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Löschung eines Nacherbenvermerks vor Eintritt der Nacherbfolge

OLG Karlsruhe – Az.: 14 W 115/18 (Wx) – Beschluss vom 14.11.2018

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Emmendingen – Grundbuchamt – vom 27.08.2018 (EMM073 GRG 893/2018) wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beteiligte) wendet sich gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts, mit der sie auf Hindernisse, die ihrem Antrag auf Löschung eines Nacherbenvermerks entgegen stehen, hingewiesen und ihr aufgegeben wurde, Unterlagen zur Zustimmung aller Ersatznacherben vorzulegen.

Im Grundbuch von B, Blatt …, Flurstück …, …, Gebäude- und Freifläche, ist die Beteiligte seit 12.06.2018 aufgrund Erbnachweis (gemäß Erbschein des Notariats 1 Freiburg, Nachlassgericht – 1 NG 76/2016 – vom 23.02.2017 als von den gesetzlichen Beschränkungen befreite Vorerbin) als Eigentümerin eingetragen. In Abteilung II Lfd. Nr. 1 ist folgender Nacherbenvermerk eingetragen:

„Es ist Nacherbfolge angeordnet. Nacherben sind:

1. S …, geb. am 16.09.1990,

2. E …, geb. am 20.06.1993.

Die Nacherbfolge tritt mit der Wiederverheiratung oder dem Tode der Vorerbin ein. Es ist Ersatznacherbfolge angeordnet. Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der Nacherben. Die Nacherbenanwartschaftsrechte sind nicht veräußerlich und nicht vererblich. Die Vorerbin ist von den gesetzlichen Beschränkungen befreit.“

Am 27.07.2018 schlossen die Beteiligte als Verkäuferin und Frau … als Käuferin einen von Notar Dr. … beurkundeten Kaufvertrag über das vorgenannte Grundstück. Hinsichtlich des oben genannten Nacherbenvermerks, nach welchem Nacherbfolge und Ersatznacherbschaft angeordnet ist, bewilligten die Nacherben, Frau S und Herr E, und beantragte die Beteiligte als Eigentümerin und Verkäuferin die Löschung des Rechts im Grundbuch. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag vom 27.07.2018, beurkundet durch den Notar Dr. … – UR 2774/2018 – verwiesen.

Mit Schreiben vom 08.08.2018 hat das Grundbuchamt den beurkundenden Notar unter anderem um Klarstellung gebeten, dass der auf Grundlage des notariellen Kaufvertrags vom 27.07.2018 gestellte Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks erst mit Eigentumswechsel gestellt sein soll.

Mit Schreiben vom 17.08.2018 hat Notar Dr. … daraufhin gebeten, das Recht in Abt. II Nr. 1, somit den Nacherbenvermerk, sofort zu löschen laut Vertrag.

Mit Zwischenverfügung vom 27.08.2018 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass der Löschung Hindernisse entgegen stünden. Zum Vollzug des Antrags auf Löschung des Nacherbenvermerks bedürfe es noch der Vorlage der Zustimmung aller Ersatznacherben. Nach dem Vermerk seien dabei die Abkömmlinge der Nacherben als Ersatznacherben eingesetzt. Hierbei handele es sich um noch unbekannte Ersatznacherben. Daher sei die Bewilligung in der Form des § 29 GBO eines nach § 1923 BGB zu bestellenden Pflegers nebst Bestallungsnachweis und betreuungsgerichtlicher Genehmigung vorzulegen. Würden bereits Ersatznacherben existieren, sei auch deren Bewilligung in der Form des § 29 GBO vorzulegen sowie Abstammungsnachweise. Ohne Zustimmung der Ersatznacherben könne der Nacherbenvermerk nur gelöscht werden, wenn das Grundbuch unrichtig sei, § 22 GBO. Mit der Eintragung der Auflassungsvormerkung scheide das Grundstück jedoch noch nicht aus dem Nachlass aus. Eine Unrichtigkeit sei daher nicht ersichtlich.

Gegen diese Zwischenverfügung hat die Beteiligte durch den beurkundenden Notar mit dessen Schreiben vom 17.09.2018 Beschwerde eingelegt. Mit der eingelegten Beschwerde macht die Beteiligte dabei vor allem geltend, sie habe als von den gesetzlichen Beschränkungen befreite Vorerbin verfügt. Die Verfügung sei zudem nicht unentgeltlich im Sinne des § 2113 Abs. 2 BGB erfolgt; die namentlich benannten und im Termin anwesenden Nacherben hätten vielmehr die Vollentgeltlichkeit in der notariellen Urkunde, also in der Form des § 29 GBO, bestätigt und überdies die Löschung des Nacherbenvermerks bewilligt. Die vom Grundbuchamt verlangte weitere Zustimmung der (nicht vorhandenen) Ersatznacherben sei daher nicht erforderlich. Zwar gehe das Grundbuchamt richtigerweise davon aus, dass das Vertragsobjekt mit Eintragung der Vormerkung für den Käufer noch nicht aus dem Nachlass ausscheidet, es verkenne dabei aber, dass es darauf gar nicht ankommt. Vielmehr komme es für die Löschung des Nacherbenvermerks darauf an, ob der in der Vor- und Nacherbschaft verhaftete Grundbesitz durch materiell-rechtlich wirksame Verfügung des Vorerben – zumal unter Mitwirkung des Nacherben – aus der Vor- und Nacherbfolge ausscheidet. Vorliegend setze sich die Nacherbfolge durch die wirksame Verfügung des Vorerben an dem Kaufpreiszahlungsanspruch und nach dessen Erfüllung an dem Kaufpreis daselbst fort. Auch sei die Situation für den Käufer zu berücksichtigen. Für diesen komme eine Auszahlung des Kaufpreises nämlich nur in Betracht, wenn der lastenfreie Eigentumserwerb gesichert sei. Daher sei die Löschung des Nacherbenvermerks im vorliegenden Fall auch Fälligkeitsvoraussetzung. Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf den Inhalt des Schreibens des Notars vom 17.09.2018 verwiesen.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 16.10.2018 der Beschwerde unter Verweis auf die bereits in der erlassenen Zwischenverfügung vom 27.08.2018 dargelegten Rechtsansicht nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Grundbuchamt ist dem Antrag auf sofortige Löschung des Nacherbenvermerks (nicht erst mit Eigentumswechsel) zu Recht nicht nachgekommen und hat stattdessen zutreffend die mit der Beschwerde angegriffene Zwischenverfügung nach § 18 GBO vom 27.08.2018 erlassen.

