Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Erbstreit um verschwundenen Grundschuldbrief: Erben erkämpfen Löschung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was genau bedeutet eine Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ich als Mitglied einer Erbengemeinschaft die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs beantragen?
- Welche Beweise muss ich vorlegen, um die Kraftloserklärung zu erreichen?
- Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Kraftloserklärung für die Erbengemeinschaft und das Grundstück?
- Wie läuft das Verfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs ab?
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Es ging darum, dass ein Mitglied einer Erbengemeinschaft den Antrag stellte, einen belastenden Grundschuldbrief für ungültig zu erklären.
- Der Erblasser war Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes mit einer eingetragenen Grundschuld zugunsten einer Bausparkasse.
- Nach dem Tod des Erblassers wurde das Eigentum durch Teilungsversteigerung auf neue Eigentümer übertragen, jedoch blieb die Grundschuld bestehen.
- Die Bausparkasse bescheinigte zwar den Erlöschen der Darlehensforderung, allerdings wurden die erforderlichen Unterlagen nicht ordnungsgemäß hinterlegt.
- Das Amtsgericht wies den Antrag auf Kraftloserklärung zunächst zurück, was das OLG München jedoch aufhob.
- Das Gericht entschied, dass der Antrag auf Kraftloserklärung nicht aus den vorher angeführten Gründen abgewiesen werden dürfe.
- Die Entscheidung erfolgte, weil die rechtlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Hinterlegung der Löschungsbewilligung nicht berücksichtigt wurden.
- Die Auswirkungen sind, dass nun das Amtsgericht den Antrag neuerlich unter Berücksichtigung der Anweisungen des OLG prüfen muss.
- Dies könnte zu einer Erleichterung für die Erbengemeinschaft führen, da die Grundschuld möglicherweise gelöscht werden kann.
- Die Rechte der Miterben werden besser geschützt, indem klargestellt wird, unter welchen Bedingungen eine Grundschuld für nichtig erklärt werden kann.
Erbstreit um verschwundenen Grundschuldbrief: Erben erkämpfen Löschung
Eine Grundschuld ist ein wichtiges Rechtsinstitut im deutschen Immobilienrecht. Sie dient dazu, Sicherheiten für Kredite oder Darlehen zu schaffen, indem ein Grundstück mit einer Hypothek belastet wird. In manchen Fällen kann es jedoch notwendig sein, eine bestehende Grundschuld für ungültig erklären zu lassen – zum Beispiel, wenn das Grundstück Teil einer Erbengemeinschaft ist und nicht alle Miterben mit der Belastung einverstanden sind.
In solchen Fällen spricht man von einer Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs. Dieser Prozess ist nicht immer einfach und erfordert eine genaue rechtliche Prüfung. Dennoch kann eine Kraftloserklärung in manchen Situationen der einzige Weg sein, um die Rechte aller Beteiligten zu wahren.
Im folgenden Beitrag werden wir uns mit einem konkreten Gerichtsurteil zu diesem Thema befassen und die wichtigsten Aspekte der Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs näher beleuchten.
Der Fall vor Gericht
Mitglied einer Erbengemeinschaft beantragt Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs
In dem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall geht es um ein Mitglied einer noch nicht vollständig auseinandergesetzten Erbengemeinschaft, das die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs beantragt hat. Die Beteiligte ist neben drei weiteren Personen Erbin nach dem verstorbenen S.M., der im Wohnungseigentumsgrundbuch als Eigentümer eines mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteils eingetragen war.
In Abteilung III des Grundbuchs ist zugunsten einer Bausparkasse eine Briefgrundschuld über 120.000 DM zzgl. 12% Zinsen eingetragen. Nach dem Tod von S.M. im Jahr 2010 wurden im Rahmen eines Teilungsversteigerungsverfahrens neue Wohnungseigentümer eingetragen, welche die Briefgrundschuld als bestehend bleibendes Recht übernahmen. Dies geschah, obwohl die Bausparkasse zuvor mitgeteilt hatte, dass keine Darlehensforderung mehr bestehe und sie bereits im Jahr 2000 eine Löschungsbewilligung sowie den Grundschuldbrief an den damaligen Eigentümer S.M. übersandt hatte.
Amtsgericht weist Antrag auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs zurück
Das Amtsgericht Lindau wies den Antrag der Beteiligten auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs mit Beschluss vom 11. Januar 2017 zurück. Begründet wurde dies damit, dass die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt habe, dass der Grundschuldbrief abhandengekommen sei. Der Vortrag, dass der Grundschuldbrief nicht auffindbar sei, reiche nicht aus. Es müssten konkrete Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich der Verlust des Briefes ergebe.
Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte Beschwerde zum Oberlandesgericht München ein. Sie brachte vor, dass angesichts des langen Zeitablaufs und der Erklärung der Bausparkasse, den Brief an den Erblasser übersandt zu haben, davon auszugehen sei, dass der Grundschuldbrief abhandengekommen ist.
OLG München hebt Beschluss des Amtsgerichts auf
Das OLG München gab der Beschwerde der Beteiligten mit Beschluss vom 25.07.2017 statt und hob den Beschluss des Amtsgerichts Lindau auf. Das Amtsgericht wurde angewiesen, den Antrag auf Kraftloserklärung nicht aus den im aufgehobenen Beschluss angeführten Gründen zurückzuweisen.
