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Kostenrechnung Anwaltsnotars bei Beauftragung mit Prüfung erbrechtlicher Fragen

KG Berlin – Az.: 9 W 11/20 – Beschluss vom 26.04.2022

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 21. Januar 2020 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 8. Dezember 2019 – 80 OH 77/18 – dahin abgeändert, dass die Kostenberechnung Nr. … des Antragsgegners vom 3. April 2018 aufgehoben wird.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten in dem Verfahren über einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 127 GNotKG darüber, ob der Antragsteller den im März 2017 verstorbenen Rechtsanwalt und Notar S. (im Folgenden: Anwaltsnotar) am 18. August 2015 als Rechtsanwalt oder als Notar mit der Überprüfung eines gemeinschaftlichen Testaments beauftragt hat.

Der Antragsteller, der über erhebliches Immobilienvermögen verfügt, hatte den Anwaltsnotar bereits im Jahr 2007 als Notar mit der Beurkundung mehrerer Grundstückskaufverträge mit einem Kaufpreis von zusammen rund 27 Millionen Euro beauftragt. Ansonsten war die Sozietät, der der Anwaltsnotar angehörte, in den Jahren vor dessen Tod (2012 bis 2017) insgesamt in 17 Angelegenheiten des Antragstellers sowie seiner Gesellschaften mit rechtsanwaltlichen Tätigkeiten rund um die Immobilien des Antragstellers und seiner Gesellschaften beauftragt worden. Der Anwaltsnotar war in den zwanzig Jahren vor seinem Tod ganz überwiegend als Notar tätig gewesen, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob dem Antragsteller dieser Umstand bekannt gewesen ist.

Nach einem maschinenschriftlich mit „S., Notar” unterzeichneten Aktenvermerk des Anwaltsnotars war Gegenstand der von dem Antragsteller am 18. August 2015 beauftragten Überprüfung im Wesentlichen, ob das gemeinschaftlich mit seiner Ehefrau im Jahr 2005 errichtete Testament erbschaftsteuerlich verbessert werden könnte. Mit Schreiben vom 1. September 2015, unterschrieben mit „S., Notar” übersandte der Anwaltsnotar dem Antragsteller den Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments verbunden mit Erläuterungen.

Am 15. November 2015 errichtete der Antragsteller mit seiner Ehefrau auf der Grundlage des von dem Anwaltsnotar gefertigten Entwurfs handschriftlich ein neues gemeinschaftliches Testament. Der Antragsteller legte dem Anwaltsnotar auch dieses neue Testament zur Prüfung vor. Der Anwaltsnotar erklärte mit E-Mail vom 9. Dezember 2015, dass er sich damit noch beschäftigen werde und erteile mit weiteren E-Mails vom 22. Dezember 2015 und 25. Juli 2016 rechtliche Hinweise zu diesem Testament. Die E-Mails waren jeweils nur mit dem Namen des Anwaltsnotars unterzeichnet und über die auf die Sozietät verweisende E-Mail-Anschrift „@…” versandt worden.

Eine Abrechnung über die Tätigkeiten erfolgte zu Lebzeiten des Anwaltsnotars nicht. Nach dessen Tod fand der Antragsgegner als Verwalter von dessen Notariat die Notarakten zu der Erbangelegenheit des Antragstellers vor und rechnete unter dem 3. April 2018 über die Erstellung des Entwurfs eines gemeinschaftlichen Testaments mit einem Geschäftswert von 60 Millionen Euro eine 2,0-Entwurfsgebühr über 53.170 netto, brutto 63.296,10 Euro ab, deren Berechtigung Gegenstand des vorliegenden Antrags auf gerichtliche Entscheidung ist.

Dem Antragsgegner ist von den Erben des Anwaltsnotar die mit der Kostenberechnung vom 3. April 2018 geltend gemachte Gebührenforderung abgetreten worden. Der Antragsgegner hat auf entsprechenden Hinweis sowohl den Erbschein vorgelegt als auch eine von beiden Erbinnen unterzeichnete Abtretungsbestätigung vom 10./11. Juni 2020. Der Antragsteller bestreitet die Abtretung der Forderung, nicht aber die Echtheit der vorgelegten Urkunden.

Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen und der Beschwerde des Antragstellers hiergegen nicht abgeholfen. Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren auf Aufhebung der Notarkostenberechnung des Antragsgegners weiter.

II.

