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Löschung des Briefgrundpfandrechtes eines Versicherungsunternehmens

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 2 W 49/10 – Beschluss vom 16.03.2011

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 25. Februar 2010 wird die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes des Amtsgerichts Meldorf vom 8. Februar 2010 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, von seinen Bedenken Abstand zu nehmen, wonach zum Vollzug des Löschungsantrages vom 7. Januar 2010 noch die Zustimmung des Treuhänders gemäß §§ 70-72 VAG sowie der Nachweis der Treuhänderstellung in der Form des § 29 GBO einzureichen seien.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1. sind jeweils zur ideellen Hälfte Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes. In Abt. III Nr. 4 des Grundbuchs war für die Verbandssparkasse M. eine Briefgrundschuld zunächst in Höhe von 120.000,00 DM eingetragen. Im Jahre 1986 wurde das Recht unter Bildung von Teilgrundschuldbriefen geteilt. Die Gläubigerin trat den rangersten Teilbetrag von 60.000,00 DM an die Beteiligte zu 2. (die X-Pensionskasse VVaG), ab. Die Abtretung wurde am 18. März 1986 in Abt. III Nr. 4a in das Grundbuch eingetragen.

Die Beteiligte zu 2. bewilligte mit notariell beglaubigter Erklärung vom 18. Dezember 2009 die Löschung des Rechts in Abt. III Nr. 4a (UR-Nr. 2215/2009 des Notars S.). Die Beteiligten zu 1. stimmten mit notariell beglaubigter Erklärung vom 5. Januar 2010 zu und beantragten die Löschung im Grundbuch (UR-Nr. 2/2010 des Notars B.).

Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2010 hat der Notar B. die Löschungsbewilligung nebst Eigentümerzustimmung sowie den Teilgrundschuldbrief beim Grundbuchamt eingereicht und die Löschung des Rechts in Abt. III Nr. 4a beantragt. Auf dem Grundschuldbrief befindet sich oben links der folgende aufgestempelte Vermerk:

„Zum Deckungsstock

L., den

Treuhänder“.

Als Datum ist handschriftlich der „24.3.“ mit unleserlicher Jahreszahl eingetragen. Über dem Wort „Treuhänder“ befindet sich eine unleserliche Paraphe.

Das Grundbuchamt vertritt die Auffassung, wegen des zitierten Vermerks sei es zur Löschung des Rechts erforderlich, eine Zustimmungserklärung des nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bestellten Treuhänders sowie den Nachweis der Treuhänderstellung einzureichen. Nach Schriftwechsel mit dem Notar ist am 8. Februar 2010 die angefochtene Zwischenverfügung ergangen. Zur Begründung wird ausgeführt, aus dem Vermerk auf dem Brief ergebe sich, dass das Grundpfandrecht zum Deckungsstock gehöre. Auch wenn kein Treuhändersperrvermerk eingetragen sei, dürfe das Grundpfandrecht nur mit Zustimmung des Treuhänders gelöscht werden, wenn dem Grundbuchamt die Zugehörigkeit zum Deckungsstock positiv bekannt sei.

Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz des Notars vom 25. Februar 2010 eingelegte Beschwerde. Das Grundbuchamt habe nicht von Amts wegen die Zugehörigkeit des Grundpfandrechts zum Deckungsstock zu überprüfen und könne auch nicht feststellen, ob ein ehemals zum Deckungsstock zugehöriges Recht diesem weiterhin zugehöre. Wenn die Eintragung eines Sperrvermerks niemals beantragt oder bewilligt worden sei, habe die Löschung des Grundpfandrechts ohne Zustimmung des Treuhänders zu erfolgen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Verfügung vom 11. März 2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1.

Die Beschwerde ist nach §§ 71 ff. GBO zulässig. Sie ist als Rechtsmittel nur der Beteiligten zu 1. auszulegen. (…)

2.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis besteht nicht. Zur Löschung des Rechts in Abt. III Nr. 4a bedarf es nicht der Zustimmung des nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz bestellten Treuhänders der Beteiligten zu 2.

a.

