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Löschung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch

OLG Rostock, Az.: 3 W 136/13, Beschluss vom 25.07.2016

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ribnitz-Damgarten vom 16.08.2013, Az. TRBS-161-18, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerks begehrt, ist als Erbe nach Frau L. M. E. S., geb. S., als Eigentümer des vorbezeichneten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Diese wiederum ist im Jahre 2000 als Erbin nach ihrem Ehemann, Herrn W. E. H. O. S., eingetragen worden. Dieser wiederum hatte das Grundstück als Erbe nach Frau E. M. W., geb. B. erhalten. Im Jahre 1929 hatte Frau W. das Grundstück von W. C. M. M. zu einem Kaufpreis von 6.000 RM erworben. Die Parteien des Kaufvertrages hatten seinerzeit eine Ratenzahlungsvereinbarung über einen Gesamtbetrag von 1.700 RM und eine Übernahme von Hypotheken über einen Betrag von 4.300 RM als Kaufpreis vereinbart.

Herr W. C. M. M. handelte dabei als befreiter Vorerbe nach seiner Ehefrau. Die gemeinsamen Töchter des Herrn W. C. M. M. und seiner Ehefrau, Frau E. T., geb. M. und Frau M. M. waren als Nacherben bestimmt.

Die entsprechende Bestimmung im Testament der in Gütergemeinschaft lebenden Eheleute M. vom 31.10.1921 lautete wie folgt: „Wir ernennen 1. zu Vorerben uns gegenseitig 2. zu Nacherben unsere beiden Töchter : a) E., die Ehefrau des O. T., b) M., beide in T.. Die Nacherbenfolge soll erst mit dem Tod des Vorerben beginnen und dieser von allen Beschränkungen befreit sein, soweit es das Gesetz zuläßt. Er soll insbesondere berechtigt sein, über Grundstücke und Rechte an Grundstücken ohne Zustimmung der Nacherben zu verfügen.“

Der Nacherbenvermerk ist in Abteilung II Nr. 1 des Grundbuches eingetragen und lautet wie folgt:

„Nacherben des Landwirts W. M. in T. sind bei seinem Tode;

a) die Ehefrau des Landwirts O. T., E., geb. M., T.

b) die unverehelichte M. M. in T.

Die Nacherben sind auf dasjenige eingesetzt, was von der Erbschaft bei Eintritt der Nacherbenfolge übrig sein wird. Eingetragen am 13.November 1928 und umgeschrieben am 25.6.1997.“

Der Antragsteller hat am 22.03.2013 die Löschung des Nacherbenvermerks beantragt. Mit Zwischenverfügung vom 16.8.2013 hat das Amtsgericht dem Antragsteller aufgegeben, weitere Nachweise der Entgeltlichkeit des damaligen Verkaufes beizubringen. Dagegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 16.9.2013 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 27.9.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Rostock zur Entscheidung vorgelegt. Der Antragsteller ist der Auffassung, es bestünden keine nachvollziehbaren Zweifel an der Entgeltlichkeit der Grundstücksübertragung. Es sei ein Kaufvertrag und kein Schenkungsvertrag geschlossen worden. Anhaltspunkte für eine verschleierte Schenkung seien nicht ersichtlich. Die dingliche Belastung des Grundbesitzes mit Hypotheken i. H. v. 4.300 RM habe unter dem vereinbarten Kaufpreis gelegen und sei deshalb kein Indiz für einen Verkauf unter Wert. Gegenwärtig werde für das Grundstück ein Kaufpreis zwischen 5.000,00 € und 10.000,00 € diskutiert. Es sei deshalb nicht ersichtlich, warum der Kaufpreis von 6.000 RM im Jahre 1929 nicht dem tatsächlichen Verkehrswert entsprochen haben sollte.

II.

Die nach §§ 71, 73 GBO zulässige Beschwerde, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat, hat in der Sache keinen Erfolg.

Ein Nacherbenvermerk kann nur dann gelöscht werden, wenn entweder der eingetragene Nacherbe sowie die testamentarisch bestimmten Ersatznacherben die Löschung bewilligt haben oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist (§§ 19, 22 Abs. 1 GBO). Da hier keine Löschungsbewilligungen eingeholt werden sollen bzw. können, setzt die Löschung des Nacherbenvermerks den Nachweis der Unrichtigkeit voraus. Unrichtig ist das Grundbuch in bezug auf den Nacherbenvermerk dann, wenn das Grundstück mit Wirkung gegenüber den Nacherben aus dem Nachlass ausgeschieden ist. Zu prüfen hatte das Amtsgericht hier, ob der damalige Verkäufer als befreiter Vorerbe entgeltlich an eine andere Rechtspersönlichkeit veräußert hat, da nur eine solche Veräußerung ein Ausscheiden des Grundstücks aus dem Nachlass bewirkt (§§ 2112, 2113 Abs. 1 und 2, 2136 BGB; siehe zum Ganzen Demharter, GBO, 30. Aufl., Rn 35 und 40ff zu § 51 GBO).

