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Löschungsanspruch Zwangssicherungshypothek nach Ablauf von 36 Jahren

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.:  5 W 43/12 – 21 – Beschluss vom 18.04.2012

1. Die Beschwerde des Antragstellers vom 18. Januar 2012 wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 708,06 Euro festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Treuhänder der Frau A. R., H. Straße in P., über deren Vermögen mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 21. Februar 2011 – … … …/… – das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Insolvenzschuldnerin ist Eigentümerin des im Grundbuch von B, Blatt 402 eingetragenen Grundbesitzes. In der dritten Abteilung dieses Grundbuches ist unter der lfd. Nummer 1 seit dem 27. Januar 1994 eine Zwangssicherungshypothek in Höhe von 1.384,84 DM wegen einer Forderung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Saarbrücken vom 12. Februar 1975 zugunsten der U. A. GmbH in H. eingetragen.

Mit Schreiben vom 8. März 2011 (Bl. 65 d.A.) beantragte der Antragsteller die Löschung der lfd. Nummer 1 in der dritten Abteilung des Grundbuches mit der Begründung, die begünstigte Firma sei ausweislich des Handelsregisters am 26. November 1993 gelöscht worden. Auf den Hinweis des Amtsgerichts – Grundbuchamt –, dass es hierzu der Bewilligung der Löschung in grundbuchmäßiger Form (§ 29 GBO) bedürfe, stellte der Antragsteller mit Schreiben vom 7. Juli 2011 klar (Bl. 71 d.A.), dass es sich bei dem Ersuchen um einen Grundbuchberichtigungsantrag im Sinne des § 22 GBO handele. Das Grundbuch sei offenkundig unrichtig, da die Hauptforderung verjährt sei, weshalb es einer Löschungsbewilligung des ehemals Berechtigten nicht bedürfe.

Mit Beschluss vom 4. Januar 2012 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen, da der Antragsteller den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuches nicht geführt habe und eine Löschungsbewilligung des Gläubigers (Nachtragsliquidators) sowie die Zustimmung des Eigentümers (Treuhänders) in grundbuchmäßiger Form nicht vorliege. Hiergegen richtet sich die am 18. Januar 2012 eingelegte und mit Schriftsatz vom 28. Februar 2012 begründete Beschwerde des Antragstellers, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 27. Februar 2012 nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrages aus dem Schriftsatz vom 8. März 2011 (i.V. mit dem Schriftsatz vom 7. Juli 2011) ist nach § 71 Abs. 1 GBO, § 73 GBO zulässig. Für die Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß § 72 GBO in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung das Saarländische Oberlandesgericht zuständig, da der verfahrenseinleitende Antrag nach diesem Zeitpunkt erfolgte (Artikel 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG; vgl. Senat, Beschl. v. 30. März 2012, 5 W 55/12-29).

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Löschung der Zwangssicherungshypothek zu Recht zurückgewiesen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

1.

Die hier allein in Betracht kommende rechtsändernde Löschung der Zwangssicherungshypothek nach § 27 Satz 1 GBO setzt neben der Löschungsbewilligung des betroffenen Grundschuldgläubigers (§ 19 GBO) die Zustimmung des Eigentümers voraus. Aus § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO folgt überdies, dass die Eintragung (hier: Löschung) nur vorgenommen werden soll, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Antragsteller hat die Löschungsbewilligung des Grundschuldgläubigers bislang nicht beigebracht. Die ebenfalls notwendige Zustimmung des Eigentümers, die durch den Antragsteller als Verfügungsberechtigten über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin zu erteilen ist (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 27 Rn. 16), liegt hier zwar konkludent in dem Antrag auf Löschung der Zwangssicherungshypothek (Demharter, a.a.O. Rn. 19). Insoweit fehlt es jedoch an der Beachtung des Formerfordernisses des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO, das auch für den Eintragungsantrag gilt, wenn hierdurch zugleich eine zu der Eintragung erforderliche Erklärung ersetzt werden soll (§ 30 GBO).

2.