Das OLG sah den Vortrag der Beteiligten, dass der Grundschuldbrief abhandengekommen sei, als ausreichend substantiiert an. Bei Abwägung aller Umstände spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Brief nicht mehr auffindbar ist. Dem stehe auch nicht entgegen, dass ein Mitglied einer Erbengemeinschaft den Antrag gestellt hat und nicht alle Miterben. Jeder Miterbe sei berechtigt, zum Schutz des Nachlasses alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehöre auch die Kraftloserklärung eines Grundpfandrechts, das den Nachlass belaste.
Das Gericht wies darauf hin, dass selbst wenn der Grundschuldbrief wieder auftauchen sollte, durch die Kraftloserklärung materiell-rechtlich die Grundschuld nicht erlösche. Die Grundschuld wandle sich lediglich von einer Brief- in eine Buchgrundschuld um.
Kraftloserklärung bei abhandengekommenem Grundschuldbrief möglich
Der Beschluss des OLG München zeigt, dass ein Mitglied einer Erbengemeinschaft die Kraftloserklärung eines auf einem gemeinschaftlichen Grundstück lastenden Grundschuldbriefs beantragen kann, wenn dieser abhandengekommen ist. Dies gilt auch dann, wenn noch keine vollständige Erbauseinandersetzung stattgefunden hat.
Wichtig ist, dass konkrete Tatsachen vorgetragen werden, die den Verlust des Briefs nahelegen. Der bloße Vortrag, der Brief sei nicht auffindbar, reicht nicht aus. Im vorliegenden Fall sprachen der lange Zeitablauf seit Übersendung des Briefs an den Erblasser und die Erklärung der Bausparkasse, dass keine Forderung mehr bestehe, für ein Abhandenkommen des Briefs.
Die Kraftloserklärung führt nicht zum Erlöschen der Grundschuld, sondern lediglich zu deren Umwandlung von einer Brief- in eine Buchgrundschuld. Dadurch wird verhindert, dass ein Dritter aus dem abhandengekommenen Brief Rechte herleiten kann. Zugleich bleibt die dingliche Belastung des Grundstücks bestehen, bis eine Löschung der Grundschuld erfolgt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG München stellt klar, dass ein einzelnes Mitglied einer Erbengemeinschaft auch ohne vollständige Erbauseinandersetzung die Kraftloserklärung eines abhandengekommenen Grundschuldbriefs beantragen kann, wenn konkrete Tatsachen den Verlust nahelegen. Dies dient dem Schutz des Nachlasses. Zudem wandelt die Kraftloserklärung die Briefgrundschuld lediglich in eine Buchgrundschuld um, lässt die dingliche Belastung aber bestehen. Die Entscheidung zeigt, dass Gerichte eine Abwägung der Gesamtumstände vornehmen und den Nachlass auch bei noch bestehenden Erbengemeinschaften schützen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Sind Sie Teil einer Erbengemeinschaft und möchten eine alte, vielleicht sogar bereits abbezahlte Grundschuld loswerden? Dieses Urteil stärkt Ihre Position. Es zeigt, dass Sie nicht tatenlos zusehen müssen, wenn eine Grundschuld ungerechtfertigt auf dem geerbten Grundstück lastet. Auch wenn der Grundschuldbrief verschwunden ist, können Sie als einzelnes Mitglied der Erbengemeinschaft handeln und die Löschung dieser Hypothek beantragen.
Das Gericht hat klargestellt, dass es nicht ausreicht, wenn das Amtsgericht einfach behauptet, Sie hätten den Verlust des Grundschuldbriefs nicht ausreichend bewiesen. Es müssen alle Umstände berücksichtigt werden, insbesondere wenn die Bank die Schuld längst als beglichen betrachtet.
Dieses Urteil ist ein wichtiger Schritt für mehr Gerechtigkeit und Klarheit im Erbrecht. Es unterstreicht Ihr Recht, sich gegen ungerechtfertigte Belastungen auf Ihrem Erbe zu wehren.
FAQ – Häufige Fragen
Haben Sie als Teil einer Erbengemeinschaft Probleme mit einer unliebsamen Grundschuld auf dem geerbten Grundstück? Dann ist die Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs möglicherweise eine Option für Sie. Das vorliegende Urteil zeigt, dass Sie als einzelnes Mitglied der Erbengemeinschaft aktiv werden und die Löschung dieser Hypothek beantragen können – selbst wenn der ursprüngliche Brief nicht mehr aufzufinden ist. Die nachfolgenden FAQ bieten Ihnen wertvolle Einblicke in die rechtlichen Hintergründe und mögliche Vorgehensweisen, um Ihr Erbe von unerwünschten Belastungen zu befreien. Lassen Sie sich von den komplexen Rechtsfragen nicht abschrecken – mit den praxisnahen Erläuterungen können Sie die Situation zugunsten aller Miterben klären.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was genau bedeutet eine Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ich als Mitglied einer Erbengemeinschaft die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs beantragen?
- Welche Beweise muss ich vorlegen, um die Kraftloserklärung zu erreichen?
- Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Kraftloserklärung für die Erbengemeinschaft und das Grundstück?
- Wie läuft das Verfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs ab?
Was genau bedeutet eine Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs?
Ein Grundschuldbrief ist eine Urkunde, die eine Grundschuld verbrieft. Eine Grundschuld ist ein Grundpfandrecht, das zur Sicherung einer Geldforderung an einem Grundstück bestellt wird. Der Grundschuldbrief dokumentiert somit, dass ein bestimmtes Grundstück mit einer Grundschuld belastet ist und in welcher Höhe diese besteht. Er dient als Nachweis für den Gläubiger der Grundschuld.
