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Löschung eines Vorerben eingetragenen vererblichen Vorkaufsrechts

OLG München – Az.: 34 Wx 168/18 – Beschluss vom 26.02.2019

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 29. März 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Vormals waren nach Erbauseinandersetzung vom 14.4.1978 die Brüder L. und J.G. als Eigentümer von Grundbesitz zu je % im Grundbuch eingetragen. Sie hatten sich gegenseitig ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle eingeräumt, das vererblich aber sonst nicht übertragbar sein sollte. In Abteilung II wurde daher am 2.10.1978 unter lfd. Nr. 4 ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für Herrn L.G. gemäß Bewilligung vom 14.4.1978 eingetragen.

Herr L.G. ist im Jahr 1982 verstorben. Er wurde beerbt von der Beteiligten zu 3 und Frau H. Letztere wurde nach Zuschlagbeschluss vom 12.7.1984 im Zwangsversteigerungsverfahren zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft als Alleineigentümerin eingetragen. Das dingliche Vorkaufsrecht zugunsten von L.G. blieb im Grundbuch eingetragen.

Frau H. verstarb 1992 und wurde beerbt vom Beteiligten zu 2, dem sie zuvor schon einen Miteigentumsanteil am Grundstück übertragen hatte. Zusammen mit dem Übergang des verbliebenen Miteigentumsanteils aufgrund Erbfolge wurde diesbezüglich in Abteilung II ein Nacherbenvermerk eingetragen, wonach Nacherben der H. die Abkömmlinge des Vorerben, derzeit die Beteiligte zu 1 ist. Der Nacherbenvermerk wurde nach Bewilligung durch die Beteiligte zu 1 und einen als Pfleger für die unbekannten Nacherben nach H. bestellten Rechtsanwalt mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts am 15.3.2005 gelöscht.

Der Beteiligte zu 2 ließ das Grundstück seiner Tochter, der Beteiligten zu 1 am 13.12.2002 auf, diese wurde am 6.11.2012 im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.

Mit Urkunden vom 12.3.2018 und 13.3.2018 bewilligten und beantragten die Beteiligten zu 2 und 3 das Vorkaufsrecht zu löschen, die Beteiligte zu 1 stimmte der Löschung zu und bewilligte diese ebenfalls.

Nach Beiziehung der Akten des Nachlassgerichts zu den Erbfällen erließ das Grundbuchamt am 29.3.2018 fristsetzende Zwischenverfügung. Der Beteiligte zu 2 habe die verstorbene Frau H. als Vorerbe beerbt, als Nacherben seien die Abkömmlinge des Vorerben, derzeit die Beteiligte zu 1 bestimmt. Da die Nacherben jedoch nicht abschließend bekannt seien, müsste ein Pfleger für unbekannte Beteiligte die erforderliche Zustimmung zur Löschung abgeben, die gerichtlich zu genehmigen sei.

Mit Schreiben des Notars vom 26.4.2018 hat er hiergegen „auch für die Eigentümerin“ (Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt. Ein Hinzutreten weiterer Nacherben durch Adoption sei ausgeschlossen, da im Testament als Nacherben die leiblichen Nachkommen des Beteiligten zu 2 bestimmt seien. Zudem sei das Vorkaufsrecht ohnehin von Amts wegen zu löschen, da es in Folge des Verzichts keine Berechtigten mehr gebe.

Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk sei zudem im Rahmen der Übertragung des Eigentums vom Beteiligten zu 2 auf die Beteiligte zu 1 gelöscht worden. Die Löschung sei von dem als Pfleger für die unbekannten Nacherben bestellten Rechtsanwalt bewilligt und dies vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden. Da der Nachlass von Frau H. zudem überschuldet gewesen sei, seien die Rechte der unbekannten Nacherben wegen Überschuldung des Nachlasses aufgegeben worden.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Erbschein nach H. vom 11.11.1992 beinhalte – anders als das Testament – keine Angabe, dass Nacherben nur die leiblichen Abkömmlinge des Beteiligten zu 2 sein sollten. Zudem gebe es bei Männern keine Altersgrenze für das Erzeugen von leiblichen Abkömmlingen. Eine Löschung scheide daher weiterhin aus.

II.

1.

Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist statthaft (§ 71 Abs. 1, § 73 GBO). Die Vertretungsbefugnis des Notars im Beschwerdeverfahren folgt schon aus dem Umstand, dass er die maßgeblichen Grundbucherklärungen beurkundet oder beglaubigt hat (§ 15 Abs. 2 GBO). Er hat bei Beschwerdeeinlegung alle Beteiligten vertreten; in seinem Beschwerdeschreiben hat der Notar nämlich angegeben, er lege die Beschwerde „auch für die Eigentümerin“ ein, mithin nicht nur für die Beteiligte zu 1 als diejenige, zu deren Gunsten die Löschung erfolgen soll, sondern auch die Beteiligten zu 2 und 3 als diejenigen Antragsberechtigten, deren Recht durch die Löschung betroffen wäre (§ 13 Abs. 2 GBO).