Der damalige Verkäufer konnte grundsätzlich als befreiter Vorerbe veräußern. Die Befugnis im Testament von 1921 über Grundstücke ohne Zustimmung der Nacherben zu verfügen, spricht für die Befreiung des Vorerben nach § 2136 BGB. Für die Anordnung der Befreiung ist keine bestimmte Ausdrucksweise vorgeschrieben (OLG Hamm, Beschluss vom 27. November 1996 15 W 355/96, juris). Insoweit kann die Auslegungsregel des § 2137 Abs. 2 BGB herangezogen werden. Hiernach ist im Zweifel anzunehmen, dass der Nacherbe befreit ist, wenn der Erblasser bestimmt hat, dass der Vorerbe, wie hier, zur freien Verfügung über die zur Erbschaft gehörenden Grundstücke berechtigt sein soll.

Die Befreiung des Vorerben (§ 2136 BGB) ist im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung beschränkt die Nacherben auf das „was von der Erbschaft bei dem Eintritt der Nacherbfolge übrig sein wird“ was eine eindeutige Bezeichnung der Vorerbenbefreiung darstellt (Demharter a. a. O., Rn. 18 und 24 zu § 51 GBO).

Eine unentgeltliche Verfügung über Nachlassgegenstände i. S. v. § 2113 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn aus dem Nachlass (objektiv) Gegenstände ausscheiden, ohne dass der wirtschaftliche Gegenwert zurückfließt, und wenn der Vorerbe das (subjektiv) erkennt oder erkennen muss (M. Schmidt in: Erman BGB, Kommentar, § 2113 BGB, Rn 13 mit zahlreichen Nw). Maßgeblich ist, ob sich für den Vorerben unter dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses und unter Berücksichtigung der Pflicht, die Erbschaft später an den Nacherben herauszugeben, Leistung und Gegenleistung als gleichwertig darstellen. Die Regelungen der §§ 2112, 2113 BGB dienen vorrangig dem Schutz des Nacherben. Dieses Schutzinteresse wird nur gewahrt, wenn nicht allein auf den Umstand der Entgeltlichkeit als solcher abgestellt wird (vgl. Palandt – Weidenkaff, BGB 75. Aufl. 2016, Rn 8 zu § 516 BGB), sondern der Nachweis der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung erbracht wird (Demharter, a.a.O., Rn 35 zu § 51 und Rn 21 zu § 52 GBO).

Die Entgeltlichkeit der Verfügung des Vorerben kann regelmäßig nicht in der Form des § 29 GBO, also durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden, nachgewiesen werden. Deshalb sind unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten die gesamten Umstände des Falles unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob die Entgeltlichkeit im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO offenkundig ist. Dabei können auch Wahrscheinlichkeitserwägungen angestellt werden, die sich auf allgemeine Erfahrungssätze stützen. An den Nachweis der Entgeltlichkeit dürfen allerdings nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 21. Mai 1996, 15 W 109/96, juris).

Maßgeblich ist mithin, ob der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück im Jahre 1929 eine gleichwertige Gegenleistung gegenüber stand. Die damaligen Parteien vereinbarten einen Kaufpreis von 6.000 RM. Anhaltspunkte dafür, ob es sich dabei um einen angemessenen Preis des Grundstücks handelt, ergeben sich aus der Möglichkeit, den damals vereinbarten Kaufpreis mit dem heute beabsichtigten Kaufpreis (bis zu 10.000 €) zu vergleichen. Zutreffend hat das Amtsgericht in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, ob die mit dem damaligen Kaufvertrag unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernommenen Hypotheken noch in voller oder annähernd voller Höhe von 4.300 RM valutierten. Unter Berücksichtigung allgemeiner Erfahrungssätze liegt es durchaus nahe, dass die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages davon ausgingen, dass die Hypotheken in Höhe des ausgewiesenen Betrages valutierten und auf den Kaufpreis anzurechnen waren. Allerdings sind die Angaben im Grundbuch von 1929 dazu nicht eindeutig. Es sind zwar verschiedene Belastungen des Grundstücks erkennbar, nicht jedoch, dass Hypotheken über Beträge von 4.300 RM in der Summe bestanden. Im Hinblick auf den Schutz der potentiellen Nacherben trifft es deshalb zu, dass zu belegen ist, ob der übernommenen Hypothek tatsächlich valutierende Forderungen i. H. v. 4.300 RM zugrunde lagen und wer die Gläubiger dieser Forderungen waren. Eigene Ermittlungen hat das Amtsgericht insoweit nicht anzustellen.

Ebenso zutreffend ist die Aufforderung des Amtsgerichtes, für den Fall, dass weitere Nachweise nicht zu erbringen sind, Löschungsbewilligungen der Nacherben vorzulegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Wertfestsetzung für das Verfahren der Beschwerde beruht auf den §§ 51 Abs. 2, 61 GNotKG. Der Senat hat einen Verkehrswert des Grundstücks von 10.000,00 € zugrunde gelegt. Dabei war das Interesse der Beteiligten an der Beseitigung des Nacherbenvermerks als eine Verfügungsbeschränkung mit 30 % des Grundstückswertes anzusetzen.

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