Die nach § 129 Abs. 1 GNotKG statthafte und auch sonst gemäß § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG in Verbindung mit den §§ 63, 64 FamFG zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht dem Antragsgegner der mit seiner Kostenberechnung Nr. … vom 3. April 2018 gegenüber dem Antragsteller geltend gemachte Gebührenanspruch für eine Tätigkeit des verstorbenen Anwaltsnotars nicht zu. Hierbei ist der Senat aufgrund der von dem Antragsgegner vorgelegten Abtretungserklärung vom 10./11. Juni 2020 und des Erbscheins allerdings überzeugt, dass die Erben des Anwaltsnotars dem Antragsgegner eine etwaige Gebührenforderung wirksam abgetreten hätten. Die Kostenforderung besteht aber deswegen nicht, weil nicht feststellbar ist, dass der Antragsteller dem Anwaltsnotar einen Auftrag zu der in Rechnung gestellten notariellen Beratungsleistung nach § 29 Nr. 1 GNotKG erteilt hätte (1) und auch nach Maßgabe von § 24 BNotO nicht von einer solchen Beauftragung auszugehen ist (2); inwieweit der Antragsteller den Anwaltsnotar als Rechtsanwalt beauftragt hat und seine Tätigkeit insoweit zu vergüten sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2021 – IX ZR 143/20 -, juris Rn. 13), ist im vorliegenden Verfahren auf gerichtliche Entscheidung nach § 127 GNotKG, das alleine die Überprüfung der notariellen Abrechnung zum Gegenstand hat, nicht zu entscheiden.

1. Der Antragsteller hat dem Anwaltsnotar nicht nach § 29 GNotKG mit einer notariellen Beratungstätigkeit beauftragt.

a) Ob ein Notar, der zugleich Rechtsanwalt ist, notariell berät oder in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt anwaltlich, hängt in erster Linie von dem ihm erteilten Auftrag ab. Maßgeblich ist hier danach, ob der Antragsteller dem Anwaltsnotar einen Auftrag für eine notarielle Tätigkeit erteilt hat. Unter dem Begriff des Auftrags im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG ist jedes an den Notar gerichtete Ansuchen zu verstehen, das auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet ist. Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es nicht. Der Auftrag an den Notar kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Maßgeblich ist, ob das Verhalten für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt; dies kann nur unter Heranziehung und Wertung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2017 – V ZB 79/16 -, juris Rn. 6; Senat, Beschluss vom 14. Januar 2019 – 9 W 42/17 -, juris Rn. 4).

Es kommt auf den erteilten Auftrag und mithin den nach dem objektiven Empfängerhorizont zu ermittelnden Erklärungswillen des Auftraggebers an. Im Rahmen dieser Ermittlung kann der Umstand, dass ein Anwaltsnotar – etwa durch die Verwendung des Dienstsiegels und seine Unterschrift – zum Ausdruck bringt, als Notar tätig zu werden, allenfalls Anhaltspunkt dafür sein, dass der Anwaltsnotar selbst den Erklärungswillen als auf eine notarielle Tätigkeit gerichtet verstanden habe und deshalb davon ausgegangen sei, als Notar beauftragt worden zu sein. Dies belegt demgegenüber jedoch nicht, dass der Anwaltsnotar den Auftrag vom objektiven Empfängerhorizont aus dahin auch verstehen durfte, tatsächlich als Notar beauftragt worden zu sein. Eine möglicherweise nur irrige Annahme, einen notariellen Auftrag erhalten zu haben, ersetzt einen solchen nicht (vgl. Wöstmann in: Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 4. Auflage 2018, Rn. 306).

Deshalb geht der in der Kommentarliteratur (so etwa Hertel in Frenz/Miermeister, BNotO, 5. Auflage 2020, § 24 Rn. 60; Sander in: Görk BeckOK BNotO, 5. Edition Stand: 31.07.2021, § 24, Rn. 80) teilweise zu findende und in diesem Zusammenhang missverständliche Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach regelmäßig davon auszugehen sei, dass ein Anwaltsnotar, der eine schriftliche Rechtsauskunft mit dem Notarsiegel versieht, als Notar handele (BGH, Urteil vom 21. November 1996 – IX ZR 182/95 -, Rn. 18, juris; Urteil vom 28. Juni 1977 – VI ZR 74/76 -, Rn. 8, juris), fehl. Diese Rechtsprechung setzt sich allein mit der Bestimmung der Haftungsgrundlage beim Handeln eines Anwaltsnotars auseinander (vgl. Urteil vom 21. November 1996 – IX ZR 182/95 -, Rn. 24, juris: „Da der Beklagte als Notar gehandelt hat, richtet sich seine Haftung ausschließlich nach § 19 BNotO“) und muss daher das nach außen sichtbare Handeln des Notars zum Ausgangspunkt nehmen. Rückschlüsse für die Beurteilung, ob dem Notar auch ein Auftrag zu notarieller Tätigkeit erteilt worden ist, welche Frage notwendigerweise vom Erklärungswert des von dem Auftraggeber erteilten Auftrags ausgeht, lassen sich daraus nicht gewinnen.

