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Löschung Testamentsvollstreckervermerk bei anhängigem Erbscheinseinziehungsverfahren

OLG Hamm – Az.: I-15 W 246/19 – Beschluss vom 05.09.2019

Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wird der Beschluss vom 9.05.2019 aufgehoben und durch die folgende Zwischenverfügung ersetzt:

Eintragungshindernis:

Die beantragte Löschung der in den im Rubrum aufgeführten Grundbüchern eingetragenen Testamentsvollstreckervermerke kann derzeit nicht erfolgen, da das Nichtbestehen der Testamentsvollstreckung nicht nachgewiesen ist.

Mittel zur Beseitigung:

Nachweis, dass das vom Nachlassgericht Menden (19 VI 171/18) eingeleitete Verfahren zur Einziehung des Erbscheins vom 24.04.2018 durch einen die Einziehung ablehnenden rechtskräftigen Beschluss beendet ist

Frist für den gegenüber dem Grundbuchamt zu erbringenden Nachweis:

6 Monate nach Zustellung dieses Beschlusses

Eine Erstattung der den Beteiligten im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

In den oben genannten Grundbüchern war zunächst Frau I als Eigentümerin eingetragen. Frau I ist am …2018 verstorben.

Mit Antrag vom 5.04.2018 hat der Beteiligte zu 1) unter Bezugnahme auf das notarielle Testament vom 4.04.2017 (UR-Nr…/2017 des Notars T in N) und das Eröffnungsprotokoll vom 10.04.2018 (AG Menden 19 IV 125/17) beantragt, das Grundbuch zu berichtigen. Das Grundbuchamt hat am 17.04.2018 den Beteiligten zu 1) in den vorgenannten Grundbüchern als Eigentümer eingetragen. Aufgrund der in dem notariellen Testament angeordneten Dauertestamentsvollstreckung hat es in den vorgenannten Grundbüchern jeweils in Abteilung II zudem eingetragen, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist.

Am 18.04.2018 hat das Nachlassgericht Menden ein handschriftliches Testament der Erblasserin vom 30.01.2018 eröffnet. In diesem wird der Beteiligte zu 1) unter Aufhebung aller zuvor getroffenen Verfügungen zum Alleinerben eingesetzt.

Am 24.04.2018 hat das Nachlassgericht Menden – Nachlassrichter – ohne die vorherige Beteiligung weiterer Personen – auf den Antrag des Beteiligten zu 1) einen Erbschein erteilt, der diesen als Alleinerben ausweist (19 VI 171/18).

Der Beteiligte zu 2), der in dem notariellen Testament der Erblasserin vom 4.04.2017 zum Testamentsvollstrecker ernannt worden war, hat gegenüber dem Nachlassgericht beantragt, den Erbschein einzuziehen. Zur Begründung hat er angeführt, dass das Testament vom 30.01.2018 nicht von der Erblasserin errichtet worden ist. Zur Stützung seiner Behauptung hat er ein Gutachten eines von ihm beauftragten Schriftsachverständigen vorgelegt.

Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 2.01.2019 den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des Nachlasses abgelehnt, aber ein Verfahren zur Einziehung des Erbscheins eingeleitet und in diesem Rahmen die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Auftrag gegeben, mit dem geklärt werden soll, ob die Erblasserin das Testament vom 30.01.2018 eigenhändig errichtet hat.

Mit Anträgen vom 30.04.2018 und vom 12.03.2019 hat der Beteiligte zu 1) jeweils beantragt, die angeführten Grundbücher zu berichtigen und die jeweiligen Testamentsvollstreckervermerke zu löschen.

Das Grundbuchamt hat dem Beteiligten zu 1) mitgeteilt, dass es sich dazu aufgrund der andauernden Überprüfung der Echtheit des Testaments vom 30.01.2018 nicht in der Lage sehe. Der Beteiligte zu 1) hat unter Hinweis auf den noch nicht eingezogenen Erbschein den Vollzug seiner Anträge verlangt.

Mit Beschluss vom 9.05.2019 hat das Grundbuchamt die Berichtigungsanträge zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 23.05.2019, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 28.05.2019 nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

Der Senat hat zunächst den Beteiligten zu 2) am Verfahren beteiligt.

Nach der telefonischen Auskunft der Geschäftsstelle für Nachlassverfahren beim Amtsgericht Menden vom 3.09.2019 dauert die Begutachtung im Einziehungsverfahren noch an.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg und führt dazu, dass der Zurückweisungsbeschluss durch eine Zwischenverfügung ersetzt wird.

Die von dem Beteiligten zu 1) beantragte Berichtigung der Grundbücher durch Löschung der dort in Abteilung II eingetragenen Testamentsvollstreckervermerke kommt derzeit nicht in Betracht, weil die Unrichtigkeit der Eintragung nicht nachgewiesen ist (§ 22 Abs. 1 GBO).

Der von dem Beteiligten zu 1) vorgelegte Erbschein vom 24.04.2018 ist im vorliegenden Fall nicht alleine geeignet, den Beweis zu erbringen, dass das in diesem ausgewiesene Erbrecht nicht durch eine Testamentsvollstreckung eingeschränkt ist. Es bedarf aufgrund des vom Nachlassgericht eingeleiteten Einziehungsverfahrens vielmehr des zusätzlichen Nachweises, dass der Erbschein vom 24.04.2018 nicht eingezogen worden ist.