Geht der Grundschuldbrief verloren, kann er im Wege eines gerichtlichen Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Die Kraftloserklärung hat zur Folge, dass der Grundschuldbrief seine Wirksamkeit verliert und nicht mehr als Nachweis für die Grundschuld dienen kann. Der Gläubiger kann seine Rechte aus der Grundschuld dann nicht mehr anhand des Briefes geltend machen.
Für die Erbengemeinschaft, der das mit der Grundschuld belastete Grundstück gehört, ist die Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs oft ein notwendiger Schritt, um das Grundstück lastenfrei zu stellen. Nur mit dem Grundschuldbrief und einer Löschungsbewilligung des Gläubigers kann die Grundschuld im Grundbuch gelöscht werden. Ist der Brief nicht auffindbar, muss zunächst seine Kraftloserklärung erwirkt werden, bevor die Löschung erfolgen kann.
Das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung kann von jedem Mitglied der Erbengemeinschaft beantragt werden, das ein rechtliches Interesse daran hat. In der Regel wird dies der Fall sein, wenn die Erbengemeinschaft beabsichtigt, das geerbte Grundstück zu verkaufen. Denn ein mit einer Grundschuld belastetes Grundstück lässt sich oft nur schwer veräußern. Die Kraftloserklärung des abhandengekommenen Grundschuldbriefs ist dann Voraussetzung für die lastenfreie Übertragung des Grundstücks auf den Käufer.
Zuständig für das Aufgebotsverfahren ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das belastete Grundstück liegt. Das Gericht fordert im Rahmen des Verfahrens öffentlich dazu auf, Rechte an dem Grundschuldbrief anzumelden. Meldet sich innerhalb der gesetzten Frist niemand, der Rechte an dem Brief geltend macht, erklärt das Gericht den Grundschuldbrief durch Ausschlussbeschluss für kraftlos. Dieser Beschluss ersetzt den Grundschuldbrief und ermöglicht so die Löschung der Grundschuld im Grundbuch auch ohne Vorlage des Originalbriefs.
Unter welchen Voraussetzungen kann ich als Mitglied einer Erbengemeinschaft die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs beantragen?
Ein Mitglied einer Erbengemeinschaft kann unter bestimmten Voraussetzungen die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs in einem Aufgebotsverfahren beantragen. Dafür muss der Antragsteller ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Verfahrensführung haben, das sich auf das Recht bezieht, zu dessen Geltendmachung er ermächtigt wurde. Ein solches Eigeninteresse liegt vor, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Antragstellers hat.
Bei einer Erbengemeinschaft kann dieses Interesse beispielsweise gegeben sein, wenn die Erbengemeinschaft gegen den Ersteher eines Grundstücks einen Anspruch auf Zahlung des Grundschuldkapitals hat, weil die Grundschuld als bestehen bleibend ins geringste Gebot aufgenommen wurde. Der Ersteher erwirbt das Grundstück dann belastet mit der vorrangigen Grundschuld. Wurde das der Grundschuld zugrundeliegende Darlehen bereits getilgt, ist der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld mit dem Erbfall auf die Erbengemeinschaft übergegangen.
Zur Antragstellung in gewillkürter Verfahrensstandschaft müssen nicht alle Miterben zustimmen, sofern der Antragsteller von den anderen Miterben ermächtigt wurde und ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat. Der Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens kann schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Dem Antrag ist eine Abschrift der Löschungsbewilligung des Grundschuldgläubigers beizufügen. Zudem muss der Antragsteller an Eides statt versichern, dass der Grundschuldbrief trotz sorgfältiger Suche nicht auffindbar ist und nicht anderweitig darüber verfügt wurde.
Ziel des Aufgebotsverfahrens ist es, den abhandengekommenen Grundschuldbrief für kraftlos erklären zu lassen. Dazu fordert das Gericht den Inhaber der Urkunde öffentlich auf, seine Rechte anzumelden. Meldet sich innerhalb der gesetzten Frist niemand, wird die Urkunde durch Ausschlussbeschluss für kraftlos erklärt. Erst dann kann die Grundschuld aus dem Grundbuch gelöscht werden, auch wenn der Brief nicht vorgelegt werden kann.
Welche Beweise muss ich vorlegen, um die Kraftloserklärung zu erreichen?
Um die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs im Aufgebotsverfahren zu erreichen, muss der Antragsteller dem Gericht verschiedene Beweise vorlegen, die den Verlust des Briefes glaubhaft machen. Zunächst ist ein aktueller Grundbuchauszug erforderlich, aus dem die eingetragene Grundschuld und die Briefeigenschaft ersichtlich sind. Weiterhin muss der Antragsteller an Eides statt versichern, dass der Grundschuldbrief trotz sorgfältiger Suche nicht auffindbar ist. Hierfür gibt es bei vielen Gerichten Vordrucke für die eidesstattliche Versicherung.
Handelt es sich bei dem Antragsteller um den Grundstückseigentümer, auf dessen Grundstück die Grundschuld lastet, so muss dieser zusätzlich versichern, dass ihm nicht bekannt ist, dass der Brief abgetreten, verpfändet oder gepfändet wurde. Ist das der Grundschuld zugrundeliegende Darlehen bereits getilgt, ist die Vorlage einer Löschungsbewilligung des Gläubigers erforderlich. Sollte die Löschungsbewilligung ebenfalls nicht auffindbar sein, muss der Gläubiger eine Ersatzlöschungsbewilligung ausstellen.