b) Nach diesen Vorgaben lässt sich nicht feststellen, dass der Antragsteller dem Anwaltsnotar einen Auftrag im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG für eine notarielle Tätigkeit erteilt hätte.

aa) Dass der Antragsteller den Anwaltsnotar am 18. August 2015 ausdrücklich oder konkludent als Notar beauftragt hätte, sein gemeinschaftliches Testament zu überprüfen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist vielmehr unklar, ob bei der Erteilung des Auftrages über dessen Art gesprochen wurde oder diese, aus welchen Umständen heraus auch immer, erkennbar war.

(1) Eine ausdrückliche Beauftragung des Anwaltsnotars als Notar lässt sich vorliegend nicht feststellen. Nach dem Vorbringen des Antragstellers hat er den Anwaltsnotar um die Überprüfung seines gemeinschaftlichen Testaments gebeten, ihn dabei aber weder als Notar noch als Rechtsanwalt beauftragt. Demgegenüber besteht kein Zweifel, dass der Anwaltsnotar die Anfrage des Antragstellers als Auftrag für notarielles Tätigwerden verstanden hat. Das kann daraus gefolgert werden, dass er den Aktenvermerk vom 18. August 2015 über den erteilten Auftrag mit „S., Notar” geschlossen hat und dass er sein Schreiben an den Antragsteller vom 1. September 2015, mit dem er ihm den Entwurf für ein (neues) handschriftliches gemeinschaftliches Testament hat zukommen lassen, entsprechend unterschrieben hat. Zudem hat er die Angelegenheit zum Gegenstand einer notariellen Akte gemacht. Indes folgt daraus, dass der Anwaltsnotar als Notar tätig geworden ist, wie ausgeführt, nicht, dass er auch als solcher beauftragt worden wäre.

(2) Auch aus den Umständen lässt sich hier nicht auf einen konkludent erteilten Auftrag zu notarieller Tätigkeit schließen.

(a) Der Gegenstand des Auftrags erlaubt einen solchen Schluss nicht. Nach dem Aktenvermerk des Anwaltsnotars vom Tag der Auftragserteilung war Ausgangspunkt für die Überprüfung des gemeinschaftlichen Testaments die Frage des Antragstellers, ob nicht durch eine Erbeinsetzung seiner Kinder verbunden mit einer Rentenzahlungsverpflichtung gegenüber dem länger lebenden Ehegatten Erbschaftsteuer gespart werden könne. Der Antragsteller hatte danach offenbar die (unrichtige) Vorstellung, der Nachlass würde sonst von seinen Kindern zweimal versteuert werden müssen. Ein solcher Beratungsauftrag kann gleichermaßen Gegenstand notarieller oder anwaltlicher Tätigkeit sein. Ein Vorrang des einen oder anderen Tätigkeitsbereichs lässt sich nicht begründen. Anders als bei Beurkundungen und Beglaubigungen handelt es sich nicht um eine ausschließlich notarielle Tätigkeit. Dass eine solche Beratungstätigkeit zu den notariellen Amtsgeschäften gehören kann, die dann nach den Vorgaben des GNotKG abzurechnen ist, folgt aus § 24 Abs. 1 S. 1 BNotO. Danach gehört zu dem Amt des Notars unter anderem auch die Beratung auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege, worum es sich bei den Erbangelegenheiten des Antragstellers, auf die sich die Beratung bezog, ohne weiteres gehandelt hat. Die Beratung in erbrechtlichen Angelegenheiten gehört aber auch zum Tätigkeitsfeld von Rechtsanwälten, die sich als Fachanwalt für Erbrecht insoweit sogar spezialisieren können.

(b) Auch aus sonstigen Umständen konnte der Anwaltsnotar nicht auf eine Beauftragung zu notarieller Tätigkeit schließen. Zwar war der Anwaltsnotar dem Antragsteller aus früheren Beurkundungen im Jahr 2007 als Notar bekannt. Diese lagen jedoch zum Zeitpunkt der Auftragserteilung 2015 bereits Jahre zurück, sie bezogen sich nicht auf den persönlichen Bereich des Antragstellers, sondern auf Grundstücksgeschäfte, und seit 2012 war die Sozietät des Anwaltsnotars über Jahre hinweg für den Antragsteller und seine Gesellschaften in zahlreichen zivil- und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten anwaltlich tätig gewesen. Eine verlässliche tatsächliche Grundlage für die Auslegung des erteilten Auftrags als notarielle oder anwaltliche Tätigkeit bot sich dem Anwaltsnotar danach nicht dar.