Allerdings geht das Grundbuchamt im Ansatz zutreffend davon aus, dass grundsätzlich zur Löschung von Grundpfandrechten auch die Zustimmung des Treuhänders erforderlich sein kann, wenn das Recht zum Sicherungsvermögen nach §§ 66 ff. VAG gehört.

Der Vorstand eines Versicherungsunternehmens hat nach § 66 Abs. 1 VAG schon im Laufe des Geschäftsjahres Beträge in Höhe des nach § 66 Abs. 1a VAG näher bestimmten Mindestumfangs dem Sicherungsvermögen zuzuführen. Dieses entspricht weitgehend dem Deckungsstock im Sinne der bis zum 16. Dezember 2003 geltenden Fassung des § 66 VAG (Lipowsky in: Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Auflage, § 66 Rn. 1). Auf diese Weise werden die Ansprüche der Versicherten gegen das Versicherungsunternehmen abgesichert (vgl. zu den Einzelheiten Lipowsky, a. a. O., § 66 Rn. 1 ff.).

Zur Überwachung des Sicherungsvermögens ist nach § 70 VAG ein Treuhänder zu bestellen. Dieser hat nach § 72 VAG das Sicherungsvermögen so sicherzustellen, dass nur mit seiner Zustimmung darüber verfügt werden kann. Die rechtliche Verfügungsbeschränkung ist durch zusätzliche Maßnahmen zu sichern, so dass auch die theoretische Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs faktisch ausgeschlossen ist (Lipowsky, a. a. O., § 72 Rn. 6).

b.

Dies führt jedoch nicht dazu, dass über die betroffene Grundschuld im vorliegenden Fall nur mit Zustimmung des Treuhänders verfügt bzw. die Löschung eingetragen werden könnte. Zunächst ist die Löschung bei Briefrechten von vornherein nicht von der Einreichung einer Zustimmungserklärung des Treuhänders abhängig (1). Hinzu kommt, dass hier entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes auch nicht die Zugehörigkeit des Rechts zum Sicherungsvermögen positiv feststeht (2).

(1)

Die Sicherstellung im Sinne des § 72 Abs. 1, 2 VAG erfolgt in zwei Formen, nämlich durch Eintragung eines Sperrvermerks oder durch Doppelverschluss (Lipowsky, a. a. O., § 72 Rn. 8 ff.).

Die erstgenannte Sicherungsform kommt insbesondere in Betracht für die in einem Bankdepot verwahrten Urkunden sowie für alle nicht urkundlich verbrieften Sicherungsvermögenswerte, für Grundstücke, Buchhypotheken und Buchgrundschulden und für Schuldbuchforderungen gegen Bund, Länder und Kommunen. Der Treuhänder hat in diesen Fällen dafür zu sorgen, dass ein Sperrvermerk bei den betroffenen Kreditinstituten bzw. Grund- und Schuldbuchämtern sowie vergleichbaren Behörden anderer Staaten jeweils eingetragen und auch beachtet wird (Lipowsky, a. a. O., § 72 Rn. 9, 10).

Dagegen kommt die Sicherstellung durch Doppelverschluss (§ 72 Abs. 2 S. 1 VAG) bei allen Nicht- Buchrechten in Frage, insbesondere bei Geld, verbrieften Forderungen, Policendarlehen sowie Briefhypotheken und Briefgrundschulden (Lipowsky, a. a. O., § 72 Rn. 11). Der erforderliche Mitbesitz von Versicherungsunternehmen und Treuhänder wird dabei praktisch dadurch herbeigeführt, dass beide verschiedene Safe-Schlüssel erhalten und der Tresor nur bei gleichzeitiger Anwesenheit geöffnet werden kann (Lipowsky, a. a. O., § 72 Rn. 12).