2.

Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn ein Recht an einem Grundstück kann nur gelöscht werden, wenn entweder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist (§ 22 Abs. 1, § 29 Abs. 1 GBO), die Unrichtigkeit schlüssig vorgetragen ist und die Betroffenen eine Berichtigungsbewilligung abgegeben haben (Demharter GBO 31. Aufl. § 22 Rn. 31) oder alle potentiell Betroffenen die Löschung bewilligt haben (§ 19 GBO) und im Falle von Verfügungsbeschränkungen die danach erforderlichen Zustimmungen vorliegen.

Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

a) Es obliegt dem Antragsteller, den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit zu führen (Demharter § 22 Rn. 36; Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 58), hier somit der Beteiligten zu 1 als Eigentümerin des Grundstücks und den Beteiligten zu 2 und 3 als Inhaber des Vorkaufsrechts (§ 1094 BGB) kraft Erbfolge. Es gilt der grundbuchrechtliche „Beibringungsgrundsatz“; eine Sachaufklärung von Amts wegen durch das Grundbuchamt findet nicht statt (BayObLG Rpfleger 1982, 467; Schäfer in Bauer/Schaub GBO 4. Aufl. § 22 Rn. 171 und 174).

An den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen (BayObLGZ 1986, 317/320; Demharter § 22 Rn. 37). Als ausreichende Grundlage für eine Berichtigung ohne Bewilligung der Betroffenen genügt nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit der vorgetragenen Umstände (BayObLGZ 1985, 225/228; Hügel/Holzer § 22 Rn. 59 m. w. N.). In der Form des § 29 GBO, somit durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden, ist lückenlos jede Möglichkeit auszuräumen, die der Richtigkeit der vorhandenen Eintragung entgegenstehen könnte (Senat vom 12.12.2007, 34 Wx 118/07 = FGPrax 2008, 52/53). Zum Nachweis durch Urkunden sind diese im Original, in Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorzulegen (Hügel/Otto § 29 Rn. 137). Nur ganz entfernt liegende, theoretische Möglichkeiten müssen nicht ausgeräumt werden. Einer Nachweisführung bedarf es zudem dann nicht, wenn sich die materielle Unrichtigkeit aus der Eintragung im Grundbuch einschließlich ihrer zulässigen Bezugnahmen (§ 874 BGB) ergibt. Auch was offenkundig ist, braucht nicht bewiesen zu werden (vgl. Demharter § 22 Rn. 37; Schäfer in Bauer/Schaub § 22 Rn. 171 f.).

Nach diesen Grundsätzen ist der Unrichtigkeitsnachweis nicht erbracht.

aa) Aus der erfolgten Löschung des Nacherbenvermerks folgt nicht, dass das Nacherbenrecht am Grundstück und an Grundstücksrechten aus materiell-rechtlichen Gründen erloschen wäre (vgl. Demharter § 51 Rn. 26). Die wohl herrschende Ansicht erachtet einen Verzicht der Eintragung des Nacherbenvermerks (OLG Hamm FGPrax 2015, 13/14; Demharter § 51 Rn. 26; Meikel/Böhringer GBO 11. Aufl. § 51 Rn. 87; KEHE/Munzig GBO 8. Aufl. § 51 Rn. 37), wie auch die Löschung aufgrund einer Bewilligung des Nacherben als Verzicht auf den Schutz des Nacherbenvermerks für zulässig (BayObLG Rpfleger 1989, 412; Demharter § 51 Rn. 38; Schaub in Bauer/Schaub § 51 Rn. 84). Die Bewilligung der Löschung eines Nacherbenvermerks ist daher allein als Verzicht auf den Schutz vor gutgläubigem Erwerb durch den Nacherbenvermerk aufzufassen (Demharter § 51 Rn. 38).

bb) Der gelöschte Nacherbenvermerk in Abteilung II lfd. Nr. 6 bezog sich im Übrigen nur auf die Eintragung des Eigentums des Beteiligten zu 2, nicht auch auf das in Abteilung II lfd. Nr. 4 eingetragene Vorkaufsrecht für den Vorerben. Denn insofern wäre ein Nacherbenvermerk in Spalte 5 der Abteilung II einzutragen gewesen (Demharter § 51 Rn. 22).