Bei einer Erbengemeinschaft müssen grundsätzlich alle Miterben die eidesstattliche Versicherung abgeben. Eine Ausnahme gilt, wenn ein Mitglied als Nachlasspfleger bestellt wurde. Dann hat dieser aufgrund seiner gesetzlichen Vertretungsmacht nach § 1960 BGB die Befugnis, den Antrag auf Kraftloserklärung auch ohne Mitwirkung der übrigen Miterben zu stellen.
Die vorzulegenden Beweise dienen dazu, dem Gericht die Überzeugung zu vermitteln, dass der Grundschuldbrief tatsächlich verloren gegangen ist und die Grundschuld nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung sind nicht zu unterschätzen. So genügt es beispielsweise nicht, wenn die eidesstattliche Versicherung lediglich pauschal erklärt, dass der Brief nicht auffindbar ist. Vielmehr muss substantiiert dargelegt werden, welche konkreten Suchmaßnahmen unternommen wurden. Im Zweifelsfall kann es sinnvoll sein, gerichtliche Hinweise einzuholen, wenn die vorgelegten Beweise nicht ausreichen.
Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Kraftloserklärung für die Erbengemeinschaft und das Grundstück?
Die Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs hat für die Erbengemeinschaft und das betroffene Grundstück wichtige rechtliche Konsequenzen. Durch die Kraftloserklärung erlischt die Grundschuld nicht automatisch. Sie bleibt weiterhin im Grundbuch eingetragen und belastet das Grundstück. Allerdings wird der Grundschuldbrief, der als Wertpapier die Grundschuld verbrieft, für ungültig erklärt. Damit kann der ursprüngliche Grundschuldbrief nicht mehr für Verfügungen über die Grundschuld verwendet werden.
Die Erbengemeinschaft als Eigentümerin des Grundstücks hat nach der Kraftloserklärung das Recht, die Löschung der Grundschuld im Grundbuch zu verlangen. Dafür muss sie dem Grundbuchamt den rechtskräftigen Ausschließungsbeschluss vorlegen, der im Aufgebotsverfahren erlassen wurde. Zusätzlich benötigt sie die Löschungsbewilligung des ursprünglichen Grundschuldgläubigers, üblicherweise der finanzierenden Bank. Liegen diese Dokumente vor, kann die Grundschuld auch ohne Vorlage des kraftlos erklärten Grundschuldbriefs gelöscht werden.
Solange die Grundschuld noch im Grundbuch eingetragen ist, bestehen für die Erbengemeinschaft gewisse Pflichten. Als Eigentümerin haftet sie weiterhin für die im Grundbuch ausgewiesene Summe, falls noch Ansprüche aus der Grundschuld bestehen sollten. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn der Grundschuldbrief vor seinem Verlust an einen Dritten übertragen wurde. Die Erbengemeinschaft muss in diesem Fall gemeinschaftlich handeln und kann nur mit Zustimmung aller Miterben über die Grundschuld oder das Grundstück verfügen.
Mit der Löschung der Grundschuld wird das Grundstück dann jedoch lastenfreies Eigentum der Erbengemeinschaft. Die Miterben können anschließend frei entscheiden, was mit dem Grundstück geschehen soll. Sie können es gemeinschaftlich nutzen, vermieten oder verkaufen. Für Verfügungen über das Grundstück ist aber weiterhin die Zustimmung aller Miterben erforderlich, solange der Nachlass nicht vollständig aufgeteilt wurde.
Wie läuft das Verfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs ab?
Das Verfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs wird als Aufgebotsverfahren bezeichnet und ist in den §§ 466 ff. des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt. Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das belastete Grundstück liegt.
Der Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens kann von demjenigen gestellt werden, dem das Recht aus dem Grundschuldbrief zusteht. Ist der Grundschuldgläubiger verstorben und der Brief Teil des Nachlasses, kann auch ein Mitglied der Erbengemeinschaft den Antrag stellen. Der Antrag kann schriftlich eingereicht oder bei der Rechtsantragsstelle des Gerichts zu Protokoll gegeben werden.
Im Antrag muss das Grundstück, auf dem die Grundschuld lastet, genau bezeichnet werden. Zudem ist glaubhaft zu machen, dass der Brief verloren ging oder vernichtet wurde und dass das Recht weder abgetreten noch verpfändet wurde. Hierfür sind eidesstattliche Versicherungen abzugeben und relevante Unterlagen wie Grundbuchauszüge vorzulegen.
Nach Eingang des Antrags erlässt das Gericht ein Aufgebot, das an der Gerichtstafel ausgehängt und im Bundesanzeiger veröffentlicht wird. Darin werden etwaige Inhaber des Grundschuldbriefs aufgefordert, ihre Rechte bis zu einem bestimmten Aufgebotstermin anzumelden. Zwischen Veröffentlichung und Termin müssen mindestens drei Monate liegen.
Meldet sich bis zum Aufgebotstermin niemand, der Rechte aus dem Grundschuldbrief geltend macht, erklärt das Gericht den Brief durch Ausschließungsbeschluss für kraftlos. Dieser Beschluss ersetzt den Grundschuldbrief und ermöglicht die Löschung der Grundschuld im Grundbuch. Das Verfahren dauert in der Regel sechs bis neun Monate.
