KG Berlin – Az.: 1 W 127/18 – Beschluss vom 22.01.2019
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Die Zwischenverfügung ist nicht gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO veranlasst. Das aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht. Für die Löschung der am … 2003 gebuchten Inhabergrundschuld III/7 genügt neben der Löschungsbewilligung des seit 1991 als Eigentümer eingetragenen Beteiligten vom … 2018 (UR-Nr. …) der rechtskräftige, von dem Beteiligten erwirkte Ausschließungsbeschluss des Amtsgerichts … vom … 2017, mit dem der Grundschuldbrief für kraftlos erklärt wird. Es bedarf keines Beschlusses über den Ausschluss unbekannter Gläubiger nach § 1170 BGB.
Wie auch das Grundbuchamt sieht, ist für die Löschung der Inhabergrundschuld nach § 1195 BGB die Vorlage des auf den Inhaber ausgestellten Grundschuldbriefs nicht gemäß § 41 Abs. 1 S. 1, § 42 S. 1 GBO erforderlich. Es genügt gemäß § 41 Abs. 2 S. 2, § 42 S. 1 GBO die Vorlegung des rechtskräftigen Beschlusses, in dem der Grundschuldbrief für kraftlos erklärt wird (§ 439 Abs. 2, § 478 Abs. 1 FamFG). § 41 Abs. 2 GBO gilt auch für den Grundschuldbrief auf den Inhaber (Bauer/Schneider, GBO, 4. Aufl., § 42 Rn. 5; Güthe, GBO, 1. Aufl., § 43 Rn. 6). Die Ausnahme des § 42 S. 2 GBO erfasst nur § 41 Abs. 1 S. 2 und 3 GBO. Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut – “bedarf es der Vorlage nur dann nicht”, während § 41 Abs. 2 GBO die Gleichstellung bestimmt – als auch aus dem Sinn und Zweck des § 42 S. 2 GBO. Es widerspräche § 1195 S. 2 i.V.m. § 796 BGB wenn dem Erwerber des Briefs ein nur aus dem Grundbuch, nicht auch aus dem Brief ersichtlicher (§§ 62, 70 GBO) Widerspruch u.ä. entgegengehalten werden könnte (Bauer/Schneider, a.a.O., § 42 Rn. 1). Die Besonderheiten des auf den jeweiligen Inhaber ausgestellten Briefs stehen der Anwendung von § 41 Abs. 2 GBO aber nicht entgegen.
Es ist unerheblich, ob sich die Kraftloserklärung des Inhaberbriefs nach § 1162 i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB oder nach § 799 i.V.m. § 1195 S. 2 BGB richtet (vgl. zum Umfang der Verweisung RGZ 59, 381, 385). § 42 S. 1 GBO ordnet die entsprechende Anwendung von § 41 GBO an, so dass die Vorschrift ggf. anzupassen ist. Nach der gesetzlichen Systematik erfasste § 41 Abs. 2 GBO für die Inhabergrundschuld auch den Ausschließungsbeschluss in einem Fall des § 799 BGB.
Die Vorlegung des Ausschließungsbeschlusses genügt nach § 41 Abs. 2 S. 2, § 42 S. 1 GBO nur, wenn derjenige, der die Löschung der Grundschuld bewilligt, gemäß §§ 67, 70 Abs. 1 S. 1 GBO die Erteilung eines neuen Briefs beantragen könnte; nur dann wäre der vorhergehende oder gleichzeitige (§ 41 Abs. 2 S. 1, § 42 S. 1 GBO) Antrag auf Brieferneuerung eine bloße Förmelei (vgl. Meikel/Wagner, GBO, 11. Aufl., § 41 Rn. 72, 78). Es trifft zwar zu, dass das Recht, die Erteilung eines neuen Briefs zu beantragen, nicht allein aus § 479 Abs. 1 FamFG (oder ggf. § 800 BGB) folgen kann. Nach § 67 GBO ist auf Grund des Ausschließungsbeschlusses nicht demjenigen der neue Brief zu erteilen, der diesen Beschluss erwirkt hat, sondern dem “Berechtigten” (BGH, NJW-RR 2012, 782 Rn. 12). Das ist grundsätzlich der Gläubiger der verbrieften Forderung. Der nicht im Grundbuch eingetragene Zessionar muss dem Grundbuchamt deshalb nicht nur die Abtretungserklärung (§ 1154 Abs. 1 BGB, § 26 Abs. 1 GBO) und den von ihm erwirkten Ausschließungsbeschluss nachweisen, der den Briefbesitz ersetzt (Senat, OLGE 38, 10, 12; BayObLG, DNotZ 1988, 111, 113), sondern auch, dass der Grundschuldbrief zur Zeit der Abtretung noch vorhanden war (BayObLG, a.a.O.). Die Anwendung von § 1155 BGB setzt voraus, dass von einem Rechtserwerb gemäß § 1154 Abs. 1 S. 1 BGB ausgegangen werden kann, und § 1117 Abs. 3 BGB gilt nicht für den Besitz des Ausschlussurteils. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
Der Beteiligte ist für die Brieferneuerung als Gläubiger der Inhabergrundschuld anzusehen, weil nachgewiesen ist, dass er zum Zeitpunkt des Rechtserwerbs im Besitz des später für kraftlos erklärten Briefs war. Aus den Grundakten ergibt sich, dass das Grundbuchamt den Inhaberbrief gemäß § 60 Abs. 1, § 70 Abs. 1 S. 1 GBO dem Beteiligten am … 2003 aushändigte (Bd I Bl. 132d d.A.). Damit ist die Inhabergrundschuld mit dem Beteiligten als Gläubiger entstanden (vgl. Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Bearb. 2015, § 1195 Rn. 10). Ebenso wie jeder andere Gläubiger muss der Beteiligte nicht den Negativbeweis erbringen, dass er die Inhabergrundschuld später nicht – durch Übertragung des Eigentums an dem Brief gemäß §§ 929 ff. BGB – auf einen Dritten übertrug. Andernfalls wäre eine Erneuerung des Inhaberpapiers auch nicht möglich. Der vom Grundbuchamt aufgezeigte Weg des § 1170 BGB stünde nur dem jeweiligen Eigentümer (§ 448 Abs. 1 FamFG) nach Ablauf der 10jährigen Frist, nicht einem sonstigen Gläubiger offen.
Aus der Antragsberechtigung des Beteiligten gemäß § 67, § 70 Abs. 1 S. 1 GBO folgt seine Bewilligungsbefugnis nach § 19 GBO. Der Beteiligte ist für die Löschung der Pos. III/7 so zu stellen, als sei ihm ein neuer Brief für die Inhabergrundschuld erteilt worden. Er gälte als Inhaber des Briefs – auch für das Grundbuchamt – gemäß § 793 Abs. 1, § 1006 Abs. 1 i.V.m. § 1195 S. 2 BGB als Gläubiger der zu löschenden Grundschuld. Die formelle Legitimation bedeutet, dass derjenige, der ein Inhaberpapier in Händen hält, (widerlegbar) als der aus dem Papier materiell Berechtigte gilt.