt und verpflichtet. Die Vorschrift des § 20 GNotKG, die für Gerichtskosten eine eingeschränkte Nachforderung vorsieht, gilt für Notarkostenrechnungen nicht (LG Leipzig, Beschluss v. 05.10.2015, 2 OH 59/14). Zur Meidung von Wiederholungen wird in diesem Zusammenhang im Übrigen auf die gutachterliche Stellungnahme der Ländernotarkasse Bezug genommen, die geteilt wird.

Eine zeitliche Schranke für die Geltendmachung von Notarkosten ergibt sich lediglich unter dem Gesichtspunkt der Verjährung. Verjährung ist vorliegend jedoch noch nicht eingetreten, § 6 Abs. 1S. 3, Abs. 3 GNotKG). Mit der Entgegennahme der Zahlung auf die ursprünglich – niedrigeren – Kostenberechnung hat der Notar auch nicht etwa konkludent einen Erlassvertrag nach §§ 397, 151 BGB geschlossen. Denn ein solcher wäre wegen des Gebührenvereinbarungsverbots nach § 125 GNotKG unwirksam. Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht unter Berücksichtigung des Schreibens der Antragsgegnerin vom 15.06.2015 und der Ausführungen der Antragsteller im Schreiben vom 06.04.2017.

Ein Vertrauensschutz zugunsten der Antragsteller und Kostenschuldnern besteht nicht. Insbesondere können sie sich nicht auf § 242 BGB berufen, da anderenfalls das Gebot zum Ansatz der gesetzlichen Kosten nach § 1 Abs. 1 GNotKG und das Kostenvereinbarungsverbot nach §§ 125 GNotKG ausgehebelt würden. Zudem wäre ein effektive Kostenprüfung durch die Aufsichtsbehörde nicht mehr möglich, wenn sich ein Kostenschuldner auf eine unabänderliche Kostenberechnung berufen könnte (LG Leipzig aaO.).

Die Nacherhebung stellt auch keine verbotene Verböserung (reformatio in peius) dar.

Auch kommt es nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin den Fehler selbst erkannt hat oder dieser durch einen Revisor der zuständigen Ländernotarkammer aufgedeckt wurde.

Die sachlich-rechnerische Nachberechnung ist nicht zu beanstanden.

Die erklärte Aufrechnung der Antragsteller greift ebenso nicht. Die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch nach § 19 BNotG liegen nicht vor.

Zwar kann der Kostenschuldner – wie hier geschehen – unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 BNotO mit einem Schadensersatzanspruch gegen die Kostenforderung des Notars aufrechnen.

Es fehlt jedoch bereits an einer Pflichtverletzung. Die Antragsgegnerin hat nicht gegen Hinweispflichten verstoßen. Es gilt der Grundsatz, dass der Notar grundsätzlich nicht verpflichtet ist, über die Entstehung gesetzlich festgelegter Kosten zu belehren (BGH, Beschluss v. 20.10.2009, VIII ZB 13/08, Rn. 17). Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich lediglich aufgrund besonderer Umstände ergeben, nämlich daraus, dass der Mandant konkret nachgefragt hat oder ihm eine kostenfreie bzw. günstigere Variante vom Notar aufzuzeigen war, oder der Mandant sich in einem für den Notar erkennbaren Irrtum über die Kostenpflicht und/oder die Kostenhöhe befand (OLG Dresden, Beschluss vom 15.05.15, 17 W 417/15. Derartige besondere Umstände, die ausnahmsweise eine solche Amtspflicht begründen können, liegen jedoch nicht vor. Insoweit kann nach Ansicht der Kammer dahinstehen, inwieweit die Antragsteller tatsächlich, wie behauptet, die Möglichkeit gehabt hätten, mit der Verkäuferin eine Vereinbarung dahingehend abzuschließen, dass sie eine Kostentragungspflicht bezüglich der streitgegenständlichen Gebühren nicht getroffen hätte. Die Antragsteller haben weder vorgetragen, konkret zur Höhe der entstehenden Gebühren nachgefragt zu haben, noch Umstände mitgeteilt, aus denen der Antragsgegnerin erkennbar gewesen wäre, dass sie sich in einem entsprechendem Irrtum über die Höhe der Kosten befinden. Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin selbst einem solchen Irrtum unterlag, rechtfertigt die Annahme solcher Umstände nicht. Auch die Tatsache, dass die Kostenhöhe bei Entfallen der streitigen Klausel niedriger ausgefallen wäre, führt nicht zu einer notariellen Belehrungspflicht. Letztendlich fehlt es auch an Anhaltspunkten dafür, dass die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen wäre, den Vertragsparteien eine kostenfreie oder -günstigere Variante aufzuzeigen. Dieser genannte Einwand betrifft die Frage der unrichtigen Sachbehandlung i.S.d. § 21 I Satz 1 GNotKG. Eine solche unrichtige Sachbehandlung liegt vor, wenn dem Notar ein offen zutage tretender Verstoß gegen gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist, das Vorliegen ist also beschränkt auf eindeutige Sachverhalte, die das Kostenerhebungsverfahren von rechtlich oder tatsächlich zweifelhaften Fragen freihalten soll. Der Notar muss also die begehrte Amtstätigkeit so ausführen, dass der mit ihr verfolgte Zweck nach den Regeln der notariellen Kunst in rechtlich einwandfreier Weise so kostengünstig wie möglich erreicht wird. Unnötige oder gänzlich überflüssige Kosten sind daher zu vermeiden (vgl. LG Chemnitz, Beschluss vom 17. März 2016 – 3 OH 6/14 –, juris, Rdnr. 17 und 18 m.w.N.). Eine solche Sachbehandlung ist jedoch vorliegend durch die Antragsgegnerin nicht erfolgt, sie hat vielmehr den – von Verkäuferseite verfolgten – Zweck der Absicherung des Sohnes des Verkäuferin einwandfrei umgesetzt.

Insofern waren die beanstandeten Kostenrechnungen der Antragsgegnerin zu bestätigen.

Gerichtsgebühren sind nicht entstanden. Die erstinstanzliche landgerichtliche Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Dies folgt daraus, dass Teil 1 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG keinen anwendbaren Gebührentatbestand enthält (Leipziger-GNotKG/Wudy, 2. Aufl. 2016, § 128 Rn. 138 mwN).

Von der Erhebung gerichtlicher Auslagen wird abgesehen, § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG iVm § 81 Abs. 1, 2 FamFG. Außergerichtliche Auslagen der Beteiligten sind nicht zu erstatten, da die entsprechenden Voraussetzungen nicht vorliegen. Da keine Gebühren und Auslagen entstanden bzw. nicht zu erstatten sind, ist die Festsetzung des Wertes des Antragsverfahrens nicht veranlasst.

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