Eine anwaltliche Vertretung ist für das Aufgebotsverfahren nicht zwingend vorgeschrieben. Aufgrund der Komplexität und der Förmlichkeiten des Verfahrens kann es jedoch ratsam sein, einen im Erbrecht und Immobilienrecht versierten Rechtsanwalt zu beauftragen. Dieser kann sicherstellen, dass der Antrag ordnungsgemäß gestellt wird und alle erforderlichen Unterlagen vorliegen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1170 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit der Kraftloserklärung von Hypothekenbriefen, wenn der Brief verloren gegangen ist. Im konkreten Fall ist dies relevant, da der Grundschuldbrief nicht mehr vorhanden ist und die Kraftloserklärung beantragt wurde. Beispiel: Die Erbengemeinschaft kann diesen Paragraphen heranziehen, um beim zuständigen Amtsgericht die Kraftloserklärung des verloren gegangenen Grundschuldbriefs zu beantragen.
- § 1168 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Bestimmung behandelt die Aufhebung der Hypothek bei Befriedigung des Gläubigers. Im vorliegenden Fall hat die Bausparkasse bestätigt, dass keine Forderung mehr besteht, was gemäß diesem Paragraphen zur Aufhebung der Grundschuld führt. Beispiel: Das Schreiben der Bausparkasse, dass die Darlehensforderung erloschen ist, dient als Beweis, um die Aufhebung der Grundschuld zu rechtfertigen.
- § 1025 ZPO (Zivilprozessordnung): Diese Vorschrift regelt das Verfahren zur Kraftloserklärung von Schuldverschreibungen und Wertpapieren durch ein gerichtliches Aufgebotsverfahren. Im konkreten Fall müssen die Erben ein solches Verfahren beim Amtsgericht initiieren, um den Grundschuldbrief kraftlos erklären zu lassen. Beispiel: Die Erbengemeinschaft kann beim Amtsgericht Lindau das Aufgebotsverfahren nach § 1025 ZPO beantragen, um den Grundschuldbrief für ungültig zu erklären.
- Erbrecht, §§ 1922 ff. BGB: Diese Bestimmungen regeln die Rechtsnachfolge im Todesfall, einschließlich der Bildung einer Erbengemeinschaft. Im vorliegenden Sachverhalt ist die Erbengemeinschaft nach dem Erblasser S.M. für die Rechtshandlungen hinsichtlich des Grundbesitzes verantwortlich. Beispiel: Alle Mitglieder der Erbengemeinschaft müssen gemeinschaftlich entscheiden, ob die Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs beantragt wird.
- Grundbuchordnung (GBO), § 27 GBO: Diese Vorschrift betrifft die Eintragungen und Änderungen im Grundbuch. Im Zusammenhang mit der Kraftloserklärung führt dies zu einer Eintragung der Löschung der Grundschuld im Grundbuch. Beispiel: Nach erfolgreicher Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs muss die Erbengemeinschaft die Löschung der Grundschuld bei der Grundbuchbehörde beantragen, um die rechtlichen Verhältnisse des Grundstücks klarzustellen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Auseinandersetzung: Bezeichnet im juristischen Kontext die Aufteilung und Verteilung des Vermögens eines Verstorbenen unter den Erben.
- Briefgrundschuld: Eine spezielle Form der Grundschuld, bei der die Forderung in einem Grundschuldbrief verbrieft ist. Dieser Brief ist wie ein Wertpapier und kann übertragen werden.
- Substantiiert dargelegt: Bezeichnet die Verpflichtung, Behauptungen nicht nur aufzustellen, sondern auch mit stichhaltigen Beweisen oder schlüssigen Argumenten zu untermauern.
- Teilungsversteigerungsverfahren: Ein gerichtliches Verfahren, bei dem ein Grundstück oder eine Immobilie, die mehreren Eigentümern gehört, versteigert wird, um den Erlös unter den Eigentümern aufzuteilen.
- Tatsächliche Vermutung: Eine Annahme, die aufgrund der vorliegenden Indizien und Umstände als wahrscheinlich gilt, auch wenn sie nicht zweifelsfrei bewiesen ist.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 34 Wx 110/17 – Beschluss vom 25.07.2017
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 11. Januar 2017 wird aufgehoben.
2. Das Amtsgericht wird angewiesen, den Antrag der Beteiligten auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefes nicht aus den im aufgehobenen Beschluss vom 11. Januar 2017 angeführten Gründen zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die Beteiligte ist neben drei weiteren Personen Mitglied einer noch nicht vollständig auseinandergesetzten Erbengemeinschaft nach dem Erblasser S.M. Dieser war im Wohnungseigentumsgrundbuch als Eigentümer eines mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteils eingetragenen. In Abt. III des Grundbuchs (lfd. Nr. 1) ist zugunsten einer Bausparkasse, einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland (X. AG), eine Briefgrundschuld über 120.000,00 DM zzgl. 12 % Zinsen eingetragen.