bb) Der Antragsteller hat das notarielle Tätigwerden des Anwaltsnotars auch nicht „genehmigt” oder in sonstiger Weise als notarielle Tätigkeit anerkannt. Auch bei einem tatsächlich nicht erteilten und bereits erledigten Auftrag ist allerdings die Begründung einer Kostenschuldnerschaft durch eine Kostenübernahme nach § 29 Nr. 2 GNotKG denkbar. Danach schuldet die Notarkosten, wer die Kostenschuld gegenüber dem Notar übernommen hat. Vorliegend fehlt es aber einer solchen Kostenübernahme durch den Antragsteller. Dass der Antragsteller das Tätigwerden des Anwaltsnotars als Notar in irgendeiner Weise ausdrücklich gebilligt hätte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Antragsteller hat der Tätigkeit des Anwaltsnotars als Notar wie sie aus dessen Schreiben vom 1. September 2015 ersichtlich war weder zugestimmt noch ihr widersprochen. Seinem Schweigen konnte der Anwaltsnotar nicht entnehmen, dass der Antragsteller eine Kostenschuld für seine Tätigkeit als Notar übernehmen wolle.

cc) Schließlich folgt eine Auftragserteilung für notarielles Tätigwerden des Anwaltsnotars auch nicht daraus, dass der Antragsteller dem Anwaltsnotar Ende November 2015 das zusammen mit seiner Ehefrau neu errichtete gemeinschaftliche Testament zur Prüfung übersandt hat. Hierbei ging es nicht mehr um die Überprüfung des früheren gemeinschaftlichen Testaments oder des am 1. September 2015 übersandten Entwurfs. Vielmehr lag in der Bitte um Überprüfung des neu errichteten Testaments ein neuer Beratungsauftrag, aus dem der Anwaltsnotar nichts für die Auslegung des früheren Auftrags vom 18. August 2015 herleiten konnte.

Im Übrigen hat der Antragsteller den Antragsgegner auch hier gerade nicht als Notar beauftragt, sondern sich zu der Art seines Auftrags erneut nicht geäußert. Allein aus dem Umstand, dass er sein den früheren Auftrag betreffendes Schreiben vom 1. September 2015 mit dem Zusatz „Notar” versehen hatte und der Antragsteller erkennen konnte, dass er hier als Notar tätig werden wollte, konnte der Anwaltsnotar nicht schließen, er werde von dem Antragsteller nunmehr bei dem weiteren Auftrag als Notar beauftragt. Zudem hat er auch in seinen nachfolgenden E-Mails vom 22. Dezember 2015 und 25. Juli 2016, mit denen er dem Antragsteller ergänzende Hinweise zu dem gemeinschaftlichen Testament erteilte, nicht deutlich gemacht, in welcher Eigenschaft er hier tätig geworden ist. In diesen E-Mails fehlt bei der Unterschrift und auch sonst jeweils ein Zusatz, der dies erkennbar gemacht hätte. Die von dem Anwaltsnotar verwendete E-mail-Anschrift (r…@…) dürfte allerdings eher auf rechtsanwaltliche Tätigkeit hindeuten, ohne dass daraus aber etwas für die Auslegung des vom Antragsteller erteilten Erstauftrag vom 18. August 2015, um den es hier alleine geht, folgen würde.

2. Auch nach den Vorgaben des § 24 Abs. 2 BNotO lässt sich nicht feststellen, dass der Antragsteller den Anwaltsnotar am 18. August 2015 als Notar mit der Überprüfung seines gemeinschaftlichen Testaments beauftragt hätte.

a) § 24 Abs. 2 S. 1 BNotO bestimmt, dass dann, wenn ein Notar, der zugleich Rechtsanwalt ist, Handlungen der in § 24 Abs. 1 BNotO bezeichneten Art vornimmt, anzunehmen ist, dass er als Notar tätig geworden ist, wenn die Handlung bestimmt ist, Amtsgeschäfte der in den §§ 20 bis 23 bezeichneten Art vorzubereiten oder auszuführen. Danach wäre hier anzunehmen, dass der Anwaltsnotar als Notar tätig geworden ist, wenn die Beratung des Antragstellers bestimmt gewesen wäre, Amtsgeschäfte der in den §§ 20 bis 23 bezeichneten Art vorzubereiten. Das war aber nicht der Fall. Als vorzubereitendes Amtsgeschäft wäre hier allein die Beurkundung des gemeinschaftlichen Testaments in Betracht gekommen. Davon war jedoch unstreitig in keiner Weise die Rede. Der Anwaltsnotar sollte das gemeinschaftliche Testament des Antragstellers und seiner Ehefrau aus dem Jahr 2005 lediglich überprüfen. Anlass der Überprüfung war ausweislich des Aktenvermerks des Anwaltsnotars vom 18. August 2015 eine steuerrechtliche Fragestellung. Zu keinem Zeitpunkt stand eine Beurkundung im Raum. Deswegen erläuterte der Anwaltsnotar in seinem Schreiben vom 1. September 2015 auch noch einmal die zu beachtenden Formalien für die formgerechte handschriftlich Abfassung des gemeinschaftlichen Testaments und warnte ausdrücklich vor Inhalten, die zu einer Beurkundungsbedürftigkeit führen würden.