Soweit der sachliche Erfolg der Beschwerde mit dem Ziel der Anweisung zur Löschung der Zwangssicherungshypothek mithin davon abhängt, dass die Unrichtigkeit des Grundbuches nachgewiesen ist (§§ 22, 27 Satz 2 GBO), und zwar in der Form des § 29 GBO (BGH, Beschl. v. 16.4.1975 – V ZB 92/74 – BGHZ 64, 194; OLG Köln, FGPrax 2008, 193), weist das Grundbuchamt zu Recht darauf hin, dass es hier daran fehlt.

Eine Unrichtigkeit im Sinne des § 22 GBO liegt vor, wenn und soweit das Grundbuch nicht mit der wirklichen Rechtslage übereinstimmt (vgl. BGH, Beschl. v. 23. September 1993 – V ZB 27/92 – BGH 123, 297; Senat, Beschl. v. 20. April 2010 – 5 W 76/10-29). An den Unrichtigkeitsnachweis sind strenge Anforderungen zu stellen, weil er eine Grundbucheintragung (hier: in Gestalt eines Löschungsvermerks) ohne Bewilligung des Betroffenen ermöglicht und sichergestellt sein muss, dass am Verfahren nicht Beteiligte keinen Schaden erleiden. Deshalb hat der Antragsteller in der Form des § 29 GBO alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten Eintragung entgegenstehen (vgl. BayObLG, NJW-RR 1990, 722; OLG München, RNotZ 2012, 123; OLG Stuttgart, FGPrax 2012, 15; Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 37).

Soweit der Antragsteller hier darauf abstellt, der Vollstreckungsbescheid sei „über 36 Jahre alt“ (Bl. 69 d.A.) und die zugrunde liegende Forderung offenkundig verjährt (Bl. 71 d.A.), wird dadurch die Unrichtigkeit des Grundbuches nicht begründet. Solange für die Zwangssicherungshypothek ein vollstreckungsfähiger Titel besteht, ist das Grundbuch nicht unrichtig (BGH, Urt. v. 15. Dezember 1994 – IX ZR 255/93 – NJW 1995, 1162). Ein Titel, der – wie hier – nach Form und Inhalt zur Zwangsvollstreckung geeignet und zudem mit der Vollstreckungsklausel versehen ist, ist vollstreckungsfähig, auch wenn er aus materiell-rechtlichen Gründen (wegen der strengen Akzessorietät der Sicherungshypothek) möglicherweise unwirksam ist (BGH, a.a.O.; vgl. § 868 ZPO). Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch sind deshalb nicht geeignet, die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachzuweisen. Sofern der Gläubiger die Grundbuchberichtigung nicht bewilligt, besteht die Möglichkeit, diese Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (§ 767 ZPO; BGH, a.a.O.; Becker, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl., § 868 Rn. 6; vgl. auch BGH, Urt. v. 19. November 1987 – IX ZR 251/86 – NJW 1988, 828).

Dass die im Vollstreckungsbescheid als Gläubigerin bezeichnete Firma zwischenzeitlich im Handelsregister gelöscht wurde, hat auf dessen Bestand ebenfalls keinen Einfluss. Denn die Löschung hat keine rechtsgestaltende Wirkung in dem Sinn, dass sie die GmbH endgültig erlöschen lässt, sondern bekundet nur eine Tatsache (BGH, Urt. v. 29. September 1967 – V ZR 40/66 – BGHZ 48, 307, m.w.N.). Ob die Gesellschaft tatsächlich beendet ist, hängt vielmehr davon ab, ob ihr – u.a. auch aus dem vorliegenden Titel – noch Ansprüche gegen Dritte zustehen (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1979 – II ZR 257/78 – BGHZ 75, 182). Deshalb ist der Umstand, dass die Gesellschaft gelöscht wurde, auch nicht geeignet, die Unrichtigkeit des Grundbuches in Bezug auf die vorliegende Eintragung nachzuweisen.

3.

Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren bestimmt sich nach dem Nennbetrag der gesicherten Forderung (§ 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 und § 23 Abs. 2 KostO).

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 2 GBO nicht gegeben ist.

 

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