Die Löschung des Nacherbenvermerks vor Eintritt der Nacherbfolge auf Antrag (§ 13 Abs. 1 GBO) erfolgt, wenn

1. sie vom Nacherben und dem (= allen) Ersatznacherben bewilligt ist (§ 19 GBO; Form: § 29 GBO), oder

2. Grundbuchunrichtigkeit nachgewiesen (§ 22 Abs. 1 GBO) oder offenkundig (§ 29 Abs. 1 S. 2 GBO) ist (s.a. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, Rz 3510).

1.

Der Schutz des Nacherbenvermerks besteht somit auch für den (nur hilfsweise berufenen) Ersatznacherben. Auch seine Bewilligung ist daher für Löschung des Nacherbenvermerks erforderlich. Für unbekannte (unbestimmte) Ersatznacherben kann ein nach § 1913 BGB bestellter Pfleger (mit Genehmigung des Betreuungsgerichts) die Löschung bewilligen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, Rz 3513).

Da die Zustimmung der Ersatznacherben hier bisher nicht vorliegt, kann dem Antrag auf Löschung nicht nach § 19 GBO wegen Bewilligung aller derjenigen, deren Recht von der Löschung betroffen ist, gefolgt werden.

2.

Ohne Zustimmung der Ersatznacherben kann der Nacherbenvermerk nach den zutreffenden Ausführungen des Grundbuchamtes nur gelöscht werden, wenn das Grundbuch unrichtig ist.

Das Grundbuch ist dann nachträglich unrichtig, wenn das Grundstück endgültig aus dem Nachlass ausgeschieden ist, die Nacherbfolge sich somit nicht mehr darauf erstreckt.

Das ist unter anderem der Fall, wenn das Nachlassgrundstück oder ein zur Erbschaft gehörendes Recht an einem Grundstück vom Vorerben mit (nachgewiesener) Zustimmung des (sämtlicher) Nacherben wirksam veräußert ist (s.a. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, Rz 3516 mit Verweis auch auf Rz 3477, 3484). Eine solche Verfügung ist voll wirksam. Einer Zustimmung der Ersatznacherben bedarf es hierfür nicht (s.a. RGZ 145, 316; BGHZ 40, 115; BayObLG, Rpfleger 1993, 148; BGH, NJW 2014, 1593; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.07.2018 – 14 W 57/18 (Wx) -).

Gleiches gilt im Übrigen, wenn das Nachlassgrundstück oder ein zur Erbschaft gehörendes Recht an einem Grundstück vom befreiten Vorerben mit wirksamer entgeltlicher Verfügung veräußert ist (s.a. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, Rz 3516 mit Verweis auch auf Rz 3485).

Gehört das Grundstück nicht mehr zu dem der Nacherbfolge unterliegenden Vermögen, ist der eingetragene Nacherbenvermerk gegenstandslos.

Mit Abschluss des notariellen Kaufvertrags sowie der Eintragung nur der Auflassungsvormerkung scheidet das Grundstück jedoch noch nicht aus dem Nachlass aus. Eine Unrichtigkeit ist daher vorliegend (noch) nicht ersichtlich.

Da die Beteiligte als Antragstellerin somit auch den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht führen kann, hat das Grundbuchamt zu Recht den Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks zurückgewiesen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus §§ 61 Abs. 1, 36 Abs. 3 GNotKG. Der Geschäftswert in Grundbuchsachen ist unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses des Beschwerdeführers zu schätzen (vgl. Kramer in BeckOK GBO, Hügel, 33. Edition, Stand 01.09.2018, § 77 Rn 47). Der Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks beruht zwar auf einem notariellen Kaufvertrag, bei dem ein Kaufpreis von 210.000,- € vereinbart wurde; die Entscheidung über die Berichtigung des Grundbuchs wirkt sich aber auf die Wirksamkeit dieses Vertrages nicht aus. Nachdem es keine genügenden Anhaltspunkte für die Höhe des wirtschaftlichen Interesses gibt, erscheint es angemessen, auf den Regelwert des § 36 Abs. 3 GNotKG zurückzugreifen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Abs. 2 S. 1 GBO liegen nicht vor.

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