b) Auch aus § 24 Abs. 2 S. 2 BNotO folgt nicht, dass der Anwaltsnotar den Antragsteller als Notar beraten habe. Nach dieser Vorschrift ist im Übrigen, also abgesehen von den durch § 24 Abs. 2 S. 1 BNotO erfassten Zweifelsfällen, im Zweifel anzunehmen, dass der Anwaltsnotar als Rechtsanwalt tätig geworden ist. Hierbei sollen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings keine Zweifel im Sinne des § 24 Abs. 2 S. 2 BNotO bestehen und ein Notarauftrag anzunehmen sein, wenn nach den objektiven Umständen, insbesondere der Art der Tätigkeit, eine Aufgabe zu erfüllen ist, die in den Bereich notarieller Amtstätigkeit fällt. Dies treffe zu, wenn nicht einseitige Interessenwahrnehmung in Rede stehe, sondern eine neutrale, unparteiische Berücksichtigung der Belange sämtlicher Beteiligten (BGH, Urteil vom 21. November 1996 – IX ZR 182/95 -, juris Rn. 19 m.w.N.; BGH, Urteil vom 04. Dezember 1997 – IX ZR 41/97 -, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 29. März 2001 – IX ZR 445/98 -, juris Rn. 18). Auch nach diesen Vorgaben lässt sich ein notarielles Tätigwerden des Anwaltsnotars nicht feststellen, sondern ist nach § 24 Abs. 2 S. 2 BNotO davon auszugehen, dass er vorliegend als Rechtsanwalt tätig geworden ist. Die Tätigkeit des Anwaltsnotars – Prüfung eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments – fiel nämlich wie bereits ausgeführt sowohl in den Bereich notarieller wie anwaltlicher Beratungstätigkeit, so dass sich aus diesem Gesichtspunkt keine objektiven Umstände für eine notarielle Tätigkeit herleiten lassen. Auch nach den weiteren Kriterien der Neutralität und Parteilichkeit kann bei einem einseitigen Beratungsauftrag für die Gestaltung von Rechtsgeschäften, an denen noch andere beteiligt sind, schon im Ausgangspunkt nicht von notarieller Tätigkeit ausgegangen werden. Vielmehr hat der Anwaltsnotar bei einem solchen Auftrag zu tun, was seinem Auftraggeber nutzt und seinen Interessen dient. Danach ist auch die Beratung eines Erblassers zu einem gemeinsamen Testament mit einem anderen Erblasser, der nicht Auftraggeber ist, nicht neutral und unparteilich.

II.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG in Verbindung mit den § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG. Es entsprach dem danach maßgeblichen billigen Ermessen, dem Antragsgegner sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Hierbei ist insbesondere auch der Grad des Erfolges eines Antrags zu berücksichtigen (Senat, Beschluss vom 25. März 2015 – 9 W 42-46/14 -, juris Rn. 26 f.). Entgegenstehende Gesichtspunkte sind vorliegend nicht ersichtlich.

2. Die Rechtsbeschwerde war nicht nach § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG in Verbindung mit § 70 Abs. 1 FamFG zuzulassen, weil die dafür nach § 70 Abs. 2 FamFG erforderlichen Gründe nicht vorliegen. Auf die von dem Antragsgegner für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen, ob und inwieweit ein Anwaltsnotar rechtzeitig bei Beginn seiner Tätigkeit gegenüber den Beteiligten klarzustellen hat, ob er als Rechtsanwalt oder Notar tätig wird wie es die Richtlinien der Notarkammer Berlin unter Ziffer I. 3. vorsehen und welche Folgen es hat, wenn er dies unterlässt. ist es nicht angekommen. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aber aus, wenn die zu klärende Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich ist (Abramenko in: Prütting/Helms, FamFG, 5. Auflage 2020, § 70 Rn. 4).

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