Aus der Abgrenzung der beiden Sicherungsmöglichkeiten ergibt sich hier indes, dass überhaupt kein Fall der möglichen Eintragung eines Sperrvermerks gegeben ist, dessen Einhaltung das Grundbuchamt und der Treuhänder zu beachten hätten. Vielmehr wäre die Briefgrundschuld, wenn sie zum Sicherungsvermögen der Beteiligten zu 2. gehören sollte, durch Doppelverschluss des Grundschuldbriefes zu sichern. Bei Briefhypotheken und –grundschulden hat das Grundbuchamt nicht nachzuprüfen, ob diese zum Sicherungsvermögen (bzw. früher zum Deckungsstock) gehören und ob der Treuhänder seine Zustimmung zu der Rechtsänderung erteilt hat (LG Dortmund, Rpfleger 1990, S. 454; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Auflage, Rn. 4065; Lipowsky, a. a. O., § 72 Rn. 10). Schon daraus ergibt sich hier, dass es zur Löschung der Grundschuld in Abt. III Nr. 4a nicht der Vorlage einer Zustimmungserklärung des Treuhänders bedarf.

(2)

Das Grundbuchamt beruft sich für seine Rechtsauffassung auch zu Unrecht auf die bereits zitierte Stelle bei Schöner/Stöber. Dort heißt es, das Grundbuchamt habe auch dann die hier angeforderten Nachweise zu verlangen, wenn die Verfügungsbeschränkung im Grundbuch zwar nicht eingetragen sei, dem Grundbuchamt die Zugehörigkeit zum Sicherungsvermögen (bzw. Deckungsstock) aber positiv bekannt sei.

Letzteres ist zwar im Ansatz richtig, weil das Grundbuchamt nicht bewusst daran mitwirken darf, das Grundbuch unrichtig zu machen (vgl. für den umgekehrten Fall der Eintragung eines Treuhändersperrvermerks OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22. Dezember 2010, 3 W 202/10, bei juris – m. w. N.). Hier aber ist, wie bereits ausgeführt, schon kein Fall gegeben, in dem die Löschung überhaupt von der Einreichung der Treuhänderzustimmung abhängig sein kann. Hinzu kommt, dass dem Grundbuchamt auch nicht positiv bekannt ist, dass die betroffene Grundschuld zum Sicherungsvermögen gehört.

Die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes zum Sicherungsvermögen wird durch dessen Eintragung in das Vermögensverzeichnis begründet (Lipowsky, a. a. O., § 66 Rn. 5, 6). Nach § 68 Abs. 2 VAG a. F. musste zudem die Aufsichtsbehörde die eventuell erforderlichen Genehmigungen erteilt haben (OLG Frankfurt, VersR 1972, S. 62).

Ob die betroffene Grundschuld in das Vermögensverzeichnis eingetragen worden ist und ob sie auch nicht später nach Maßgabe des § 72 Abs. 2 S. 1 VAG herausgegeben worden ist, lässt sich indes nicht zuverlässig feststellen. Der einzige Hinweis auf eine frühere Zugehörigkeit zum Deckungsstock ergibt sich aus dem oben zitierten, mit einem unleserlichen Datum und der Paraphe des Treuhänders versehenen Vermerk auf dem Grundschuldbrief. Dies genügt keinesfalls, um die Zugehörigkeit zum Sicherungsvermögen im jetzigen Zeitpunkt positiv feststellen zu können.

Dass von einer positiven Kenntnis der Zugehörigkeit zum Sicherungsvermögen nicht auszugehen ist, zeigt sich auch daran, dass umgekehrt die Eintragung eines Treuhändersperrvermerks hier jedenfalls nicht möglich wäre, selbst wenn dies bei Briefrechten grundsätzlich in Betracht käme. Die Eintragung eines Treuhändersperrvermerks kommt nach der vom Grundbuchamt selbst zitierten Entscheidung des Landgerichts Bielefeld nur dann in Betracht, wenn sie entweder bewilligt ist oder die Zugehörigkeit des Grundpfandrechts zum Deckungsstock in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO nachgewiesen ist (Rpfleger 1993, S. 333). Dieser Nachweis wäre durch den aufgestempelten und mit Paraphe des Treuhänders versehenen Vermerk jedenfalls nicht geführt.

 

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