S.M. ist am 3.3.2010 verstorben. Als Wohnungseigentümer wurden am 19.3.2013 aufgrund des im Teilungsversteigerungsverfahren am 17.1.2013 ergangenen Zuschlagsbeschlusses die Ersteher je zu 1/2 eingetragen. Die Briefgrundschuld wurde von den Erstehern als bestehend bleibendes Recht übernommen. Die Bausparkasse hatte zwar mit Schreiben vom 3.1.2013 mitgeteilt, dass keine Darlehensforderung mehr bestehe und sie im Jahr 2000 eine Löschungsbewilligung sowie den Grundschuldbrief dem damaligen Eigentümer S.M.
[…]
Lesen Sie jetzt den gesamten Urteilstext…
übersandt habe. Ihren Antrag, von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Versteigerungsbedingungen zuzulassen und so das Erlöschen der Grundschuld herbeizuführen, hatte sie aber wegen fehlender Zustimmung einer Miterbin zurückgenommen.
Am 24.9.2015 erteilte die Bausparkasse eine zweite Löschungsbewilligung.
Mit Anwaltsschreiben vom 16.9.2015 erklärten die Ersteher gegenüber der Beteiligten als Mitglied der Erbengemeinschaft, Zahlung in Höhe des stehen gebliebenen Grundschuldbetrags nur bei „Vorlage des (Grundschuld)Briefes“ zu leisten.
Die Beteiligte und die übrigen Miterben versicherten mit schriftlichen Erklärungen vom 5.5., 6.5. und 8.6.2015 an Eides statt, dass sie keine Kenntnis von einer Abtretung der Grundschuld außerhalb des Grundbuchs hätten und keine Kenntnis vom Verbleib des Grundschuldbriefes.
Mit Antrag vom 21.11.2016, eingegangen am 23.11.2016, beantragte die Beteiligte das Aufgebotsverfahren für den Grundschuldbrief der im Grundbuch … in Abt. III – lfd. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld in Höhe von 120.000,00 DM zugunsten der X. AG, Bewilligung vom 13.12.1984, eingetragen am 19.12.1984, einzuleiten und der Antragstellerin für den für die vorgenannte Grundschuld erteilten Grundschuldbrief Ausschließungsbeschluss über die Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs zu erteilen.
H i l f s w e i s e an die Mitglieder der Erbengemeinschaft – g e m e i n s a m – zu erteilen.
Der Grundschuldbrief sei verloren gegangen.
Das Grundbuchamt hat den Antrag mit Beschluss vom 11.1.2017, zugestellt am 13.1.2017, als unzulässig zurückgewiesen. Der Antrag auf Erlass eines Aufgebots zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs könne grundsätzlich von dem eingetragenen Gläubiger bzw. dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eingetragenen Eigentümer gestellt werden. Die Beteiligte, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr eingetragene Eigentümerin gewesen sei, sei daher nicht antragsberechtigt. Auch eine gewillkürte Verfahrensstandschaft liege nicht vor. Weder sei die Antragstellerin von der eingetragenen Gläubigerin zur Antragstellung „bevollmächtigt“ noch habe sie sich als vormalige „Miteigentümerin“ vertraglich gegenüber den gegenwärtigen Eigentümern zur Lastenfreistellung verpflichtet. Außerdem sei im Versteigerungsverfahren festgestellt worden, dass für die Grundbuchlöschung ein Aufgebotsverfahren durch den Ersteher zu erfolgen habe.
Hiergegen richtet sich die am 10.2.2017 eingegangene Beschwerde der anwaltlich vertretenen Beteiligten, mit der geltend gemacht wird, die Beteiligte habe ein Rechtsschutzbedürfnis an der Antragstellung zur Durchführung des Verfahrens und sei als Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft zur Verfahrensführung in gewillkürter Verfahrensstandschaft befugt. Im Nachgang zur Beschwerde legte sie mit Anwaltsschriftsatz vom 10.2.2017 ein Schreiben der Bausparkasse vom 9.2.2017 vor, in dem diese erklärt, „im Verfahren Amtsgericht L. … (Antrag vom 21.11.2016 wegen Aufgebot zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs) und in einem sich an den Beschluss vom 11.1.2017 anschließendem Beschwerdeverfahren“ der Beteiligten einzeln oder gemeinsam mit den übrigen Miterben das Recht zur Verfahrensführung in gewillkürter Verfahrensstandschaft zu erteilen. Vorsorglich genehmigte sie die bisherigen Verfahrenshandlungen der Antragstellerin. Das Schreiben endet mit der Bemerkung, das Einverständnis erstrecke sich „nur auf das durchzuführende Beschwerdeverfahren und nicht auf ein Klageverfahren.“
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde aus den im Beschluss genannten Gründen nicht abgeholfen und ausgeführt, das Vorbringen in der Beschwerdeschrift enthalte keine tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, mit denen sich die angefochtene Entscheidung nicht befasst habe. Die Ermächtigung der Bausparkasse erstrecke sich nur auf das durchzuführende Beschwerdeverfahren, nicht auf eine Antragstellung im Aufgebotsverfahren.
II.
1. Die Beschwerde ist gem. § 58 Abs. 1 FamFG, § 11 Abs. 1 RPflG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1, Abs. 2 FamFG). Die Antragstellerin ist nach § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdeberechtigt, da ihr Antrag mit der Begründung zurückgewiesen wurde, ihr fehle die Antragsberechtigung. Dies kann mit der Beschwerde überprüft werden (OLG Hamm FGPrax 2014, 87).