Auch begründet das Fehlen eines Nacherbenvermerks nicht schon nach § 891 BGB für das Grundbuchamt die Vermutung, dass eine solche Verfügungsbeschränkung am Vorkaufsrecht nicht bestehe (Palandt/Bassenge BGB 78. Aufl. § 891 Rn. 4). Hier ergibt sich aus der in den Grundakten befindlichen Bewilligung, dass das Vorkaufsrecht für den Erblasser vererblich bestellt war. Der Nachweis der Erbfolge und der Anordnung der Nacherbfolge gegenüber dem Grundbuchamt ist vorliegend in der Form des § 35 Abs. 1 GBO geführt, da der erste Erbfall durch Bezugnahme auf das in den Nachlassakten befindliche Testament samt Eröffnungsniederschrift nachgewiesen ist und eine Abschrift des entsprechenden Erbscheins vom 11.11.1992 nach H. sich in den Grundakten befindet.

cc) Der Vortrag der Beschwerdeführer, der Nachlass der Erblasserin H. sei überschuldet gewesen und daher seien die Rechte der unbekannten Nacherben wegen Überschuldung des Nachlasses aufgegeben worden, findet in den Erklärungen des als Pfleger der unbekannten Nacherben bestellten Anwalts keine Bestätigung und ist daher erst recht nicht in der Form des § 29 GBO belegt.

b) Die vorgelegten Bewilligungen der Beteiligten zu 2 und 3 enthalten – was zulässig ist – keine ausdrückliche Angabe darüber, ob sie als Löschungsbewilligung mit dem Ziel der rechtsändernden Aufhebung des Vorkaufsrechts (§ 875 BGB) oder als Berichtigungsbewilligung zum Zweck der Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) abgegeben sind (vgl. Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 368). Weder nach dem einen noch nach dem anderen Verständnis der Erklärung kommt jedoch eine Löschung in Betracht.

aa) Zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs im Hinblick auf das eingetragene Vorkaufsrecht ergibt sich aus den vorgelegten Löschungsbewilligungen vom 12.3. und 13.3.2018 kein schlüssiger Vortrag. Auch die Überlassungsurkunde vom 13.12.2002 ergibt dazu nichts.

Soweit die Löschung damit begründet wird, dass der Beteiligte zu 2 als Vorerbe und die Beteiligte zu 1 als derzeit bekannte Nacherbin verzichtet hätten und es daher keinen Berechtigten gäbe, verkennt die Beschwerde, dass andere – spätere Abkömmlinge – hier nicht auszuschließen sind (vgl. Senat vom 26.10.2011, 34 Wx 372/11 nach juris). In dem vom Senat entschiedenen Fall hatte das Grundbuchamt festgestellt, dass sämtliche Abkömmlinge des schon verstorbenen Berechtigten die Löschung bewilligt hatten. Vorliegend steht jedoch nicht fest, dass es im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbschaft keine weiteren Abkömmlinge des Vorerben geben wird. Denn das Grundbuchamt hat zutreffend angeführt, dass selbst bei einer Beschränkung des Nacherbenrechts auf die leiblichen Abkömmlinge des Vorerben erst mit dessen Ableben feststehen wird, ob er außer der Beteiligten zu 1 weitere Abkömmlinge gezeugt hat.

bb) Gemäß § 19 GBO kann eine rechtsändernde Löschung erfolgen, wenn derjenige sie bewilligt, dessen grundbuchmäßiges Recht von ihr betroffen wird (Schöner/Stöber Rn. 100). Das ist bei einem dinglichen Vorkaufsrecht derjenige, dessen Recht mit der Löschung aufgehoben werden soll.

Vom Grundbuchamt zu prüfen ist jedoch nicht nur die formelle Bewilligungsberechtigung der Betroffenen, sondern gegebenenfalls auch die Bewilligungsbefugnis (Hügel/Holzer § 19 Rn. 75 und 78). Hat nämlich das Grundbuchamt auf der Grundlage von konkreten Anhaltspunkten Kenntnis, dass der Bewilligende in seinen Verfügungen etwa durch angeordnete Nacherbfolge beschränkt ist, muss es zudem entweder die Zustimmung der Nacherben zu einer Verfügung des Vorerben oder den Nachweis des uneingeschränkten Erbrechts anfordern (Kössinger in Bauer/Schaub § 19 Rn. 221).

Wie vorstehend ausgeführt, steht fest, dass der Beteiligte zu 2 als Bewilligungsberechtigter der Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB unterliegt. Zutreffend stellt das Grundbuchamt außerdem darauf ab, dass noch nicht feststehen kann, dass es außer der Beteiligten zu 1 keine weiteren Abkömmlinge des Beteiligten zu 2 gibt.

Daher hat es die Löschung des Vorkaufsrechts zutreffend von der Zustimmung eines Pflegers für die unbekannten Nacherben abhängig gemacht.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; vielmehr ergibt sich die Kostenfolge für die Beschwerdeinstanz aus dem Gesetz (vgl. § 22 Abs. 1 GNotKG).

Der Senat schätzt den nach § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG festzusetzenden Geschäftswert nach den für die zur Hindernisbeseitigung aufzuwendenden Kosten, § 61 Abs. 1, § 36 Abs. 1 GNotKG.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 78 Abs. 2 GBO.

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