Der Erbschein vom 24.04.2018 enthält keinen Zusatz, dass eine Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Er ist daher grundsätzlich zum Nachweis geeignet, dass eine Testamentsvollstreckung nicht besteht (KEHE-Grundbuchrecht- Volmer, 8. Auflage, § 35 Rn.54).

Grundsätzlich ist das Grundbuchamt an einen ihm vorgelegten Erbschein und den von diesem bezeugten Inhalt gebunden. Dieser Grundsatz erfährt jedoch dann eine Einschränkung, wenn dem Grundbuchamt Tatsachen bekannt werden, die dem Nachlassgericht im Zeitpunkt der Erteilung des Erbscheins nicht bekannt waren (BayObLG Rechtspfleger 1997, 156 – Rz.17 a. E. – zitiert nach juris; Bauer/Schaub-Schaub, GBO, 4. Auflage, § 35 Rn.105; KEHE-Volmer, a. a. O., § 35 Rn.66). In diesen Fällen hat das Grundbuchamt dem Nachlassgericht die ihm bekannt gewordenen Tatsachen mitzuteilen und nachzufragen, ob das Nachlassgericht auch unter Würdigung dieses Sachverhalts an dem Erbschein festhält. Erklärt das Nachlassgericht, dass es den Erbschein auch nach Kenntnisnahme der neuen Tatsachen für richtig hält, ist das Grundbuchamt an den Erbschein gebunden. Im vorliegenden Fall war das Grundbuchamt von der Nachfrage an das Nachlassgericht entbunden, da dem Nachlassgericht ein die Richtigkeit des Erbscheins vom 24.04.2018 in Frage stellender Sachverhalt bereits durch den Beteiligten zu 2) zur Kenntnis gebracht worden war. Das Nachlassgericht hat den Vortrag des Beteiligten zu 2) zur nicht gegebenen Eigenhändigkeit der Testamentserrichtung durch die Erblasserin zum Anlass genommen, ein Verfahren zur Einziehung des Erbscheins einzuleiten. Im Rahmen dieses Verfahrens wird die von dem Beteiligten zu 1) zu beweisende Tatsache der eigenhändigen Errichtung des Testaments durch die Erblasserin durch Einholung eines Sachverständigengutachtens überprüft.

Hat das Nachlassgericht durch Einleitung eines Einziehungsverfahrens zum Ausdruck gebracht, dass es von der Richtigkeit des von ihm erteilten Erbscheins nicht mehr vorbehaltlos überzeugt ist und sich dessen Einziehung vorbehält, ist das Grundbuchamt berechtigt, dem Antragsteller im Rahmen einer Zwischenverfügung aufzugeben, den Nachweis zu erbringen, dass der Erbschein nicht eingezogen worden ist (Bauer/Schaub-Schaub, a. a. O., § 35 Rn.106). Angesichts der vom Nachlassgericht angeordneten Beweisaufnahme ist allein diese Lösung sachgerecht. Die Beweiskraft des erteilten Erbscheins wird durch dieses Vorgehen auch nicht unverhältnismäßig in Frage gestellt. Alleine die Tatsache, dass ein Dritter beim Nachlassgericht die Einziehung des Erbscheins angeregt hat, reicht nicht aus, um dem Erbschein seine Funktion als Eintragungsgrundlage zu entziehen (KEHE-Volmer, a. a. O., § 35 Rn.61). Erst dann, wenn das Nachlassgericht aufgrund der ihm bekannt gewordenen oder zur Kenntnis gebrachten Umstände, einen Anlass für weitere, von  Amts wegen vorzunehmende Ermittlungen sieht, besteht die Beweisfunktion nicht mehr uneingeschränkt, sondern nur dann, wenn zusätzlich nachgewiesen wird, dass eine Einziehung nicht erfolgt. Ist das Einziehungsverfahren – wie hier – auf die Anregung eines Dritten eingeleitet worden, so hat ein Beschluss des Nachlassgerichts zu ergehen, dass die Einziehung abgelehnt wird (Staudinger-Herzog, BGB, Neubearbeitung 2016, § 2361 Rn.38). Ein ohne Anregung eingeleitetes Einziehungsverfahren kann durch Aktenvermerk eingestellt werden.

Für die vom Grundbuchamt vorgenommene sofortige Zurückweisung des Berichtigungsantrags ohne vorherigen Erlass einer entsprechenden Zwischenverfügung ist hingegen kein Raum. Dementsprechend ist der Beschluss aufzuheben und durch die Zwischenverfügung zu ersetzen.

Eine Entscheidung zu den Gerichtskosten und eine Entscheidung zur Wertfestsetzung sind wegen des teilweisen Erfolgs der Beschwerde nicht veranlasst.

Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten ist wegen des nur teilweisen Erfolgs der Beschwerde nicht angemessen (§ 81 Abs. 1 FamFG).

Es sind keine Gründe gegeben, aufgrund derer die Rechtsbeschwerde nach § 78 GBO zuzulassen wäre.

 

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