2. In der Sache hat die Beschwerde Erfolg. Der Antrag der Beteiligten auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs kann nicht mangels Antragsberechtigung zurückgewiesen werden.
a) Ein Grundschuldbrief kann gem. §§ 1192 Abs. 1, 1162 BGB im Verfahren nach §§ 466 ff. FamFG für kraftlos erklärt werden. Antragsberechtigt ist nach § 467 Abs. 2 FamFG derjenige, der das Recht aus der Urkunde geltend machen kann, bei Grundpfandrechtsbriefen der Inhaber des dinglichen Rechts (Prütting/Helms/Maass FamFG 3. Aufl. § 467 Rn. 3, 4). Eine Antragstellung ist auch in Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in gewillkürter Verfahrensstandschaft möglich (Senat vom 5.11.2010 – 34 Wx 117/10; OLG Düsseldorf Beschluss vom 7.5.2013 – 25 Wx 21/13; Keidel/Sternal, FamFG 19. Aufl. § 23 Rn. 52), wenn der Ermächtigte ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Verfahrensführung hat (BGH NJW 2017, 486/487; BGHZ 119, 237, 242; BGH NJW 1995, 3186).
aa) Eine Ermächtigung der Beteiligten durch die Bausparkasse als Inhaberin des dinglichen Rechts liegt vor. Denn in dem Schreiben vom 9.2.2017 hat diese der Beteiligten eindeutig die Befugnis erteilt, das vorliegende Aufgebotsverfahren in gewillkürter Verfahrensstandschaft zu führen. Dies hätte das Grundbuchamt als neuen Vortrag nach § 65 Abs. 3 FamFG auch im Verfahren der Abhilfe (§ 68 Abs. 1 FamFG) beachten müssen (Keidel/Sternal § 65 Rn. 10, § 68 Rn. 11). In dem Schreiben ist ausdrücklich auf das Verfahren „Amtsgericht L. …, Aktenzeichen 183 UR II 13/16“ Bezug genommen. Die Einschränkung am Ende des Schreibens vom 9.2.2017 bezieht sich auf Klageverfahren und nicht auf das vorliegende Aufgebotsverfahren. Dies hat das Grundbuchamt bei seiner Nichtabhilfeentscheidung übersehen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Grundschuldgläubigerin dem Erblasser als früheren Eigentümer durch Überlassung des Grundschuldbriefs und einer Löschungsbewilligung schon im Jahr 2000 das Recht eingeräumt hatte, falls erforderlich das Aufgebotsverfahren in gewillkürter Prozessstandschaft zu betreiben (vgl. Senat vom 5.11.2010 – 34 Wx 117/10; OLG Düsseldorf Beschluss vom 7.5.2013 – 25 Wx 21/13), und ob die Beteiligte allein oder die Erben als Gesamthänder dieses Recht für die Erbengemeinschaft nach des S.M. geltend machen könnten.
bb) Die Bausparkasse ist auch berechtigt die Beteiligte zur Durchführung des Aufgebotsverfahrens in Verfahrensstandschaft zu ermächtigen, da sie noch Gläubigerin des Grundpfandrechts ist. Dies ist zur Überzeugung des Senats glaubhaft gemacht, § 468 Nr. 2 FamFG. Wer eine Tatsache glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen und auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden (§ 31 Abs. 1 FamFG). Das Beweismaß für die Glaubhaftmachung ist gesetzlich nicht definiert. Ist Glaubhaftmachung zugelassen, ist ein Beweismaß ausreichend, welches hinter dem Vollbeweis zurückbleibt. Danach ist in der Regel eine erhebliche, überwiegende Wahrscheinlichkeit für die glaubhaft zu machende Tatsache ausreichend, aber auch erforderlich (Senat FGPrax 2013, 41; OLG Brandenburg vom 10.5.2012, 6 Wx 1/12 zitiert nach juris).
(1) Die Bausparkasse ist aktuell im Grundbuch als Gläubigerin des Grundpfandrechts eingetragen. Sie hat im Teilungsversteigerungsverfahren zunächst beantragt, das Erlöschen der Grundschuld als abweichende Versteigerungsbedingung festzustellen. Sie hat damit klar ihre Überzeugung zum Ausdruck gebracht, noch Berechtigte der Grundschuld zu sein. Es spricht nichts dafür, dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt die Grundschuld auf einen Dritten übertragen und dies verschwiegen hätte.
(2) Es besteht auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es zu einer Übertragung der Grundschuld außerhalb des Grundbuchs durch den Erblasser gekommen ist. Zwar reichen hierfür allein die eidesstattlichen Versicherungen der Erben, dass die Grundschuld nicht abgetreten wurde, nicht aus. Denn wie der Erblasser gegebenenfalls mit der Grundschuld und dem Brief verfahren ist, entzieht sich deren Kenntnis. Seine Überzeugung stützt der Senat jedoch auf folgende Erwägungen: Die Bausparkasse hat erklärt, es bestehe keine Darlehensforderung mehr. Eine Abtretung der Grundschuld durch sie habe nicht stattgefunden. Eine Sicherungsgrundschuld wird bei Darlehensrückzahlung nicht automatisch zur Eigentümergrundschuld. Voraussetzung hierfür wäre Zahlung auf die Grundschuld, nicht lediglich auf die Forderung, bzw. Zahlung auf Forderung und Grundschuld. Bei Zahlung nur auf die gesicherte Forderung bleibt die eingetragene Gläubigerin weiterhin Berechtigte des Grundpfandrechts (Palandt/Herrler BGB 76. Aufl. § 1191 Rn. 35). Eine Zahlung auf die Grundschuld und damit ein Erwerb der Grundschuld durch den früheren Eigentümer hat die Bausparkasse nicht bestätigt. Es ist davon auszugehen, dass sie als inländische Bausparkasse derartiges mitgeteilt hätte. Üblicherweise erfolgen Zahlungen auch nicht auf die Grundschuld, sondern auf die gesicherte Forderung (Heinze ZNotP 2014, 202ff.). Auch für eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Briefgrundschuld von der Buchgläubigerin auf S.M. ist nichts ersichtlich. Weder ist eine Abtretung nach §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 2 BGB im Grundbuch vermerkt, noch kommt nach dem Inhalt der Bescheinigung der Bausparkasse die Erteilung einer Abtretungserklärung in schriftlicher Form in Betracht. Damit stellt sich die Frage einer Abtretung vom Erblasser an Dritte gleichfalls nicht, denn er war niemals Berechtigter und für einen gutgläubigen Erwerb weiterer Zessionare wäre gemäß §§ 1192 Abs. 1, 1155 BGB eine Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen, die auf die Buchgläubigerin zurückzuführen sind, erforderlich.
cc) Die Beteiligte hat auch ein rechtliches Interesse an der Durchführung des Aufgebotsverfahrens (in gewillkürter Verfahrensstandschaft).
(1) Ein schutzwürdiges Eigeninteresse ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage der Prozessführungsbefugten hat (BGH NJW-RR 1988, 126; BGH NJW 2009, 1213 Rn. 21). Es kann auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden (BGHZ 119, 237, 242; BGH NJW 1995, 3186). Das schutzwürdige Eigeninteresse der Ermächtigten muss sich auf das Recht beziehen, zu dessen Geltendmachung sie ermächtigt worden ist. Bei der Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand (vgl. statt aller Gursky in Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, 2000, 109, 112), der nur dann seine Rechtfertigung findet, wenn das Interesse des Verfahrensstandschafters auf die Verwirklichung gerade dieses Rechts gerichtet ist (BGH NJW 2017, 486 ff.).
(2) Ein solches Interesse behauptet die Beteiligte, denn sie macht geltend, die Erbengemeinschaft habe gegen die Ersteher Anspruch auf Zahlung des Grundschuldkapitals, da die Grundschuld als bestehen bleibend ins geringste Gebot aufgenommen wurde. Der Ersteher erwirbt das Grundstück belastet mit vorrangigen Grundstücksrechten, § 52 ZVG. Die bestehen bleibende Grundschuld ist dabei als Preisbestandteil anzusehen (vgl. Hartenstein FPR 2013, 362 ff). Den Erstehern wurde im Rahmen der Teilungsversteigerung das Grundstück zu einem um den Betrag der Grundschuld verminderten Bargebot zugeschlagen, die Erbengemeinschaft hat einen um den Betrag der Grundschuld verminderten Erlös erzielt. Da das zugrundeliegende Darlehen bereits getilgt war, war die persönliche Verbindlichkeit des Erblassers als Sicherungsgeber beglichen, eine zu sichernde Forderung besteht nicht mehr. Der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld ist damit unbedingt geworden und mit dem Erbfall auf die Erbengemeinschaft übergegangen, § 1922 BGB (Löhnig/Schärtl JuS 2004, 375/379). Inwiefern den Erben daraus ein Anspruch unmittelbar gegen die Ersteher aus ungerechtfertigter Bereicherung erwächst, wobei die Ersteher nur Zug um Zug gegen Löschung der Grundschuld leisten müssten, ist nicht im Einzelnen darzulegen. Jedenfalls haben die Ersteher gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten schriftlich erklärt, bei „Vorlage des Briefs“ umgehend die Zahlung zu veranlassen. Gemäß § 478 Abs. 1 FamFG ersetzt der Ausschließungsbeschluss den Brief und dessen Vorlage (Bumiller/Harders/Schwamb FamFG 11. Aufl. § 478 Rn. 2; BGH NJW 2005, 1774/1775). Auch zur Löschung einer Briefgrundschuld ist neben der Löschungsbewilligung grundsätzlich die Vorlage des Briefes notwendig (§§ 1192 Abs. 1, 857, 1183 BGB, § 27 GBO). Ist der Brief nicht mehr vorhanden, muss er für kraftlos erklärt werden (§§ 1192 Abs. 1, 1162 BGB), da gem. §§ 42, 41 Abs. 2, Satz 2 GBO die Vorlegung des Ausschließungsbeschlusses die Vorlegung des Grundschuldbriefes ersetzt. Die Zahlung in Höhe des Grundschuldkapitals dürfte also nur zu erlangen sein, wenn ein Ausschließungsbeschluss über die Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs vorliegt. Ein eigenes schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse der Erbengemeinschaft und daher auch der Beteiligten als Miterbin ist somit gegeben.
b) Dass der Grundschuldbrief nicht mehr auffindbar ist, haben die Mitglieder der Erbengemeinschaft an Eides statt versichert. Dies wurde vom Grundbuchamt auch nicht angezweifelt.
III.
Für das erfolgreich eingelegte Rechtsmittel fallen Gerichtskosten nicht an, § 25 GNotKG. Daher sind eine Kostenentscheidung und eine Geschäftswertfestsetzung nicht erforderlich.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 70 Abs. 2 FamFG.